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1. Grundriß der deutschen Geschichte mit geographischen Uebersichten für die mittleren Klassen der Gymnasien und höhern Bürgerschulen - S. 153

1852 - Koblenz : Bädeker
Ständische Verfassungen in Deutschland. 135 Die Angelegenheiten des Bundes werden durch eine Bundes- versammlung zu Frankfurt am Main besorgt, in welcher alle Glieder des Bundes durch ihre Bevollmächtigten theils einzelne, theils Ge- sammtstimmen führen (im Plenum 70, in dem engern Rathe 17). Alle Mitglieder des Bundes haben gleiche Rechte. Sie sind ver- pflichtet, sowohl ganz Deutschland, als jeden einzelnen Bundesstaat gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen und garantiren sich gegen- seitig ihre sämmtlichen unter dem Bunde begriffenen Besitzungen; sie dürfen einander unter keinerlei Vorwand bekriegen, noch ihre Strei- tigkeiten mit Gewalt verfolgen, sondern müssen deren Entscheidung durch die Bundesversammlung vermitteln lassen. Das Bundescon- tingent wurde auf 300,000 Mann verschiedener Waffengattungen festgesetzt und in 10 Armeecorps nebst einer Reserve-Division getheilt, wovon Oesterreich und Preußen je 3, Baiern 1 zu stellen haben, zu Bundesfestungeu wurden Luxemburg, Mainz und Landau bestimmt, zu denen später Germersheim, Rastatt und Ulm hinzukamen. In dem 13. Artikel der deutschen Bundesacte war auch die Einführung landständischer Verfassungen in aller: Staaten Deutsch- lands verheißen, aber da über das Prinzip dieser Verfassungen rrichts Näheres festgesetzt war, so war die Ausführurrg dieses Artikels der Bundesacte sehr verschiedenartig: in Oesterreich blieberr die alten Postulaten - Landtage der einzelnen Provinzen mit dem Rechte der Steuer ver the i lung und Berathung über Provinzial - Angelegenhei- ten, Preußen erhielt zunäckst ebenfalls Provinziallandtage mit begut- achtendem Einfluß ans die Gesetzgebung, eben so Holstein, die mei- sten übrigen erhielten allmälig besondere Versassungsgesetze. In vier deutschen Staaten: Braunschweig, Sachsen, Hessen-Cassel und Hannover, war die Einführung constitutioneller Verfassun- gen nach dem Beispiele der Pariser Julirevolution (1830) durch innere Unruhen herbeigeführt worden. Hannover verlor jedoch, als es 1837 von Großbritannien getrennt wurde und König Ernst August (ff 1851) zur Regierung gelangte, die kaum in's Leben getre- tene Verfassung wieder, welche nach langem Streite mit den Stän- den durch eine andere ersetzt wurde. In Preußen bildete König Frie- drich Wilhelm Iv., der seinem Vater 1840 in der Regierung folgte, aus den sämmtlichen Mitgliedern der 8 Provinziallandtage einen „vereinigten Landtag", dem er das Recht der Bewilligung neuer Steuern und Anleihen verlieh (1847). Ein wichtiger Schritt für die Herstellung einer größeren Ein-

2. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 293

1910 - Düsseldorf : Bagel
293 Eherecht, die Toleranz und die Erziehung. Die Volksschulen, teilweise auch die Mittelschulen, waren der Aufsicht der Kirche untergeordnet. Das kaiserliche placet für kirchliche Verfügungen, die in das Gebiet des Staates Übergriffen, war ebenso beseitigt, wie alle der Kirche unbequemen Bestimmungen aus der Zeit Josephs Ii. Mancherlei Folgen, auch politischer Art, hatten diese Zugeständnisse an die Kirche. Zu den nachteiligen Wirkungen gehörte auch namentlich die, daß es einen Riß unter den Deutschen Oesterreichs hervorbrachte. Der Klerus und der hohe Adel fügten sich den Bestimmungen gern. Der deutsche Bürgerstand aber, besonders soweit er liberalen und nationalen Anschauungen zugetan, wurde der Kirche und auch dem reaktionären Staate dadurch zweifellos fremder. Warum sollte der Deutschösterreicher, wenn der Tscheche, der Ungar und der Slowene den Wert seiner Nationalität so viel höher bewerten durfte, die eigene geringer einschätzen ? Die Kirche aber, die alle ändern Nationen in ihrem Emporstreben unterstützte, tat dies nicht bei den Deutschen. Die Ereignisse der Jahre 1859 bis 186b hatten nun auch den österreichischen Staat veranlaßt, das bürgerliche und nationale Element mehr zu würdigen und nicht bloß auf die Kirche sich zu stützen. In diesem Sinne erfolgten 1874 die kirchenpolitischen Gesetze, denen die Kündigung des Konkordats vorausging. Der Papst, hieß es, sei seit 1870 infolge der Unfehlbarkeitserklärung ein anderer geworden, als er es 1855 gewesen. Mit einem unfehlbaren Papste sei das Konkordat nicht geschlossen. Einem solchen wolle man es nicht weiter zugestehen. Und nun wurde auch in Oesterreich das Verhältnis nach dem Beispiele Preußens neu geregelt. Es wurde nicht bloß die Anzeigepflicht bei Ernennung von Pfarrern durchgesetzt, sondern auch das alte placet wieder eingeführt. Der Staat erhielt aufs neue die Aufsicht über die Klöster und auch die Anerkennung der Religionsgenossenschaften wurde gesetzlich geregelt. So herrscht seit 1874 ein freierer Geist, der auch den Nichtkatholiken zugute kommt. In Kirche und Schule hat die Kirche noch immer ihre Selbständigkeit und ihren Einfluß, aber der einzelne ist in seinem Bekenntnis viel freier geworden.

3. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 68

1910 - Düsseldorf : Bagel
68 Die erste Forderung, die des Anteils am Regiment, entsprach der uralten Art der Deutschen. Der rechte Mann mußte auch ein freier Mann sein, der selbständig über sich mit beschließe. Die andere Forderung aber entsprach nicht alter Ueberlieferung. Immer nur hat äußerer Zwang und Druck ein Zusammenschließen der Germanen veranlaßt. Das gilt schon von der Zeit, als sie unter Armin gegen die Römer kämpften. Sein Versuch, ein dauerndes, nationales Band zu schaffen, kostete ihm das Leben. Aehnlich ist es später in der Zeit der Völkerbünde und auch in der der Völkerwanderung gewesen. Und selbst das Frankenreich, welches doch nach diesen Bewegungen zur umfassendsten Staatsbildung der Deutschen wurde, entwickelte sich nur deshalb so, weil es auf altrömischem Boden den Wert staatlichen Zusammenhaltens erkennen mußte. Es geschah dies aber doch auch nur, solange bestimmte große Aufgaben es wünschenswert machten. Nach ihrer Erledigung folgte daher auch fast regelmäßig die Teilung der Reiche, und zwar stets, als ob es sich um einen größeren Privatbesitz handelte, nach den willkürlichsten Grundsätzen. Die ungewöhnliche Persönlichkeit eines Karls des Großen und der Beistand der Kirche, die diesen König „von Gottes Gnaden“ aus guten Gründen unterstützte und ihm die römische Kaiserkrone deutscher Nation aufsetzte, schufen indes ein Reich, das auch noch nach 843 in seinem östlichen deutschen Teile sich leidlich zusammenhielt und dann im wesentlichen ununterbrochen etwa 1000 Jahre als das heilige römische Reich deutscher Nation bestanden hat. Im Grunde aber war dieser einheitliche Bestand ein so ungesicherter, daß die Geschichte vorzugsweise von dem zunehmenden Auseinanderfallen der Teile zu berichten hat. So namentlich auch, als die Habsburger die Krone empfingen. Und sie trugen sie fast ausschließlich bis zur Auflösung des Reiches! Sie — und ebenso auch ihre Nebenbuhler — benutzten den Besitz wohl zur Ausbreitung ihrer Hausmacht, kümmerten sich aber herzlich wenig um das, was „da draußen im Reiche“ sich zutrüge. So wurde dieses ihnen fremd und fremder und damit der vollsten Auflösung auch vom Kaiser nicht mehr gewehrt. Unter Maximilian I. freilich, als so etwas wie Morgenluft durch alle Länder ging, besann man sich auf die Mittel, die das zerfallende Reich zusammen-

4. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 104

1910 - Düsseldorf : Bagel
104 Eger—prag aufzusuchen. Auch nicht unwichtig war der Weg über den Rennsteig bei Oberhof, der, ebenfalls von Nürnberg kommend, nordwärts Erfurt und Magdeburg (oder Braunschweig) zum Ziele hatte. Daß viele dieser nord-südlichen Wege es auf die Erreichung Hamburgs abgesehen hatten, ist selbstverständlich, denn dieser so vorzügliche Hafenplatz hat auch im Mittelalter schon große Anziehungskraft gehabt. — Die Deutschland in seiner ganzen Ausdehnung durchziehenden Handelsstraßen gewannen natürlich, da sie die Richtlinien für neue und für Nebenwege wurden, eine immer wachsende Bedeutung. Von den deutschen Königen beschützt und benutzt, galten sie schlechtweg als die Straßen des Königs, die Königsstraßen; auch wohl, da alle den Anspruch auf ihre Benutzung hatten, als die öffentlichen. Soweit sie wirkliche Straßen (via strata) waren, nannte man sie auch Steinwege oder nach den Heeren, für die sie berechnet waren, Heerstraßen, auch Heer- und Hellwege/) Daneben aber heißen sie auch schlechtweg die Hohen Straßen; die geringeren ihnen gegenüber heißen dann die Niedern Straßen. Die Erhaltung der Straßen war natürlich mit vielen Lasten verbunden. Es entstand daher der sehr naheliegende Anspruch auf die Erhebung von Wegegeldern. Der Landesherr, der sie als regale begehrte, erweiterte diese Regalien oft zu Zöllen, deren Berechtigung der Kaiser, dem allgemeinen Interesse entgegen, um sich die kleineren Landesherren willig zu machen, nur zu oft bestätigte. Natürlich waren die Zölle viel höher, als der Ersatz der Herstellungskosten es rechtfertigte. Und da die Zahl der Landesherren in demselben Maße wuchs, wie das große Reich zerbröckelte und sich in kleinere Gebiete auflöste, so wurden auch in der gleichen Weise die Zölle zahlreicher und lästiger. Um dann die Erhebung doch zu rechtfertigen, wurde von den Landesfürsten als Gegenleistung auch noch der Wegeschutz, auch wohl das Wegegeleit geltend gemacht. Eine andere Gegenleistung war im 14. und 15. Jahrhundert die Verbesserung der Wege, wozu der wachsende bürgerliche Wohlstand die Mittel verschaffte. Mit der Pflasterung in den westlichen Städten machte Köln 1250 den Anfang, Wesel folgte 1324, Aachen 1334, Soest 1377, Düsseldorf 1395 usw. Aber auch die verbindenden Straßen *) Grimm deutet dies Wort als Totenweg.

5. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 113

1910 - Düsseldorf : Bagel
113 sich Friedrich Wilhelm zu dem schweren Schritt, den Vereinigten Landtag einzuberufen, denn nur mit Zustimmung der Volksvertretung konnten und sollten die Mittel aufgebracht werden. So gelangte der Staat durch die Eisenbahnen zu dem ersten Versuch mit dem konstitutionellen System. Das eine brachte das andere. Ohne die Volksvertretung gab es keine Staatsbahnen, aber auch umgekehrt ohne die Bahnen keine die Gelder bewilligende Volksvertretung. Durch sie wurde auch der preußische Staat der Besitzer von längeren Eisenbahnlinien. Inzwischen entwickelten sich die Eisenbahngesellschaften, namentlich die in den Industriegebieten, zu immer größerer Bedeutung. Die Züge, die anfangs nur als Vergnügungs-züge für Personen gedacht waren, wurden jetzt wirklich, was List vorhergesagt und was man als wahnwitzig verspottet hatte, „auf den großen Routen ein ganz ordinäres Transportmittel“. Die dritte Klasse brachte an Personengeld mehr ein als die zweite und der Güterverkehr bald mehr als der der Personen. Und ganz besonders waren es die Waren geringeren Wertes, die nun in Massen verladen wurden und dann die großen Erträge einbrachten: das waren Holz, Steine, Getreide und ganz besonders die Steinkohlen. Ein äußeres Zeichen des raschen Wachsens der Gesellschaften mögen einige Zahlen veranschaulichen. Die vortrefflich verwaltete Berlin-Potsdamer Bahn hatte 1839 bei ihrer Eröffnung eine Länge von 26 km, sie erschloß den Berlinern die prachtvollen königlichen Gärten. Aber auch andere Reisenden meldeten sich, denn auch geschäftliche Zwecke konnte man mit Eisenbahnfahrten verbinden. Die Ziele wurden weiter gesteckt und 1879 war die Zahl der Kilometer fast verzehnfacht. (251 km) Und doch erscheint diese Entwicklung langsam gegen die der drei rheinischen Bahnen, die in derselben Zeit aus gleich kleinen Anfängen ihre Länge etwa vervierzigfacht hatten. (Rheinische Bahn 961 km, Bergisch-Märkische 1091 km, Köln-Mindener 1073 km.) Und die Oberschlesische Bahn war gar um das 60 fache gewachsen. (1500 km) Man sieht hieraus, daß diejenigen Bahnen am meisten sich ausdehnten, die in die Kohlengebiete hineinreichen. Sie holten nicht bloß die Steinkohlen, sondern brachten auch die Erze und entwickelten eine Eisenindustrie, die vielen Hunderttausenden Arbeit und Nahrung gab. Natürlich wurden gleichzeitig die Eisenbahnen immer lebens- Rothert, Vaterländische Geschichte. 8

6. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 266

1910 - Düsseldorf : Bagel
266 wo in neuer Gruppierung die Arbeit dringend notwendig geworden, um so fruchtbringender tätig sein zu können. Die Finanz- und Zollreform. Man hätte denken sollen, daß das Hineinfluten von 5 Milliarden Francs den allgemeinen Wohlstand mindestens erheblich gefördert hätte. Die nächste Wirkung war auch eine Verschiebung aller Werte nach oben und eine Anregung der Unternehmungslust, die in einer Menge von „Gründungen“ sich äußerte. Wie man dabei das Vorgehen der Engländer nachahmte, so auch in der Anwendung ihrer Grundsätze. Sie, die man im erblichen Besitze aller praktischen Weisheit wußte, sollten auch vor allem die Lehrer in Handel und Industrie sein und so schwärmte auch jeder „Einsichtige“ und „Gebildete“ für die Grundsätze des Freihandels, der sich in England so bewährt hätte. Man hielt zur „Manchestertheorie“ welche die Erwerbstätigkeit dem einzelnen Individuum (Individualismus) ganz frei geben und jede Einwirkung der staatlichen Gesetzgebung fern halten möchte. Die Nachteile regelten sich ja aus sich selber; nur durch die Selbsthülfe, sei es die des Individuums, sei es die der Genossenschaft, komme die Kraft der Persönlichkeit zur rechten Entfaltung. Bismarck, von jeher gewohnt, selbst zu denken und nüchtern zu urteilen, beobachtete bald, daß sich das deutsche Volk an diesem Freihandel „verblute“. Weder die Industrie noch die Landwirtschaft konnten seine Grundsätze vertragen. Das Eindringen des billigeren englischen Eisens brachte es mit sich, daß die Hochöfen, einer nach dem ändern, ausgeblasen und Tausende von Arbeitern entlassen werden mußten. Und ebenso schlecht ging es der Landwirtschaft. Ausländische Fleischwaren, ausländischer Weizen und ausländisches Nutzholz waren viel wohlfeiler zu liefern, wie die Erzeugnisse der Heimat, weil draußen die Erwerbskosten unendlich viel geringer waren. Eine erschreckend große und stets wachsende Zahl von Gütern kam zur Zahlungseinstellung, weil die Ausgaben immer mehr die Einnahmen überstiegen. Diese Erscheinungen veranlaßten Bismarck 1880 das Handelsministerium zu übernehmen. Hier konnte er zum Segen der deutschen Arbeit für einen, schon 1879 vorgeschlagenen, mäßigen Schutzzoll eintreten. Ein Kilogramm Weizen sollte mit

7. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 74

1910 - Düsseldorf : Bagel
74 Anschauung, das Uebergewicht der größeren Macht zu geben, die bislang ja auch die Kaiserkrone bereits besessen. Oesterreich verzichtete aber auf das bestimmteste ebenso auf die Krone, wie auf das, was sie bedeutete: Führung der deutschen Nation. Und es mußte darauf verzichten, weil jede nationale Entwicklung dem Wesen des neugebildeten österreichischen Staates widersprach. Aber auch besondere Umstände hinderten Oesterreich, für die einheitliche nationale Entwicklung einzutreten. So hatte es auch den Bayern die vollste Souveränität zugesagt. Nirgends, nicht einmal auf richterlichem Gebiete, sollte eine Einschränkung geduldet werden; die höchste Gerichtsbarkeit außerhalb des Landes lehnte Bayern daher unbedingt ab. Und in dieser gleichen Anschauung wollte auch Württemberg keinerlei Grenzen der königlichen Gewalt zugeben. Am wenigsten aber hätten sie dem heraufgekommenen Preußen hier oder sonst irgendwo irgend eine Führung der Nation gegönnt. Und Preußen, dessen neue Gestaltung es unbedingt auf die Leitung der Einigung und Freiheitsbewegung hinwies, es wagte selbst sich nicht recht an diese Aufgabe heran. Weder die Persönlichkeit des Königs, noch die bunte Zusammensetzung des jungen Staates, noch die allgemeine Erschöpfung nach den schweren Zeiten ermutigten zu so kühnem Handeln. Nur die Verhältnisse waren schließlich doch stärker als der Wille, und Schritt für Schritt rückte man, weil man gar nicht anders konnte, trotz allen Zagens den nationalen Zielen doch immer näher. Das zeigte schon die Entwicklung auf dem freiheitlichen Gebiete, die Frage der Mitwirkung am Regiment. Verheißen war vom König bereits 1815 (22./5.) eine Verfassung, die eine „Repräsentation des Volkes“ bezweckte. Gewährt wurden endlich 5./6. 1823 die Provinzialstände, die aber nur ein kümmerliches Ergebnis gegenüber den hochgespannten Erwartungen bedeuteten. Zur Hälfte sollten sie aus der Klasse der Rittergutsbesitzer gewählt werden, zur ändern Hälfte aus der der Bauern und Städter. Maßgebend waren demnach die Grundbesitzer, die erfahrungsgemäß am Bestehenden besonders festhalten. Und diese hatten nur zu beraten, nicht endgültig zu beschließen, und das Gebiet der Beratungen betraf nur unpolitische Fragen, wie Wegebau, Landarmenverbände, Irrenhäuser und dergleichen. Dabei waren sie verteilt in acht getrennte Provinzial-

8. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 82

1910 - Düsseldorf : Bagel
82 Kriege bewirkten also fast plötzlich, was die lange schonende Behandlung vorher nicht zuwege gebracht: die wirkliche Verschmelzung. Es ist bezeichnend, wie im Gegensatz zu den Einrichtungen der Franzosen die neue Verwaltung das geschichtlich Ueberlieferte zu erhalten bemüht war. Die Franzosen hatten das geschichtlich Gewordene grundsätzlich nicht anerkannt und nach Flüssen und Bergen die neuen Grenzen gezogen, oft mitten durch ein Dorf, ja mitten durch ein Gehöft hindurch. Ja, es kamen Fälle vor, daß mitten durch ein Geschäft die politische Grenze gezogen wurde, daß der Laden diesseits und das Lager jenseits derselben war. Die preußische Verwaltung dagegen beachtete selbst in der Gestaltung der Provinzen und Kreise das Herkommen, d. h. das geschichtlich Zusammengewachsene. So wurde die Grenze von Rheinland und von Westfalen da gezogen, wo schon in den Zeiten der Karolinger die Sachsen und Franken sich voneinander schieden. — Am schwierigsten war natürlich die Befriedigung der Polen. Hier waren Konfession, Nationalität und geschichtliche Ueberlieferung bedenkliche Hindernisse und das um so mehr, als Adel und Geistlichkeit Plan und Zusammenhang in den Widerstand hineinbrachten. Immerhin war es ein Fortschritt, daß im neuen Preußen nicht mehr, wie 1795, der dritte Einwtohner ein Pole war, sondern nur der fünfte, d. h. von 10 500 000 Einwohnern fast 2 000 000 Polen. (Jetzt 3 600 000) Diese kleinere Zahl von Nichtdeutschen ertrug man um so leichter, als man damals nicht wie heute den Wert der Nationalität besonders hoch schätzte und viele Deutsche lange noch arglos für die Wiederaufrichtung Polens schwärmten, das noch immer nicht verloren sei. Es begreift sich, daß mit diesen widerstrebenden Elementen nicht sofort ein einheitlicher Verfassungsstaat zu bilden war. Um so mehr war man bemüht, auf wirtschaftlichem und geistigem Gebiete eine Einheit herzustellen. Dazu wußte der Staatskanzler Hardenberg, der besonnen und weitausschauend die Gestaltung der Provinzen betrieb, für diese die rechten Männer zu finden. So Vincke für Westfalen, Sack für Pommern, Schön für Preußen. Selber bedürfnislos, bereisten und durchwanderten sie ihr Arbeitsfeld und gaben in Fleiß, Sparsamkeit und praktischer Tätigkeit schon durch ihr Beispiel die besten Anregungen.

9. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 119

1910 - Düsseldorf : Bagel
119 gesellschaftliche Entwicklung mit Verdrossenheit, ja mit Neid und Erbitterung beobachteten. Eine Ablenkung unzufriedener Elemente schien die Auswanderung zu ermöglichen. Die Regierungen unterstützten sie daher, um augenblicklichen Verlegenheiten zu entgehen. Viele gingen nach den Vereinigten Staaten; ihre Arbeitskraft und ihr Vermögen ging dem Vaterlande damit verloren. Viele aber zogen auch in die westlichen und südlichen Nachbarländer, nach England, Frankreich und der Schweiz. Und diese waren es besonders, die in die Arbeiterkreise der Heimat die westlichen Ideen hineinbrachten. Kam doch damals in Frankreich der Satz auf: Eigentum ist Diebstahl. Darin lag doch fast schon die Aufforderung, sofort und mit Gewalt gerechte Zustände, d. h. eine allgemeine Beteiligung am Besitze herbeizuführen. So waren die Verhältnisse seit 1815 wesentlich andere geworden. Die allgemeinere und größere Bildung rechtfertigte den lauteren Ruf nach Anteil am Regiment. Der lebhaftere Verkehr, der die Vertreter von Kunst und Wissenschaft, von Handel und Industrie persönlich viel mehr zusammenführte, steigerte ^uch das alte Verlangen nach Einigung des Vaterlandes. Noch stärker aber war das durch die gesellschaftliche Entwicklung und durch die zunehmende Berührung mit dem Auslande genährte Verlangen der Massen gewachsen, Anteil an der Verwaltung und namentlich Anteil an den Lebensgütern zu erhalten. Einheit und Freiheit war demnach die Losung, unter der man 1848, als die Nachrichten von der Pariser Revolution herüberdrangen, seine Wünsche zusammenfaßte. Man wurde von dem Ereignis kaum überrascht; schon 14 Tage vor der Pariser Revolution hatte der Mannheimer Buchhändler Bass ermann in der badischen Kammer beantragt, dahin zu wirken, daß dem Bundestag ein Volkshaus beigesellt werde. „Der Weltfriede steht auf zwei Augen. An der Seine, wie an der Donau neigen sich die Tage.“ Daß die Einigung nur gelingen könnte, wenn Preußens starkes Heer mitwirkte, ist heute jedem klar. Auch damals hatten Männer, wie Dahlmann in Norddeutschland und Paul Pfizer in Süddeutschland, den Gedanken der Anlehnung an Preußen wiederholt vertreten. Die unter Gervinus in Heidelberg erscheinende „Deutsche Zeitung“ hatte ihn

10. Vaterländische Geschichte der neuesten Zeit - S. 178

1910 - Düsseldorf : Bagel
178 behalten wünschte oder auf welche es doch einen Druck ausüben wollte, so glaubten auch die süddeutschen Staaten ihre Truppen möglichst zur Verteidigung ihrer besondern Länder heranziehen zu müssen. Die Preußen trafen deshalb auf ihrem Marsche nach Frankfurt nicht mehr die Krieger sämtlicher Südstaaten, sondern nur noch die Hessen, und überwanden sie am 13. Juli bei Laufach und am 14. Juli bei Aschaffenburg. Nur eine österreichische Brigade focht hier noch mit; es war das letztemal. Sie war, als die Nassauer abzogen, zum Ersatz und zugleich zur Bekundung des Bündnisses dem 8. Korps zugegeben. Da es aber großenteils Italiener waren, ließen sich viele gern gefangen nehmen. Die Division Goeben, die an allen den früheren Kämpfen den allerersten Anteil gehabt und deshalb viele Verwundete mitzuführen hatte, mußte bei ihrem Einzug in Frankfurt auch noch 1500 Gefangene mitschleppen. Ein etwas ungewöhnlicher Siegeseinzug! — Der Bundestag war inzwischen nach Augsburg übergesiedelt. Am 16. Juli konnte Falkenstein dem Könige seinen Einzug in Frankfurt melden: die Länder nördlich des Mains liegen jetzt zu Ew. Königlichen Majestät Füßen. Zu diesem großartigen Ergebnis hatten zweifellos manche mitgewirkt und namentlich Goeben außerordentlich viel beigetragen. Aber kein Name war doch gefeierter und gewissermaßen die Verkörperung der ganzen Mainarmee, als Vogel von Falkenstein. Man kann sich daher die peinliche Ueberraschung denken, als bald darnach die Nachricht kam, daß Falkenstein abgerufen sei. Die Mißstimmung wurde noch gesteigert, als man den Namen seines Nachfolgers hörte. Es war Manteutfel. Manteutiels kirchliche und politische Richtung war unbeliebt. Sein Name erinnerte an den seines Vetters, der für die Demütigung von Olmütz (1851) verantwortlich gemacht wurde. Namentlich aber hatte Manteuffel auch viele Gegner in der Armee. Er hatte an der Spitze des Militärkabinetts gestanden und neben dem Kriegsminister die Beförderung wesentlich mit entschieden. Daß ihm für diese Tätigkeit aber viele nicht dankbar waren, war nicht zu vermeiden. Die Gründe für die Abberufung Falkensteins sind nicht ganz klar; sie scheinen mit seiner Tätigkeit gegenüber den Hannoveranern zusammenzuhängen. Jedenfalls waren sie kein
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