Die deutschen Landschaften und Stämme. 43
Friesen, der unserer Kriegs- und Handelsflotte die trefflichsten Matrosen liefert,
der durch seine Deichbauten dem Meer den fruchtbaren Schwemmlandboden der
Marschen abgerungen, ihn mit Gehöften und Dörfern besiedelt hat und durch muster-
hafte Feldwirtschaft zu Wohlstand, ja Reichtum gelangt ist.
Das ganze Westelbische Gebiet erfüllen, abgesehen von den Inseln und Küsten-
strichen, die Niedersachsen, der größte und wichtigste Volksstamm des Tieflands.
Der vielfach von dürrer Geest oder ödem Moor gebildete Boden zwingt zu harter,
wenig lohnender Arbeit, verlangt große Wirtschaftsgebiete und begünstigt die Einzel-
siedlung. So manche Charaktereigenschaften des Niedersachsen erklären sich hieraus,
so namentlich sein gemessenes Wesen, seine Vorsicht, seine ernste, ruhige Gemütsart,
seine Einfachheit und Bestimmtheit auf der einen Seite, Selbstbewußtsein und hoher
praktischer Sinn, gepaart mit starker Freiheitsliebe, auf der andern Seite, Eigen-
schaften, die in der ruhmvollen Geschichte der Niedersachsen von Hermann dem Che-
ruskersürsten bis zu den Befreiungskriegen und namentlich in den berühmten Staats-
männern und Geschichtschreibern, die diesem Boden entsprossen sind (Stein, Har-
denberg, Bismarck; Möser, Schlosser, Niebuhr, Curtius), glänzend hervortreten.
Dagegen war der sächsische Boden für Entfaltung der Künste weniger günstig.
(Hebbel und Reuter.)
Ebenfalls zum großen Teil von Sachsen besiedelt jist -das Ost-
elbische Land; es war seit dem Ausgang der Völkerwanderung slavisch, ja selbst
über die Elbe hinaus in das Gebiet der Altmark und des Obermains waren Slaven
gedrungen und seßhaft geworden. Unter den großen Sachfenkaifern und später unter
den Hohenstaufen begann die Wiedergermanisierung des Ostens, das größte
nationale Werk des deutschen Volkes im Mittelalter, das indessen noch heute nicht
vollendet ist. Polen bevölkern noch großenteils Oberschlesien, Posen und West-
Preußen, Teile des frühern Königreichs Polen; gegen hunderttaufend Mafuren
sind in Ostpreußen seßhaft, ebenso die noch etwas zahlreichern Litauer. Diese
gehören dem Stamm der Letten an, der den Slaven verwandt ist. Die Kolo-
nisation des überwiegend deutschen Ostpreußen war das große Werk des Deutsch-
ritterordens.
Erwerbszweige. Im Ostdeutschen Tiefland (Ostelbien) überwiegt die
Land Wirtschaft. Roggen- und Kartoffelbau waltet in den n. Provinzen vor, ge-
mifchter Anbau in Schlesien, und zwar in beiden Gebieten vorherrschend in Form
des Großgrundbesitzes. In hoher Blüte stehen namentlich Branntweinbrennerei
und Pferdezucht. Doch entfaltet auch die Industrie mehrorts eine bedeutsame
Wirksamkeit. Abgesehn von den großen Werften an der Küste, blüht die Tuch-
industrie besonders in der Mark Brandenburg, so in Luckenwalde, Kottbus, Guben,
dann in Görlitz in Schlesien; Berlin selbst ist die größte Industriestadt des Reiches.
Staßsurt hat große Salzlager, die Provinz Posen Braunkohlenlager, die Samland-
küste liefert Bernstein, Rügen Kreide.
Im Westdeutschen Tiefland wird an der Kultivierung der Moore eifrig
gearbeitet. (S. I S. 56.) Mehrfach sind auch schon in öder Landschaft wohlhabende
Moorkolonien (Fehnkolonien) aufgeblüht. Das glänzendste Beispiel ist Papenburg
in Hannover. Auch die Heide weicht mehr und mehr der Kultur. Große Strecken
werden aufgeforstet oder berieselt und verbessert. Bei Lüneburg und Stade trifft
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T78: [Polen Rußland Preußen Land Orden Russe Stadt Reich Warschau Weichsel], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T57: [Orden Polen Preußen Land Hochmeister Ritter Marienburg Stadt deutsch Jahr]]
Extrahierte Personennamen: Hermann Bismarck Niebuhr Curtius Hebbel Reuter Bernstein
Die deutschen Landschaften und Stämme. 45
ostwestlicher Richtung allenthalben breite Talwege öffnen, zumal über die Thü-
ringische Hochfläche hin, so war die Anlage eines vielverzweigten Schienennetzes
zur Verkettung von Nord und Süd möglich.
klimatische Gegensätze. Bodenbau. Die großen Unterschiede der relativen
Erhebung verursachen in Mitteldeutschland starke klimatische Gegensätze. Ungastlich
und rauh sind die Plateaus, und der naßkalte Fels- und Tonboden der Eifel, des
Hunsrück und Westerwald werden sogar vom Wald gemieden. Vom Vogelsberg
sagt ein Sprichwort: „Im Lande Hessen gibts hohe Berg, aber nichts zu essen", und
auch die Rhön gilt als ein Land armer Leute. Dagegen sind die tiefeingesenkten und
geschützten Täler und Becken sowohl durch hohe Temperaturen als auch durch
vortrefflichen Ackerboden begünstigt. Löß findet sich an den Berggehängen oft bis
zu einer Höhe von 300 in. Vor allem zeichnen sich das Rhein- und» Moseltal durch
ihr mildes Klima aus, und an ihren Berglehnen gedeihen die Traube, die Wal-
nuß und die Edelkastanie, ferner alle übrigen Obstsorten und Gartenfrüchte.
Die einzelnen Landschaften.
Das Rheinische Schiesergebirge. (Nenne die einzelnen Teile desselben und
ihre Begrenzung!) Die Rauheit der Bergländer ward hier zum Ansporn, nach
den Schätzen zu suchen, die im „lichtlosen Erdenschöße" verborgen sind, wodurch
diese Gebirge zu Musterschulen des Berg- und Hüttenwesens für die ganze Welt
geworden sind. In den rheinischen Landen hat die industrielle Tätigkeit auf
deutschem Boden ihre großartigste Entfaltung gefunden. Die reichen Kohlenlager
im Ruhr- und Saarbecken und ihre Zusammenlagerung mit Eisenerzen haben auch
eine Bevölkerungsdichte hervorgerufen, die im Düsseldorfer Regierungsbezirk bis zu
600 Bewohnern auf 1 qkrn steigt. Die wichtigsten unter den Erzeugnissen der rhei-
nischen Industrie sind die Gußstahlkanonen der Kruppschen Werke in Essen (300 000 E.),
in denen allein 30 000 Arbeiter und Beamte beschäftigt sind, die Stahlwaren von
Solingen und Remscheid, die Baumwollstoffe von Elberfeld-Barmen
(340 000 E.), die Samt- und Seidenstoffe von Krefeld (130 000 E.), die Tuche
von Aachen (155000 E.) und M.-Gladbach, die Weißwaren von Neuß. In
den vielfach von Vulkanen durchsetzten Gebieten findet sich auch eine Reihe viel-
besuchter Badeorte, so Wiesbaden (110 000 E.), Homburg v. d. Höhe, Selters,
Ems, Kreuznach, Neuenahr und Aachen-Burtscheid.
Die Rheinfranken. In den von ihnen bewohnten und vielfach reich gefeg-
neten Gebieten herrscht eine heitere Lebensauffassung vor, wie sie auch in den Kar-
nevalsvergnügen von Mainz und Köln und in mancherlei Sprichwörtern und Redens-
arten zum Ausdruck kommt, z. B. „Fröhlich Pfalz, Gott erhalt's l" „Erst mach deine
Sach', dann trink' und lach'!" Dabei ist der Rheinfranke sehr arbeitsam und sparsam
und hält viel auf seinen zwar meist kleinen, aber doch selbständigen Grundbesitz. Außer
der großen Rührigkeit zeichnet den Rheinfranken auch reiche Phantasiebegabung
aus; sie offenbart sich in der Fülle der Rheinsagen wie in der Pflege der Kunst und
Poesie. Hier ragt das stolzeste Werk deutscher Baukunst auf, der Kölner Dom, hier
wirkte die alte Kölner Malerschule und blüht noch heute die Düsseldorfer Kunst-
akademie, hier ist die Heimat vielgerühmter Dichter, von denen nur Karl Simrock,
Gottfried Kinkel, Emil Rittershaus, Klemens Brentano, Becker und Schneckenburger
genannt seien.
Fischer.g eistb eck-B ap p ert, Erdkunde f. höh. Schulen. Ausg. D. V. 4
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T40: [Fabrik Maschine Industrie Arbeiter Stadt Weberei Arbeit Herstellung Handel Art], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T36: [Rhein Mosel Lahn Mainz Stadt Bingen Taunus Bonn Main Ufer], T133: [Boden Land Ackerbau Klima Wald Viehzucht Teil Wiese Anbau Fruchtbarkeit], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Karl_Simrock Karl Gottfried_Kinkel Emil_Rittershaus Klemens_Brentano Becker
Die deutschen Landschaften und Stämme. 59
winklig die Wege, die von Italien über die Alpen nach Mittel- und Norddeutschland
führen. Daraus erklärt sich sowohl das hohe Alter der Kultur in
diesem Lande als auch die Tatsache, daß es durch alle Zeitalter
der deutschen Geschichte der Schauplatz großer historischer Ereig-
nisse war. (Römerherrschaft, Völkerwanderung, Ungarneinfälle — 955 Schlacht
auf dem Lechfeld — Kreuzzüge, Blütezeit der Reichsstädte Ulm, Augsburg, Regens-
bürg. Zur Zeit des politischen Verfalls Deutschlands wird die Hochebene der Tum-
melplatz fremder Kriegsvölker, so im Dreißigjährigen Krieg, im Spanischen und
im Osterreichischen Erbfolgekrieg und zuletzt in der napoleonischen Zeit.)
Der Volksstamm der Bayern. Die Natur der Alpen und ihres Vorlands hat
dem Stammescharakter der Bayern seine Hauptzüge aufgedrückt. Ein kraftvolles,
etwas derbes Wesen paart sich mit Einfachheit der Sitten, zähem Festhalten am
Hergebrachten, mit Offenheit und Treue, mit Tapferkeit und Unverzagtheit. Mit
der Freude an der Landwirtschaft verbindet der Bayer Neigung und Geschick zu
künstlerischer Betätigung. Im alpinen Hausbau, in der malerischen Volkstracht
und in der Liebe zu Gesang und Tanz (Volksschauspiele), die er mit allen Gebirgs-
Völkern teilt, offenbart sich sein Sinn für das Schöne. Auf diese Naturanlage des
bayerischen Volksstammes gründet sich auch die traditionelle Kunstpflege der baye-
rischen Fürsten sowie der Ruhm Münchens als Kunststadt..
5. I)ie Deutschen Alpen.
Die Deutschen Alpen umfassen die n. Ketten der Kalkalpen zwischen Boden-
see und Salzach:dieallgäueralpen zwischen Bodensee und Lech, die B a y e -
rischen Alpen zwischen Lech und Inn und die Salzburger Alpen zwischen Inn
und Salzach. Sie ragen in schroffen Wänden und kühnen Gipfeln von 1700 m bis
3000 m auf und bilden die natürliche Scheidewand Deutschlands gegen Österreich.
Die Allgäuer Alpen sind der Hauptsitz der bayerischen Rinderzucht und Milchgewin-
nung, während in den Bayerischen und Salzburger Alpen die Haupterwerbsquelle
die Waldwirtschaft, also Holzgewinnung und Holzverarbeitung, bildet. Wichtigkeit
haben ferner noch die Salzlager von Berchtesgaden. Dank ihrer Naturschönheiten
sind die deutschen Alpengebiete auch ein Hauptziel der Touristen. Zu den besuchtesten
Sommerfrifchorten zählen Oberstdorf in den Allgäuer Alpen, Garmisch und
Partenkirchen in den Bayerischen Alpen und Berchtesgaden und Reichen-
hall in den Salzburger Alpen.
Bedeutung der Alpen für Südbayern. Wiewohl der Anteil des Reichs
an den Alpen gering ist, haben sie doch große Wichtigkeit für die angrenzenden Ge-
biete. Sie sind die Quellstätten zahlreicher Flüsse (welcher?); sie beeinflussen sehr
wesentlich das Klima des s. Bayern, indem sie die warmen Südwinde abhalten;
endlich geht ein großer Teil des deutschen Verkehrs über die Bayerischen Alpen nach
Italien. Der wichtigste Verkehrsweg ist die Brennerbahn, die durch die Linie Mün-
chen—innsbruck erreicht wird und ein Teil der wichtigen Nord-Südexpreßlinie
Berlin—rom ist. Nach Innsbruck führt vom Bodensee die Arlbergbahn. Eine
dritte wichtige Alpenbahn ist die Linie München—salzburg, die durch die Tauern-
bahn Anschluß nach Kärnten und dem Mittelmeer erhält. Die deutschen Alpen sind
also ein hervorragendes Durchgangsgebiet des Verkehrs.
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T90: [Alpen See Schweiz Inn Rhein Bodensee Gotthard Paß Rhone Italien], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
Der Verkehr der neuesten Zeit. 73
Dampfroß auch durch den Simplon und über den Semmering usw. Ganz besonders
sind es aber jetzt die großen Überlandbahnen, welche Gang und Richtung des
Verkehrs mächtig beeinflussen, vorzugsweise den Personen-, Post- und Eilverkehr.
Weite Umwege zur See werden z. B. abgeschnitten durch die Linie London—paris—
Konstantinopel, die pazifischen Bahnen Nordamerikas, die transandinische Bahn
Südamerikas, die transsibirische Bahn, die in der Ausführung begriffene Bagdad-
bahn. In Mitteleuropa haben die nord-südlich verlaufenden Bahnen den Ver-
kehr mit Italien wieder außerordentlich gesteigert und zum Teil auch den Landver-
kehr auf Kosten des Seeverkehrs gehoben. Bedeutende Verkehrsverlegungen werden
ferner die großen außereuropäischen Nord - Südbahnen im Gefolge haben.
Von ihnen ist die Kap — Kairobahn fast zu 2/3 ausgeführt, die australische Über-
landbahn und die panamerikanische Bahn aber sind vorerst nur geplant.
Auch darauf sei hingewiesen, daß neuestens die Binnenwasserstraßen
und insbesondere die Kanäle weit mehr als früher gewürdigt werden.
Was aber vor allem hervorgehoben zu werden verdient, ist folgendes: Samt-
liche Weltmeere sind jetzt in das regelmäßige Verkehrsnetz einge-
flochten, und das Dampfroß durcheilt die Erdteile in ihrer vollen
Breitenausdehnung. Wir befinden uns nunmehr in der Periode des
eigentlichen Weltverkehrs, der ganz andere Gütermassen in viel kürzeren Zeit-
abschnitten bewältigt als der Verkehr früherer Zeiten. Eine Reise um die Erde kann
heute schon in 40 Tagen vollendet sein. (S. auch S. 78).
Bedeutung der modernen Werkeßrsmittel.
1. Der Handel hat eine früher ungekannte räumliche und fach-
liche Ausdehnung erfahren, er ist zum Welthandel, die Volkswirt-
schast zur Weltwirtschaft geworden. Gebiete, die ehedem völlig außer-
halb alles Verkehrs lagen, sind nunmehr infolge der Verbilligung und Beschleuni-
gung desselben in den Bereich des Güteraustauschs einbezogen, und Hunderte von
Gegenständen, die sonst nur dem Wohlhabenden zugänglich waren, bilden heute
Gebrauchsartikel der Massen. Belege hierfür gibt das tägliche Leben in Hütte und
Fülle, so in der Vielartigkeit und dem Preise unserer Lebensmittel, in der Art und
Weise unserer Kleidung, unserer Heizung und Beleuchtung usw. Ebenso lassen sich
nunmehr Bedarf und Überfluß an Nahrungsmitteln selbst auf die weitesten Ent-
fernungen hin ausgleichen, nicht minder die Warenpreise. Eine wirkliche Hungersnot
in einem modernen Kulturstaat ist kaum mehr möglich, da mit Hilfe von Telegraph,
Dampfschiff und Eisenbahn rasch Ersatz für die ausgefallene Ernte aus andern
Gebieten der Erde besorgt werden kann. Auch die Entwicklung zahlreicher Jndu-
striezweige ist erst unter dem Einfluß der modernen Verkehrsmittel möglich ge-
geworden, so z. B. die Baumwoll- und Seidenindustrie Deutschlands, der Schweiz.
2. Außerordentlich erleichtert ist die Ortsveränderung der Per-
sonen. Das beweisen vor allem die ins Große angewachsene Auswanderung wie
die Personenbewegung innerhalb der einzelnen Länder. Zudem hat sich die Sicher-
heit des Verkehrs wesentlich erhöht.
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Ortsnamen: Konstantinopel Nordamerikas Mitteleuropa Italien Nord Deutschlands Schweiz
Die deutschen Landschaften und Stämme.
49
und Liedern" deuten auf fränkische, zum Teil auch auf slavische Einflüsse hin. Als die
Slavenländer ö. der Elbe unterworfen wurden, drangen thüringische Kolonisten
in so großen Mengen in die Mark Meißen (das heutige Königreich Sachsen) und Schle-
sien, daß deren Bevölkerung als eine Abzweigung des thüringischen Stammes be-
trachtet werden kann. An der Germanisierung Schlesiens nahmen überdies noch
hessische und mainfränkische Einwanderer teil.
Seit Jahrhunderten gelten die sächsischen Länder als Sitz ausge-
zeichneter Schulbildung von der Volksschule bis zur Hochschule hinauf,
und groß ist die Zahl der Künstler, Dichter und Denker, die diesem Land entsprossen sind,
so die Meister der Erzählkunst, Gustav Freitag und Ctto Ludwig, die genialen Dar-
steller des Tier- und Pflanzenlebens, Brehm und Roßmäßler, der Schöpfer volkstüm-
licher geistlicher Lieder, Paul Gerhard; serner Rudolf Baumbach, dessen Liederdichtun-
gen das schalkhafte Wesen und den anmutigen Charakter seines Heimatlands so trefflich
wiederspiegeln, und Ludwig Richter, dessen Meisterhand die ganze Innigkeit trauten
deutschen Familienglücks darzustellen verstanden hat. Den liederreichen Gauen Mittel-
deutschlands gehören die großen Tonkünstler Sebastian Bach, Georg Friedrich Hän-
del, Robert Schumann und Richard Wagner an. Hier stand auch die Wiege
Luthers, Lessings, Leibniz' und Fichtes.
Die Staaten der Mitteldeutschen Gebirgsschwelle. Die natürliche Vielge-
staltigkeit Mitteldeutschlands findet auch in staatlicher Beziehung ihren Aus-
druck; namentlich das Weserbergland und Thüringen sind wie im Mittelalter so auch
heute noch in eine große Zahl von Kleinstaaten aufgelöst. An der Mitteldeutschen
Gebirgsschwelle haben folgende Staaten Anteil: das Königreich Preußen mit
größeren oder kleineren Teilen der Provinzen Rheinland, Westfalen, Hessen-Nassau,
Hannover, Sachsen und Schlesien, ferner das Großherzogtum Hessen mit der
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T18: [Mark Brandenburg Land Albrecht Friedrich Kaiser Jahr Markgraf Haus Markgrafe]]
Extrahierte Personennamen: Gustav Gustav Ludwig Ludwig Brehm Paul_Gerhard Rudolf_Baumbach Rudolf Ludwig_Richter Ludwig Sebastian_Bach Georg_Friedrich_Hän- Friedrich Robert_Schumann Richard_Wagner
Handelsgeographie.
Das rastlose Schaffen und Streben des Menschen hat jene Form wirtschaftlicher
Entwicklung erzeugt, die wir als Weltwirtschaft bezeichnen. Die Bedürfnisse der
einzelnen Völker gehen immer mehr über ihre eigenen Erzeugnisse hinaus; jedes
gebraucht zugleich auch die Erzeugnisse des andern, dem es dafür seinerseits eigene
Produkte liefert. So arbeitet ein Volk für das andere, es ist Arbeitsteilung auch
zwischen den Völkern eingetreten. Der Güteraustausch vollzieht sich durch den Welt-
Handel, in dessen Dienst vor allem die Eisenbahn-, Schiffahrts- und Telegraphenlinien
stehn, die den Erdball mit einem dichten Netz umziehen. Die Entwicklung des Welt-
Handels ist erst ermöglicht durch diese großartige Ausbildung der modernen Verkehrs-
mittel und die dadurch erfolgte Aufschließung und Bewirtschaftung der fremden
Erdteile, den gewaltigen Fortschritt der Großindustrie und die Mehrung der Um-
laufsmittel infolge reichlicher Goldfunde.
Beim Welthandel eines Volks unterscheidet man zunächst Ein- und Ausfuhr,
dann aber auch Spezial- und Gesamthandel. Der Spezialhandel begreift in
sich nur die Einfuhr der für den inländischen Verbrauch bestimmten Güter und die
Ausfuhr inländischer Erzeugnisse; der Gesamthandel umschließt alle über die
Zollgrenzen ein- und ausgegangenen, also auch die bloß durchgeführten Waren, er
umfaßt auch den Durchgangs- oder Transitverkehr (vgl. Belgien). Neben
der Weltwirtschaft eines Volkes, die sich über die Grenzen erstreckt, steht aber noch
die Volkswirtschaft, neben dem Welthandel der Binnenhandel, der den Um-
tausch der Erzeugnisse des eigenen Landes innerhalb der Grenzen umfaßt. Erst
eine kräftige nationale Volkswirtschaft kann die Grundlage zur Weltwirtschaft legen.
Die Staaten, deren Einfuhrwert größer ist als ihr Ausfuhrwert, bezeichnet
man als Staaten mit sog. ungünstiger oder passiver Handelsbilanz, dagegen
jene Staaten, deren Einfuhrwert kleiner ist als ihr Ausfuhrwert, als Staaten mit
günstiger oder aktiver Handelsbilanz. Auf der Theorie der Handelsbilanz
beruhte früher vielfach das Urteil über die wirtschaftliche Lage eines Landes. (Mer-
kantilsystem.) Dieses Urteil ist indes unrichtig, da sich die Beziehungen nach außen
hin im Warenverkehr bei weitem nicht erschöpfen. Einnahmen aus dem Verkauf
entbehrlicher Naturprodukte, dem Überschuß von Jndustrieerzeugnissen, dem Frem-
denverkehr, Zölle, Zinsen von im Ausland angelegten Kapitalien, Erträgnisse aus dem
Transportgewerbe machen den Ausfall der ungünstigen Handelsbilanz völlig wett.
Tatsächlich haben sich auch Länder mit fortdauernder passiver Handelsbilanz zu
großem Reichtum aufgeschwungen, so vor allem England. Auch unser seit einem
Menschenalter gewaltig an Wohlstand gestiegenes Vaterland, das in seinem Handels-
Umsatz und dem Wert seiner wirtschaftlichen Erzeugnisse heute nur noch von Eng-
land übertroffen wird, weist seit langem eine passive Handelsbilanz auf.
Fij ch er« G eistb e ck-B app ert, Erdkunde f. höh. Schulen. Ausg. D. Y. 5
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
74 Vergleichende Übersicht der wichtigsten Verkehrs- und Handelswege bis zur Gegenwart.
3. Großartige Wirkungen haben die modernen Verkehrsmittel
auf dem Gebiet des Kriegswesens nach sich gezogen. Die Mobilisierung
und Aufstellung der Heeresmassen, die Beschaffung von Proviant und Munition,
der Nachschub von Mannschaften, all das vollzieht sich wesentlich rascher und leichter
als in früheren Zeiten. Im Seekrieg vollends hat die Verwendung des Dampf-
fchiffs die größten Veränderungen hervorgerufen.
4. Eisenbahnen und Telegraphen find für den Staat ein Macht-
mittel ersten Rangs, in werdenden Staaten zur Befestigung des Staatsver-
bands, in fertigen zur Vermehrung des Einflusses der Regierung. Ganz besonders
begünstigen sie die staatliche Zusammenfassung der Nationen. Der italienische und
deutsche Einheitsgedanke ist namentlich auch durch die Schienenstränge der Eisenbahn
aus dem Reich gestaltlosen Wünschens und Sehnens zur tatkräftigen Verwirklichung
gediehen.
5. Die Wirkungen der modernen Verkehrsmittel erstrecken sich auch über die
politische Grenze hinaus. Sie bringen Staaten, Völker und Rassen ein-
ander näher, wie sie auch zur Ausgleichung der Klassen- und Standes-
unterschiede wesentlich beitragen. So sind sie wichtige Werkzeuge im Dienst des
Weltfriedens.
6. Sie begünstigen ganz besonders die Entstehung und das Wachs-
tum von Siedlungen. So ist z. B. die Stadt Oberhausen, von der vor hundert
Iahren noch keine Spur vorhanden war und die jetzt 89 000 Einwohner zählt, an einem
wichtigen Eisenbahnknotenpunkt' der rheinisch-westfälischen Verkehrsgebiete ent-
standen. Dortmund, im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts ein Ort von
5000 Einwohnern, ist zu einer Stadt von 210 000 Einwohnern angewachsen.
7. Eine andere sehr bedeutsame Folge der modernen Verkehrsmittel ist die
außerordentliche Erweiterung des geistigen Gesichtskreises der Mensch-
heit und die fast unermeßliche Bereicherung durch neue Anschauungen und Wahr-
nehmungen. Auch die Aufklärung zahlreicher Irrtümer, die Überwindung mannig-
facher Vorurteile dankt ihnen die Menschheit. Die Schiffahrt hat sich fast allen
Wissenszweigen unmittelbar oder mittelbar dienstbar erwiesen. Die Anlage tele
graphischer Linien trug zur Aufhellung unbekannter Länder und zur Erforschung
von Meerestiefen bei; der telegraphische Dienstbetrieb überhaupt stellt sich für
zahlreiche Fragen der Physik und Chemie als ein großes Versuchsgebiet dar. Durch
den Bahnbau haben sich sämtliche Jngenieurwisseuschaften in ganz hervorragender
Weise vervollkommnet.
Diesen günstigen Wirkungen der modernen Verkehrsmittel stehen freilich
auch unerwünschte Folgen gegenüber: das Verschwinden alter Sitten und Ge-
bräuche, die starke Entvölkerung des platten Landes, das rasche Anwachsen der
Großstädte und im Zusammenhang damit manch traurige Erscheinung des Groß-
stadtlebens, ebenso die Ausbildung des Großkapitalismus.
Immerhin drängt der Wettstreit der Völker in allen Gebieten nach möglichster
Vervollkommnung der Verkehrsmittel, und kein Staat, der seine politische, ivirt-
schaftliche und kulturelle Stellung behaupten will, darf hierin zurückbleiben.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau]]
120 26. Die Einführung und Entwicklung der Buchdruckerkunst in Bayern.
aber nahm sie so zu, daß bis 1500 schon über 200 Werke, darunter eine ganze Reihe mehrbändiger, von ihm gedruckt waren. In seiner Werkstätte arbeiteten täglich 24 Pressen und über 100 Gesellen, die nicht bloß das Setzen, Drucken und Korrigieren sondern auch das Illuminieren und Binden der Bücher besorgten. Doch reichten auch diese nicht aus allen Anforderungen zu genügen und so sah sich Koberger genötigt noch im Auslande, so z. B. in Basel und Lyon, fremde Pressen für sich druckeu zu lassen. Neben der Herstellung der Bücher selbst oerwandte er ein ganz besonderes Interesse aus deren Vertrieb und sein zielbewußtes, tatkräftiges Vorgehen in dieser Richtung, das ihm nach und nach in allen Handelsplätzen des In- und Auslandes Niederlagen seiner Druckwerke sicherte, bewirkte eine Ausdehnung seines Geschäftes, wie sie bis dahin gänzlich unbekannt gewesen war. Alle oon ihm hergestellten Werke zeichnen sich durch fehlerlosen Druck, durch Schönheit der Typen, durch scharfe Ausprägung der Buchstaben und durch kunstfertigen Satz aus. Ihrem Inhalte uach gehören sie vorzugsweise der Theologie, Philosophie und Jurisprudenz an und zählen unter sich verhältnismäßig wenige, die in deutscher Sprache abgefaßt sind. Am meisten gedruckt wurde die Bibel, von welcher Koberger bis zum Ende des 15. Jahrhunderts allein 15 Ausgaben veranstaltete. Unter ihnen befindet sich nicht nur die früheste in Nürnberg hergestellte sondern auch die erste lateinische, welche mit Illustrationen versehen ist; ferner eine deutsche von 1483, welche, gleichfalls mit Holzschnitten geziert, als eine der schönsten deutschen überhaupt angesehen wird. Sie ist wohl die erste Frucht der Bestrebungen Kobergers den Rns seiner Preßerzeuguisse durch illustrative Ausschmückung noch zu erhöhen, Bestrebungen, die durch die Verbindung mit Michael Wohlgemnth, dem Lehrer Albrecht Dürers, in einem solchen Maße verwirklicht wurden, daß Nürnberg ans dem Gebiete der Buchillustration alle anderen Städte weit überragte. Das früheste Werk, das aus dieser Gemeinschaft hervorging, ist der „Schatzbehalter oder Schrein der wahren Reichtümer des Heils" von 1491, ein volkstümliches Andachtsund Betrachtungsbuch, das nicht weniger als 96 blattgroße Holzschnitte von der Hand des Künstlers enthält. Übertreffen wird dasselbe noch durch die 1493 in lateinischer und deutscher Ausgabe erschienene Weltchronik des Nürnberger Arztes und Humanisten Hartmann Sch edel,- die mit ihren weit über 2000 Holzschnitten sich als das größte illustrierte Werk des 15. Jahrhunderts darstellt. Der Bilderschmuck, bei dessen Herstellung Wohlgemnth von seinem Stiefsohne Wilhelm Pleydeuwurfs unterstützt wurde, dient zur Erläuterung der biblischen und weltlichen Historien und bringt von der Schöpfung der Welt an die bekanntesten Begebenheiten, Personen, Länder und Städte, darunter manche der letzteren mit historischer Treue, zur Darstellung. Mit der Wende des Jahrhunderts ließ die Drucktätigkeit Kobergers, die in den neunziger Jahren noch sehr groß war, allmählich nach, bis am 17. Juni 1504 als letztes Erzeugnis der eigenen Presse der
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
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Extrahierte Personennamen: Michael_Wohlgemnth Albrecht_Dürers Albrecht Hartmann_Sch Wohlgemnth Wilhelm_Pleydeuwurfs Wilhelm
26. Die Einführung und Entwicklung der Buchdruckerkunst iu Bayern. 123
Zeit pflegte er diesen Zweig der Literatur und nicht bloß der Süden, auch der Norden und Osten Deutschlands bezogen die verschiedenen, zum kirchlichen Gebrauche nötigen Bücher von dem Nürnberger Meister. Der an Bedeutung ihm nahestehende Hieronymus Hölzel von Traunstein begann zwar schon 1496 zu drucken, entfaltete seine Haupttätigkeit aber erst im 16. Jahrhundert.
Nach Nürnberg trat Speyer in die Reihe der druckenden Städte ein. Bon wem und in welchem Jahre hier die erste Presse gegründet wurde, ist unbekannt. Das erste Werk, das Speyer als Druckort bezeichnet, die ,,Postilla super Apocalypsin et Cantica Canticorum“ ist 1471 gedruckt und gibt ebensowenig wie eine Reihe anderer hierher gehöriger Schriften den Namen des Typographen an. Der früheste, der als solcher namhaft gemacht wird, ist Peter Drach, der Sproß einer angesehenen Speyerer Familie. Als erster datierter Druck verließ 1477 ein Vocabularius iuris utriusque seine Werk-stätte, die unter ihm und seinem gleichnamigen Sohn und Enkel bis ins 2. Jahrzehut des 16. Jahrhunderts blühte und eines so großen Ansehens sich erfreute, daß ihr auch Druckaufträge aus solchen Städten zuteil wurden, die selbst angesehene Druckereien besaßen, wie das von ihr im Jahre 1497 im Aufträge des Erzbifchoss Berti)old von Henneberg gedruckte Meßbuch für Mainz beweist. Schon 12 Jahre nach dem Drucke des ersten Speyerer Buches entstand neben der Drachschen Presse eine zweite, die von den Brüderu Johann und Konrad Hist ins Leben gerufen ward und an Zahl wie an Ausstattung ihrer Drucke sich mit der ersteren wohl messen konnte, ja in letzterer Hinsicht sie noch übertraf. Sie war von 1483—1515 tätig. Über die Herkunft und die Persönlichkeit der beiden Drucker ist nichts bekannt; der eine von ihnen scheint früh gestorben zu fein, denn von 1492 an wird nur Konrad Hist als Typograph genannt.
Auf die alte Reichsstadt folgte 1473 der Geburtsort des Albertus Magnus, das kleine Städtchen Lauin gen, dem damit die Ehre zufällt, der älteste Druckort des damaligen Herzogtums Bayern zu sein. Es ist ein Folioband von 106 Seiten, die Schrift des hl. Augustinus de consensu Evangelistarum, der 1473 dortselbst erschienen ist. Über den, der ihn gedruckt, ist nichts bekannt, wie auch unter den sämtlichen Werken des 15. Jahrhunderts sich kein zweites findet, das dort hergestellt ist.
An Sauingen schließt sich Würzburg, die Hauptstadt des Frankenlandes, an, wohin Fürstbischof Rudolf von Scherenberg die „erfahrenen Meister der Buchdruckerkuuft" Stephan Dold, Georg Reyfer und Johann Beckenhnb berief, um die für deu kirchlichen Bedarf nötigen Bücher zu drucken und so den Geistlichen des Bistums einheitliche liturgische Texte zu verschaffen. Die einzige Leistung dieser Druckergemeinschaft war ein Brevier vom 20. September 1479, welches auch um deswillen Beachtung verdient, weil es das erste in Deutschland erschienene Buch ist, das einen Kupferstich enthält. Bald
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Extrahierte Personennamen: Hieronymus_Hölzel Speyer Peter_Drach Henneberg Johann Konrad_Hist Konrad Konrad_Hist Konrad Albertus_Magnus Magnus Rudolf_von_Scherenberg Rudolf Stephan_Dold Georg_Reyfer Johann_Beckenhnb Johann
Extrahierte Ortsnamen: Bayern Deutschlands Traunstein Nürnberg Speyer Cantica_Canticorum“ Mainz Deutschland
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22. Kloster Ettal und der Pfaffenwinkel.
einer andern Prälatur oder Abtei speisen und schlafen konnte. Von Füssen drüben, wo das Stift des heiligen Magnus auf die schäumenden Wellen des Lech herniederschaut, reichte diese Kette iu weitem Bogen bis an den Fuß der Beuedikteuwand. Da war Steingaden, die alte Welsenstiftnng, und das Augustinerkloster Rotten buch, da waren Wessobrunn und Polling, Diessen und Bernried, Schlehdorf und Benediktbeuern und als äußerste Hochwart in das Flachland vorgeschoben ragte auf dem „Heiligen Berge" das gnadenreiche Andechs empor über den blauen Fluten des Ammersees. Jeder dieser Namen bedeutet einen Markstein in der Geistesgeschichte unseres Altbayernlandes, denn nichts lag den Bewohnern dieser stillen Mauern ferner als ihre fromme Weltflucht bis zur Kulturfeindlichkeit zu steigern. Seit den Tagen, da die ersten Glaubensboten mit wuchtigen Axthieben die einsame Wildnis rodeten um ihren Siedel zu erbauen, bis zur Klosteraufhebung im Jahre 1803 haben geistiges Schaffen und künstlerisches Tun hier eine allezeit gastliche Heimstätte gefunden. Allezeit sagen wir und nicht bloß, wie es ja mäuniglich bekannt ist, nur während des Mittelalters. Gerade in dem Zeitabschnitte der Gegenreformation, der den katholischen Süden im Gegensatze zum Norden Deutschlands auf so eigenartige, mit romanischen Elementen durchsetzte Kulturbahnen wies, als die Kunst des Barock und des Rokoko ihren Hauptsitz in Altbayern aufgeschlagen hatte, erleben diese Klöster eine prächtige Nachblüte. Damals entstanden jene herrlichen, mit allen Mitteln sinnberückender Kunst ausgestatteten Kirchenbauten und Prälaturen, die noch heute gleich Fürsteuschlösseru die Landschaft beherrschen und die in ihren geräumigen, wohlgeordneten und planvoll vermehrten Büchereien so reiches Rüstzeug für die gelehrten Forscher aller Nationen bargen. Man braucht nur die alteu Reiseberichte zu durchblättern um zu ersehen, welch großsinnige Gastfreundschaft, welch reges, feinfühliges Interesse hier für alles vorhanden war, was der menschliche Geist in Kunst und Wissenschaft Hervorragendes zeitigte. Dieser ganze Gau führt uns „ein Bild warmherzigen Schaffenseifers süddeutscher Architekten" vor, dem erst die kunsthistorische Forschung der jüngsten Tage wieder gerecht zu werden beginnt. Hier wurden, wie unser Westenrieder im Jahre 1788 hervorhebt, „unzählige Jünglinge, an welchen man die Spuren guter Köpfe bemerkt, von Klöstern und Pfarrern gleichsam an Kindesstatt angenommen, unentgeltlich erzogen und in den Anfangsgründen der Wissenschaften unterrichtet".
Als am 22. Oktober 1758 in dem alten gotischen Hanfes an der Bnrg-gaffe in München jene Gemeinde hochstrebender Männer sich zusammenfand, aus welcher die bayerische Akademie der Wissenschaften hervorgehen sollte, da war es ein Kind des Pfaffenwinkels, der treffliche Lori, der, wie er jederzeit gerührt anerkannte, „vom Kloster Steingaden herausgehoben und
Heute noch unverändert erhalten, Haus Nr. 5.
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Extrahierte Personennamen: Magnus Magnus
Extrahierte Ortsnamen: Ettal Bernried Benediktbeuern Andechs Deutschlands Altbayern München