28
Nahe bei Soltau liegt der einstellige Hof Stübeckshorn, auf
welchem Hermann Billung, welcher später Herzog von Sachsen wurde,
geboren sein soll. Von Stübeckshorn hat sich folgende Sage erhalten:
Kaiser Otto der Große, welcher deutscher Kaiser war von 936—973,
reitet einst aus seiner Reise nach Soltau über Stübeckshorn und will
in der Nähe des Hofes seinen Weg über das Ackerfeld nehmen. Hier
hütet aber Hermann, der junge Sohn des Meyers, die Schafe und
stellt sich mit seinem Hirtenstabe, an welchem ein kleines Beil befestigt
ist, dem Kaiser mit den Worten entgegen: „Hier darf nicht geritten
werden." Diese Keckheit gefällt dem Kaiser sehr, er nimmt den Knaben
mit an den Hof und ernennt ihn zum Edelknaben. Nach feinem kleinen
Beile wird er fortan Hermann Bieling genannt. So lautet die Sage;
aber Hermanns Geburtsstätte ist wahrscheinlich das nach ihm benannte
Hermannsburg gewesen, wo sein Haupthof gelegen hat.
Zwei Stunden östlich von Soltau, nahe bei Munster, hat die
Regierung etwa 23 000 Morgen Heide und Fuhrenwalduug angekauft
zu einem Schießübuugs- und Exerzierplatze für unsere Soldaten
(34/5 Morgen = 1 ha). Gleich den Kruppschen Schießplätzen bei
Meppen liegen auch diese großen Flächen, wegen der weitgehenden
neuen Geschosse, in einsamer, menschenleerer Gegend.
Das Lager besteht aus 25 Wellblechbaracken, in welchen gleich-
zeitig über 3000 Soldaten, nebst Unteroffizieren und Offizieren unter-
gebracht werden. Für die Pferde sind 15 Stallzelte errichtet, und
wenn keine Kavallerie im Lager ist, so werden auch diese Zelte mit
Mannschaften belegt. Die Stabsoffiziere wohnen in gemauerten Ba-
racken, und alle Offiziere essen gemeinschaftlich im Kasino, während
für die Soldaten sieben geräumige Küchen gebaut sind. Durch das
Lager, welches mit einer kleinen Stadt Ähnlichkeit hat, führen nach
allen Richtungen Straßen. Die Übungen daueru gewöhnlich von
Mitte Mai bis Anfang September, so daß sämtliche Regimenter des
10. Armeekorps den Sommer hindurch nacheinander ihre Übungen in
Munster abhalten können. Im Winter bleibt nur ein Arbeits-Kom-
mando von 120 Mann im Lager, welches mit Wegeanlagen und
allerlei Ausbesserungen beschäftigt wird. Nördlich von diesem Platze
zieht sich ein langgestreckter Höhenzug hiu, welcher die Wasserscheide
bildet zwischen Weser und Elbe, und wir folgen demselben in füdöst-
licher Richtung bis nach dem Lüßwald neben der Station Unterlüß
an der Hannover-Harburger Eisenbahn.
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Extrahierte Personennamen: Hermann_Billung Otto Hermann Hermann_Bieling
18 5. Friedrich der Große.
des Hauses, ließ einige Ziegel vom Dache nehmen und beobachtete den Feind. Zunächst läßt er seine Soldaten noch ruhig ihr Mittagbrot verzehren. Die Franzosen sind darüber ganz entzückt; sie glauben, die Preußen hätten ihr Herankommen noch nicht bemerkt. Aber plötzlich, um 3 Uhr nachmittags, gibt der König den Befehl zum Ausbruch. In zwei Minuten sind die Zelte verschwunden, und jeder Soldat steht an seinem Platze. Dann heißt es: vorwärts. Die Preußen tun, als ob sie abrücken wollen. Sie ziehen aber nur hinter einen Hügel, daß die Franzosen sie nicht sehen können, und von hier aus greifen sie den Feind an. Die Infanterie geht nach der einen Seite um den Hügel herum, die Reiterei nach der andern. S e y d l i tz , Friedrichs kühner Reitergeneral, ist den Seinen weit voran; indem er seine Tabakspfeife hoch in die Luft wirft, gibt er das Zeichen zum Angriff, und wie das Hagelwetter brausen feine Reiter auf die Feiude. Als nun auch noch Friedrichs Infanterie auf sie hervorbricht, und von dem Hügel Friedrichs Kanonen ihre Stimme erschallen lassen, da flieht alles in wilder Hast davon. Die Reichsarmee ergriff schon beim ersten Schusse die Flucht und hieß seitdem die „Reißausarmee". Bald folgten ihr auch die Franzofen. Ganz Deutschland jubelte über diese lustige Franzosenjagd und sang spottend:
„Und wenn der große Friedrich kommt
Und klopft nur auf die Hosen,
So läuft die ganze Reichsarmee,
Panduren und Franzosen."
b) Schlacht bei Leutheu (5. Dezember 1757). Der eine Feind war geschlagen, aber in Schlesien standen die Österreicher; sie hatten mehrere Städte besetzt und schickten sich an, hier ihre Winterquartiere zu beziehen. Ihr Heer war dreimal so stark als dasjenige Friedrichs, das sie spöttisch die „Berliner Wachtparade" nannten. Aber Friedrich hatte Vertrauen zu seinen Soldaten, sie würden auch eiueu stärkeren Feind besiegen. Rasch zog er von Thüringen nach Schlesien. Bei Leuth e n traf er auf das österreichischerer. Am Abend vor derschlacht rief er seine Offiziere zusammen und sprach ernste Worte mit ihnen. Er sagte: „Ich muß es wagen, oder alles ist verloren. Wir müssen den Feind schlagen oder uns vor seinen Batterien begraben lassen. Sagen Sie das den Regimentern, und leben Sie wohl! In kurzem haben wir den Feind geschlagen, oder wir sehen uns uie wieder!" So sprach er seinen Offizieren Mut zu. Früh am Morgen ging es dann gegen den Feind. Unerwartet griff Friedrich ihn an. Bald ist der eine Flügel der Österreicher geschlagen; dann wird das Dorf Lenthen erstürmt, und schließlich vollendet ein Reiterangriff von 40 Schwadronen feinen Sieg. Mit Begeisterung hatten seine Soldaten gefochten. Ein Offizier traf auf dem Schlachtfelde einen preußischen Grenadier, der in seinem Blute schwamm; beide Füße waren ihm abgeschossen. Aber gelassen saß er da und rauchte seine Pfeife. „Es wundert mich," jagte der Offizier, „daß du bei deinen Schmerzen noch so vergnügt die Pfeife rauchst." Kaltblütig sprach der Verwundete aber: „Ich sterbe für Fritz!" —
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Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Deutschland Schlesien
38 11. Aus bet Zeit Wilhelms I.
Am 18. April erstürmten die Preußen sie. Schon in der Nacht vorher hatten die Soldaten die ihnen angewiesenen Stellungen eingenommen. Morgens um 10 Uhr ertönte ein schmetterndes Hornsignal, und mit lautem Hurra brachen die Soldaten aus den schützenden Gräben im Laufschritt gegen die Schanzen oor. In wenigen Minuten sind sie dort angelangt. Sie werfen sich nieder mit) eröffnen ein wohlgezieltes Feuer auf die Schanzen. Ihnen folgen die Mannschaften mit Pulversäcken zur Sprengung des Pfahlwerks, mit Leitern, Brettern, Beilen, Schaufeln und Hacken. Aber auch das Feuer der Dänen knattert auf die Anstürmenden herab. Eine Schanze wird besonders hart verteidigt; säst stockt der Angriff. Da tritt Pionier Klincke mit seinem Pulversack an den Schanzzaun und ruft: „Durch müßt ihr, Kameraden, und wenn es mein Leben kostet." Er zündet den Pulversack au, sinkt aber auch in demselben Augenblick tot nieder. Alle Pfähle sind auseinander gerissen, durch die Lücke dringen die Stürmenden ein. Ans einer andern Schanze pflanzt Feldwebel Propst die preußische Fahne auf; er wird in den rechten Arm geschossen; da ergreift er mit dem linken Arm den Säbel, um das Siegeszeichen zu verteidigen. Von einer Kugel und einem Bajonettstich tödlich getroffen, sinkt er endlich bei der Fahne nieder. Solchem tapferen Mute gelang das schwere Werk. Eine Schanze nach der andern wird genommen, um 12 Uhr flattert die schwarzweiße Fahne ans allen.
Einige Monate später wurde Friede geschlossen. Schleswig-Holstein blieb deutsches Land; es sollte von Preußen und Österreich gemeinsam regiert werden.
b) Dev deutsche Krieg von 1866.
1. Ursache des Krieges. Seit den Befreiungskriegen tat Lster-reich so, als ob Deutschland auch noch zu Österreich gehöre. Der Kaiser von Österreich und seine Minister wollten auch in Deutschland gebieten. Es war ihnen nicht recht, daß Preußen ebenso mächtig geworden war wie Österreich. Am liebsten hätten sie Preußen wieder klein gemacht. Auch viele deutsche Fürsten, wie die von Hannover, Hessen, Sachsen, Bayern, Württemberg waren neidisch auf Preußen und hielten es mit Österreich. An die Zukunft Deutschlands dachten sie dabei nicht. Ihnen war der Vorschlag Österreichs auch gauz recht, aus Schleswig-Holstein einen besonderen Staat zu machen und einen eigenen Herzog an dessen Spitze zu stellen. König Wilhelm von Preußen und sein Minister Bismarck aber verfolgten das Ziel, Deutschland zu einem einigen Reich zu machen. Darum konnten sie auch nicht zugeben, daß hier im Norden ein neuer Staat entstehen sollte; vielmehr verlangten sie, daß Preußen die Herrschaft über Schleswig-Holstein haben müsse. Sie sahen zwar ein, daß Österreich sich das nicht gefallen lassen würde; aber um Deutschland einig und stark zu machen, hielten sie es für das beste, Österreich nicht nur ans Schleswig-Holstein, sondern ganz ans Deutschland herauszuwerfen; und so entstand der Krieg, den man den deutschen Krieg nennt. Zu Preußen hielten in diesem
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms_I. Klincke Wilhelm Bismarck
Extrahierte Ortsnamen: Schleswig-Holstein Deutschland Deutschland Hannover Hessen Sachsen Bayern Württemberg Deutschlands Schleswig-Holstein Deutschland Schleswig-Holstein Deutschland Schleswig-Holstein Deutschland
42 11. Aus der Zeit Wilhelms I.
von unserm Lagerplatze war ein schlichter Hügel, geziert mit einem roh zusammengeschlagenen Kreuz. Ich war eben im Begriff, hinzugehen, um zu sehen, wer dort begraben sei, als ein General mit wenigen Leuten sich dem Grabe näherte, die sich anschickten, das Grab zu öffnen.
Ich fragte einen Mann vom 77. Regiment, was das bedeute, und erfuhr, daß ihm eben ein General auf der Chaussee begegnet sei, der ihn gefragt habe: ,9hm, mein Sohn, habt ihr viel Verluste gehabt?' .Jawohl, Exzellenz, es sind sehr, sehr viele geblieben!' ,Bei' welcher Kompagnie stehst du?1' Der Soldat nannte die Nummer. ,Lebt euer Hauptmann noch?' .Nein, er und der größte Teil unserer Leute sind gefallen/
^ Das Gesicht des Generals hatte schmerzhaft gezuckt, und eine Träne war seinem Auge entquollen: der Vater hatte den Sohn verloren! Nun wußte ich, um was es sich handelte.
Inzwischen war das Grab geöffnet. Unsere Leute nahmen den Toten heraus und wuschen das entstellte Gesicht ein wenig ab. Lange schaute der Vater auf das bleiche Antlitz des tapferen Sohnes, endlich drückte er einen Kuß auf die erkaltete Stirn. Dann wandte er sich ab und gab die nötigen Anordnungen zur Besorgung eines Sarges."
4. Die Schlachten bei Metz. Nach den ersten Verlusten zogen sich die Franzosen auf die Festung Metz zurück. Hier iu der Umgebung von Metz sind die schwersten Schlachten des ganzen Krieges geschlagen, am 16. August bei M a r s l a T o u r und am 18. August bei G r a o e -l o t t e. Die französische Armee mußte sich in die Festung Metz zurückziehen, und die Deutschen belagerten sie hier.
Über die Schlacht bei Mars l a Tour schreibt eilt Mitkämpfer:
„Wir stehen vor dem Feinde. Hinter Hecken und Verhauen liegt er versteckt und ist nur am Ausblitzen seiner Schüsse zu erkennen. Grauer Pulverdampf hängt tief aus dem Gelände; über unsern Köpfen rast der Geschützkampf. In den Ton der sausenden und platzenden Granaten mischt sich das Kimtteru der Mitrailleusen und das Pfeifen der Chassepots. Unsere Zündnadelgewehre können den Feind noch nicht erreichen. Die Verluste häufen sich. Major v. Hennings hält mit dem Bataillonsadjutanten, jede Deckung verschmähend, hinter der Schützenlinie und erteilt mit großer Ruhe seine Befehle. Eben steigt er vom Pferde, da durchbohrt eine tödliche Kugel seinen Hals. Leutnant Zieger will ihn mit zwei Musketieren hinter eine zerbrochene Protze schaffen, dabei wird einer der Träger erschossen. Hauptmann v. Mvnbart, dem bereits das Pferd unter dem Leibe getötet und dessen Arm durch zwei Schüsse gestreift ist, übernimmt die Führung des Bataillons. Alles ist jetzt bemüht, in dem fürchterlichen Feuer Deckung zu finden. Nur der Regimentstambour Meuzhauseu steht noch aufrecht, schwingt seinen Trommelstock und feuert feine Kameraden an. Erst als ihm eine Kugel den Stock in der Hand zerschossen und eine andere seinen Helm durchlocht hat, wirst er sich nieder, ergreift ein Gewehr und feuert lebhaft mit. Immer neue Regimenter werden vom Feinde vorgeschoben; die Schützen müssen verstärkt werden; unser Zug schwärmt in die Schützen-
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms_I. Wilhelms_I. Metz Metz August August Hennings Zieger Meuzhauseu
11. Aus der Zeit Wilhelms I. 43
linie. Mit anderen Bataillonen zusammen unternehmen wir einen Vorstoß und nähern uns dem Feinde bis ans 400 m. Die Kolonnen des Feindes überschütten uns mit ununterbrochenem Saloensener; dennoch gelingt es uns, die gewonnene Stellung zu behaupten. 20 Mitraillensen 'richten jetzt ihr Feuer gegen unsere Kompagnien, davon treffen 4 unsere Flaute von einer Straße aus, in deren Gräben sich feindliche Schützen eingenistet haben. Plötzlich verstärkt sich das feindliche Feuer zu noch nicht dagewesener Höhe. Die schon einmal abgelösten französischen Schützen erhalten durch Garderegimenter aufs neue Ablösung und Unterstützung. Unter dem verstärkten Feuer ihrer Batterien unternehmen sie einen Vorstoß. Er wird trotz der Übermacht zurückgewiesen; die Garde weicht zurück in die Schlucht; der beabsichtigte Durchbruch ist gescheitert. So lagen wir von 5 bis 7 Uhr in dem furchtbarsten Feuer. Da faheu wir, daß ein Teil der Bediennugsmann-fchaften von den feindlichen Batterien flüchtet. Jetzt ist es Zeit, die Geschütze zu nehmen. Seit vier Stunden haben sie Tod und Verderben in unsere Reihen geschleudert. Hauptmann v. Monbart voran; wir mit kräftigem Hurra hinterdrein, hinab in die Schlucht, den jenseitigen Hang hinan! Wir sehen dem Gegner ins Weiße des kluges. Fast sind die Vordersten an den Geschützen. Da erscheinen neue französische Kolonnen und überschütten uns, die wir bereits gänzlich erschöpft sind, mit mörderischem Nahseuer. Unsere Kompagnien^stutzen — und sie müssen zurück nach der Schlucht, überschüttet vom Feuer des Feiudes. Einer stürzt uach dem andern; unserm Kompagnieführer zerschmettert ein Granatsplitter die Stirn. Unser Feldwebel sammelt, selbst blutend, die kleine Schar hinter einem Waldvorsprnnge." ^
5. Sedan. Als die geschlagenen französischen Truppen in Metz eingeschlossen waren, suchte ein anderes feindliches Heer sie zu befreien. Aber die Deutschen kamen den Franzosen zuvor und griffen sie an, ehe sie Metz erreichten. Bei Sedan kam es daher am 1. September zu einer großen Schlacht. Die Deutschen waren so marschiert, daß sie in weitem Umkreise rings um Sedan standen und das französische Heer ganz umzingelt hatten. Sedan liegt in einem Tale an der Maas, rings um die Stadt ziehen sich Hügel hin. Ans den Höhen hatten die Deutschen ihre Kanonen stehen. Früh am Morgen, als noch dichter Nebel im Tale lag, sing der Kamps südlich von Sedan bei den Bayern an. Bald wurde es auf den andern Seiten lebendig. Immer näher rückten die Deutschen an Sedan heran. Die Franzosen kämpften mit Todesverachtung, um aus der Umklammerung herauszukommen. Schließlich suchten sie durch gewaltige Reiterangrisse eine Lücke in den Eisenring zu reißen, der sie umschloß. Welle auf Welle brauste heran, und Welle auf Welle zerrauu, nur tote Reiter, tote Rosse, Verwundete und Sterbende zurücklassend. Dazu donnerten unaufhörlich die Kanonen, statt des Nebels bedeckten jetzt dichte Rauchwolken das Tal von Sedan. Da mit einem Mal, etwa um 5 Uhr nachmittags, schweigt der Donner der Schlacht, eine säst unheimliche Stille tritt ein. Vor dem Tore der Stadt erscheint ein französischer Offizier mit weißer Fahne und wünscht zu König Wilhelm geführt zu werden. Gleichzeitig hatte König
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms_I. Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Sedan Sedan Sedan Sedan Sedan Sedan Sedan
11. Aus der Zeit Wilhelms I. 45
Sedan, wo die Bayern gekämpft hatten). In dem Orte sah es ganz schauderhaft aus; nichts als Trümmer, wankende Mauern, -brand, Blut und Leichen. Die letzteren fahen zum Teil unter Manertrummern hervor, zum Teil lagen sie auf den Straßen herum. Fast allen waren Kopfhaar und Kleider abgesengt, so daß man in den dunkelblau und dunkelgrau angelaufenen Körpern die schwarzen Kugellocher sah. dz*
waren meist Bayern. , . , ,
Auf dem Marktplatze stand die Marne (Bürgermeisteramt) noch in vollen Flammen. Mitten auf dem Platze lag das kupferne Zifferblatt der Kirchturmsuhr. Daneben zwei bayrische Krankenträger, trotz des Genfer Krenzes, das sie am Arm trugen, erschossen. Auch rn den rauchenden Trümmern der Kirche halbverkohlte Leichname bayrischer feiger und Infanteristen. Über den Marktplatz bewegte sich jetzt ein eigenartiger Zug. Inmitten starker bayrischer Jnfanteriebedeckuug, die ein Offizier führte, schritten, die Hände auf dem Rücken gebunden, 21 Zivilisten, darunter auch mehrere Frauen, die man tags zuvor mit den Waffen in der Hand gefangen hatte und die nun, nachdem das Kriegsgericht über sie das Todesurteil gesprochen, abgeführt wurden, um erschossen zu werden. Und trotz dieser Strenge siel eben, als der traurige Zug an uns vorüber war, aus dem Kellerloche eines Hanfes wiederum ein Schuß. Gin ^rnpp Bayern eilte im Lausschritt hin, schlug die Tür ein und drang in das Haus. Wir mochten nicht sehen, was sich da noch weiter ereignete, hatten auch keine Lust, uns hinterrücks aus irgend einem Kellerloche heraus totschießen zu lassen und
gingen weiter. , .
Wir kamen an dem Massengrabe vorüber, in das eben die Toten unseres Regiments eingebettet wurden, die man dort zusammengetragen hatte. Sie lagen alle) wie sie gefallen und erstarrt waren. Der eine im Laufschritt vorwärts eilend, der andere zusammengekauert, der dritte wieder die Arme nach Dorne ausgestreckt und so fort. Ein Feldwebel wurde zuerst in die tiefe Grube gelegt; er hatte zwei Schüsse durch den Kopf, noch die weißen Handschuhe an und sah aus, als schlafe er. Neben ihn legte man andere. Als die unterste Reihe voll war, wurden Mäntel darüber gedeckt, und dann begann man auf den Mänteln mit der zweiten Reihe. Doch nun hatte ich genug, und wir eilten, von der traurigen Stätte fortzukommen.
Auf dem Rückwege nach dem Biwak kamen wir an einer Lehmgrube vorbei, die französische Infanterie in der Hitze des Gefechts in Verteidigungszustand gesetzt hatte. Jetzt lag die gesamte Besatzung tot herum. Nach den Verwundungen zu schließen, mußten wohl mehrere Granaten dazwischen gefahren sein.
Nicht weit davon lag ein Trupp toter Zivilisten, in die ebenfalls eine Granate geschlagen war, Männer und Frauen. Tragkörbe mit allerhand Hausrat und mehrere Bündel mit Betten lagen zerstreut umher, und ein Hund, der dabei gekauert hatte, floh, als wir ankamen."
6. Die Festungen. Nach der Gefangennahme Napoleons bei Sedan war der Krieg noch nicht zu Ende. Noch war ein großes französisches Heer in der Festung Metz eingeschlossen; bis Ende Oktober
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8 2. Der Große Kurfürst.
Franzosen zu zeigen, was brandenbnrgische Krieger leisten können. Jochem Hennigs ließ für seine Regimenter noch schnell neue Fahnen anfertigen; sie waren oon gelber Seide und mit silbernen Fransen eingefaßt; auf der einen Seite ließ er einen roten brandenbnrgifchen Adler hinmalen, der in der rechten Klane einen grünen Lorbeerkranz hält und auf der anderen Seite einen passenden Spruch, wie z. B.:
Wer Gott vertraut, der wird beschützt,
Wie sehr des Feindes Donner blitzt.
Wer sich getrost auf Gott verläßt,
Der steht vor Feindes Waffen fest.
Daun zogen sie frohen Mutes an den Rhein bis nach Straßburg. Dem Franzofenkönig war das aber gar nicht lieb. Um sich diese Brandenburger wieder vom Halse zu schaffen, verbündete er sich mit den Schweden, gab ihnen Geld, daß sie sich genug Soldaten anwerben konnten und überredete sie, in Brandenburg einzufallen. Das taten diese auch, und bald hausten ihre Söldner in Brandenburg so schlimm, wie zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges.
b) D i e Selb st Hilfe der Bauern. Wieder mußten nun die Landleute wie in den Tagen des Dreißigjährigen Krieges sich in unzugängliche Sümpfe und Wälder flüchten. Sie versuchten aber auch, sich selbst zu helfen. Sie fcharten sich zusammen, wählten sich einen Anführer, bewaffneten sich mit Sensen, Mistgabeln und Dreschflegeln und überfielen plündernde Schwedenhaufen. Auch Fahnen hatten sie sich gemacht; ein weißleinenes Tuch war an einen Schaft genagelt, der Dorfschmied als der geschickteste Mann des Ortes hatte mit roter Farbe den braudeuburgischeu Adler auf das Fahnentuch gemalt, und der Lehrer hatte wohl den schönen Spruch dazu gesetzt:
Wir sind Bauern von geringem Guth Und dienen unserm genedigsten Kur-Fürsten und Herrn mit unserm Bluth?)
Aber sie konnten doch nicht allzuviel gegen die Schweden ausrichten. Als der Kurfürst von der Not seines Landes hörte, schrieb er den braven Leuten: „Haltet aus, ich komme!" und sogleich gab er den Krieg am Rhein auf und zog in Eilmärschen nach Brandenburg.
c) Schlacht bei Fehrbelliu. Als die Schweden von der Ankunft des Kurfürsten hörten, zogen sie sich über die Havel zurück. Sie glaubten, die vielen Sümpfe im Havellande würden den Brandenburgern bei der Verfolgung hinderlich sein, so daß sie vor ihnen nach Norden entkommen könnten. Aber bei F e h r b e l l i n am Rhin, einem Nebenflüßchen der Havel, holte er sie schon ein. Am 18. Juni 1675 früh um 6 Uhr konnten seine vordersten Reiter die Schweden schon angreifen. Diese standen auf einer fandigen Ebene innerhalb des Sumpfgebietes; bei dem nebligen Wetter hatten sie übersehen,
1) So die Inschrift der noch erhaltenen Fahne in der Kirche zu D a n n e -f e l d i. d. Altmark.
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30
7. Napoleons Zug nach Rußland.
2. Rückzug aus Rußland. Was nun? Weiter ziehen konnte Napoleon nicht, da der rassische Winter hereinbrach, den seine Soldaten nicht gewöhnt waren. Gern hätte er nun Frieden geschlossen; aber die Russen sprachen: Jetzt soll der Krieg erst losgehen. Da blieb ihm nur der Rückzug übrig. Aber welches Elend erwartete ihn jetzt! Die Russen sorgten dafür, daß die französischen Armeen ans demselben Wege zurückziehen mußten, auf dem sie gekommen waren. Da lagen die Dörfer verwüstet, kaum war eine Hütte zu finden, in der man hätte rasten können. Dazu kam die Kälte des russischen Winters, der in diesem Jahre ungewöhnlich früh und hart eintrat. Die Kälte stieg auf 30°. Unaufhörlich schneite es. Mühsam arbeiteten sich die Soldaten durch den tiefen Schnee hindurch, Wagen und Geschütze blieben darin stecken. Dazu wurde das Heer von den russischen Kosaken umschwärmt, die an solche Kälte gewöhnt waren. Bald lösten sich da die Regimenter aus, von Zucht und Ordnung war nicht mehr die Rede. Jeder suchte sich selbst zu retten, keiner kümmerte sich um den andern. Hunderte und Tausende blieben vor Ermattung liegen und standen nicht wieder auf. Jeden Morgen lagen Haufen Erfrorene um die niedergebrannten Wachtfeuer.
Bald verließ Napoleon sein Heer. Im Schlitten eilte er durch Deutschland nach Paris. Hier und da war er in Deutschland erkannt worden, so in Glogan in Schlesien und in Dresden. Um die Weihnachtszeit verkündete eine Pariser Zeitung, der Kaiser fei bei bester Gesundheit in seiner Hauptstadt eingetroffen.
In den ersten Tagen des neuen Jahres kamen die vordersten Flüchtlinge der „Großen Armee" in Deutschland an. Ein Augenzeuge schildert sie mit folgenden Worten: „Ungeordnete Haufen aus allen Truppengattungen, ohne Kommandoruf und Trommelschlag, lautlos wie ein Totenzug, nahten sie sich der Stadt. Der Mehrzahl waren Ohren und Nasen erfroren, erloschen lagen die dunklen Augen in ihren Höhlen. Die Bekleidung zerlumpt und unsauber, aus den Kleidungsstücken der Bauern und ihrer Frauen ergänzt. Jeder hatte umgehängt, was er gefunden, um eine Hülle gegen die Kälte zu haben. Viele hatten die Füße mit Stroh umwickelt, mit Decken und Lappen, mit dem Fell der Tornister und dem Filz der Hüte. Lahm und hinkend wandelten sie daher, auf Stöcke gestützt. Wurden sie in ein Zimmer geführt, so drängten sie sich mit Gewalt an den heißen Ofen; gierig verschlangen sie das dargereichte Brot und die warmen Getränke. Einzelne vermochten nicht aufzuhören, bis sie starben. Hinter ihnen her aber sangen die Knaben:
Es irrt durch Schnee und Wald umher Trommler ohne Trommelstock,
Das große mächtige Franzenheer. Kürassier im Weiberrock,
Der Kaiser auf der Flucht. Flüchtling ohne Schuh,
Soldaten ohne Zucht.
Mit Mann und Roß und Wagen, So hat sie Gott geschlagen.
Nirgend Rast und Ruh.
Mit Mann und Roß und Wagen, So hat sie Gott geschlagen.
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Rußland Deutschland Paris Deutschland Glogan Schlesien Dresden Deutschland Weiberrock
32 8. Die Zeit der Befreiungskriege.
Über die Leipziger Schlacht heißt es in einem Liede:
Bei Leipzig trauert das Mordrevier,
Das manches Auge voll Tränen macht;
Da flogen die Kugeln wie Winterflocken Und Tausenden mußte der Atem stocken Bei Leipzig, der Stadt.
Die Welschen hat Gott wie die Spreu zerstreut,
Die Welschen hat Gott verweht wie den Sand;
Viele Tausende decken den grünen Rasen.
Die übrig geblieben, entflohen wie Hasen,
Napoleon mit.
Am 18. Oktober 1913 ist hier das Völkerschlachtdenkmal eingeweiht.
3. Belle-Alliance. Mit der Herrlichkeit Napoleons war es nun ans. Die Preußen folgten ihm nach Frankreich hinein; er wurde abgesetzt und nach der Insel Elba geschickt. Aber nicht lauge dauerte es, da war er von der Insel entflohen. Er kam nach Frankreich, und die Franzosen nahmen ihn wieder als Kaiser auf. Bald hatte er auch wieder ein Heer, und der Exieg mußte nun aufs neue beginnen. Der eilte Feld marschall Blücher war mit seinen Preußen der erste, der über den Rhein ihm entgegenzog. Von der Nordsee kam ein aus Engländern und Hannoveranern bestehendes Heer unter dem englischen Feldherrn Wellington. Mit diesem wollte sich Blücher vereinigen. Napoleon aber gedachte beide Heere einzeln zu schlagen. Zuerst griff er Blücher an und besiegte ihn. Daun wandte er sich gegen Wellington. Bei dem Pachthofe Belle-Alliance kam es am 18. Juni 1815 zur Schlacht. Aber Wellingtons Truppen standen wie die Mauern; sie schlugen einen Angriff nach dem andern ab. Die französischen Geschütze hatten schon furchtbare Lücken in ihre Reihen gerissen; aber Wellington hoffte auf die Hilfe Blüchers, der ihm Unterstützung zugesagt hatte. Doch die Wege waren vom Regen so durchnäßt, daß Blücher nur langsam vorwärts kommen konnte. Alle Augenblicke saß eine Kanone fest in dem tiefen Schlamm. Blücher sprengte von einer Truppe zur andern und ermunterte sie. „Vorwärts, Kinder, vorwärts," sagte er. „Es geht nicht, Vater Blücher," antworteten dann wohl die Soldaten. Er aber sagte: „Kinder, es muß gehen, ich habe es ja meinem Freunde Wellington versprochen." Unterdes schwebte Wellington in der größten Gefahr. Auch 26 Reiterregimenter hatte Napoleon gegen ihn gesandt. Der Boden erdröhnte von den Hufen der 10 000 Pferde. Doch noch hielten die Truppen stand. Da endlich, um ^5 Uhr, erscholl Kanonendonner hinter dem französischen Heere. Das war der alte Blücher. Neuer Mut belebte Wellingtons Soldaten. Vergeblich war nun alle Anstrengung der Franzosen; bald warfen sie auch ihre Gewehre weg und suchten Rettung durch die Flucht. Fast wäre Napoleon selbst von preußischen Reitern gefangen genommen worden; sein Wagen mit Hut, Degen und Orden fiel ihnen zur Beute.
Znm zweiten Maie wurde Napoleon abgesetzt und verbannt, jetzt nach der einsamen Felseninsel S t. Helena im Atlantischen Ozean. Hier ist er nach einigen Jahren auch gestorben.
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleons Napoleon Blücher Napoleon Napoleon Napoleon Helena
Extrahierte Ortsnamen: Leipzig Leipzig Napoleons Frankreich Elba Frankreich Rhein Nordsee Wellington Wellington Wellington Wellington Wellington Atlantischen_Ozean
11. Aus der Zeit Wilhelms I. 39
Kriege Mecklenburg, Oldenburg und die thüringischen Staaten, alle andern deutschen Fürsten standen auf Österreichs Seite.
2. Ter Krieg in Norddeutschland. Um zunächst die feindlichen Nachbarn iu Deutschland zu beseitigen, rückten die preußischen Heere schnell in Sachsen, Hannover und Hessen ein. Der König von Sachsen war mit seinem Heere nach Böhmen zu den Österreichern gezogen. Der Kurfürst von Hessen sandte seine Truppen zu den Süddeutschen, er selbst wurde auf der Wilhelmshöhe bei Kassel gefangen genommen. Der König von Hannover wollte seine Armee auch zu den Bayern über-sühren, wurde aber durch die Schlacht bei Langensalza am 27. Juni 1866 daran verhindert. Zwar siegten die Hannoveraner in der Schlacht; aber schou am folgenden Tage wurden sie rings von preußischen Truppen umschlossen, so daß sie sich den Preußen ergeben mußten.
Aus der Schlacht bei Langensalza.
Ein greiser Bürger von Langensalza hatte vier Söhne beim Krieg; der jüngste stand bei den Einnndsiebzigern. Als der Vater hörte, daß sein Sohn beim Siechenhause ausgestellt sei und in der drückenden Hitze fast verschmachtete, da machte er sich trotz seiner achtzig Jahre und trotz der pfeifenden Kugeln auf den Weg, um feinen Liebling mit Effen und Triukeu zu erquicken. Allein er fand ihn nicht. Wie er auch spähte und forschte, — alles vergebens. Mit schwerem Herzen kehrte er heim.
Endlich war die Schlacht zu Ende. Der Abend dämmerte bereits. Bon den zurückgehenden Preußen hatte keiner den Vermißten gesehen. Da läßt es dem Vater keine Ruhe. Er macht sich abermals auf und schreitet zitternd durch das Leichenfeld. Hier ächzt ein Verwundeter, dort starrt ihn ein Toter an. Nicht weit vom Abdeckerhäuschen aber liegen Einuudsiebziger. Vou einer entsetzlichen Ahnung gefoltert, beugt er sich zu jedem Leichnam nieder und fragt jeden Verwundeten und ruft den Namen feines Sohnes in die stille Nacht hinaus. Endlich hört mau eineu gellenden Schrei: „Rudolf!" Der Vater hat den Sohn gefunden, aber die geliebten Züge sind, bereits erstarrt, und der Vater drückt dem Toten die Augen zu.
3. Die Schlacht bei Königgrätz. Drei andere preußische Armeen drangen über die Sudeten in Böhmen ein. Hier kam es mit den Österreichern zu schweren Kämpfen. Die blutigste Schlacht war bei K ö u i g-g r ä tz am 3. Juli 1866.
^Die Österreicher hielten eine Hügelkette besetzt; vor ihnen zog sich ein Flußtal hiu. In der Mitte vor ihnen lag am Flusse das Dors S a d o w a , oben auf den Höhen C h l n m und weiter zurück an der Elbe Königgrätz. Die anrückenden Preußen mußten das Flnßtal durchschreiten, wobei sie schutzlos dem österreichischen Feuer ausgesetzt waren. Dazu kam noch, daß nicht alle preußischen Armeen zur Stelle waren. Der Kronprinz, der den weitesten Weg hatte, stand noch 30 km weit entfernt. Noch in der Nacht mußte ein Offizier ihm den Befehl überbringen, feine Truppen so schnell als möglich nach dem Schlachtfelde
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