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nun der Name der Franken bei uns im Meier zu Frankenfeld am Olbach
uoch fortlebt, wird die in der Nähe liegende Bauerschaft Sundern auch
wohl eine Frankensiedelnug gewesen sein. Karl der Große machte auch
der Leichenverbrennung ein Ende. Seit jener Zeit haben wir bei uns
keine rein germanische Bevölkerung mit blondem Haar, weißer Haut und
blauen Augen mehr. Heutzutage sind bei uns im Kreise Wiedenbrück
und auch in Minden und Ravensberg von 100 Personen nur 42 blau-
äugig, bloudhaarig und weißhäutig.
Bilder: Germanisches Gehöft.
Anschlußstoffe: Fritz Lienhard: Widnkind. Sagen von Wittekind.
Hanspeter: Wittekind verspricht, Christ zu werden. S. 281. Albion und
Wittekind. S. 283. Wittekind zu Enger. S. 283. Kuhn: Wittekiud in
der Babilonie. S. 284.
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T29: [Geschichte Geographie Nr. Erdkunde Lesebuch Bild Iii allgemein Lehrbuch deutsch], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus]]
Extrahierte Personennamen: Frankenfeld Karl_der_Große Karl Fritz_Lienhard Hanspeter Kuhn
— 35 —
Stein. Zwei Stufen führen zu ihm empor. Er wird der Sockel genannt.
Darauf erhebt sich das Denkmal. Es stellt zwei Krieger dar. Der eine
ist ein Jüngling, der andre ein Mann mit einem großen Bart. Der junge
Krieger ist von einer feindlichen Kugel tödlich getroffen. Tapfer hat er
bis jetzt die Fahne dem Feinde entgegengeführt. Jetzt will sie seiner Hand
entsinken. Rasch ergreift sie der hinter ihm marschierende Landwehrmann,
der in der Linken das Gewehr trägt, so daß er dem Sterbenden nicht noch
einmal die Hand zum Abschied reichen kann. Hinter dem Gefallenen liegt
sein Helm und ein zerbrochenes Kanonenrad. An der rechten Seite des
Sockels ist ein Bronzebild Wilhelms I. und an der linken Seite das Bild
Bismarcks, seines treuesten Ratgebers und Kanzlers. Vor dem Denkmal
steht auf einer schwarzen Marmortafel: „In dankbarer Erinnerung an
die tapferen Krieger der Jahre 1864, 1866 und 1870/71. Die Stadt- und
Landgemeinde Gütersloh." Auf der Rückseite stehen die Namen der ge-
sallenen Gütersloher Krieger zum ewigen Gedächtnis aufgezeichnet. Wenn
Sedanfeft ist, dann legen die alten Krieger immer einen Kranz am Denk-
mal nieder. Einer von ihnen hat es erzählt, wie es in den Kamps ging.
Ich will es euch erzählen. Hört zu!
Ich hatte noch keinen weißen Bart, sondern war noch ein junger
Kerl. Im heißen Juli war es. Auf den Feldern waren die ersten Garben
gemäht. Da hieß es eines Tages: Es gibt Krieg! Krieg mit Frankreich!
So war es auch. Bald merkte man es überall. Alle jungen Leute, die
schon gedient hatten, bekamen von Bielefeld vom Kommando den Befehl,
sofort zu den Massen zu eilen. Sie bekamen einen Soldatenanzug, Helm,
Säbel und Gewehr und mußten tüchtig marschieren, fechten und schießen.
Jeden Tag kamen durch Gütersloh lange Züge voll Soldaten. Über die
Berliner Straße ritten viele Reiter, und Kanonen rasselten über das
Pflaster. Eines Tages kam auch der König Wilhelm durchgefahren. Alles
lief zum Bahnhof. Ganz Gütersloh wollte ihn fehen und jubelte - dem
alten König im weißen Bart entgegen. Er zog zum Rhein und mit ihm
Preußens und Deutschlands Söhne. Überall aber sang man:
„Es braust ein Ruf wie Donnerhall,
Wie Schwertgeklirr und Wogenprall,
Zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein!
Wer will des Stromes Hüter sein?
Lieb Vaterland, magst ruhig sein,
Fest steht und treu die Wacht am Rhein!"
Dann ging's über den Rhein nach Frankreich hinein! Wo sich die
Franzosen nur sehen ließen, da bekamen sie Prügel. Viele, viele wurden
gefangen genommen und nach Deutschland gebracht. Bei Sedan wurde
der Kaiser Napoleon mit seinem ganzen Heere gefangen. Drum singt ihr
heute noch immer am Sedantage:
„Bei Sedan war die große Schlacht,
Hurra, hurra, hurra!
Kaiser Wilhelm hat sie mitgemacht,
Hurra, hurra, hurra!
3*
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms_I. Wilhelms_I. Wilhelm Napoleon Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Bismarcks Frankreich Bielefeld Rhein Deutschlands Zum_Rhein Rhein Rhein Rhein Rhein Frankreich Deutschland Sedan Sedan
— 253 —
mäßigen Anhöhe eine europäische Niederlassung. Die weite
Ebene zeigt den trockenen Steppencharakter des Binnenlandes
in diesem deutschen Schutzgebiete. Ein aus zahlreichen Tieren be-
stehendes Ochsengespann kommt mit seinem überdachten Wagen aus
der Richtung jener Niederlassung und ist eben im Begriff, die
von der Regenzeit übrig gebliebene Wasserstelle zu überschreiten.
Ein eingeborener Führer, ein Hottentotte, treibt die Ochsen mit
seiner langen Peitsche zu schnellerer Gangart an. Im Vorder-
Abb. 86. Ochsenzug in der Grassteppe von Südwestafrika.
Aus Eschner, Deutschlands Kolonien. Verlag von F. E. Wachsmnth, Leipzig, Kreuzstr. 3.
gründe halten auf feurigen Pferden zwei Vertreter der Deutschen
'£>chutztruppe. Sie verhandeln soeben mit zwei Eingeborenen. Es
sind zwei Herero, und zwar ein Ehepaar, Mann und Frau. Der
Mann ist nur mit einem Lendenschurz bekleidet. Die Frau hat Felle
umgehängt und trägt einen helmartigen Kopfputz. Über dem ganzen
Bilde liegt eine sommerliche - heiße Stimmung mit einem tief-
blauen Himmel." (Eschner.)
Von den schon erwähnten Wasseradern führen nur die Grenz-
flüfse, der Oranje im Süden, der Kunene im Norden, der Sambesi
im Osten sowie die den Kaprivizipfel durchfließenden Okawango
und Kuando (Bedeutung für die Schiffahrt!) beständig Wasser, freilich
auch mit sehr schwankendem Wasserstande. Die übrigen Fluß-
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer]]
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TM Hauptwörter (200): [T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T104: [Nil Meer Wüste Afrika Küste Land Sahara Gebiet Sudan Fluß], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne]]
— 15 —
B. Australien - Polynesien.
I. Darwin bei Feuerländern und Anstralnegern.
(„Reise eines Naturforschers um die Welt" von Charles Darwin.
Autorisierte deutsche Ausgabe, Aus dem Englischen übersetzt von I. Victor Carus. Mit
vielen Holzschnitten. 2. durchgesehene Auflage. Stuttgart. E. Schweizerbartsche Ver-
lagshandlung (E. Nägele & Dr. Sprösser), 1899. 568 Seiten, 4,80 Mark. S. 220, 221
bis 223, 474—477.)
(1. Das geuerlanb1).) 17. Dezember 1832 ... Wir hielten uns
dicht an der Küste des Feuerlandes, doch waren die Umrisse des zerklüfteten,
unwirtlichen Staatenlandes in den Wolken sichtbar. Am Nachmittag warfen
wir in der Bucht des guten Erfolgs (Good Success Bay) Anker. Als
wir einfuhren, wurden wir nach der Manier der Bewohner dieses wilden
Landes begrüßt. Eine Gruppe Feuerländer, zum Teil von dem dicht ver-
wachsenen Walde bedeckt, kauerten an einem wilden, die See überragenden
Punkte, und als wir vorbeifuhren, sprangen sie auf, schwangen ihre zer-
lumpten Mäntel und stießen ein lautes sonores Geschrei aus. Die Wilden
folgten dem Schiff, und noch ehe es dunkel war, sahen wir ihre Feuer und
hörten ihr wildes Geschrei.
(2. Bei den Feuerlündern.) Am Morgen schickte der Kapitän eine
Abteilung ab, um sich mit den Feuerländern in Beziehung zu setzen. Als
wir in Rufweite gekommen waren, kam einer der vier Eingeborenen, welche
da waren, vorwärts, um uns zu empfangen, und fing an, äußerst heftig zu
rufen, um uns nach dem Platze hinzuleiteu, wo wir landen sollten. Als
wir am Lande waren, sah die Gesellschaft im ganzen beunruhigt aus; sie
fuhren aber fort, beständig zu sprechen und mit großer Geschwindigkeit zu
gestikulieren. Es war ohne alle Ausnahme das merkwürdigste und inter-
essanteste Schauspiel, das ich je erblickte: ich hätte kaum geglaubt, wie groß
die Verschiedenheit zwischen wilden und zivilisierten Menschen ist: sie ist
größer als zwischen einem wilden und domestizierten Tiere, insofern beim
Menschen eine größere Veredelnngsfähigkeit vorhanden ist. Der Haupt-
sprecher war alt und schien das Oberhaupt der Familie zu sein; die drei
anderen waren kräftige, ungefähr sechs Fuß hohe junge Leute. Die Frauen
und Kinder waren weggeschickt. Diese Feuerländer bilden eine, von den
verkümmerten, elenden, unglücklichen Geschöpfen weiter westlich sehr ver-
schiedene Rasse und scheinen den berühmten Patagoniern der Magellanstraße
nahe verwandt zu sein. Ihr einziges Kleidungsstück besteht ans einem aus
Guanacohant gefertigten Mantel, mit den Haaren nach außen. Diesen
tragen sie nur über ihre Schulter geworfen und lassen dadurch ihren Körper
ebenso oft nackt als bedeckt. Ihre Haut ist von einer schmutzig kupferig-
roten Farbe.
Der alte Mann hatte ein Stirnband mit weißen Federn rund um den
Kopf gebunden, welches zum Teil sein schwarzes, grobes und verwildertes
Haar zusammenhielt. Quer über sein Gesicht zogen zwei breite Streifen,
der eine, hellrot gemalt, reichte von einem Ohr zum andern und schloß die
Oberlippe mit ein; der andere, weiß wie Kreide, lief über und parallel mit
dem ersten, so daß selbst seine Augenbrauen so gefärbt waren. Die anderen
*) Im Süden von Südamerika (Kap Hoorn).
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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Extrahierte Personennamen: Darwin Charles_Darwin Victor_Carus Schweizerbartsche
— 72 —
Sturm saust stärker denn je über uns hin. Es war ein Wagnis, sich bei
einem solchen Sturm auf das Eis zu begebe»; aber wir gingen unbeschädigt
daraus hervor und wareu jetzt in sicherem Hafen. Als ich am nächsten
Morgen auf Deck kam, war es bereits heller Tag, — rings um uns her
lag das Eis weiß und friedlich, mir die zertrümmerten Schanzbekleidungen
erinnerten an eine stürmische Nacht. . .
(3. Empfang durch Eskimos.) Endlich glitten wir an den letzten
Eisschollen vorüber, dem Lande zu, wo sich uuserm Auge in dem jetzt ein-
getretenen Halbdunkel eine so phantastische Szene darbot, wie ich sie nie
zuvor gesehen habe. Den ganzen Berg hinauf standen lange Reihen von
Gruppen, die aus wunderlich wilden, zerlumpt aussehenden Menschen,
Männern, Frauen und Kindern, gebildet wurden, alle ungefähr in derselben
Tracht. Sie starrten uns an, zeigten auf uns und stießen dieselben brüllen-
den Laute aus, die wir am Vormittage gehört hatten; jetzt klang es geradezu
täuschend wie eine große Kuhherde, die um die Wette brüllt, wenn man
am Morgen die Stalltür öffnet, um ihnen Futter zu bringen. Unten am
Strande erblickten wir eine ganze Anzahl von Männern, die eifrig mit den
Armen in der Luft fochten, um uns einen guten Landungsplatz zu zeigen^).
Oben aus dem Berge erhoben sich mehrere gelbbraune Fellzelte, während
Kajaks^), Franenböte^) und verschiedene Gegenstände über den Strand zer-
streut lageu. Ringsumher auf dem Waffer schwärmten die Kajakmänner,
dazwischen die beiden mit uns Sechs bemannten Böte und als Staffage der
gewaltige Gletscher, das Treibeis und der blutrote Abendhimmel, — wahrlich
ein Bild höchst eigener Art!
(4. Im Eskimozelt.) Als wir vor dem größten Zelt stehen blieben,
aus dem uns ein gemütlicher Lichtschein entgegendrang, wurden wir sofort
durch Zeichen aufgefordert, einzutreten. Wir folgten der Einladung und
gelangten durch die äußere Zeltöffuuug an einen dünnen, durchsichtigen
Vorhang aus Darmhaut; die eine Ecke derselben wurde zurückgeschlagen,
wir mußteu die Köpfe der Niedrigkeit halber senken und traten dann in
einen gemütlichen Zeltraum ein.
Der Anblick und die Atmosphäre, die uns hier entgegendrang, mußte,
wenigstens auf europäische Augen und Nasen, milde gesprochen, höchst
fremdartig wirken. Ich hatte freilich gehört, daß die Eskimos an der Ost-
küste Grönlands in ihren Hütten nur mit einem Minimum von Kleidern
angetan seien, sowie daß in ihren Wohnungen eine wenig angenehme Atmo-
sphäre herrschen sollte, daß es aber so aussähe und so merkwürdig röche,
hatte ich mir denn doch nicht vorgestellt. An dem Geruch allein hatte man
schon genug. Es war eine ganz eigentümliche Mischung von den ver-
schiedenartigsten Ingredienzien. Am durchdringendsten war der Trangeruch
aus den Tranlampen, dazu aber kamen noch die verschiedensten Arten von
*) Indem die Eskimos den Ankommenden den Landungsplatz zeigen, ihre Sachen
an Land tragen und das Boot auf den Strand ziehen, wie sie es mit uns taten, zeigen
sie, das; die Fremden ihnen willkommen sind. Ist dies nicht der Fall, so stehen sie still,
ohne sich zu rühren. Vgl. ,.Mitteilungen aus Grönland", 10. Heft, Kopenhagen 1888,
Seite 171.
!) Kajaks sind Fell böte für einzelne Männer.
2) Die Frauenböte sind größer und stärker als die Kajaks' sie tragen Lasten
szelte u. dgl.) und werden von' 6—8 Frauen gerudert und von einem Mann gesteuert.
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
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TM Hauptwörter (200): [T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh]]
75 —
die Kinder. Wir hatten ein eigentümliches Gefühl im Halse, während
unser Blick den Tälern folgte und vergebens nach einer Spur von See
spähte. Es war eine schöne Landschaft, wild und großartig, wie an der
Westküste Norwegens. Oben auf den Bergen lag frischgefallener Schnee-
dazwischen aber schoben sich dunkle Schluchten, deren Boden die Fjorde
bildeten; wir konnten sie zwar nicht sehen, aber wir ahnten sie. Über dies
Gebirgsland bis nach Godthaab zu gelangen, schien uns eine Kleinigkeit
zu sein.
(7. Die Grönländer der Westküste, a. Einfluß der Zivili-
sation.) In frühereu Zeiten singen die Eskimos Vögel mit einem Wurf-
pfeil; sie konnten viele damit fangen, doch war die Zahl der erlegten Vögel
nicht größer als ihr Zuwachs, und alles, was er verwundete, wurde die
Beute des Jägers. Wenn er jetzt aber in eine Schar Eidergänse hinein-
schießt, so macht er viele lebensunfähig, ohne daß sie ihm zugute kommen.
Wir können uus deswegen nicht damit schmeicheln, daß wir seine Fangmethode
verbessert haben.
Dagegen haben wir ihm einen unersetzlichen Schaden mit allen unseren
europäischen Produkten zugefügt. Wir haben ihm Gefallen an Kaffee, an
Tabak, Brot, europäischen Stoffen und Putz beigebracht, und er hat uns
seine unentbehrlichen Seehundsfelle und seinen Speck verkauft, um sich diese
augeublicklichen zweifelhaften Genüsse zu ermöglichen. Inzwischen verfielen
sein Frauenboot sowie sein Zelt in Ermangelung von Fellen, ja, es geschah
sogar, daß der Kajak, die Bedingung für sein Dasein, ohne Bezug am
Strande lag; die Lampeu im Hause mußten oft im Winter gelöscht werden,
weil es an Speck fehlte, da man den Wintervorrat zum Teil schon im
Herbst verkauft hatte. Der Grönländer selber hüllte sich während des Winters
oft in schlechte europäische Lumpen statt in die guten, warmen Pelzkleider,
die er früher getragen, die Armut griff mehr und mehr um sich, die
Sommerreisen mußten zum größten Teil eingestellt werden, da ja Frauen-
boot und Zelt fort waren, und man mußte das liebe lange Jahr in den
engen Häusern leben, wo ansteckende Krankheiten mehr denn je herrschten.
(b. Weihnachten in Godthaab.) Und dann kam das Weihnachts-
fest heran. In bezug auf dessen festliche Begehung wollen die Grönländer
hinter keinem anderen Volk zurückstehen. Schon Monate vorher beginnen
die Vorbereitungen. Die Frauen sind eifrig mit dem Anfertigen einer Un-
menge von schönen Kleidungsstücken, Anoraks, Beinkleidern und Kamikeru
beschäftigt, die mit strahlenden Stickereien verziert werden. Die ganze
Familie, von den allerjüngften bis zu den ältesten Mitgliedern, muß von
Kopf zu Fuß in neuen festlichen Gewändern erscheinen. Besonders die
jungen unverheirateten Mädchen müssen sich putzen. Gehören sie einer der
bessergestellten Familien an, die im Dienst der Handelskompagnie stehen, so
pflegen die Eltern im Sommer mit dem Schiffe etwas besonders Schönes
an Stoffen aus Kopenhagen kommen zu lassen, wie man es nicht in der
Kolonie findet, am liebsten Seide, ja es ist sogar vorgekommen, daß sie
Sammet für ihre Töchter verschrieben haben. In ihrem neuen Staat, der
gewöhnlich in aller Stille angefertigt wird, kommen sie dann plötzlich an
dem großen Fest zum Vorscheiu, eiue immer strahlender als die andere.
Unterhalten sich die Fraueu anderer Länder über Putz und Kleider, so
tun es die getansten Grönländerinnen nicht minder. Ich kann freilich nicht
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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— 120 —
Iii. Vorderindien.
(„Hindustan." Indische Reiseeindrücke, von Ernst Hengstenberg. Mit 46 Ab-
bildungen nach Photographien und 16 Kopfleisten und Vignetten nach Zeichnungen.
Berlin 1908, Dietrich Reimer (Ernst Vohsen). 191 Seiten, 8 Mark. S. 2—6 15—16
122—126, 153, 157—158, 172.)
(1. Bombay, a. Stadt.) Ohne Zweifel ist Bombay die schönste
Stadt Indiens, vielleicht sogar ganz Asiens. Das europäische Viertel mit
seinen öffentlichen Anlagen und Prachtbauten, seiner mit Schatten spendenden
Tamarinden und anderen tropischen Bäumen bepflanzten Esplanade, seinen
prächtigen breiten Straßen hält jeden Vergleich mit europäischen Groß-
städten aus, übertrifft sogar manche derselben. Die Stadt zählt mit ihren
Vorstädten nahezu 1000 000 Einwohner, allein 50 000 Parsen^).
Das „Fort" weist eine große Anzahl herrlicher Bauten auf. Das
Bahnhofsgebäude — Victoria Terminus — ist der schönste Monumental-
bau Indiens. Die ernste italienische Gotik wurde hier verbunden mit der
Anmut einer leicht orientalischen Färbuug. Die Stadthalle, ein Riesen-
gebände mit Kolonnaden und Turm, die Münze, das Seemannsheim, die
Universität — alle diese Gebäude gestalten das Stadtbild zu einem be-
sonders großartigen.
Wir stiegen ab im „Taj Mahal Hotel", einem großzügig geführten
Palast mit luftigen hohen Räumen. Es liegt direkt am Meere und bietet
einen malerisch schönen Blick auf den Hafen und seine Inseln.
Unsere erste Ausfahrt führte uns in die Black Town, die sogenannte
„schwarze Stadt", in der ein außerordentlich reges Leben herrscht. Die
farbig angestrichenen, mit Ballonen und Veranden versehenen Häuser sind
ameisenartig bevölkert. Wie fast überall im Orient sind die einzelnen
Handwerke in besonderen Straßen vereinigt. Kupferschmiede, Holz- und
Elfenbeinschnitzer, Goldschmiede, Töpfer, Sticker, alle üben ihr Gewebe in
getrennten Gebieten aus. In den offenen Buden wird jede Arbeit den
Blicken Vorübergehender sichtbar. Bei Einkäufen muß der Fremde tüchtig
handeln; selten ist er aber dem gewaltigen Wortschwall gewachsen, der in
verschiedenen Sprachen auf ihn einstürmt. Mit honigsüßen Worten sucht
ihn der Verkäufer in plätscherndem Redestrom von der Schönheit und
Billigkeit der angebotenen Gegenstände zu überzeugen.
Das fremdartige malerische Straßenbild zeigt ein Menschengetriebe,
wie ich es ähnlich nur auf der Brücke gesehen habe, die Stambul mit
Galata und Pera verbindet. Es wird belebt von Hindu, Mohammedanern,
Parsen, Afghanen, Belndschen und Persern. Es ist zunächst ein großes
Kunststück, sich einigermaßen zwischen den Rassen und den Anhängern so
verschiedener Religionen dnrchzusiuden. Am besten gefielen uus^) die meist
bebrillten Parsen. Sie tragen einen Gehrock und eine hohe Mitra aus
Wachstuch. Ihr semitisch beeinflußter Gesichtsschnitt erinnert an die
Königsdarstellungen in Ninive. Ihre Frauen tragen lange, faltenreiche
Schleppkleider, Sari genannt. Sie bestehen aus Stoffen von leuchtender
Farbe und sind mit Borde reich besetzt. Auch die Hiudufrauen mit ihren
Nachkommen der alten Perser, welche noch heute Ormuzd und Ahriman anbeten.
2) Der Verfasser reiste mit seiner Frau zusammen.
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Ernst_Hengstenberg Ernst Dietrich_Reimer Ernst_Vohsen Ernst Ahriman
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Bombay Bombay Indiens Asiens Indiens Stambul Belndschen Ninive
(4. Straßenhandel.) Was auf den Straßen feilgeboten wird, ist
Schundware, größtenteils chinesischen Ursprungs, vielfach auch „made in
Germany". Der Händler mit getragenen Herrenkleidern steht seinem jüdischen
deutschen Kollegen in keiner Hinsicht nach. Er ist sogar womöglich noch
aufdringlicher, redseliger und unverfrorener in der Art des „Anreißens"
harmloser Wanderer.
In einem geräumigen, aus alten Kleiderfetzen zusammengestückelten Zelt-
dache oder auch unter freiem Himmel hat er seine Vorräte zu einem haus-
hohen Haufen aufgeschichtet. Äus dem Gipfel desselben steht ein bezopfter
Bursche, ein Kleidungsstück nach dem andern vor den Augen der gaffenden
Menge auseinanderfaltend und mit singender Stimme dessen Vorzüge preisend,
um es dann in hohem Bogen an das entgegengesetzte Ende des Zeltes be-
ziehungsweise Standes zu schleudern. Hat die letzte Hose endlich auf diese
Weise die Lust durchflogen und bildet nunmehr den Gipfel eines neuen
Berges, so wird letzterer erstiegen, und die Schleuderarbeit beginnt von neuem.
(5. Verkehr.) An allen Ecken und Enden gibt es bei einer jeden
Wanderung Neues und Interessantes zu schauen: Mandarinen zu Roß, in
Sänften oder auch in zweirädrigen Karren, begleitet von berittenen Dienern
oder speertragenden Läufern, Kamele, von Mongolen in fettglänzenden
Kaftans mit langen Stöcken vorwärts getrieben, verschlossene Sänften vor-
nehmer Damen, Mitglieder der jeunesse dor£e in heliotropfarbenen oder
blauen Gewäudern mit ärmellosen Jacken aus quittengelber oder pflaumen-
farbener Seide, ihre weiten Beinkleider in niedrige Gamaschen gesteckt, mit
hochgezogenen Knien im Sattel balancierend, Eselreiter und Lastkarren ziehen
in buntem Durcheinander an unseren Blicken vorüber.
Auch einem Leichenzuge begegneten wir. Der aus nahezu vier Zoll
dicken abgerundeten Holzbohlen zusammengefügte, heillos schwere, über und
über mit buntem Flitter bedeckte Sarg wird an quer untergeschobenen
Hölzern von gleichzeitig 48 irgendwo auf der Straße aufgelesenen Bummlern,
unter Vorantritt Flöte blasender, Pauken und Tamtam schlagender Mnsi-
kanten, sowie zahlreicher mit Bannern, Jnnuugszeichen, gerösteten Schweinen,
Enten, Hühnern und weiß der Himmel, was sonst noch beladener Kulis
zum Tore hinausgetragen. Der ganze Zug macht einen nichts weniger als
feierlichen Eindruck, würde aber auf der anderen Seite seiner Schäbigkeit
wegen auch von jedem Karnevalsausschuß von der Teilnahme am Festzuge
ausgeschlossen werden.
In einer wenig belebten Quergasse steht eine Schar halbnackter Gassen-
bubeu in großer Erregung über zwei kämpfende Heuschrecken gebeugt, auf
die sie ihren kurz zuvor irgendwo erbettelten Eash gegeneinander gesetzt
haben. Hier wieder fesselt ein Glashändler, der einer Flasche mit dünnem
elastischem Boden durch Aussaugen und Wiederhineinlassen der Luft Töne
entlockt, die an diejenigen des Krikri seligen Angedenkens erinnern, unsere
Aufmerksamkeit, bis unsere Gedanken plötzlich in höhere Sphären gelenkt
werden; denn hoch über unseren Köpfen durchschwirren Äolsharfentöne die
Luft. Aufwärtsblickend sehen wir einen von einem Dache aus geleiteten
Flug zahmer Tauben seine Kreise ziehen. Auf dem Rücken, oberhalb des
Schwanzansatzes befestigt, trägt jedes Tier eine Anzahl verschieden abge-
stimmter federleichter Holzpfeifchen, denen von dem hindurchstreichenden Luft-
zuge weithin hörbare Töne entlockt werden. Abgesehen davon, daß diese
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T123: [Haar Mann Kopf Frau Hand Fuß Kleidung Mantel Hut Schuh], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
— 162 —
der vierte Teil der Knospen aufgebrochen. Nach dem Koran entstanden
die Rosen erst während der nächtlichen Himmelfahrt des Propheten, und
zwar die weißen aus seinen Schweißtropfen, die gelben aus denen seines
Tieres, die roten aus denen des Gabriel; und man kommt in Kasanlik aus
die Vermutung, daß wenigstens für den Erzengel jene Fahrt sehr angreifend
gewesen sein muß.
(4. Tracht der Türken.) Hier sieht man überall noch das schöne
alte Kostüm; der Turban ist ebenso kleidsam wie zweckmäßig. Je nachdem
man sich gegen die Sonne oder den Regen von der einen oder der anderen
Seite schützen will, wird der Schal anders gewickelt; mit dem Hute hin-
gegen liefe man beständig Gefahr, einen Sonnenstich zu bekommen. — Das
Beinkleid ist ein oft neun Ellen weiter Sack, der um den Leib zusammen-
geschnürt wird, und an dessen unteren Ecken zwei Löcher sind, ans denen
die Füße mit buntgestrickten Socken hervorkommen; zwei, drei, sechs oder
acht Jacken von leichtem Zeuge, oft reich gestickt, schützen den Körper nach
Maßgabe des Bedürfnisses; ein breiter Gurt oder ein Schal um den Leib
nimmt Geldkatze, Tabaksbeutel, Handscharx), Messer, Pistolen und Schreib-
zeug auf; eine Pelzjacke und darüber ein langer Pelz vervollständigen den
Anzug, und ein Mantel von Ziegenhaar oder Filz schützt gegen Unwetter
und dient als Lager.
Jede Bewegung des Mannes in diesem faltenreichen Anzug gibt ihm
ein stattliches Aussehen, und alle Augenblick sieht man eine Figur, die man
zeichnen möchte. Es ist erklärbar, daß man die Türken für die schönsten
Leute der Welt gehalten hat, bis man ihnen fränkische Kleider anzog;
hätten unsere wohl ausexerzierten Leute türkische Tracht, sie müßten prächtig
aussehen.
.(5. Donaumündung.) Ich hatte Muße genug, diesen Gedanken^)
nachzuhängen, als wir zwischen den niedrigen Schilfufern der Donau hinauf-
brausten; der Anblick ist höchst eigentümlich; denn zehn Meilen weit fährt
man in einem unabsehbaren grünen Meer von wogendem Schilfe umher,
aus welchem die Masten und Segel von großen Schiffen hervorragen, welche
den Windungen des Stromes bis Galatz und Braila hinauf folgen. Nur
ganz in der Ferne am südlichen Horizont waren die Gebirge von Baba-
Dagh und Besch-Tepe sichtbar, und die Sonne sank rotglühend hinter
schönen Weidenbäumen; ich glaubte eine Everdingsche Landschaft vor mir zu
sehen. Übrigens fuhren wir an diesem Abend an mehr als hundert Schiffen
vorüber, die sämtlich nach Galatz und Braila hinaufgingen.
Die vielen Quadratmeilen Land, die hier mit Schilf bedeckt sind, ver-
stecken große Herden von Büffeln oder Ochsen, unermeßliche Schwärme von
Seevögeln, aber auch Wölfe, und noch vor einigen Jahren hausten hier
Scharen von Gesindel, welche die Schiffe des Nachts überfielen, wenn sie
anlegten. Es ist wahrscheinlich, daß man mit geringer Arbeit durch niedrige
Deiche die Inseln gegen die jährliche Überschwemmung der Donau schützen
und eine ungeheuere Fläche des fruchtbarsten Bodens gewinnen könnte.
1) Kurzer, gekrümmter Türkensäbel oder breites Dolchmesser.
2) Gedanken darüber, welche Macht am meisten Interesse an der Stromregulierung
haben könnte.
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einmal Parthenon und Erechtheion vor mir, die ich das letzte Mal bei schönstem
Vollmondschein besucht hatte; ich blickte noch einmal hinaus auf die weite, grüne
attische Ebene, auf das Meer mit seinen Buchten und Inseln. Dann ging
es am anderen Morgen fort. Dr. Wobbermin blieb noch zurück, um eventuell
doch noch nach Patmos zu gehen. Mich führte der Zug die bekannte Strecke
über Eleusis, die skironischen Klippen mit der herrlichen Aussicht auf Salamis,
Ägina und die argivische Küste, über Megara, Korinth und Ägion nach
Patras. Leider waren diesmal die Berge in Böotien und Ätolien im Nebel;
ich sah nur die schönen Täler, Zypressenwäldchen, Berge und Korinthenfelder
der peloponnesischen Nordküste. Am interessantesten war es an den Stationen.
Unser Zug brachte die Morgenzeitungen aus Athen mit den neuesten Kriegs-
Nachrichtens, und zwar mit den verblümten Meldungen über die Niederlage
der Griechen, den Rückzug des Heeres und die Aufgabe von Larissa. Fast
die ganze Einwohnerschaft jedes Ortes war an den Stationen versammelt —
im festlichen Ostersonntagskostüm, so daß ich hier die malerischen, bunten
griechischen Kostüme wie nie studieren konnte. Die Männer in weißer
Fustanella oder übergeworfenem Schafspelz und weißen Hosen, den roten
griechischen Fez auf dem Kopfe, die Frauen meist mit gelben Kopftüchern
und einem vielfarbigen Kleid. Noch ehe der Zug hielt, sprangen die jungen
Zeitungsverkäufer, die von Athen mitgekommen waren, ab; nun entstand ein
wahrer Sturm und Kampf um die Zeitungen. Es bildeten sich Gruppen
um diejenigen, die vorlasen oder auch um einzelne Insassen des Zuges am
Coupefenster, die mündlich das Neueste mitteilten. Da gab es lange Gesichter,
Tränen oder starke Entrüstung. Viele halfen sich damit, alles für Lügen
zu erklären. Das siegreiche Vorgehen in Epirns wurde als Gegengewicht
besonders hervorgehoben und ein Angriff der Flotte auf Saloniki als sichere
Hoffnung verheißen. Dabei wußten die Leute kaum, wie schlimm wahr-
scheinlich die Sache für die Griechen geworden ist. Wenigstens hörte ich
gestern in Patras, die Armee des Kronprinzen sei fast ganz aufgerieben.
Auf vielen Stationen stiegen auch noch Reservisten ein, die über Patras
nach dem westlichen Kriegsschauplatz wollten. Da gab es dann rührende
Abschiedsszenen von Müttern, Frauen, Schwestern, begeisterte Sito-Rufe und
die hier bei solchen Gelegenheiten unvermeidlichen meist scharfen Freuden-
schüsse, wobei die Soldaten zur Unzeit die Hälfte ihres Pulvers verknallen;
diese Szenen wiederholten sich auf jeder der etwa 40 Stationen, bis nach
neunstündiger Fahrt der Zug in Patras ankam, wo es in demselben Stil
natürttrf) besonders lebhaft herging. Hier wechselte ich den Zug und traf
im Coupe zwei deutsche junge Herren, Angestellte eines großen deutschen Wein-
etablissements bei Patras, an denen ich nette Reisegesellschaft fand. Der
Zug fährt zuerst ein Stück an der Küste des Golfes von Patras entlang
mit dem Blick auf die hohen achaifchen und ätolischen Berge, dann durch
eine sehr fruchtbare, gut bebaute Ebeue, schönes Weideland, hübsche Pinien-
bestände und recht zahlreiche, ansehnliche Dörfer und Städtchen. Zeitweise
hat man einen hübschen Blick auf das Meer und seine Inseln oder die hier
am Meere gelegenen, mittelalterlichen Burgen, die auch noch im griechischen
Befreiungskriege als feste Stützpunkte türkischer Besatzungen eine Rolle
gespielt haben. Die Vegetation ist überall an Feldern, Bäumen und Wiesen
*) 26. April 1897 (Friechisch-mrkischer Krieg).
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