Die deutschen Landschaften und Stämme. 51
Klimatisch und bodenwirtschaftlich ist das Südwestdeutsche Land-
decken der bevorzugteste Teil von ganz Deutschland. In den tieseinge-
senkten und gegen die rauhen Nordwinde geschützten Tälern beginnt der Frühling
zeitig, der Herbst ist milde und trocken, der Winter kurz, wenn auch manchmal hart,
so daß sich der Rhein mit Eis bedeckt. Da überdies der Talboden und vielfach noch
die untern Berghänge mit fruchtbarem Löß bedeckt sind, so vereinigen sich hier alle
Bedingungen zu fruchtreichem Gedeihen, am meisten in der Oberrheinischen
Tiefebene, „dem Garten Deutschlands". Da werden besonders gepriesen die
Weine des Elsaß, des Markgrafenlands, der Pfalz und namentlich des Rheingaus,
die Kastanienwälder am Donnersberg, die Kirschenhaine bei Frankenthal,
die Spargel von Schwetzingen, der Tabakbau in der Pfalz und die Hopfen-
kulturen Badens. Aber auch außerhalb des Rheintals fehlt es nicht an edlen Er-
Zeugnissen der gabenfrendigen Natur. Geschätzte Weine bringen noch hervor das
Moseltal, das Neckartal, besonders um Stuttgart, und Franken, namentlich um Würz-
bürg. Frankfurts Rosenzucht hat die der Riviera überflügelt, Bambergs feines
Gemüse beherrscht die Märkte in München und Nürnberg, aus dem Württember-
gischen Land kommt viel Ob st und Apfelwein, die Gegend um Hersbruck und Spalt
erzeugt gesuchten Hopfen. Überall aber in den fränkischen und schwäbischen Landen
strotzen die Talebenen von goldenen Ährenfeldern, die meist im Kleingrundbesitz
bewirtschaftet werden, der die stärkste Bodenbenutzung zur Folge hat. Doch finden
sich auch Striche, in denen Moor oder Sand der Bodennutzung im Weg stehen, so um
Kolmar, im f. Teil der Pfalz, um Nürnberg u. a.
Berkehrslage. Das Rheintal ist die wichtigste nordsüdliche Ber-
kehrsstraße Deutschlands, ja des Kontinents; zu beiden Seiten begleiten es
Bahnen, und die Fluten des Stromes selbst sind mit zahlreichen Passagier- und Güter-
dampsern bis Mannheim, auch noch bis Straßburg hinauf belebt. Das Tal verknüpft
die Niederlande und das w. Deutschland mit der Schweiz und weiterhin mit Italien
(Linie London—köln—basel—gotthard—mailand), und die nach O. und W.
weit ausgreifenden Seitenäste des Flußsystems, Main und Neckar, Mosel und Maas,
verketten auch die seitlichen Nachbarländer zu einem einheitlichen Verkehrsgebiet.
Die Vereinigung so vieler Vorzüge der Natur erklärt die hohe Dichte der Bevölkerung,
die in Franken an 100 E., in Schwaben 120 E. auf 1 qkm beträgt und in der Oberrheini-
schen Tiefebene sogar auf 150 steigt. In den Schnittpunkten der wichtigsten Verkehrs-
linien sind volksbelebte Großstädte entstanden, deren rasches Wachstum dem der
mittel- und norddeutschen Städte nicht nachsteht, so Straßburg (180 000 E.),
Mannheim (200000 E.), Ludwigshafen, Mainz (115000 E.), Frankfurt a.m.
(415000e.), Nürnberg (330 000 E.), Stuttgart (285 000 E.).
Industrie. Nicht zum wenigsten verdanken die Städte des Gebiets ihre heutige
Blüte dem gewaltigen Aufschwung ihres industriellen Lebens, das durch das
Saar und Ruhrkohlenrevier sowie durch die sächsischen und böhmischen Kohlenlager
gefördert wird. Im Wasgau hat die Baumwollweberei, deren Hauptsitz Mühl-
hausen ist, sich großartig entwickelt. Die Bewohner des Schwarzwalds hat der
Waldreichtum zur Holzschnitzerei, Uhren- und Musikinstrumentenfabrikation geführt,
besonders in Furtwangen und Lenzkirch. Pirmasens liefert Schuhwaren,
Ludwigshafen Erzeugnisse der Chemie, insbesondere Farben, Kaiserslautern
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Extrahierte Personennamen: Kolmar Maas Straßburg
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rhein Oberrheinischen
Tiefebene Rheingaus Donnersberg Frankenthal Schwetzingen Badens Stuttgart Frankfurts Bambergs Nürnberg Hersbruck Pfalz Nürnberg Deutschlands Mannheim Straßburg Niederlande Deutschland Italien O. Main Schwaben Oberrheini- Mannheim Ludwigshafen Mainz Frankfurt Stuttgart Furtwangen Lenzkirch Ludwigshafen
2
2. Wohnsitze, Namen und Sprache, Herkunft des Bayernvolkes.
Der bayerische Stamm, wiewohl unter zwei Staaten zersplittert, bildet noch heute eine durch Sprache und Art seiner Angehörigen unverkennbare Einheit. Ihm gehören vollständig an vom Königreiche Bayern die Provinzen Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz und Regensburg und von der öfter-reichisch-ungarischen Monarchie die Erzherzogtümer Österreich ob und unter der Enns und das Herzogtum Salzburg. Was von nichtbayerischem Volke in diesen Provinzen saß, ist sehr gering und frühzeitig bajuwarisiert worden. Weit mehr von nichtbayerischen Elementen, insbesondere Slaven, haben die Bayern im Lande unter der Enns in sich aufgesogen. Von der bayerischen Provinz Schwaben und Neuburg sind die Bewohner des letzteren Gebietes Bayern. In Oberfranken ist die Bevölkerung um das Fichtelgebirge, in Mittelfranken, dessen Name den ethnologischen Verhältnissen nicht entspricht, die der südlichen und östlichen Teile, ungefähr ein Drittel bis zur Hälfte des Ganzen von bayerischer Abkunft, reiner im Eichftättischen, mehr mit Franken gemischt im Nürnbergischen; immerhin ist der Nürnberger Dialekt bayerisch, nur fränkisch angehaucht, nicht etwa umgekehrt. Nur auf Verkeuuuug dieser Tatsachen beruht die zuweilen ausgesprochene Behauptung, daß im Königreiche Bayern mehr Franken als Bayern sitzen. Von Steiermark, Kärnten und Tirol gehört dem bayerischen Stamme die gesamte deutsche Bevölkerung an. Aber in ganz Deutschtirol — mit Ausnahme wahrscheinlich des nördlichsten Unterinntales und seiner Seitentäler — haben die Bayern nicht nur wie anderwärts vereinzelte Nichtgermanen sondern eine starke räto-romanische Bevölkerung baiuwa-risiert. Endlich gehören dem bayerischen Dialekte und größtenteils wohl auch dem Ursprünge nach dem bayerischen Stamme an die Deutschen in Ungarn und die im Egerlande, an den böhmischen Abhängen des Böhmerwaldes und an der Thaya. Die Seelenzahl des bayerischen Stammes wird man heute in runder Schätzung etwa auf 9—10 Millionen anschlagen dürfen, von denen über 2x/2 Millionen im Königreiche Bayern, alle übrigen in der österreichisch-ungarischen Monarchie leben.
Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz und Regensburg, Neuburg, die bayerischen Teile vou Mittelfranken, Österreich ob der Enns, Salzburg und
Deutschtirol bilden die alten Stammlande, in denen sich die Bayern im Laufe des 6. Jahrhunderts festgesetzt haben. Von dort aus breiteten sie sich allmählich weiter nach Osten aus. In das 8. Jahrhundert fällt in der Hauptsache die Besiedlung von Kärnten und Steiermark, in das 9. und 10. die der
Ostmark, in das 11. und 12. vornehmlich, wie es scheint, die Einwanderungen in Ungarn und Böhmen. Mit der Kolonisierung des Egerlandes, die
wahrscheinlich am Schlüsse des 11. und in den ersten Jahrzehnten des
12. Jahrhunderts erfolgte, hat die räumliche Ausbreitung des Stammes ihren Höhepunkt und Stillstand erreicht, und kaum ist dies geschehen, so nimmt seine schon vorher beginnende politische Zersplitterung größere Ausdehnung an.
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44. Karl Ludwigs Rückkehr in die Pfalz.
243
Kurfürst huldigen ließ, von der französischen Besatzung aus der Feste geschossen, die Spanier in Frankenthal trieben am Rheine offen das Raubsystem und das speyerische Bruchsal ward von den Franzosen noch vor dem Abzüge (1651) geplündert. In dem Nürnberger Exekutionsrezeß, wo Karl Gustav die pfälzische Sache kräftig vertrat, hatte man nach vielen vergeblichen Bemühungen Fraukenthal frei zu machen (es war sogar von einer Belagerung durch Reichs-truppen gesprochen worden) endlich sich dahin verglichen (Juni 1650), der Kurfürst solle monatlich 3000 Taler Entschädigung und als Pfand die Reichsstadt Heilbronn erhalten, wo eine ihm allein verpflichtete Besatzung mit 8000 Talern monatlich auf Reichskoften sollte bezahlt werden. Frankenthal selbst sollte in seinen städtischen Verhältnissen ungestört, die pfälzische Bevölkerung von jedem Beitrage zum Unterhalte der dortigen Besatzung befreit sein. Zu solchen Mitteln mußte mau greisen, weil Reich und Kaiser zu ohnmächtig waren ihre eigenen Verpflichtungen zu erfüllen.
So blieb denn auch Frankenthal, das schwergeprüfte, in den Händen der spanischen Truppen; denn diese fanden es fehr bequem sich auf Reichskoften im Besitze der besten pfälzischen Festung behaupten zu können. Karl Ludwig bot aber alles aus und seine Vorstellungen beim Kaiser, bei der kurrheinischen Versammlung zu Frankfurt (1651), seine Erklärung, auch seinerseits die noch übrigen Verpflichtungen nicht erfüllen zu wollen, wenn man das ihm Versprochene länger vorenthalte, bewirkten wenigstens, daß die ^ache nicht einschlief; auch ließ sich nicht verkennen, welche Mühe sich der Kaiser gab seine Verpflichtung zu erfüllen; aber er war über die Truppen seiner eigenen Verbündeten nicht Herr.
Als endlich nach vielen mühseligen Verhandlungen zwischen den Hösen zu Wien und Heidelberg der Auszug nuf den 26. April 1652 festgesetzt war und der Kurfürst Karl Ludwig mit seinem ganzen Hofstaate und einem Heer-hausen von 1800 Mann vor der Festung erschien, wußte der spanische Kommandant Frangipani abermals mit Vorwänden den erwarteten Abzug zu verzögern; wirklich war auch Troß und Gepäck so massenhaft, daß es einiger Vorbereitung bedurfte zu einem vollständigen Abzüge. Bis zum 1. Mai ward der Kurfürst zu Worms hingehalten, dann versprach man ihm, der Auszug werde bestimmt am andern Tage stattfinden; er kam mit seinen Truppen nach Frankenthal und — abermals bat der Gouverueur um Frist; die Truppen, hieß es, hätten heute ihren Sold empfangen, feien jetzt in trunkenem Zustande und bei einem Auszuge müsse man Exzesse besorgen. Nun bestimmte Karl Ludwig den Auszug aus den folgenden Morgen (3. Mai); da zog denn die Besatzung von 1000 Mann hinaus, und obwohl die Hälfte zu Land ihren Marsch eintrat, bedurfte man doch 28 Schiffe, um den Rest samt dem Trosse und den Vorräten fortzubringen.
Wie diese „Verbündeten" des Kaisers in dem ihrem Schutze befohlenen Reiche feit den dreißig Jahren ihrer Anwesenheit gehaust haben mochten, läßt
Ig*
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Extrahierte Personennamen: Karl_Ludwigs_Rückkehr Karl Ludwigs Karl_Gustav Karl Gustav Karl_Ludwig Karl Ludwig Karl_Ludwig Karl Ludwig Frangipani Karl_Ludwig Karl Ludwig
48. Kurfürst Max Emanuel im Türkenkriege 1683—1688.
255
Vor seinen muterfüllten Truppen Erstürmt er kühn die Türkenschanz' Und über der Moscheen Kuppen Erbleicht des Halbmonds Siegesglanz.
Die Schar 5eldschuken und Arnauten Entflieht und sinkt im blut'gen Fall, Im Feld der weiß und blauen Rauten Trotzt Bayerns Leu von Belgrads Wall.
48. Kurfürst Max Emanuel im Türkenkriege 1683—1688.
Von Karl v. Landmann.*
Als Kurfürst Max Emanuel am 11. Juli 1680 im Alter von 18 Jahren die selbständige Regierung Bayerns antrat, befand sich das Deutsche Reich in äußerst bedenklicher Lage. Von Westen her drängten die Franzosen, die unter ihrem ländergierigen König ein Stück nach dem andern von Deutschland abrissen. Im Osten stauben brohenb die Türken, die bereits im Besitz der Königsstadt Ofen und des größeren Teiles von Ungarn waren und ihre Macht auch auf deutsches Gebiet anszubchuen trachteten.
In diesem Kampfe um den Fortbestand des Deutschen Reiches wollte der junge Kurfürst nicht den Zuschauer spielen. Im Gegensatze zu seinem Vater, bcm Kurfürsten Ferdinand Maria, der den Frieden geliebt und in vorsichtiger Neutralität nur an die Erhaltung seines Besitzstandes gebacht hatte, brannte Max Emanuel vor Ehrgeiz sich unsterblichen Kriegsruhm zu erwerben und sein Land Bayern größer und mächtiger zu machen. Glaubte er diesen Zielen im treuen Festhalten an Kaiser und Reich näherzukommen, so war er sich zugleich klar, daß hierzu vor allem ein schlagfertiges Heer notwendig sei. Zunächst gewann er in Hannibal Freiherrn von Degenfeld, der als Feld-marschaueutnant aus dänischem in bayerischen Dienst übertrat, einen erprobten Kriegsmann als militärischen Berater. Unter dessen Leitung würde alsdann aus den 35 einzelnen, dem Hofkriegsrat unmittelbar unterstellten Kompagnien, welche die ganze damalige Kriegsmacht Kurbayerns bildeten, ein neues Heer von 7 Infanterie- und 4 Kavallerie - Regimentern, 4 Dragonerkompagnien und entsprechender Artillerie geschaffen. Vier von den damals errichteten Regimentern bestehen als 2. und 10. Infanterie-, 1. und 2. Chevaulegersregiment noch heute. Der Abschluß der Neuaufstellung des Heeres fand seinen Ausbruck in der im Herbst 1682 erfolgten Anordnung eines Übungslagers bei Schwabing unmittelbar nördlich von München. Die unter Degenfelds Leitung stattfindenden Übungen dauerten vom 12.—24. Oktober und bestauben in Manövern in zwei Parteien gegeneinanber, in einem Manöver des ganzen Korps ohne Gegner und in einer Belagerungsübung.
Kaum war das neue kurbayerische Heer gebilbet, so fanb es auch Gelegenheit sich im Kriege zu bewähren. Am 2. Januar 1683 erklärte Sultan Mohammed den Krieg an Kaiser Leopold und alsbald erging der Ruf um Hilfe an das Reich und nach auswärts. Der erste, der dem Kaiser seinen Beistand im Kampfe gegen die Ungläubigen zusagte, indem er mit
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Extrahierte Ortsnamen: Bayerns Belgrads Bayerns Deutschland Ungarn Schwabing
48. Kurfürst Max (Sntanuel im Türkenkriege 1683—1688.
257
etfer aller beteiligten Führer und Truppen diesesmal nach wiederholten Stürmen und Abweisung eines Entsatzversuches der feindlichen Feldarmee das stärkste Bollwerk osmanischer Herrschaft in Ungarn zu erobern (2. September). Der Halbmond, der 145 Jahre lang auf der Hauptkirche von Ofen geglänzt hatte, mußte dem Kreuze wieder weichen. Da die türkische Armee einer Schlacht ausweichend donanabwärts zurückging, wurde iu der Folge noch das ganze Gebiet bis Esseg und Szegedin besetzt.
Für den Feldzug 1687 stellte der Kaiser wie im Vorjahre ein Heer von 40000 Mann unter dem Herzog von Lothringen und ein zweites von 20000 Mann unter Kurfürst Max Emanuel auf. Am 15. Juli fand die Vereinigung beider Heere bei Valpovo auf dem südlichen Drannfer statt; weiter südöstlich bei Esseg stand in verschanzter Stellung unter dem Groß-wesir Suleimau das etwa gleichstarke türkische Heer. Nachdem der Versuch die türkische Stellung anzugreifen wieder ausgegeben worden war, ging der Herzog von Lothringen über die Drau zurück und ihm folgte alsbald der Großwesir. Nach Ausführung von Märschen und Gegenmärschen, deren eigentlicher Zweck sich nicht sicher feststellen läßt, kam es am 12. August am Berge Harsan (zwischen Mohacz und Siklos) zur entscheidenden Schlacht. Durch waldiges Gelände begünstigt griff der Großwesir die den deutschen linken Flügel bildeude Armee des Kurfürsten überraschend gerade zu dem Zeitpunkte an, als wegen der Geländeverhältnisse die in einer Seitwärtsbewegung begriffene Armee des Herzogs von Lothringen nicht sofort eingreifen konnte.
Max Emanuel wies jedoch den Stoß erfolgreich ab und ging fodann unterstützt durch einige Regimenter des rechten Flügels selbst zum Angriff über. Die Türken wurden vollständig geschlagen und bis zur einbrechenden Nacht von der deutschen Kavallerie unter dem damaligen kaiserlichen General-seldwachtmeister Prinz Eugen von Savoyen verfolgt. Max Emanuel hatte an diesem Tage raschen Blick, Entschlußfähigkeit ititd Tatkraft, notwendige Eigenschaften eines Heerführers, in ganz hervorragendem Grade gezeigt. Er verließ jedoch am 3. September die Armee, da sich für ihn keine weitere Gelegenheit zu selbständiger Kommandoführung ergab. Da die Widerstandskraft der türkischen Feldarmee durch die erlittene Niederlage gebrochen war, so gelang es im Laufe des Feldzuges noch Siebenbürgen und Slawonien der kaiserlichen Gewalt zu unterwerfen.
Im Jahre 1688 erfüllte Kaiser Leopold den heißesten Wunsch des nach kriegerischem Lorbeer strebenden Kurfürsten: er übertrug ihm an Stelle des erkrankten Herzogs von Lothringen den Oberbefehl über das in Ungarn vereinigte Heer. Als Hauptaufgabe für den Feldzug konnte die Belagerung des wichtigen Platzes Belgrad um so mehr in Aussicht genommen werden, als man mit dem Erscheinen größerer türkischer Streitkräfte kaum zu rechnen hatte; im türkischen Heere war nnter der Nachwirkung der erlittenen Niederlage
Kronseder, Lesebuch zur Geschichte Bayerns. 17
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Extrahierte Personennamen: Max_(Sntanuel Max Max_Emanuel Max August Max_Emanuel Max Eugen_von_Savoyen Eugen Max_Emanuel Max Leopold Leopold
292
56. Würzburg, die alte Bischossstadt am Main.
Zu beiden Seiten des Mains baut sich Würzburg auf und da ragt
am linken Ufer auf steil ansteigender Felsenhöhe, dem Marienberg, jene
alte Feste „Unser lieben Frauen Berg" empor, welche den ganzen Talkessel,
in den die Stadt gebettet liegt, beherrscht. Sie gibt dem ganzen Städtebild seinen eigenartigen, romantischen Reiz, sein charakteristisches Gepräge und steht andern Bergschlössern, an die man sich unwillkürlich erinnert fühlen mag, wie Hohensalzburg, der Willibaldsburg bei Eichstätt, in keiner Weise nach.
Deshalb sei dieser auch sür die ganze geschichtliche Entwicklung der Stadt so
bedeutsame Marienberg hier im Bilde wiedergegeben.
Dort aus jener Burg herrschten bis zu Beginn des 8. Jahrhunderts die unter der Oberhoheit der Frankenkönige stehenden fränkisch-thüringischen Volksherzoge über ein weites Gebiet insbesondere gegen Norden hin.
Unter ihnen fand als neue Botschaft von folgenreichster Wirkung auch für
die gesamte Kultur der Mainlande das Christentum seinen Eingang. Auch hier waren es britische Mönche, St. Kilian und seine Gefährten, denen das mühevolle Werk gelang; für alle Folgezeit sind sie die gefeierten, volkstümlichen Apostel Frankens geblieben. Durch den kulturverbreitenden Eifer der Mönche, die sich dann bald dort niederließen, begann jedenfalls schon in sehr früher Zeit der Weinbau, der bis heute Frankens Reichtum und Stolz geblieben ist; gerade an den Abhängen des Marienbergs wächst eine der edelsten Arten.
Von entscheidender Bedeutung für Würzbnrgs Zukunft wurde aber die mit Hilfe der Karolinger bewirkte Gründung eines Bischofssitzes durch den großen Organisator der Kirche des Frankenreiches, Bonisatins, im Jahre 741. Durch diese bischöfliche Kirche und das, was sich in ihrer Umgebung sammelte, erwuchs recht eigentlich die spätere Stadt und zwar so, daß nun mich auf dem rechten Flußufer eine wohl schon früher vorhandene Ansiedelung rasch sich ausdehnte und dann bald zum Schwerpunkte des Ganzen geworden ist.
Groß war das geistliche Machtbereich dieser Würzburger Bischöfe; Spessart und Fichtelgebirge bildeten die Grenzen gegen Westen und Osten, nördlich reichte es weit nach Thüringen hinein, südlich bis ius heutige Württemberg. Aber auch die weltliche Ausstattung des Bischofsstuhles war gleich von Anfang an eine wahrhaft glänzende und die folgenben Jahrhunberte vermehrten sie dann immer noch weiter mit Gütern, mit ganzen Grafschaften und Gerechtsamen verschiebender Art. Der Bischof von Würzburg war schließlich der reichste und mächtigste Herr und Fürst in Franken; in jenem Titel eines Herzogs von Ostfranken, der vorn 15. Jahrhundert an regelmäßig von ihm geführt wurde, der aber schon älteren Ursprungs ist, hat diese ganze Stellung ihren beredten Ausdruck gesunden.
Der eigentliche Lebensnerv dieses ganzen Gebietes war aber der Flußlauf des Mains, sein Mittelpunkt Würzburg. Und bieses Würzburg konnte, als man später aus wohlerwogenen Grünben weiter mainanfwürts an die Grünbnng eines neuen Bistums in Bamberg ging und als anberfeits das später so
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296
56. Würzburg, die alte Bisckwfsstadt am Main.
Aber nicht nur in der Kunst sondern auch aus den wichtigsten anderen Gebieten äußerten in jener Zeit des Übergangs vom 15. zum 16. Jahrhundert neue Strömungen und Kräfte ihre Rückwirkung auf Würzburg. Jener überspannte kommunistische Schwärmer und Prediger Hans Böhm, genannt der „Pfeiferhans", der in Niklashausen im Taubergrund eine so mächtige Bewegung zu entfesseln vermochte, hatte schließlich auf dem Richtplatz in Würzburg im Jahre 1476 sein tragisches Ende gesunden. Er war einer von jenen Vorläufern der gewaltigen Sturmflut gewesen, die ein halbes Jahrhundert nachher über Deutschland hereinbrach, jener aus agrarischen, politischen und religiösen Momenten hervorgewachsenen Revolution, die gemeinhin mit dem Namen Bauernkrieg bezeichnet wirb. Von Schwaben ausgehenb hat diese Bewegung in gewissem Sinn ihren Höhepunkt in beit fränkischen Lauben erreicht. Bereits war die Stadt Würzburg auf der Seite der Aufstänbischen; die noch einmal wach geworbene Hoffnung die früher vergeblich angestrebte Reichsunmittelbarkeit jetzt erlangen zu können hatte die Bürgerschaft bazn gebrängt. Nur noch der Marienberg, verteibigt von dem tapferen, gelehrten sürstbischös-lichen Hofmeister Sebastian von Rotenhan und einer kleinen, heldenmütigen Schar ragte wild umtost von den feindlichen Haufen wie ein einsames, letztes Bollwerk der konservativen Sache empor, die freilich nicht ohne eigene schwere Schuld in eine solche verzweifelte Lage gekommen war; nie zu einer andern Zeit ist die Bedeutung dieses Bergschlosses größer gewesen. Und der Entsatz, der baun in der letzten Stunbe enblich herankam, bilbete den Wenbepunkt der ganzen Bewegung, die gewissermaßen in ihrem eigenen Blute erstickte.
Mancherlei anbere Gärung und Bewegung hat bieses inhaltschwere Jahrhundert auch in feinem weiteren Verlaufe noch über Würzburg gebracht, bis gegen Ende besselben hier eine Herrschergestalt auftrat, geistesstark uitb willensmächtig genug um der weiteren Entwicklung aller Verhältnisse in bet Stadt und im Hochslift ihre festen Bahnen zu weifen, der Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn. Sein mehr als vier Jahrzehnte währenbes Regiment bebeutete eine umsassenbe, burchgreisenbe Restauration nach den verschiebensten Seiten hin. Einem Zustanb von Unklarheit und Schwanken auf religiösem Gebiet, wie er seit Beginn der religiösen Neuerungen gerobe auch in den fränkischen Lauben eingetreten war, machte er mit unerbittlicher Strenge im Geiste der sogenannten katholischen Gegenreformation ein Ende; mit Maximilian I. von Bayern gehörte er zu den Begrünbern der Liga. Um für seine Politik nach die)er Richtung hin einen entsprechenben geistigen Rückhalt zu gewinnen grünbete er 1582 die Würzburger Universität. Schon zu einer sehr frühen Zeit, im Jahre 1402, war durch Fürstbischof Johann v. Eglossstein eine solche Hochschule bort ins Leben gerufen worben. Allein diese erste Gründung hatte nicht recht Wurzel fassen können, sie welkte früh bahin. Um so bauerhafter und lebenskräftiger erwies sich dann diese Neugrün bung Julius Echters. Zur Unterstützung der leibenben Menschheit rief
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Extrahierte Ortsnamen: Main Würzburg Niklashausen Taubergrund Würzburg Deutschland Schwaben Marienberg Eglossstein
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Extrahierte Ortsnamen: Main Wurzburgs Nordwest Berlin Rhein Mannheim Schwetzingen Willibalbsburg Würzbnrg Marienberg
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56. Würzburg, die alte Bischofsstadt am Main.
aber doch wieder ein Beweis dafür ist, daß man die Kraft und den Trieb zu origineller Neugestaltung in sich fühlte.
Unter dem feingebildeten Fürstbischof Adam .Friedrich v. Seins heim fanden die jene Zeit mehr und mehr beherrschenden Ideen der Anskläruug auch hier Aufnahme und Verbreitung; insbesondere wurde das Bolksschulweseu durch Gründung eines Schullehrerseminars gefördert. Nicht minder traf aber auch für zeitgemäße Hebung und Förderung der Universität verständnisvolle Fürsorge Seinsheims Nachfolger Franz Lndwig v. Erthal, unter dem mit großer Prachtentfaltung ihre zweite Süknlarfeier begangen wurde. Die hohe Blüte des Medizinstudiums, die ja später als ein charakteristisches Merkmal dieser Hochschule erscheint, geht in ihren Ansängen bis in diese Zeit zurück. Da begannen u. a. die Gelehrtenfamilien der Sieb old und Heine ihr gefeiertes Wirken; Philipp Franz v. Siebold, der nachherige berühmte Japanforscher erblickte hier 1796 das Sicht der Welt; Johann Georg Heine bekam einen Weltruf als Begründer der Orthopädie.
Franz Ludwig von Erthal, unter dem zum letztenmal die Herrschaft über die beiden Nachbarbistümer Würzburg und Bamberg in einer Hand vereinigt war — sechsmal ist es im ganzen der Fall gewesen —, zählte zu den trefflichsten Fürsten in jenen letzten Zeiten des alten Deutschen Reiches, ein wahres Muster eines erleuchteten und gewissenhaften Regenten. Aber die vom westlichen Nachbarlande heranziehenden Stürme brachten dann im Verlauf weniger Jahre die schwersten Erschütterungen und den Zusammenbruch der ganzen alten Ordnung. Nur von vorübergehender Wirkung war der ganz in der Nähe von Würzburg erfochtene glorreiche Sieg der deutschen Waffen unter Erzherzog Karl im Jahre 1796 gewesen; bereits 6 Jahre später sah sich Fürstbischof Georg Karl v. Fechenbach durch den allgemeinen Umschwung, wie ihn der Friede von Luneville zur Folge hatte, veranlaßt in einer ergreifenden Proklamation von seinen Untertanen Abschied zu nehmen. Die geistlichen Staaten, diese eigentümlichen Gebilde des alten Deutschen Reiches, hatten aufgehört zu fein und damit tarn nun auch für Würzburg eine ganz neue Zeit.
Zuerst griff die Herrschaft des pfalzbaherifchen Kurhauses in den beiden fränkischen Nachbarhochftiftern Platz; aber während Bamberg nun dauernd in diesem Verhältnis verblieb, wurde Würzburg vorübergehend noch einmal zum Mittelpunkt eines eigenen Staatswesens, das man für den früheren Groß herzog von Toskana neu gebildet hatte, das Großherzogtum Würzburg, eines jener ephemeren staatlichen Gebilde der Rheinbundszeit, dessen Dasein darum auch mit der Macht des Protektors Napoleon stand und fiel. Darauf trat zum zweitenmal und dauernd die Herrschaft Bayerns ein und 7 Jahre nach diesem für die ganze weitere Entwicklung Würzbnrgs so bedeutsamen Ereignis wurde hier in den Räumen der herrlichen Residenz im Jahre 1821 der Wittelsbacher geboren, in dessen Händen gegenwärtig die Leitung Bayerns
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72. Die Isar als Verkehrsstraße einst und jetzt.
auch Fische und Knoblauch), Handschuhe, Sensen und Sichel, Beuteltücher für Müller, Krämer- und Buchdruckerwaren, „welsche Früchte", Baumwolle, Lorbeerblätter, Reis, „Schamlot und Arras", Teppiche, Silbergeschirr, Tuch, Pergameut, Draht, Wetz- und Schleifsteine. Noch vielseitiger war endlich die Ladung der aus München kommenden Fahrzeuge. Auf ihnen traf man nicht nur die sämtlichen eben ausgeführten Gegenstände sondern ferner noch Felle, Kleidungsstücke, Filzhüte, Kürschnerwaren, Gewürze, Wein und Weiubeereu, Pomeranzen, Zwetschgeu, Bier, Kupfer, Pulver, Glas, Blei, Galmei, Flaschen, Hirschgeweihe, Pfeifen zum Musizieren, Schreiuer- und Kistlerarbeiten.
Im 17. Jahrhundert erfuhr zwar der Floßverkehr auf der Isar hauptsächlich wegen des Dreißigjährigen Krieges — litt doch selbst der Jsarwiukel mehrmals unter deu Einfüllen der Schweden •— vielfache Hemmnisse. Trotzdem erfolgten Fahrten die Donau abwärts bis uach Uugaru gerade vonseiten der Oberländer Flößer häufig. Darauf weist so mauche Grabschrist oberhalb der Greiuer Stromeuge unterhalb Linz nicht minder hin als die in den Tölzer Pfarrbüchern öfters verzeichnete Tatsache, daß Floßleute der „uugarischeu Krankheit" (wahrscheinlich einer Art Dysenterie) erlagen, welche sie aus Ungarn eingeschleppt hatten. Harte noch sind in Ofen und Pest Nachkommen uralt angesehener oberländischer Flößerfamilien ansässig. Als leichte Rückfracht wurden aus Österreich gewöhnlich seidene, nach orientalischen Mustern geblümte und gefranste Brust- und Halstücher für Frauen und Mädcheu mitgebracht.
Auch in den Dienst der Kriegführung wurden die Flößer des Jsarwinkels gestellt und zwar besonders gegen Ende des 17. Jahrhunderts. Ihre Bekanntschaft mit dem Wasserwege nach Ungarn sowie die Raschheit und Billigkeit der Provianttransporte auf Isar und Donau war besonders in den Feldzügen Max Emannels gegen die Türken willkommen. So kam z. B. von der kurfürstlichen Hofkammer 1684 Befehl nach Tölz 30 Flöße mit Nahrungsmitteln und Schießbedarf nach Ungarn gehen zu lassen — und der Aufforderung ward Folge geleistet. In demselben Jahre wurde auch die Hosmark Hohen-lnirg (bei Leuggries) angehalten 30 Fergen znr gleichen Fahrt nach Ungarn auszubringen. Während der Belagerung Oseus durch die 8000 Mann starke bayerische Hilfsarmee mußte der Pflegeamtsverwalter von Tölz 90 ausgewählte, jeder Gefahr gewachsene Jsarwinkler mit Vorräten verschiedenster Art ins kurfürstliche Lager abgehen lassen. Sie kamen samt ihren Fahrzeugen glücklich
vor Ofen an und diejenigen, welche die Dysenterie verschont hatte, zogen im September 1686 mit den Kriegslenten in die eroberte Festuug. — Ähnlich wurde im Kampfe der Landesverteidiger mit den Österreichern 1705 den zum Entsatz Münchens herbeigeeilteu Bauern des Oberlandes zu Wasser Mundvorrat und Proviant nachgesührt. Man erzählt sogar, daß die Flößer von der
Lände wegstürmten um am letzten, todesmutigen Ringen in Sendling teil-
zunehmen. Daraus erklären sich vielleicht die harten Maßregeln, welche der österreichische Statthalter auch gegen sie erließ. Noch am 6. Februar 1708
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