Alboin in Pavia und sein Tod.
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Weh, das sie nicht zu unterdrücken vermochte; sie glühte von dem Verlangen, durch die Ermordung des Gatten den Tod des Vaters zu rächen und so späte Blutrache zu üben. Alsbald verschwor sie sich mit Helmichis, der des Königs Skiltporo, d. i. Schildträger, und sein Milchbruder war und dem sie gelobte, nach Alboins Tode sein Weib zu werden. Helmichis aber fürchtete Alboins Heldenstärke und riet Rosamunde, den Peredeo, den Kämmerer des Königs, einen Mann von ungeheurer Größe und Körperkraft, zur Teilnahme an der That zu dingen. Dieser erschrak zwar anfangs vor dem Gedanken, seinen König ermorden zu sollen, aber er war von blödem Verstand, und so gelang es leicht, ihn durch lockende Verheißungen und schreckende Drohungen zur Einwilligung zu bewegen.
Es war um die Mittagszeit an einem Frühlingstage des Jahres 573. Tiefe Ruhe herrschte im Palast; denn der König schlief. Da trug Rosamunde leise alle Waffenstücke ihres Gemahls aus dem Zimmer, bis auf sein Schwert. Dieses band sie mit vielfach verschlungenen Stricken zu Häupten des Ruhebettes fest. Dann ließ sie, auf den Rat des Helmichis, den Mörder Peredeo herein in voller Waffenrüstung. Von dem Geräusch erwachte der König; er suhr empor und erkannte sofort die Gefahr. Er wollte seine Waffen ergreifen, aber sie waren verschwunden. Doch da hing ja sein treues Schwert. Er griff danach und zerrte wütend daran. Umsonst, es war unbeweglich. Da riß er den Fußschemel empor und wehrte sich lange damit wie mit einer Streitaxt. Aber ach, der herrlichste Held, der streitbarste und kühnste Mann erlag in dem ungleichen Kampfe. Peredeos Schwert traf ihn, daß er tot zu Boden stürzte. Er, der ruhmvolle Bezwinger zahlloser Feinde, siet kläglich und ruhmlos durch eines Weibes verruchte Ränke. Er war schlank von Gestalt und sein ganzer Körper trefflich zum Kampfe gewesen.
Unendlicher Jammer erhob sich unter den Langobarden, als sie erfuhren, ihr geliebter König sei von unbekannter Hand ermordet, und sie begruben den teuern Leichnam unter lautem Wehklagen und heißen Thränen unter den Stufen einer Treppe, die zum Palast hinaufführte.
Soweit der langobardische Geschichtschreiber. Alboin war zur Erde bestattet, und noch kannte niemand den Mörder des großen Königs. Offenbar hatte Rosamunde nur ganz wenige — vermutlich Gepiden — in den Mordplan eingeweiht, die den König gehaßt hatten. Als aber nun Rosamunde und Helmichis schamlos genug waren, sich miteinander zu vermählen und letzterer ernstlich die Hand nach der Königskrone ausstreckte und sich als Erbe Alboins gebärdete, da erwachte der Argwohn der Langobarden; sie erhoben
Fürst Ratchis einst bei einer festlichen Gelegenheit in Händen hielt und ihn seinen Gästen zeigte.
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Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit.
Rache nehmen für das Unrecht, das meinem König Guntram widerfahren ist." Da ergriff sie große Furcht, und sie gaben viele tausend Goldmünzen, um sich loszukaufen. Darauf wurde ihnen der Übergang über die Rhone gestattet und sie zogen weiter, bis sie nach Arvern, jetzt Cler-mont, kamen, wo, wie es scheint, König Sigibert damals weilte. Wahrscheinlich hatten diesem die Sachsen, als sie abzogen, ihr heimatliches Land übergeben, und Sigibert hatte sich verpflichtet, es ihnen, wenn sie einmal heimkehren sollten, wiederzugeben*) und sie dahin zurückzuweisen. Sigibert aber, der wohl sicher nicht glaubte, daß die Sachsen jemals wieder aus dem schönen Italien nach ihrer nördlichen Heimat verlangen würden, hatte die Gegenden, die jene vormals bewohnten, an Schwaben und andre Volksgenossen vergeben; diese nun aus dem Lande zu treiben ober zu vernichten, rüsteten sich sogleich die streitlustigen und heimatliebenden Sachsen. Die Schwaben boten ihnen den dritten Teil des Landes an und sprachen: „Wir können ja zusammenleben und ohne Zwist gemeinschaftlich hausen." Jene aber waren damit nicht zufrieden, weil sie zuvor alles allein besessen hatten, und wollten nichts von friedlicher Übereinkunft hören. Danach boten ihnen die Schwaben die Hälfte, dann sogar zwei Drittel des Landes; aber auch darauf gingen die Sachsen nicht ein. Da erklärten sich jene in ihrer Not bereit, ihnen auch noch alles Vieh zu überlassen, wenn sie nur vom Kriege abstünden. Doch selbst damit waren die Eigensinnigen nicht zufrieden, sie verlangten nach Kampf und losten schon unter sich, wie sie die Weiber der Schwaben verteilen wollten. Allein Gott erbarmte sich der Bedrängten; denn als diese verzweiflungsvoll zu den Waffen griffen, kam es zu einer blutigen Schlacht, in welcher die Sachsen von 26000 Mann auf 6000 aufgerieben wurden, während die Schwaben wie durch ein Wunder nur 480 Tote gezählt haben sollen. Die überlebenden Sachsen aber schwuren einen Eid, daß sie sich weder Bart- noch Haupthaar scheren wollten, bis sie an ihren Feinden Rache genommen hätten. Doch als es abermals zum Kampfe kam, wurden sie abermals geschlagen und waren nun so geschwächt, daß sie den Streit für immer aufgeben und sich mit dem begnügen mußten, was ihnen gutwillig gewährt ward."*)
Die Langobarden, zu deren Geschichte wir zurückkehren, mochten wohl froh fein, der trotzigen Kampfgesellen ledig zu werden; doch war der Abzug
*) Vgl. oben &. 36, Anmerkung.
**) Widukind von Corvey (um 967) erzählt, daß die Schwaben „jenseit bet Bode" noch zu seiner Zeit die Gegend bewohnten, die sie nach dem Abzug jener Sachsen nach Italien besetzt hatten, und nach andern Gesetzen als die Sachsen d. h. nach ihrem heimischen Schwabenrecht lebten. „Schwabengau" hieß noch später die Gegend um Quedlinburg an der Bode.
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König Agilulf und Gregor der Große.
67
Well geleitet hatte. Man hat ihm wohl Fanatismus gegen Andersgläubige vorgeworfen, und fein Haß gegen solche ist gewiß nicht christlich im Sinne des göttlichen Stifters unsrer Religion zu nennen. Aber bennoch sollte man dem großen Manne baraus keinen vorschnellen Vorwurf machen. Erstens teilte er die Überzeugung, daß Katholizismus und Christentum sich becfenbe Begriffe seien, mit allen Katholiken seines Zeitalters; und sobann war eine solche Unbulbfamfnt geschichtlich notwenbig und heilsam. Durch jene strenge, eifersüchtig ausschließend Richtung der katholischen Kirche würde berselben neue Lebenskraft eingehaucht, währenb der Arianismus mit feiner geringen Wiberstanbsfähigkeit, bulbfatn und lau, auch Heibentum und alle Wilbheit unangetastet ließ, wo sie bestehen wollten, und sich von Verweltlichung und Verrohung selbst nicht aus die Dauer frei zu halten vermochte. Protestantische Freiheit der Geister war bamals noch lange nicht möglich; wo etwas Ähnliches, angestrebt würde, artete es in Gleichgültigkeit aus, ober man fiel gar in heibnifche Znstänbe zurück. Mag Gregor immerhin nicht nur für die Religion, fonbern auch für die Herrschaft der Päpste gearbeitet haben, es kam der ganzen Christenheit zu gute, und er that es in der heiligen und vvllstänbig richtigen Überzeugung, daß ohne ein einheitliches, straffes Kirchenregiment alles in Barbarei untergehen, die christliche Kirche in den elenbesten Zustanb versinken, alle christliche Bilbung vor der Roheit der Zeit vergehen werbe. Daß Gregor an dieser Überzeugung festgehalten und sie mit allen Mitteln durchgesetzt hat, ist sein unsterbliches Verbienft um die Menschheit.
Die geringe Lebensfrische, die dem Arianismus innewohnte, zeigte sich denn auch bei der Bekehrung der Langobarben zur römischen Kirche in auf-foüenber Weise. Wenn auch hie und ba der Übereifer der Katholiken zum Wiberstanb reizte und dem Arianismus frifche Spannkraft verlieh, so neigte sich doch bet Sieg immer mehr und mehr auf die Seite des Katholizismus. König Agilulf selbst konnte sich nicht entschließen, zum katholischen Glauben überzutreten, und ba er sich trotzbem den Katholiken äußerst wohlwollenb und fordernd erwies, lediglich aus innerer Überzeugung am arianijchen Bekenntnis für seine Person festhielt und selbst bekümmert über den Gegensatz, in dem er zu seiner Gattin und seinen Kinbern ftanb, erklärte, er würde gern glauben, wenn er nur fest überzeugt wäre, so kann die Glaubhaftigkeit, mit der er seinem alten Glauben treu blieb, unsre Hochachtung vor ihm nur steigern. Mit Abelwalb*) kam dann ein katholischer König aus den langobarbischen Thron. Da er erst breizehn Jahre alt war, regierte seine Mutter Theubelinbe für ihn, und unter ihrem Schutze erstarkte die katho-
*) Vgl. zum Folgenden Abel, Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit, Bd. 15, S. 245 ff.
5*
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Extrahierte Personennamen: Gregor Gregor Gregor Gregor König_Agilulf
Die Avaren in Friaul und die Ahnen des Paulus Diakonus.
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büraer und Blutsfreunde ins tiefste Elend gestürzt hatte. Ihre vier Töchter aber gingen nicht den Sündenweg der Mutter. Um die schamlosen Feinde abzuschrecken und ihre eigene Ehre zu retten, legten sie sich halbverwestes Fleisch zwischen Gewand und Brust, welches einen unerträglichen Geruch verbreitete. Als nun die frechen Barbaren auf sie einstürmten, wichen sie plötzlich voll Abscheu zurück, denn der gräßliche Geruch war nicht zu ertragen. Und die wackeren Mädchen achteten nicht auf die gemeinen Hohu-reden und Flüche der rohen Gesellen. So retteten sie durch eine kluge Notwehr ihre Ehre. Sie wurden bald von den Avaren nach andern
Ländern verkauft, und es wird erzählt, daß sie späterhin ülle auf eine
ihrer Abkunft und Tugend würdige Weise vermählt worden sind.
Nachdem der vortreffliche Paulus, Warnefrieds Sohn, in seinem Bericht soweit gekommen ist, schaltet er einen kurzen Abschnitt aus der Geschichte
seiner Ahnen ein, der für ihn selbst, wie für die damaligen Zustande
jener Völker und Länder außerordentlich bezeichnend ist und deshalb auch hier eine Stelle finden soll. „Es verlangt mich," so schreibt der bescheidene Mann, „an dieser Stelle die allgemeine Geschichte zu unterbrechen und ein Weniges über mein, des Schreibers, Geschlecht cinznflechten, dabei aber, weil die Sache es erfordert, in dem Gang der Ereignisse etwas zurückzugreifen. Zu der Zeit, da das Volk der Langobarden aus Pannonien nach Italien kam, war auch mein Ururgroßvater Leupichis, der ein Langobarde von Geburt war, mitgezogen. Nachdem er einige Jahre tn Italien (und zwar in Friaul) gelebt hatte, starb er und hinterließ fünf unmündige Söhne, die nun zu der Zeit, von der ich eben erzählte, alle in Gefangenschaft gerieten und aus der Burg Forojuli (wohin sie sich vom offenen Land geflüchtet hatten) in die Fremde, nach dem Avarenland geschleppt wurden. Nachdem sie daselbst (in Pannonien) viele Jahre lang das harte Los der Knechtschaft erduldet und bereits das Mannesalter erreicht hatten, blieben vier von ihnen, deren Namen ich nicht erfahren habe, in der traurigen Fremde zurück. Der fünfte aber von den Brüdern, der mit Namen Leupichis wie der Vater hieß und später mein Urgroßvater wurde, faßte den Entschluß — wie ich glaube, auf Eingebung des Herrn der Barmherzigkeit — das Joch der Gefangenschaft abzuschütteln, nach Italien zurück zu fliehen, wo, wie er wußte, das Langobardenvolk noch hauste, und so seine Freiheit wiederzugewinnen. Und so entwich er eines Tages und nahm nichts als einen Bogen nebst Köcher und Pfeilen und etwas Wegzehrung mit, wußte auch gar nicht, nach welcher Richtung er sich wenden sollte, um sein Ziel, die Heimat, zu erreichen. Siehe, da kam ein Wolf und ward ihm Führer und Begleiter auf der Reise. Denn wie der Wolf vor ihm herging, sich häufig nach ihm umsah, still stand, wenn er halt machte, und wieder voraus ging, wenn er aufbrach, da
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König Rothari und das Recht der Langobarden; die Könige Rodwald und Aripert. 79
beim Streit dieser beiden durch ein Gottesgericht erkannt, ob mit Recht ein solcher Borwurf gegen Gundiperga erhoben wurde, oder ob sie vielleicht unschuldig ist." Dieser Vorschlag fand bei dem König und allen Großen seines Palastes Beifall, und Ariwald befahl demnach dem Adelwulf gewappnet zum Kampfe hervorzutreten; für Gundiperga stellte sich ein gewisser Pitto zum Streit. Wie sie nun aneinander gerieten, ward Adelwulf von Pitto erschlagen; und sofort ließ der König seine Gattin nach dreijähriger Verbannung auf den Thron zurückführen."*)
Von Kriegen vernehmen wir aus Ariwalds Zeit nichts. Seine Herrschaft, die bis 636 währte, verlief durchaus friedlich; und als erstarb, vertrauten die Langobarden seiner Witwe Gundiperga das Wohl des Reiches an, wie einst ihrer Mutter Theudelinde, indem sie ihr durch Eid-schwur gelobten, sie wollten den zum König nehmen, dem sie ihre Hand reichte. Und Gundipergas Wahl war eine nicht minder glückliche als die Theudelindes: sie berief den Herzog Rothari von Brescia zu sich und bot ihm Hand und Krone, obgleich er wie Ariwald ein Arianer war.
13. König gütbari und das Krchi der Uangobarden-die Könige gßdtoald und Aripert.
(Von 636 bis 661.)
Aothari willigte gern in den Wunsch Gundipergas und des Volkes. Er gelobte eidlich an heiliger Stätte, Gundiperga niemals zu verlassen, noch ihren Ehrenrang zu verschmähen, sondern sie zu lieben und zu ehren, wie es ihr gezieme. Dann erschienen auf der Königin Ladung fast alle langobardischen Großen und erhoben ihn auf den Thron. Des neuen Herrschers erstes Geschäft war einige Vornehme zu bekriegen, deren widerspenstige Gesinnung offenbar war. Er überwand sie und ließ sie hin-
*) Die vorübergehende Entfremdung zwischen dem Königspaar hatte vielleicht in religiösen Meinungsverschiedenheiten ihren Grund. Ariwald war Arianer und konnte die Katholiken nicht besonders leiden, Gundiperga aber war eine eifrige Katholikin. Als Ariwald noch Herzog war, begegnete er einmal einem Mönch aus dem Kloster
Bobbio. Ariwald sprach ärgerlich zu seinen Begleitern: „Das ist einer von den
Mönchen Kolumbans, die sich nicht die Mühe nehmen, uns für unsern Gruß zu danken". Blidulf, so hieß der Mönch, hatte diese Worte vernommen und sprach: „Ich würde dich gegrüßt haben, wenn du nicht einen falschen Glauben hättest." Da befahl der Herzog den Mönch festzunehmen und tüchtig durchzuprügeln. Es geschah; Bliduls erhielt seine Schläge; dann kehrte er fröhlich und wohlbehalten ins Kloster zurück und erzählte mit Befriedigung, was ihm um seines Glaubens
willen widerfahren war. Als König mischte sich Ariwald nie in Glaubenssachen;
er sagte: es käme ihm nicht zu, Streitigkeiten der Geistlichen zu entscheiden, und wies Streuende an den Papst.
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88
Die Langobarden bis znm Verlust ihrer Selbständigkeit.
in Italien waren, daß ein König zwei Söhne hinterließ; wie die folgenden Ereignisse zeigen, erwuchs daraus weder den Thronerben noch dem Reiche Heil.
14. Godexeri, Werthuri und Srimtmlb.
(Von 661 bis 662.)
Die beiden Brüder Perthari und Godepert, die noch in sehr jugendlichem Alter standen, beschlossen anfangs in brüderlicher Eintracht und Liebe gemeinschaftlich zu regieren. Godepert wählte Pavia, Perthari aber die Stadt Mailand zum Herrschersitz. Jedoch auf die Dauer einig zu bleiben war unmöglich. Die Grenzen der Macht eines jeden scharf zu bestimmen, mochte gar nicht angehen, da die Königsgewalt seit unvordenklichen Zeiten bei den Langobarden stets eine monarchische, nie eine geteilte gewesen war. Eine Trennung des Reiches in zwei voneinander ganz geschiedene Hälften hätte das Volk schwerlich gut geheißen, und außerdem war es nur zu natürlich, daß alle Fehden und Parteigerichte der langobardischen Großen durch die Teilung der Königsgewalt einen Anhalt bekamen. Jede Partei konnte sich jetzt an einen besondern König anschließen; statt daß der König über allen Zwistigkeiten einzelner hätte stehen sollen, wurden beide selbst in diese hineingezogen; sobald den Großen des Reiches daran gelegen war, daß die beiden Könige uneins würden, mußte auch Feindschaft zwischen beiden entstehen.*) So kam es denn, daß. wie Paulus Diakonus erzählt, bald schlechte Menschen Zwietracht zwischen die Brüder säeten und grimmiger Haß unter ihnen entbrannte, so daß der eine dem andern die Herrschaft ganz zu entreißen trachtete. Das somit sehr gefährdete Langobardenreich drohte durch den Zwist zweier Brüder zu zerfallen; den Feinden winkte eine willkommene Gelegenheit die blühenden Gefilde Italiens als leichte Beute an sich zu reißen. Da rettete ein thatkräftiger Mann, Herzog Garibald von Turin, durch ein schlaues und gewalttätiges Beginnen das bedrohte Vaterland, indem er den kriegerischen Herzog Grimwald von Benevent bewog, die Zügel der Königsherrschaft an sich zu reißen. Das kam aber also.
Nach jenem Raubzug der Avaren (611), von dem wir oben berichtet haben,**) walteten des heldenmütigen Gifulf Söhne Ta so und Kako gemeinsam des Herzogtums Friaul, bis sie durch die verruchte List eines vornehmen Römers ums Leben kamen. Der Exarch Gregorius lockte sie nach der Stadt Oderzo bei Treviso (nördlich von Venedig), indem er
*) Vgl. Leo a. a. O. S. 160.
**) Von hier an können wir uns wieder der Führung des Paulus Diakonus anvertrauen, der über die Könige Adelwald, Ariwald. Rothari, Rodwald und Aripert fast gar nichts zu melden weiß.
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Extrahierte Personennamen: Brüder_Perthari Paulus_Diakonus Garibald_von_Turin Grimwald_von_Benevent Leo Paulus_Diakonus Rothari
König Grimwalds Siege und sein Tod.
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in Grimwalds Palast, um seine Treue zu beweisen. Aber eines Tages fragte ihn der König geradezu, ob er seine Tage bei Perthari verleben wolle, und jener erwiderte: „Ja, bei dem allmächtigen Gott! Lieber möchte ich mit Perthari sterben als irgend anderswo in höchster Wonne leben." Ta entbot er auch den Kämmerer vor sich und richtete dieselbe Frage an ihn, ob er lieber bei ihm im Palaste bleiben oder mit Perthari in der Verbannung leben wolle. Und der Kämmerer antwortete dasselbe, was Hunulf geantwortet hatte. Der edle König nahm solche Worte huldreich auf, pries laut ihre Treue und hieß den Hunulf alles, was er wünsche, aus seinem Hause mitnehmen, nämlich Knechte, Rosse und allerlei Hausrat, und damit ungefährdet zu Perthari ziehen. In gleicher Weise gab er auch den Kämmerer frei. Nach des Königs huldreichem Willen machten die beiden Getreuen sich auf und zogen mit all ihrer Habe unter sicherem Geleite nach dem Reiche der Franken zu ihrem geliebten Herrn. — So lautet des Diakons rührender Bericht, an dessen Wahrhaftigkeit zu zweifeln Frevel wäre.
15. König Srimtmltrs Suge und sein Tod.
(Von 663 bis 671.)
perthari war an den Hof des Frankenkönigs Chlothar des Dritten geflohen und wußte es durch Bitten und Klagen durchzusetzen, daß ein fränkisches Heer ausrückte, um ihn auf den Thron zurückzuführen. Von der Provence zog es — das Jahr ist ungewiß — über die Seealpen und drang von der Nordostmark des Langobardenreiches in Italien ein. Grimwald eilte den Franken sofort entgegen, da aber seine Heeresmacht der feindlichen nicht gewachsen war, so ersann er, wie Paulus berichtet, eine Kriegslist. Er hatte ein Lager aufgeschlagen, als ihm um die Mittagsstunde gemeldet ward, die Franken rückten heran. Da ließ er in aller Eile Speisen und Getränke
auftragen und zog sich dann mit seinem ganzen Heer aus dem Lager zurück,
so daß dieses ganz menschenleer blieb. Unterdes näherten sich die Franken, und als sie die Langobarden abziehen sahen, glaubten sie, diese fürchteten sich so vor ihnen, daß sie nicht einmal ihre Ankunft abgewartet hätten. Jubelnd und mit Spottreden gegen die Langobarden liefen sie in das verlassene Lager, fielen begierig über die wohlbesetzten Tische her und ließen
sichs wohlschmecken. So unmäßig waren sie, daß bald alle von dem überreichlichen Essen und Trinken ermüdet in tiefen Schlaf versanken. Inzwischen war der Abend angebrochen; da führte Grimwald im Schutze der Dunkelheit sein Heer heran, und um Mitternacht fielen die Langobarden über die schnarchenden Franken her und richteten unter ihnen ein solches Gemetzel an, daß nur wenige entkamen und ihr Vaterland wieder er-
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Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit.
zu Hilfe kam, zog ihm entgegen und wurde in offener Feldschlacht bei Novara besiegt. Darauf riß Raginpert die Herrschaft an sich. Aber noch in demselben Jahre starb er.
Für den jungen Liutpert sollte indes der Tod Raginperts keine Früchte tragen. Denn des Anmaßers Sohn Aripert nahm (701) den Kampf um die Krone sofort auf, und als es abermals zu einer großen Schlacht — diesmal bei Pavia, der Königsstadt selbst — kam, wurden Liutperts Anhänger geschlagen und der junge König gefährlich verwundet und gefangen genommen. Ansprand entkam auf die Insel im Comersee und setzte sick dort zu Wehr. Den Herzog Rothari von Bergamo, der sich jetzt selber zum König auswarf, überzog Aripert mit Krieg, belagerte seine Hauptstadt und eroberte sie mit Hilfe seiner Sturmböcke. Den Herzog nahm er gefangen, ließ ihm Haupthaar und Bart scheren und verbannte ihn nach Turin, wo er nach einiger Zeit auf Ariperts Befehl umgebracht ward. Ebenso ließ der grausame König den beklagenswerten jungen Liutpert im Bade das Leben nehmen. Als er ein Heer gegen Ansprand abschickte, entfloh dieser (702) zu dem bairischen Herzog Theodebert, an dessen Hose zu Salzburg er neun Jahre lebte. Die Feste auf der Insel Comacina ließ Aripert zerstören und Ansprands Familie gefangen hinwegschleppen.
Auch Ansprands Söhne, Sigiprand und Liutprand, waren dem König in die Hände gefallen. Jenem befahl er die Augen auszustechen und wütete in ähnlicher Weise gegen alle, die dem Ansprand blutsverwandt waren. Nur dem jungen Liutprand that er nichts zu Leide, weil er ihm gänzlich ungefährlich schien. Ja, er erlaubte ihm sogar, zu seinem Vater in das Baiernland zu ziehen. „Daß dies," sagt Paulus, „auf Geheiß des allmächtigen Gottes geschah, der ihn zu der Leitung des Reiches vorbereiten wollte, daran läßt sich nicht zweifeln." Liutprand also kam nach Baiern zu des Vaters unaussprechlicher Freude. Aber Ansprands Gattin Thenderada und ihrer schönen Tochter A uro na ließ der unbarmherzige Tyrann Nase und Ohren abschneiden.
Damals trug in Friaul ein streitsüchtiger und hochmütiger Mann, Namens Ferduls, den Herzogshut. Seine Ruhmsucht brachte ihm selbst und den Frianlern großen Schaden. Bloß um der Ehre des Sieges willen bestach er nämlich etliche Slaven in Kärnten mit vielem Gelde, daß sie in Friaul einbrachen, wodurch großes Ungemach über die Bewohner kam. Die räuberischen Horden überfielen nämlich die Schafhirten, die unweit der Grenze ihre Herden weideten, und schleppten letztere als Beute hinweg. Argait, der Schultheiß jener Gegend und ein sehr wackerer Mann, verfolgte sie zwar, konnte sie aber nicht einholen. Wie er nun zurückkehrte, begegnete ihm unterwegs der Herzog Ferduls mit einer Schar Gewappneter. Ihn verdroß es heftig, daß er nicht selbst die Räuber erwischt hatte.
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Extrahierte Personennamen: Liutperts_Anhänger Rothari Paulus Thenderada Namens_Ferduls
Liutpert, Aripert Ii. und Ansprand; Ferdulf und Argait wider die Slaven. 109
Hochfahrend wandte er sich an Argait mit der Frage, wo er denn seine Gefangenen hctbe. 2)er würdige Schultheiß antwortete. „Herr, ich kam zu spät; die Räuber waren leider schon über die Grenze entflohen." Da rief Ferdulf höhnisch: „Wann hättest du auch eine kühne That vollbringen können? Nicht umsonst heißt du Argait; ein Arger (Feiger)*) bist du stets gewesen." Dem tapfern Mann kochte das Blut ob solcher Beschimpfung, doch bezwang er sich und sagte nur: „Gott gebe, daß wir beide nicht aus dem Leben scheiden, ehe man erkannt hat, wer der Arge sei, ich oder du." So trennten sie sich in bitterer Feindschaft. Nicht lange danach aber begab es sich, daß, durch Ferdulss Geldsummen herbeigelockt, ein noch viel größerer Schwarm von Slaven ins Land brach. Hoch oben auf dem Gipfel eines steilen Berges schlugen sie ihr Lager auf, so daß es fast unmöglich war, ihnen beizukommen. Spähend umritt der Herzog mit seinem Heere den Berg, eine ebenere Stelle suchend, wo ein Angriff gewagt werden könnte. Da sprengte Argait an Ferdulf heran und sprach: „Erinnere dich, Herzog, daß du mich einen Argen oder Feigling gescholten hast. Heute soll sich zeigen, wer von uns der Arge ist. Wohlan denn, frisch den Berg hinauf! Gottes Zorn soll den treffen, der von uns beiden zuletzt oben bei den Slaven ist!" Damit schwenkte er sein Roß herum und begann den steilen Abhang gegen das Lager der Feinde hinauf zu reiten. Ferdulf schämte sich, wollte jenem nicht an Tapferkeit nachstehen, spornte gleichfalls sein Roß und folgte Argait auf dem gefährlichen Pfade. Die Seinen wollten ihren Herrn auch nicht in der Not verlassen und begannen ebenfalls den abschüssigen Felsen hinanzuklimmen. Die Slaven halten einen leichten Kampf gegen die Tollkühnen. Sie schleuderten von oben große Steine und Wurfbeile herab und richteten so mehr als mit den Schwertern aus, warfen sie von den Pferden und machten die meisten nieder. So fielen die wahnsinnigen Angreifer fast bis auf den letzten Mann, und die ^laven errangen nicht durch Heldenkraft, sondern durch glücklichen Zufall den Sieg. _ Fast der ganze Adel von Friaul sank an diesem Unglückstage dahin; auch Herzog Ferdulf war unter den Toten, und nicht weit von ihm lag Argaits Leiche. So kamen durch dieser beiden Männer schlimmen Zank und thörichte Eifersucht viele gute Helden ums Leben, die mit Eintracht und Klugheit Tausende von Feinden hätten überwinden können. Nur einem einzigen Langobarden, mit Namen Muu ichis, einem Mann von vornehmer Geburt, gelang damals
*) Langobardisch: Arga. In Rotharis Gesetzbuch steht geschrieben: „Wenn einer einen andern im Zorn einen Arga schilt und er kann es nicht leugnen und sagt, er habe ihn nur so im Zorn gescholten, so soll er eidlich erklären, daß er ihn nicht als einen Arga kenne, und hierauf für die Kränkung zwölf Solidi zahlen. Bleibt er aber dabei und sagt, er könne das im Zweikampf beweisen, so beweise er es, wenn er kann, oder er zahle wie oben."
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Die Langobarden bis zum Verlust ihrer Selbständigkeit.
setzen wollte, von einigen Mitgliedern der ihm feindlichen Partei in Bene-vent ergriffen und tot geschlagen. Nun setzte Liutprand seinen inzwischen herangewachsenen Großneffen Gisulf, den Sohn Romwalds, auf den Herzogsstuhl und kehrte nach Pavia zurück. Dies war die letzte Unternehmung gewesen, die Liutprand gegen einen aufrührerischen Großen ins Werk setzen mußte. Die Einheit des Reichs war wiederhergestellt, der Übermut der Kronvasallen gebrochen.
Nachdem Liutprand auf solche Weise die Herzöge wieder unterworfen hatte, beschloß er mit dem Papste, dessen Macht über die Gemüter er vollauf zu schätzen wußte, Frieden zu schließen, selbst um den Preis bedeutender Zugeständnisse. Als die Herausgabe der versprochenen vier Städte sich verzögerte, machte sich Papst Zacharias selbst auf den Weg nach Terni, wo gerade Liutprand Hof hielt, um durch persönliche Einwirkung die Erfüllung des Versprechens zu beschleunigen. An der Spitze der hohen Geistlichkeit verließ er Rom und wurde mit der größten Ehrerbietung empfangen. Auf die Kunde von seinem Anzug schickte der König ihm einen hochgestellten Langobarden entgegen, der ihm von Orte bis nach Narni das Geleit gab; hier begrüßten den Papst mehrere Herzöge mit ihren Heerscharen; der König selbst kam ihm bis auf acht römische Meilen vor Narni entgegen und führte ihn nach Terni. Hier waren die langobardischen Edlen und Heermannen um die Kirche des heiligen Valentin zu feierlicher Begrüßung aufgestellt. Nach dem Gottesdienst geleitete der König den Papst eine römische Meile weit bis zu seinem Zeltlager, wo er ihm ein prächtiges Zelt als Wohnung anwies. Am solgenben Tage hielten beibe eine Zwiesprache, in welcher der König, ergriffen von der Berebsamkeit des geistlichen Oberhirten, alle besten Forderungen gewährte. Er schenkte jene vier Städte mit ihrem Gebiet der römischen Kirche (nicht dem Kaiser) und stellte eine feierliche
Urfunbe barüber aus. Dazu fügte er in feiner großherzigen Freigebigkeit
noch die Rückgabe tierschiebener Kirchengüter, die in den Händen der Langobarden waren, gewährte dem heiligen Stuhl einen zwanzigjährigen Frieden und setzte alle römischen und byzantinischen Kriegsgefangenen ohne Lösegeld in Freiheit. Durch so große Opfer erreichte der fromme König (742) feine völlige Aussöhnung mit dem Papste. Doch war es nicht Frömmigkeit allein, die ihn zu solcher Nachgiebigkeit bewog. So unerschütterlich war Liutprands königliche Stellung nach innen doch noch nicht, daß er jedem Sturm von außen hätte trotzen und das Mißfallen seines kaholischen Volkes herausfordern können, ohne die Krone in Gefahr zu bringen. Ein Ereignis aus dem Jahre 735 zeigt beutlich, daß es nur die gewaltige Persönlichkeit des Königs war, die die mancherlei widerstrebenden Gewalten im Staat an straffem Zügel hielt. Um jene Zeit nämlich war Liutprand
in eine schwere Krankheit verfallen und dem Tode nahe. Ein Teil der
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