120
Geschichte
ihn bat, sein Land zu verlassen; nachher aber
seine Freundschaft suchte, da Isaak sich bei
Bersaba niedergelassen hatte. — Er hinterliefs
zwei Söhne, Esau oder Edom, und Jakob, nach-
her Israel genannt, durch seine zwölf Söhne
Stammvater der zwölf Stämme Israels. Jener, der
ältere, ein roher aber ehrlicher Jäger, von dem
hinterlistigen und schlauen Jakob um das Recht
und den Segen der Erstgeburt betrogen, wandert
aus, und wird, der Sage nach, Stammvater der
Edomiter; Jakob dagegen flieht vor seinem Bru-
der nach dem jenseitigen Mesopotamien, von wo
er nach mehrern Jahren mit zween Frauen und
einem großen Reichthum an Heerden nach Ka-
naan zurück kehrt. Zwar kommen in der spä-
„ tern Geschichte Jakobs einzelne bessere Züge
vor; allein in der verzärtelnden Erziehung Jo-
sephs zeigt er sich als einen schwachen und mifs-
trauischen Vater. Den Joseph indefs scheint das
Unglück gebessert zu haben; von seinen Brüdern
als Sklave verkauft, zeigt er sich in Aegypten als
ein Muster strenger Enthaltsamkeit. Wie er aber
aus dem Gefängnisse zum Nächsten nach dem
König erhoben war, wird er zwar Erhalter des
Volks, aber auch das Werkzeug eines drückenden
Despotismus. Auch kann er, als seine Brüder,
um Getreide zu holen , nach Aegypten kommen,
sich nicht überwinden, sich an ihnen nicht we-
% nigstens durch Erregung von Angst zu rächen;
endlich aber siegt doch seine Gutmüthigkeit:
Ich bin Joseph! lebet mein Vater noch? Von
nun an bewies er sich gegen seine Familie sehr
1747 edel: sie wurde nach Gosen in Nieder-Aegypten
oder verpflanzt, und der König und Joseph begünstig-
1883 ten sie auf alle Weise. Indefs mit dem Tode
vor Chr. Josephs hörte diese Begünstigung auf: die gänz-
liche Absonderung der Israeliten konnte sie als
Fremde bei den Aegyptern. wohl nicht beliebt
machen, und noch weniger die Verachtung auf-
heben, in der sie als Flirten bei diesen standen.
Ihre große Fruchtbarkeit machte sie auch bald
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Isaak Isaak Bersaba Jakob Jakob Jakob Joseph Joseph
Extrahierte Ortsnamen: Israel Israels Mesopotamien Gosen Nieder-Aegypten Josephs
der Israeliten.
121
den Einheimischen gefährlich, und ein neuer
Pharaonen-Stamm, welcher die Verdienste Jo-
sephs nicht kannte, fing an, sie hart zu drü-
cken: man wollte sie zwingen, ihre nomadische
Lebensweise aufzugeben, sie mufsten Städte
bauen, Pithon oder Pathumos, und Raamses.
Wie lebhaft mufste jetzt die Sehnsucht nach
ihrem verlassenen Vaterlande werden, dessen sie
selbst in ihren glücklichen Tagen nicht vergessen
hatten. Jakob und Joseph hatten geheifsen, dafs
ihre Körper nicht in Aegypten bleiben sollten,
und Joseph hatte seinen Brüdern die Verheifsung
bestätigt, dafs ihr Gott sie in das Land ihrer
Väter führen werde. — In dieser Unterdrü-
ckung und Hoffnung bildete sich auch der eigen-
sinnige, verzagte und doph trotzige Charakter
der Juden, der ihnen die ganze Geschichte hin-
durch bleibt, und die immer wiederkehrende
träge Erwartung einer wunderbaren Begebenheit,
durch die ihr Jehovah sie erretten und erhöhen
werde: sie war nie lebhafter, als da sie alle
Staatsverhältnisse gegen sich hatten.
Endlich kam der grausame Befehl, dafs jeder
neugeborne Knabe der Hebräer im Nil ersäuft
werden sollte. Gänzliche Vernichtung des Vol-
kes war jetzt zu fürchten, als ein hebräischer
Knabe, am Ufer in einem Schiffchen von Papy-
rus-Staude ausgesetzt, durch des Pharao Toch-
ter Thermuthis aus dem Wasser gerettet
wurde, woher er (aus dem Hebräischen oder
Koptischen?) den Namen Moyses (Moscheh)
erhielt. Von seiner unerkannten Mutter als
Amme gesäugt und im königlichen Palaste erzo-
gen, vereihigte er israelitische Denkart und ägyp-
tische Cultur. Hals gegen die Aegypter verleitet
ihn zu einer Ermordung; er mufs fliehen, und
in den Wüsten von Midian beschäftigt ihn einzig
der Gedanke, sein Volk von den Mifshandlungen
der Aegypter zu befreien. Der Jehovah hat es
verheizen, sein Volk nach Kanaan zu führen;
der Jehovah wird es erfüllen. So durchdenkt er
TM Hauptwörter (50): [T11: [Reich König Land Stadt Jerusalem Jahr Syrien Sohn Aegypten Zeit], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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der Hellenen. 275
Euxinus hinausgeht.r) — Gründung der isth-
inischen Spiele.
Orchomenus soll unter seinem Könige Ergi-
nus eine Zeitlang über Theben geherrscht haben.
Von dem Gründer Thebens, Kadmus, ist schon
oben gesprochen worden. Das Volk heilst von
diesem Kadmeer, die Burg Kadmea. Die Mytho-
logie erwähnt zwei Königsreihen Thebens, die
eine von Kadmus stammend — Polydorus, Lab-
dakus, Laius, Ocdipus; — die andere den Mi-
nyern verwandt — Nykteus, Lykus, Amphion,
Zethus. Jene erscheinen als Priesterkönige,
diese als kriegerische Eroberer und Bevestiger.
Von Oedipus an ist das Geschlecht des Kadmus
Gegenstand tragischer Fabeln geworden, wel-
che aber zugleich die ältere einfache Sage viel-
fach verfälscht und verdunkelt haben. Oedipus,
als Kind ausgesetzt, erschlägt als Jüngling sei-
nen ihm unbekannten Vater Laius (Dreiweg
Scliiste bei Delphi), löset das Räthsel der Sphinx
und heirathet als Preis seine Mutter Jokaste,
blendet sich in der Verzweiflung, und flucht
seinen Söhnen. Nun streiten Eteokles und Po-
lynices wegen der Herrschaft; dieser flieht und
bekriegt, mit Adrast und dem Seher Amphia-
raus von Argos, Tydeus aus Aetolien und an-
dern Helden des Peloponnes verbunden, sein
Vaterland. (Mythische Gründung der nemei-
schen Spiele.) Dies ist der Krieg der Sieben
gegen Theben. Die Brüder fallen beide durch
Brudershand, die Peloponnesier werden geschla-
1) Ueber ihren Rückzug wurde, je nach dem
Zustande der Erdkunde, diese und jene Fabel
ausgesonnen. Die späteste und sinnloseste ist
die in den Argonauticis des sogenannten Or-
pheus. Die älteste, welche die Argonauten
aus dem Ocean über Libyen und durch den
Triton ins Mittelrneer gelangen labst, beruht
auf Sagen der griechischen Kolonie Cyrene
(gegründet Ol. 57.).
S 2
V ‘ t >
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
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der Hellenen.
283
Sehr früh — fünf Generationen vor dem
trojanischen Kriege — sollen aus Hestiaeotis Do-
rier unter Tectamus nach der Insel Ki'ßta ge-
kommen sein, welche früher Eteokreter (ur-
sprüngliche Kreter, Pelasger) bewohnt haben.
Wenigstens ist die minoische Verfassung offenbar
dorischen Ursprungs, und das Urbild anderer
dorischen Gesetzgebungen geworden. Die Un-
terscheidung eines Minos I. und Ii. beruht blos
darauf, dafs die Geschichte den weisen Gesetz-
geber mit dem Wütherich, den die attische
Mythe darstellte, nicht reimen konnte; Homer
und Thucydides kennen nur einen. Dieser Mi-
nos, Sohn des Zeus und der Europa, Bruder des
Rhadamanth und Sarpedon, erscheint als weiser
Gesetzgeber (A 10g occplat7]g), als Gründer einer
Seemacht und Vertreiber der Seeräuber, als mäch-
tiger Herrscher (Leleger und Karer, die Bewoh-
ner der Cykladen, sind seine Matrosen, Megaris
ist ihm unterthan, Attika zinsbar; bei dem Zuge
nach Sicilien stirbt erf, endlich als Schützer der
Künste. An seinem Hofe soll Dädalus, der atti-
sche Bildschnitzer, (¿cudcikog, kunstvoll) gelebt
haben, von dem man noch in später Zeit hölzerne
Schnitzbilder ('ßgocwot,) aufzeigen wollte, von roher
Gestalt, aber einer gewissen heiligen Würde. —
Minos Enkel ist Idomeneus, der die Völker der
hundert Städte Kreta’s (Knossus damals die erste)
gegen Troja anführt. Wenn Kreta damals oder
überhaupt je einen Staat bildete, so zerfiel es
doch bald in eine Anzahl kleinerer Monarchien,
hernach Aristokratien.
I
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Extrahierte Ortsnamen: Hestiaeotis_Do- Europa Attika Sicilien Troja Kreta
Urzustand des Menschengeschlechts. 55
disch umherschweifen: eine Lebensart, die dem
weichlichen Südasiaten, der seine ruhigen Wohn*
sitze liebt, nothwendig ein Leben voll Mühse-
ligkeit und Elend scheinen mufs.) — Hier bauet
er eine Stadt Hanoch. Mag man sich diese auch
nur wie das kleinste unsrer Dörfer denken; den-
noch mufs man fragen: für wen? traf denn Kain
hier schon Menschen? Fast scheint es, als habe
sichs der Dichter so gedacht. Man erkenne darin
das Verworrene solcher Sagen. — Die Nach-
kommen des Kain werden uns als böse, gottlose
Menschen dargestellt, zugleich aber als Erfinder
von Gewerben und Künsten; denn mit der wach-
senden Cultur werden die Menschen schlechter,
und Priester, die, besorgt um ihr Ansehen, An-
hänglichkeit am Alten lobpriesen, schalten er-
iindsame Neuerer Verführer zum Bösen. Jabal
wird Stammvater der in Hütten wohnenden No-
/
maden; Jubal Erfinder der besaiteten und Blas-
instrumente; Tubalkain bearbeitet Kupfer und
Eisen; Lamech besingt die Erfindung des Schwer-
tes, Gen. 4, 20 ff.; und Naema war, nach einer
rabbinischen Tradition, Urheberin des Spinnens
und Strickens. — Auch entstand bei ihnen Un-
terschied der Stände, sie verliefsen die patriar-
chalische Verfassung, und Nephelirn, Mächtige,
erhoben sich, welche die Uebrigen unterjoch-
ten. — Die Nachkommen des Seth dagegen,
eines dritten Sohnes Adams, die in friedlicher
Unthätigkeit beim Alten blieben, sind fromm,
Gott angenehm, und leben daher lange auf Er-
den. (Cap. 5.)
Wie sich aber die Menschen vermehrten
und weiter ausbreiteten, ward durch die Kaini-
ten auch das Sittenverderbnifs immer allgemeiner
herrschend, und verbreitete sich endlich über
die ganze Erde. Da erzürnte Jehovah aufs neue,
und sandte eine Flut, welche alle Thiere des
Landes und alle Menschen'vertilgte, bis auf eine
noch fromme Familie, die Familie des Noah,
aus dem Stamme des Seth. Flier sind wieder
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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108
Geschichte.
525 Psammenitus ward schon im ersten Jahre seiner
Ol. 63, 4. Regierung bei Pelusium geschlagen, so tapfer
auch die erbitterten Griechen fochten. Er floh
mit dem Rest seines Heeres nach Memphis, und
die Eroberung dieser Stadt nach einer kurzen Be-
lagerung vollendete die Unterjochung Aegyptens.
Psammenit, thränenlos bei der Hinrichtung des
Sohnes und weinend beim Anblick eines betteln-
den Freundes, erregte das Mitleiden des Kam-
byses, dafs er ihn zu sich nahm; da er aber nach-
her auf Neuerungen ertappt wurde, trank er
Stierblut.
3. Aegypten war nunmehr persische Pro-
vinz: allein die Perser, welche sich zu einer
durchaus einfachen Religion bekannten, und
meinten, dafs nur Zerstörung des,Ansehens der
in Aegypten herrschenden Religion und beson-
ders der Priester-Kaste ihre Herrschaft sichern
könnte, machten sich durch Tödtung des Apis
und anderer von den Aegyptern geehrten Thiere,
durch Mifshandlung der Priester und des Leich-
nams des Amasis, bald so verhafst, dafs die Ae-
gypter nur durch die äufserste Gewalt in Abhän-
gigkeit erhalten werden konnten, und jede Ge-
legenheit benutzten, das persische Joch abzuwer-
fen. Den ersten Versuch wagten sie gegen das
487 Ende der mildern Regierung des Darius; allein
484 Xerxes unterwarf sie sich wieder, und setzte
ihnen einen eignen Statthalter. — Einen zwei-
465 ten Aufstand wagten sie unter Artaxerxes Lon-
gimanus y angeführt von dem libyschen König
Inarus, und unterstützt von den Athenern. Die
persische Flotte und Land-Armee werden ge-
schlagen , die Entflohenen retten sich nach Mem-
phis und werden hier an 3 Jahre belagert: end-
lich kommen ihnen Perser zu Hülfe; Inarus
mufs die Belagerung aufheben, nach Byblus auf
eine Nil-Insel flüchten, und hier nach einer
Belagerung von \\ Jahren sich nebst den Aegyp-
460 tern ergeben. Er starb zu Susa am Kreuze. —
Indefs behauptete sich Amyrtäus in den sumpfi-
\ i
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Extrahierte Personennamen: Darius Darius Xerxes Artaxerxes König
Inarus
201
der Scythen.
theils Herodot selbst, wenn er B. Iv, Cap. 102.
sagt, dafs auf die Nachricht der Annäherung des
Darius die Anführer der Taurer, Agathyrsen,
Neuren, Androphagen, Melanchlänen, Gelo-
ner, Budiner, Sauromaten zusammen gekommen
wären: sie können also nicht in einer Entfer-
nung von 300 geographischen Meilen von Westen
nach Osten, nicht einmal in einer Entfernung
von 75 Meilen von Süden nach Norden auf Hero-
dots Charte gewohnt haben, wie sie auf der
Charte bei Heeren gezeichnet sind. — Die Ge-
lonefi, gemischt mit den Budinern, setzt Hero-
dot jenseit des Tanais; allein nach Andern wohn-
ten sie um den Borysthenes: sie waren Griechen
und Römern durch die Sitte bekannt, sich zu
bemalen oder durch eingebrannte oder mit Farbe
eingeriebene Nadelstiche zu punktiren, Virg.
Georg. Ii, 115; was auch die Agathyrsen thaten,
Aen. Iv, 146, und wahrscheinlich mehrere die-
ser barbarischen Stämme.
Wenn nun schon von diesen Völkern die
Nachrichten Herodots nicht durchaus zuverlässig
sind; so können sie es noch weniger von denen
jenseit des Tanais sein: von den Sarmaten im
baumleeren Lande, von den nomadischen Budi-
nen mit blauen Augen und rothen Haaren (Stamm-
vätern der Germaner?), von den Thyssageten
und Jyrken, die von der Jagd leben, und noch
weniger von den kahlköpfigen Argippäern mit
Affennasen, grofsem Kinne und eigner Sprache,
die am Fufse hoher Berge leben. Nördlich von
dieser unersteiglichen Bergkette sollen Männei\
mit Ziegenfüfsen, und noch weiter Menschen
leben, die 6 Monate im Jahre schlafen: doch,
setzt Herodot Iv, c. 25. hinzu, glaube ich das
nicht. — Die gesitteten Issedonen endlich, so
wie die einäugigen Arimaspen mit den Gold hü-
tenden Greifen, und die nördlichen Hyperboreer
wird man vielleicht vergebens auf unsern Charten
suchen: sie gehören zu den Völkern der fabel-
haften Geographie der Urwelt.
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Extrahierte Personennamen: Herodot Darius Georg Herodots Herodot
203
der Scythen.
licher und geschwächter zurückgekommen zu
sein: daher wahrscheinlich die Sage von der
weiblichen Krankheit, Herocl. I, 105.
In kriegerischen und nomadischen Horden
wird auch das Weib männlicher. Waren die Män-
ner ausgezogen, so hatten auch wohl die scythi-
schen Weiber Kraft und Muth , den angreifenden
Feind abzuwehren: zogen die Weiber mit den
Männern und wurden diese geschlagen; so bahn-
ten sie sich kämpfend den Heimweg durch die
Sieger. Solche Vorfälle gaben vielleicht zu der
Fabel von den einbriistigen Amazonen (Amazönes)
Veranlassung, die nur von der Jagd leben, die
männlichen Kinder tödten oder den fremden Vä-
tern zusenden. Anfangs sollen sie an der nord-
östlichen Küste Klein-Asiens um den Fluß Ther-
modon gewohnt, mehrere Züge in das westliche
Asien , und in Theseus Zeitalter selbst bis nach
Attika gemacht haben. Als aber Klein-Asien durch
griechische Kolonien bekannter wurde, verschwan-
den die Amazonen; und nur die romanhaften Ge-
schichtschreiber Alexanders wollten sie noch in
Klein-Asien gefunden haben. Doch waren sie
deswegen nicht ganz verwiesen; sie waren nur
nördlicher gerückt: Piolemäui setzte sie an den
dunkel bekannten Piha-Flufs, nördlich von den
Albanern. Auch fabelte man in andern Gegen-
den, z. B. Libyen, Amazonen, und gewöhnlich
gab man ihnen auch einen Thermodon. ,
Einzelne Scythen, die mit den Griechen be-
kannter geworden waren,, sollen auch Reisen
durch Griechenland gemacht haben: Abiris, bald
nach 777; Toxaris, in Solons Zeit (um 600); der
berühmteste unter ihnen, Anacharsis, Bruder des
scythischen Königs Saulius, der 5ge nach Athen
kam, aber nach seiner Rückkehr, weil er grie-
chische Gebräuche einzuführen suchte, von dem
Bruder ermordet wurde (Herodat. Iv, 76.); und
1skyles, ebenfalls getödtet wegen seiner Liebe zu
griechischen Sitten.
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63
auf der rechten, der andere ans der linken Seite des Hauses. — 3m obern
Stockwerke wohnen die beiden Schwestern; aber auch abgesondert— die eine
auf der rechten, die andere auf der linken Seite des Hauses. Jedes von
diesen 4 Leutchen hat 5 kleine Kinder, welche eine kleine Schule, aus
20 Kindern bestehend, bilden. — Die Schwester, welche oben aus der rechten
Seite des Hauses wohnt, ist viel fleißiger, starker, geschickter und gewandter,
als die andere; sie lernt viel, schreibt, zeichnet, näht und stickt. Aber die
andere Schwester, welche oben links im Hause wohnt, ist viel dummer, fauler
und ungeschickter; sie kann wenig und thut wenig, sie Hilst meistens nur ihrer
Schwester, wenn dieselbe Etwas nicht alleine machen kann. — Diese arme
Schwester muß uns dauern; denn sie ist nicht selbst Schuld an ihrer Dumm-
heit. Man hat sie in ihrer Jugend nicht viel gelehrt; man hat sie faullenzen
lassen, ja man hat sie verwahrloset. Friedlich wohnen jedoch beide Schwe-
stern neben einander; sie zanken sich nie, thun sich Nichts zu Leide; sondern
unterstützen einander und haben sogar einander sehr gern. —
Die Brüder, so in diesem Hause wohnen, sind noch dummer als die
Schwestern. Sie gehen nur spazieren, oder rennen, laufen, springen umher
und ruhen sich dann wieder aus. — In ihrer Jugend haben sie aber auch
nichts Anderes gelernt; denn zu etwas Anderem sind sie zu ungeschickt. —
Das Brüder-Paar müßte, ohne die liebreiche Versorgung der beiden
oben im Hause wohnenden Schwestern, verhungern und nackend gehen; denn
sie verdienen Nichts. Die beiden Schwestern, obgleich sie nicht ihre Schwestern
sind, nehmen sich ihrer an und sorgen für sie; sie schassen ihnen Kleidung
und Schuhe an und haben es gern, wenn die Brüder immer schön gekleidet
und geputzt sind. Aber obgleich die zwei Schwestern so liebevoll für die
beiden Faullcnzer sorgen, so erhalten sie von denselben doch fast Nichts
dafür, höchstens erweisen sie ihnen eine kleine Gefälligkeit. — Gehen die
Brüder spazieren, so nehmen sie die Schwestern mit; aber führen sie nicht
hübsch am Arm, sondern jedes von den 4 Leutchen geht für sich. Waruiu sie
nicht hübsch Arm in Arm mit einander spazieren, weiß ich nicht; wahrschein-
lich denken sie, daß es nicht schicklich sei. Sie gehen neben einander, fast
so wie die Soldaten in Reih' und Glied, einen und denselben Weg und
sprechen nie mit einander. — Laßt uns jetzt in's Haus zurückgehen. Ihr
wißt, außer diesen 4 Leutchen wohnen hier noch 20 kleine Kinder. Jedem
Bruder und jeder Schwester gehören 5 derselben. Die zehn Kinder der
beiden Schwestern sind lauter Knaben; aber noch viel kleiner, als ihr seid.
Der beiden Brüder Kinder sind lauter kleine Mädchen, auch sehr, sehr klein.
Ein Knabe der geschickten Schwester sieht immer einem der Knaben der dum-
men Schwester ganz gleich. Da giebt's also im Ganzen fünf sich gleichende
Paare. Mit den Kindern der beiden Brüder, den Mädchen, verhält sich's
ebenjo! Es sind auch fünf sich gleichende Paare. Der erste von den Kna-
den ist ein dickes, kleines Kerlchen und Obgleich er nicht der älteste ist, so
sieht er doch so aus. Er ist stark, fast so stark, als die andern vier zu-
sammen, denen er bei den meisten Geschäften helfen muß. Dies bestehlt
ihm die Mutter. Oft stellt er sich drohend gegen die andern 4, jedoch nicht,
um sie zu schlagen; denn es sind alle ordentliche, friedliche Leutchen. Er
thut's nur aus Gewohnheit, meint's durchaus nicht böö und wenn's die
Mutter nicht haben will, so darf er's nicht. —
Der Zweite ist der geschickteste und brauchbarste von Allen; er arbeitet
am meisten; das Feinste und Gröbste bringt er zuwege. Er ist ein recht
TM Hauptwörter (50): [T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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65
Oft gehen die beiden Brüder (Väter der 10 Mädchen) spazieren, und
dann nehmen sie immer die 10 kleinen Mädchen mit. Die beiden Schwestern
(Mütter der 10 Knaben), nehmen immer wenn sie spazieren mit den beiden
Brüdern, ihre 10 Knaben mit. — Stets müssen alle 20 Kinder mit ihren
Eltern den Spaziergang mitmachen. — Nicht wahr, das muß ein schöner
Zug sein?!
Hört noch einiges Merkwürdige. Die Schwestern ziehen den Brüdern
die Kleider an; denn selbst können sie es nicht. Zuerst ziehet man ihnen ein
weiches Kleid an und dann ein hartes darüber. Die 10 gefälligen Knaben
helfen dabei. Die 10 Mädchen stecken sich zuerst in die Kleider, damit man
sie gar nicht sieht. — Die beiden Schwestern ziehen sich freilich selbst ihre
Kleider an; aber gewöhnlich ziehen sie gar keine Kleider an. Aber dennoch
gehen sie spazieren ohne sich ihrer Nacktheit zu schämen. Jedoch wenn's kalt
ist, ziehen sie Kleider an; auch sonst zuweilen wenn's ihnen einfällt. Aber
dann müssen sich die kleinen Knaben auch zuerst ganz in die Kleidung stecken.
Es klingt recht närrisch, aber ist doch Alles wahr. Hört nur weiter!
Wenn die Brüder und Schwestern zusammen kommen wollen, müssen
immer die Schwestern herunterkommen; denn die Brüder können nicht hinauf
zu ihnen steigen. Ihr wundert euch und denkt: sie können ja doch laufen und
springen, also auch doch wohl eine Treppe hinaufsteigen? Aber wißt, ihr
Haus hat gar keine Treppe; darum bleiben sie lieber unten auf der Erde. —
Wie die Schwestern hinaufkommen, und herunter zu den Brüdern kom-
men, das kann ich euch so recht nicht sagen. Sie bleiben immer droben und
doch gehen sie mit den Brüdern spazieren. Es scheint fast unmöglich zu sein,
und doch ist cs so. Die Brüder tragen nämlich das ganze Haus mit sich
fort, und die Schwestern bleiben oben und lassen sich spazieren tragen. Man
sollte glauben, daß die Brüder Riesen wären, wohl noch größer und stärker,
als der Riese Goliath, den der kleine David todt warf. Aber nein, die
Brüder sind nicht einmal so groß, als ihr seid. — Das Haus ist aber auch
nicht ganz groß, sondern nur ein Häuschen, und die Schwestern sind noch
kleiner, als die Brüder. —
Wähnt nicht, daß ich die Schnecke meine, sie trägt freilich auch ihr
Haus mit sich fort; aber es wohnen keine Brüder und Schwestern und Kinder
drin. Das Haus, welches ich meine, ist viel größer, als ein Schneckenhaus;
aber viel kleiner, als ein gewöhnliches Haus. — Auch wohnen die Brüder
und Schwestern, die Knaben und Mädchen, von denen ich euch erzählte,
eigentlich nicht in ihrem Hause, so wie wir, sondern nur an demselben. Im
Freien wohnen sie eigentlich auch nicht — und schlafen nie in ihrem Hause;
sondern immer in einem Bette und zwar alle in einem einzigen. Obgleich
Alle, die 2 Brüder und die 2 Schwestern, die 10 Knaben und die 10 Mäd-
chen, in einem Bette schlafen, so ist es doch nicht größer, als andere Betten
sind. Platz haben sie aber genug drin. Die Brüder mit ihren Kinderchen
müssen sich unten hinlegen, und die Schwestern mit ihren Kinderchen legen
sich gewöhnlich oben auf die Bettdecke oder auf's Kopfkissen. Das Bett
steht nicht im Freien; sondern in einem Hause. Dieses Haus ist aber ein
ganz anderes, als das wovon wir vorhin sprachen; denn das Haus legt
sich mit in's Bett. —
Denkt jetzt darüber nach, was wohl mit diesem Haus gemeint ist. —
Das Haus — Körper des Menschen,
2 Schwestern — die Hände,
2 Brüder — die Füße,
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