Krster Abschnitt.
Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis zur dauernden Vereinigung mit dem deutschen Reiche.
(Bis 925 nach Chr.)
Die Kelten.
In grauer Vorzeit, vor mehr als 2000 Jahren, saß an beiden Ufern des oberen Rheines das Volk der Kelten. Es wird uns geschildert als kriegerisch, aber zänkisch und häudelsuchend, als tapfer, aber nicht ausdauernd, als gelehrig, aber prahlerisch und eitel, als nicht bösartig, aber sehr leidenschaftlich. Aus dem Osten war es in diese Gegenden gekommen, aber wann, das ist und wird immer ungewiß sein. Drei Stämme dieses Volkes wohnten am Ober-Rhein; im Norden die Mediomatriker, im Süden die Rauriker und Seqnaner. Von ihnen wurden im Elsasse die ersten Städte gegründet; Berge und Flüsse erhielten von ihnen ihre Namen. Aber keine bestimmte Überlieferung ist von dieser merkwürdigen Völkerschaft geblieben. Auf ihr früheres Dasein deuten nur wenige Spuren: Mauerreste, Steindenkmäler und seltsame Grabhügel. Diese letzteren sind halbkngelsörmige Erdauswürfe in einer Länge von 10—12 m, aus denen man menschliche Skelette, Waffen, Gefäße u. a. ausgegraben hat. Sie heißen Hünengräber (Hüne bedeutet Riese), Heidengräber, Heidenbückel, Leihübel, Totenberge. In ihrer Nähe zeigen sich nach des Volkes Glauben bei Nacht allerlei Spnckgestalten. Ebenso verrufen sind die Stätten, wo die keltischen Priester, die Druiden, den Götzen Menschen opferten. Zur Nachtzeit erscheinen dort weißgekleidete Fraueu und tanzen den Reigen um die jetzt verlassenen Opfersteine.
Schon 100 Jahre vor Christi Geburt waren die Kelten nicht mehr im Alleinbesitze der oberrheinischen Länder. Bereits hatten deutsche Stämme, die Triboker und Nemeter, den Rhein überschritten und sich im Unter-Elsasse neben den Mediomatrikern niedergelassen. Später wurden die Letzteren westwärts gedrängt nach dem heutigen Lothringen und gründeten die Hauptstadt Mettis, Metz.
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
72
Ii. Europa.
Wesen geschaffen, das, musterhast eingerichtet, auch dem unsern noch
Vorbild sein dürfte.
Es würde etwas fehlen am Bilde der nordischen Länder, wenn
man vergäße der
Geschichtlichen Wirksamkeit der Deutschen in den nordischen
Ländern. In früheren Jahrhunderten spielten die Deutschen in den
drei nordischen Neichen eine erste Rolle. Deutsche Mönche brachten
dem Norden das Christentum, deutsche Kaufleute aus den Äansa-
städten legten den Grund zur Blüte zahlreicher nordischer Städte, wie
Bergen, Wisby aus Gotland. Dänemark war vom hanseatischen
Kaufmann beherrscht und mußte sich verpflichten, ohne Zustimmung
der Äansa keinen König zu wählen. Die des Äeringsfangs wegen
wichtige Küste von Schonen (Südschweden) war zeitweise Besitz-
tum der reichen Kaufherren des deutschen Nordens. Auch als die
stolze Blüte der Äansa längst verblichen war, gab es in vielen
Städten des Nordens noch starke deutsche Gemeinden, deren Mit-
glieder nicht selten die höchsten Ämter bekleideten. So war der
Bürgermeister Äans Bismarck, der um die Mitte des 15. Jahr-
hunderts die Geschicke von Stockholm leitete, gleichen Stammes
mit dem Schmied der deutschen Einheit. Zugleich nahmen die Edelsten
der drei nordischen Reiche fortgesetzt lebhaftesten und innigsten An-
teil am deutschen Geistesleben. Der dänische Minister Schimmel-
mann ist es gewesen, der unserm Nationaldichter Schiller, als schwere
Krankheit an seinem Lebensmark zehrte, ein Iahresgehalt von 1000
Talern verschaffte und so Schiller die Möglichkeit gab, sich zu erholen
und unbehindert von Nahrungssorgen seines hohen Berufes zu walten.
Das sind Erinnerungen, die man besonders in Dänemark
mehr pflegen sollte als die von 1864.
3. Rußland.
Sehen wir vorerst davon ab, inwiefern Rußland irgendwie
unsern Ansprüchen in der Welt gegenüber zu treten vermag und
dazu gewillt ist. Seine Hauptbedeutung für uns liegt in seiner
Kaufkraft, in der Art und Weise, wie es einen Markt für
unsere Warenausfuhr abzugeben vermag.
Als das größte geschlossene Wirtschaftsgebiet in
Europa, (europäisches Rußland einschließlich Finnland: 5,4 Mil-
lionen qkm mit 121 Millionen Einwohnern, mehr als die Äälfte
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
2. China.
221
wo er anfängt, mit europäischer Äilfe Bahnen zu bauen, fragt
er wohl geringschätzig den Europäer, ob man bei uns in Europa
auch Bahnen besitze, und wenn ihm entgegengehalten wird, daß
China ja den Bahnbau von den Europäern gelernt und abgesehen
habe, dann pflegt er verächtlich und ungläubig mit den Achseln zu
zucken.
Man möchte den Chinesen wohl verachten ob dieses lächerlichen
Hochmutes. Allein wer glauben wollte, dieser Stolz beruhe nur
auf eingebildeter Kultur, würde doch sehr irren. Nicht umsonst
heißt China das Land der Prüfungen. An gründlicher Kenntnis
seiner Literatur kann der Chinese sich wohl mit den Gebildeten anderer
Völker messen. Es kommt nur darauf an, daß er seine Bildung
erweitert, daß er auch Sinn für das Praktische und Nützliche
sich aneignet.
In neuerer Zeit scheint auch diese Wandlung sich vorzubereiten,
scheint sich der Chinese um bessere Bebauungsart des Bodens zu
kümmern, scheint ihm die Bedeutung der Eisenbahnen aufzugehen.
Wenn erst einmal das weite Reich durch Eisenbahnen erschlossen ist,
dann bringt China außer seinen heutigen Ausfuhrwaren, Seide und
Tee, auch seine ungeheuren Mineralschätze auf den Weltmarkt, dann
werden alle Äandelsvölker mit dem jetzt oft noch verachteten, wunder-
lichen, zopfigen China zu rechnen haben. Wer dann seine Stellung
in und mit China am besten vorbereitet hat, dessen Äandel
wird den größten Gewinn daraus ziehen.
Wie stehen wir zu diesem Zukunftslande?
Deutschlands Stellung auf dem chinesischen Markte. Linter
den vier Äauptbewerbern um den chineschen Markt stehen
wir vorläufig an letzter Stelle. Voran gehen uns Japan,
England und die Anion.
Japans Vorrang erklärt sich leicht. Es ist der nächste Nach-
bar Chinas. Seine Waren haben nur geringe Frachten zu tragen.
Ihm kommt die Rassengemeinschaft mit China zugute. Seine Waren
endlich sind so billig, (aber auch schlecht), wie sie der arme Chinese
vor allem braucht.
Daß England den zweiten Platz behauptet, kann nicht weiter
wundernehmen. Es ist das erste Äandelsland der Erde, verfügt
über die größte Handelsflotte der Welt; feine Flagge wehte schon
machtvoll in den chinesischen Gewässern, als die unsere sich erst
schüchtern zu zeigen begann. Schließlich ist England in der Äaupt-
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Extrahierte Ortsnamen: China Europa China China China China China Deutschlands Japan England Japans Chinas China England England
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
5. Niederländisch-Indien.
241
bürgerte Indigokultur bereits vernichtet. (Vergl.
Britisch-Indien.)
Ein etwas freundlicheres Bild bietet die Stellung des deut-
schen Kapitals. An den Plantagen ist deutsches Kapital in
ziemlich bedeutender Weise beteiligt. Die Verschickung der Tabak-
ernte von Ost-Sumatra geschieht sast ausschließlich durch deutsche
Handelshäuser.
Am wichtigsten aber sür uns ist das Kabel, das von
(Karolinen) nach Menado auf C e l e b e s läuft und durch das
holländisch-indische Kabel von Menado nach den holländischen Ääsen
uns eine von den Engländern unabhängige Telegraphenverbindung
mit unseren Südseekolonien verschafft. (Vergl. S. 39.)
Bedeutung von N.-I. für Holland. Es ist eigentümlich, daß
ein solch kleiner Staat wie Holland solch ein großes Kolonialreich
besitzt; denn das Inselreich ist nicht weniger als 58 mal so groß wie
das Mutterland. Kommt doch Sumatra mit seinen 434000 qkm
in der Größe Deutschland nahe; Borne o, von dem allerdings ein Teil
den Engländern gehört, ist mit seinen 736000 qkm anderthalb mal
so groß wie das Deutsche Reich. Celebes umfaßt 179000, Java
132 000 qkm.
Ol) das kleine, militärisch ziemlich machtlose
Holland fähig wäre, dieses große Gebiet gegen
einen Feind zu behaupten, ist wohl sehr fraglich.
Indien hat auch seine Bedeutung für den holländischen Staat
schon zum großen Teil eingebüßt. Einst machte dieser Kolonialbesitz
Amsterdam zum Mittelpunkte des Welthandels, und in den Iahren
1862 bis 1871 lieferte es dem Mutterlande Überschüsse im Werte
von 1800 Millionen Mark. Seit aber die Kaffee-, Zucker- und
Zinnpreise so stark zurückgegangen sind, halten sich Ausgaben und
Einnahmen in dieser Kolonie so ungefähr die Wage.
Lins Deutschen beweist diese Wandlung, wie wenig
Verlaß auf reine Eingeborenenkolonien ist.
Hauptmann, Nationale Erdkunde.
16
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Extrahierte Ortsnamen: Niederländisch-Indien Britisch-Indien Ost-Sumatra Menado Holland Holland Sumatra Deutschland Deutsche_Reich Holland Indien Amsterdam
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
246
Iv. Asien.
land, wenn es auch für die Masse der Bevölkerung (300 Millionen)
nicht genug erzeugen kann.
Aber daß das Bestreben der indischen Regierung, die deutsche
Zuckereinfuhr zu unterbinden und den Rohrzucker aus Java
im Lande heimisch zu machen, wenigstens eine Zeitlang gescheitert
ist, daß der deutsche (und österreichische) Zucker infolge
seiner Güte auf dem indischen Markte nicht zu ent-
behren war, das beweist, bis zu welcher Vollkommenheit
unsere Zuckerher st ellung gelangt ist.
Dabei vergesse man folgendes nicht: Die Frachten von Java
nach Indien sind naturgemäß bedeutend geringer als die von deutschen
Ääfen aus. Der Arbeiter ist auf Java zu einem viel geringeren
Arbeitslohne zu haben als bei uns. Auf einem Rohrzuckerfelde
wird etwa 2^ mal soviel an Zucker gewonnen als auf einem gleich-
großen Nübenzuckerfelde. lind trotzdem in Indien deutscher Zucker!
Doch wollen wir uns keineswegs verhehlen, daß unserer Zucker-
ausfuhr von den Rohrzuckerländern, hier von Java aus, ein sehr
gefährlicher Wettbewerb droht. (Vergl. Kuba und Niederländisch-
Indien.)
Viel glänzender und jedenfalls auch von längerer
Dauer ist aber der Sieg, den deutsche Wissenschaft
und deutscher Fleiß im Farbwarenhandel gegen Indien
errungen haben.
Seit alten Zeiten ist Indien das berühmte Erzeugungsland für
Indigo, jenes blauen Farbstoffes, der seiner vorzüglichen Eigenschaften
wegen hochgeschätzt wird. Stets hat der Indigo einen schweren
Kampf gegen andere Farbstoffe zu führen gehabt, die ihn verdrängen
wollten, z. B. gegen Waid, ist aber immer siegreich aus dem Kampfe
hervorgegangen. Die erste entscheidende Niederlage erlitt er erst,
als einem deutschen Gelehrten (Beyer) nach langjährigem,
mühevollem Studium die Herstellung künstlichen Indigos
aus Steinkohlenteer gelang (1881).
Jene Gewinnungsart ist seitdem von anderen Forschern wesentlich
verbessert worden, sodaß heute künstlicher Indigo reiner und in seiner
Färbewirkung zuverlässiger ist als natürlicher. Dank dieser Er-
findung konnte deutscher Indigo einen Siegeslauf
durch die Welt antreten, und der Zeitpunkt ist nicht
mehr fern, da wir die Welt ebenso unbe st ritten und
ausschließlich mit Indigo versorgen werden, wie
schon lange mit Alizarin (roter Farbstoff).
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Extrahierte Ortsnamen: Asien Indien Indien Kuba Niederländisch-
Indien Indien Indien
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
322
V. Afrika.
seiner Flagge dringt ihm lieblich zu Ohren. Doch nicht genug damit.
Selbst die Fahrt bis zum europäischen Abgangshafen wird in deut-
schen Eisenbahnwagen zurückgelegt. Die beiden Schiffahrtsgesell-
schasten haben es so eingerichtet, daß man von Berlin über München,
Verona, Florenz, Rom nach Neapel in deutschen Wagen fahren
kann; in Neapel wird der Dampfer bestiegen, und hinüber geht's
nach Alexandria. Von dort aus wird die Weiterreise ins Innere
auf einem deutschen Dampfer ausgeführt, der ebenso vorzüglich für
die Fahrt auf dem Nil eingerichtet ist, wie der Seedampfer für die
durchs Mittelländische Meer. Sollte ihm das alles den Aufenhalt
im Pharaonenlande nicht angenehm machen? Die Zahl der deut-
schen Vergnügungsreisenden wächst von Jahr zu Jahr. Das ist be-
zeichnend; es spricht für den steigenden Reichtum Deutsch-
lands. In früheren Zeiten war es immer der reiche Engländer,
der in fremden Ländern das Gold rollen ließ. Äeute beteiligen sich
auch zahlreiche Deutsche an diesem für uns nicht ganz nutzlosen Geschäft.
Stellung des Deutschtums in Ägypten. Die Stellung des
Deutschtums in Ägypten hat sich gegen früher wesentlich geändert.
Im Oriente kannte der Mann aus dem Volke bis in die jüngste Zeit
hinein von Europa ausschließlich Frankreich; wenn seine geographischen
Kenntnisse schon einige Erweiterung erfahren hatten, außer dem
„francani" noch den „ingliz" und den „moskovi". Ähnlich stand
es auch in Ägypten.
Durch die Gründung deutscher Krankenhäuser in Alexandria und
Kairo, durch die Bildung deutscher Gemeinden und Schulen und in
jüngster Zeit durch die immer häufiger werdenden Vergnügungs-
reisenden dämmert den Ägyptern allmählich eine Ahnung vom Dasein
Deutschlands.
In der Geschäftswelt finden wir in neuerer Zeit das Deutsch-
tum in allen größeren ägyptischen Städten, besonders in Kairo,
stark vertreten. Eine Reihe der ersten Einfuhr- und Ausfuhrhäuser
in Alexandrien und Kairo sind in deutschen Äänden. Deutsche
Waren findet man auch in fremden Kaufhäusern; nicht selten segeln
sie zwar unter französischer Aufschrift. Ja, es werden Dinge als
„garantiert französische Ware" feilgeboten, auf denen groß und deut-
lich „Made in Germany" steht.
Wirklich bekannt wird Deutschland und werden die deutschen Waren
erst werden, wenn die deutschen Schulen dort zunehmen und
ihren Einfluß nach mehr spürbar machen. Schon gewinnt die deutsche
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
4 I. Des Deutschen Reiches Wirtschaft und seine Stellung in der Weltwirtschast.
in der bisherigen Weise vermehrt, so müßte nach 20 Iahren, also etwa
um das Jahr 1930, unser Vaterland 83 Millionen, Frankreich 40,
Großbritannien 53, die Anion 110 Millionen Seelen zählen. Diese
verschiedenartige Vermehrung muß notwendigerweise eine weitere
Verschiebung in den Machtverhältnissen nach sich ziehen. Die Art
dieser Veränderung ist vom Dunkel der Zukunft bedeckt. Jedenfalls
können wir für uns selbst aus den gegebenen Aussichten die Hoffnung
ableiten, daß sie der Machtstellung unseres Volkes günstig sein wird.
Eine große Kopfzahl ist jedoch kein bedingungsloses Anterpfand
für die Wohlfahrt eines Volkes, es wirken da eine Reihe anderer
Faktoren mit. Obenan steht die Frage nach der Tüchtigkeit dieses
Volkes. Es ist nicht leicht, ein Arteil über ein Volk zu sällen, weil
es aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzt ist. Für unser
deutsches Volk aber dürfen wir — nicht nach eigener, sondern nach
übereinstimmender fremder Wertung — das Lob in Anspruch nehmen,
daß es nicht nur arbeitstüchtig, sondern auch arbeitsfreudig ist.
Seine Zukunftsaussichten verlangen, daß es sich diese Arbeitsfreudig-
keit erhalte, daß die Gefahren der Genußsucht, die das neuzeitliche
Leben in besonders reichem Maße mit sich bringt, glücklich überwunden
werden; daß diesem Volke die tiefe Religiosität, sein geschichtliches
Kennzeichen, ebenso unangetastet bleibe, wie der kriegerische Geist, der
es groß gemacht und zur ioöhe geführt hat. Manchmal möchte man
ihm noch etwas mehr wünschen von den Eigenschaften des berühmten
„deutschen Träumers", der über die Gegenwart hinweg die Zukunft
ins Auge faßt, große Ziele mit weitschauendem Blick umspannt, der
für den „Praktischen" ein „Tor", in Wahrheit aber voll der höchsten
Weisheit ist. Die Zukunft Deutschlands als Staat und Volk hängt
vor allem davon ab, ob es mit solch weitschauendem Geiste seine mit
geradezu unheimlicher Schnelligkeit heraufkommende weltwirtschaftliche
und weltpolitische Aufgabe erkennt und ihr seine besten Kräfte, die
höchste Anspannung widmet. Aus seiner Geschichte mag der Deutsche
sich davor warnen lassen, über dem oft kleinen inneren Hader seine
großen Ziele aus dem Auge zu verlieren. Einst gründete, während
Deutschland in inneren Wirren sich zerfleischte, Großbritannien sein
weltumspannendes Reich. Nun, es ist noch einmal eine Welt
wegzugeben. Wenn das Reich bei dieser neuen Ver-
teilung derwelt nicht seinwort mitsprechen kann, muß
es auf seinen alten Stand zurücksinken, muß es seine
bisherige Lebenshaltung aufgeben. Dann war die Er-
Hebung nach 1870 nur eine vorübergehende Erscheinung. „Sicher
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
3. Des Reiches Bevölkerung.
5
gehen wir, wenn wir ein großes Volk, eine Weltmacht sein und
bleiben wollen, ernsten Kämpfen entgegen. Aber das darf uns nicht
schrecken. Es liegt eine tiefe Wahrheit in dem Worte, daß der
Mensch im Frieden verkümmert, läufig bedarf es des Kampfrufs,
um die träge Welt wieder einmal aus Stumpfheit und Weichlichkeit
aufzurütteln. Der Völkerkampf hat sich dem, der weit und tief zu
blicken vermag, oft als ein Segen für die Menschheit erwiesen".
(Prof. Dr. Arndt, Frankfurt a. M.) „In Deutschland hat der
Kampf sich immer als Schöpfer innerlicher Neubildung in Staat,
Gesellschaft, Wirtschaft, in aller Kultur erwiesen. Der Weltmacht-
gedanke der neuesten Tage zieht die Blicke überall ins Weite und
Helle, er entfesselt und steigert die Kräfte und die Kraft überall. Er
muß die Arbeit überall wichtiger, die Luft stärker und freier, das
Selbstgefühl stolzer und kühner machen. Von diesem starken Erzieher,
so scharf und hart er sei, von seiner schöpferisch weiten Einbildungs-
kraft und seinem sachlich herben Willen, von seiner ganzen gewaltigen
Mannhaftigkeit darf man hoffen, daß auch an seine Sturmfahne der
innere Segen für unsere Welt und unser Volk sich hefte." (Prof.
Dr. Erich Marcks, Berlin.)
Rein äußerlich kommt eines Volkes Macht und Größe zur Er-
scheinung in der Summe der von ihm erzeugten geistigen und wirt-
schaftlichen Güter — und in seiner Wehrkraft. Von den ersteren
zu sprechen, geht über den Rahmen dieser Ausführungen hinaus; die
zweiten werden wir nachher ausführlicherkennen lernen. Älber die deutsche
Wehrkraft im Verhältnis zu der anderer Völker nur ein paar Zahlen:
Landheer.
Friedensstärke Kriegsstärke
Deutsches Reich. . 621 162 nicht zu ermitteln
Rußland...... 1 384 000 2 941 500
Frankreich..... 605 102 *) 4 372 000
England...... 421 487 1 130 617**)
Österreich-Ungarn . 390 056 2 330 000
Italien....... 284 823 3 353 984
Japan ....... 230 000 1 500 000
Türkei....... 220 000 1 677 000
Union ....... / 72 973 10 845 268
\ 110 995 (Miliz) (als kriegstauglich
in den Listen geführt)
*) Soll stärke, Kolonialarmee einbegriffen. Sicher ist die Zahl der dienst-
fähigen Männer in Deutschland viel größer als in Frankreich. Deutschland
zählt 8,4 Mill. Männer zwischen 20 und 40 Iahren, Frankreich nur 5,8 Mill.
**) Kolonialarmee einbegriffen.
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Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
10. Die Mittelmeerländer.
159
die, getrocknet, zum Teil ausgeführt werden. Diese Pflaumenwälder
machen einen der größten Reichtümer Serbiens aus. Die zwar
schon ziemlich gelichteten, immer aber noch ausgedehnten Eichenwälder
machen eine große Schweinezucht möglich, die einen wichtigen Posten
zur Ausfuhr liefert.
Mit all diesen Erzeugnissen ist Serbien, weil es
keine Seeverbindung hat, auf den Absatz nach Öfter-
reich-Angarn und dadurch auf Deutschland angewiesen,
da die Ackerbau-und Viehzuchterzeugnisse wohl meistens,
wenn auch unter österreichischem Namen nach Deutschland
iv eitergehen.
Montenegro.
Es spielt keine Nolle im Welthandel, ist für uns nur insofern
von Interesse, als sein Streben nach dem Besitz des einzigen, jetzt
Österreich gehörenden Äafens Eattaro zur Vermehrung der Anruhe
und Unzufriedenheit auf der Balkanhalbinsel mit beiträgt.
Am Ende der Reise durch die Mittelmeerländer müssen wir den
Blick auf Großbritannien zurückwenden, von dem wir in der Behand-
lung von Europa ^ausgegangen sind.
Stehen wir England in den nordischen Ländern
ebenbürtig gegenüber, konnten wir in Ost- und Mittel-
europa sogar eine Überlegenheit des deutschen Kandels
feststellen, die nur in Frankreich aus besonderen Gründen
noch fehlt, so behauptet Britannien doch im Mittel-
meer unstreitig einen alles überragenden Platz. Durch
nichts beweist es seine Eigenschaft als erste Seemacht
der Welt mehr als durch seine Herrscher st ellung in den
weit abliegenden Mittelmeergebieten.
Zu ähnlichen Beobachtungen wird die Behandlung der außer-
europäischen Länder nun oft Anlaß geben.
Ganz anders gestaltet sich das Bild von der Stellung unseres
Vaterlandes. Wir wurzeln sest im Äerzen Europas, er-
weitern unsere Beziehungen zu unsernnachbarländern.
Das ist unsere Stärke. Denn aus den Märkten von
Rußland, Österreich-Ungarn, der Schweiz, von Belgien
und der Niederlande dürfte der erste Platzfür England
endgiltig verloren sein; hier sind wir schwer angreif-
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Extrahierte Ortsnamen: Serbiens Serbien Öfter- Deutschland Deutschland Montenegro Europa England Mittel-
europa Frankreich Britannien Europas Schweiz Belgien Niederlande England
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
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staltung des Landes kein Grund zur Absonderung der nieder-
ländischen Stammes lag, hat sich in den holländischen
Niederungen ein selbständiges Volk entwickelt, ist
im Gegensatz zum Reich ein besonderer Staat ent-
standen.
Etwas mag ja das Land mitgewirkt haben.
So gewaltig wie in Holland war in unsern deutschen Marsch-
kundschaften der Kampf gegen das Meer und die Flüsse nicht. Die
Holländer waren in diesen Kampfe auch ganz auf sich gestellt, sie
blieben ohne Äilfe vom Deutschen Reiche her, zu dem sie damals
noch gehörten.
Noch wichtiger aber wurde es, daß dasselbe Reich sie
auch im Kampfe gegen die Spanier allein gelassen
hat. Darum lösten sich die holländischen Provinzen von ihrem
Mutterlande; sie stiegen sogar zu einer europäischen Großmacht
empor zu derselben Zeit, da Deutschland in tiefen Verfall geraten
war. (Dreißigjähriger Krieg.)
So haben wir es also in den Niederlanden wie
der Schweiz mit abgesplitterten Teilen des alten
Deutschen Reiches zu tun, und ähnlich wie die
Schweizer haben auch die Niederländer ihre deutsche
Art bis aus den heutigen Tag gewahrt.
Hollands eine deutsche Provinz durch Sprache und Ab-
stammung seiner Bewohner. Gar ost hört man die Meinung
äußern, daß die Niederländer den Deutschen nicht näher verwandt
seien als etwa den Engländern und Dänen. Dem ist nicht so.
Die deutsche Reichsgrenze ist mundartlich nicht die Grenze der
deutschen Sprache. Äeute noch spricht man am Dollart ein Platt
ganz wie in der Provinz Groningen und in Ostfriesland.
Die Mundart in Nymwegen ist dieselbe wie in Kleve. Ebenso
wird an der Maas eine Mundart gesprochen, die der von Kleve
ähnlich ist. In Luxemburg unterscheidet sich die Mundart ganz
unwesentlich von der, die an der Eiset und an der deutschen Mosel
heimisch ist.
Daß Äolland sich vom alten deutschen Reiche trennte, ist zwar
der Anlaß geworden zur Bildung einer holländischen Schriftsprache,
die allerdings von der deutschen abweicht. Zur Zeit der Äansa
aber bildete eine gemeinsame Schriftsprache noch das einigende Band
zwischen den Ländern von Dünkirchen bis Riga. Das nieder-
ländische Volk ist uns so nahe verwandt, wie kein
8"°
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