Nördlich davon ist hinter dem Kmtsgebäude der Ministerien der vom
Marstall, dem Iustizgebäude und der Luisenstraße begrenzte Mathilden-
platz mit Brunnen und Venkmal Abt Voglers. Das Ende der Nhein-
straße bringt uns zum Paradeplatz, wo das Reiterstandbild des Groß-
Herzogs Ludwig Iv. aufgestellt worden ist. Rechts steht aus dem Ernst-
Ludwigsplatz der „weihe Turm", ein 1704 erhöhter Mauerturm der
alten Stadtbefestigung. Gehen wir gerade aus, so Kommen wir in das
Grohherzogliche Residenzschloh, einen Bau aus verschiedenen Jahrhun-
derten, der vier durch überwölbte Durchgänge mit einander verbundene
Höfe einschließt und rings von einem früher mit Wasser gefüllten, jetzt
in Gartenanlagen verwandelten Graben umgeben ist. Ein im Jahre 1664
von Ludwig Vi. errichteter Glockenbau enthält auf seinem durchbrochenen
Turm ein Glockenspiel, das vor dem Schlagen der ganzen und halben
Stunden Thoralmelodien spielt. Der fromme Landgraf ließ es zu Kmster-
dam gießen, damit es ,,geistliche Lieder spielend als eine leblose Kreatur
das Lob des Allmächtigen verkünde".
Kn der Stelle des 1892 niedergelegten Zeug-
Hauses am Nordende des Paradeplatzes erhebt
sich das 1906 erbaute Landesmuseum; davor
hat das Kriegerdenkmal (1870/71) einen Platz
gefunden. Gestlich davon steht das mehrfach
umgebaute Hoftheater. Zwischen den Stand-
bildern Landgraf Philipps des Großmütigen
und seines Sohnes Georg l. hindurch treten
wir in den 1675 angelegten Herrengarten mit
schönen Rasen, Rlleen, Baumgruppen- mit Teich
und Spielplätzen. In ihm ist das efeuumsponnene
Grabmal der großen Landgräfin Uaroline.
Eine von Friedrich dem Großen gewidmete
Marmorurne trägt die lateinische Inschrift:
„Rn Geschlecht ein Weib, an Geist ein Mann." Nicht weit davon
haben unsere Schulkinder ihrem so früh verstorbenen Prinzeßchen
Elisabeth 1905 einen Denkstein geweiht. Ruch an Goethe gemahnt
ein Denkmal des Gartens.
In dem Stadtviertel hinter dem Herrengarten liegt bei einer
Mädchenschule (Kyritzstiftung) das Pfründnerhaus. Ruch befinden
sich dort die neue katholische §t. Elisabethenkirche und die Tech-
Nische Hochschule. Die Häuser der Rlexanderstraße wie der vom
Ballonplatz abzweigenden Magdalenenstraße haben den Baustil
des 17. Jahrhunderts größtenteils bewahrt. Der von Ludwig V.
(1596—1626) angelegte Ballonplatz diente ursprünglich zu Ball-
Kriegerdenkmal.
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig_Vi Ludwig Philipps Philipps Georg_l Friedrich_dem_Großen Friedrich Goethe Ludwig_V. Ludwig_V.
8
Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 6.
Mainabwärts folgt 2 Stunden von Kelsterbach Raunheim mit 2000
Einwohnern, Worunter etwa 300 Katholiken. Nur wenige Bewohner
können auf dem sandigen Boden als Landwirte ihren Unterhalt finden.
Die meisten sind Arbeiter im Röhrenwerk und der Lederfabrik am Platz
oder im nahen Rüsselsheim. — Huf prächtigem Waldweg südwärts gehend,
gelangt man von Raunheim nach Haßloch, am Waldrande in wenig srucht-
barer Gemarkung gelegen. Die 350 katholischen Einwohner sind fast alle
Arbeiter in Rüsselsheim. Die Landstraße dorthin ist der Brotweg für die
Gemeinde geworden. Der Pfarrhof, der Pfarrgarten und seine Umgebung
lassen deutlich Spuren einer alten Burganlage erkennen, von hier aus über-
fiel Kuno von Falkenstein friedliche Kaufleute auf der alten Handelsstraße
von Mainz nach Frankfurt. Die Burg wurde von den Frankfurtern
und nach ihrem Wiederaufbau von dem (Erzbischof zu Mainz zerstört. Der
Plan, Haßloch in eine Stadt umzugestalten, blieb unausgeführt. 5lm
Ende des 18. Jahrhunderts diente die Burg Haßloch dem Räuberhaupt-
mann Johannes pückler, dem ,,Schinderhannes", als Zufluchtsort. 1805
wurden ihre Ruinen abgerissen.
2. Wo der Main, von Nordosten kommend, zwei Stunden oberhalb
seiner Mündung sich westwärts wendet, liegt Rüsselsheim. 1905 hatte es
wenig mehr als 4000 Einwohner, jetzt zählt es 7000, darunter 850 Katho-
liken und wenig Juden. Eine höhere Bürgerschule wird von der Ge-
meinde unterhalten und dient weitergehenden Bildungsansprüchen. Das
Wachstum Rüsselsheims wurde durch die rasche Ausdehnung der (Dpel-
werke bedingt. Ihre Arbeiterzahl ist in den letzten 6 Iahren von 1700
auf 4500 gestiegen und wird noch ständig vermehrt. Was ein mächtiger
Brand im August 1911 zerstörte, ist erweitert und verbessert aufgebaut.
Über 3000 Automobile und 60 000 Fahrräder verlassen jährlich als neue
Ware diese Fabrik. Durch die Herstellung von kräftigen Automobilspritzen,
Dampfpflügen und Motoren für Flugzeuge suchen die Leiter auch den
Bedürfnissen der neuesten Zeit gerecht zu werden. Fast alle Rüsselsheimer
stehen mit diesem Weltgeschäft in engster Verbindung. ,,Rüsselsheim ist
Opel, und Gpel ist Rüsselsheim". Ändere Fabriken stellen Zichorie, Kokos-
matten, Blechgefäße und Kellereimaschinen her. Begünstigt wurde diese
rasche Entwicklung Hüffelsheims durch seine Lage. Seit den ältesten
Zeiten bildet der Main eine lebhafte Handelsstraße vom Westen nach dem
Innern Deutschlands,' täglich fahren schwerbeladene Frachtschiffe ström-
auf und stromab. An einem hafenplatz bei Rüsselsheim werden große
Mengen Kohlen und Baumaterialien verladen. Die Erzeugnisse der
Fabriken gehen mit der Bahn bis in die fernsten Länder. Reizend ist
ein Spaziergang auf dem Maindamm. Gegenüber erblickt man die nahen
Taunusberge, diesseits liegt ein park mit herrlichen Baumgruppen, in
welchem das neue Volksschulgebäude demnächst erbaut wird. Ein naher
/
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Extrahierte Personennamen: Johannes August
Extrahierte Ortsnamen: Hessen Kelsterbach_Raunheim Rüsselsheim Rüsselsheim Mainz Frankfurt Mainz Burg_Haßloch Main Main Deutschlands Rüsselsheim Maindamm
10
Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 6.
großenteils in Ksche gelegt wurde. In dem damals geschaffenen Zustande
liegt sie der Hauptsache nach noch heute, ein Prediger aus der Zeit deutscher
Schmach. — Eine wohlgepflegte, schattige Landstraße führt in 3a Stunden
zu dem südlich von Rüsselsheim gelegenen hofgut Tchönau. Landgraf
Ernst Ludwig ließ die Gebäude an der Stelle des im 30jährigen Krieg
zerstörten Hofes Mersheim erbauen und benannte sie nach dem Kloster
Schönau bei Heidelberg, dessen Brüder ehemals Herren des Besitztums
waren. Mächtige unterirdische Wasseradern sind hier von den Gelehrten
schon lange vermutet worden. Bohrungen haben die Richtigkeit dieser
Annahme bestätigt. Die Stadt Mainz erbaut deshalb an der Stelle ein
großes Wasserwerk, das auch mehrere Gemeinden des Kreises mit gutem
Trinkwasser versehen soll. — (östlich von Haßloch liegt inmitten eines
ausgedehnten Waldes das Jagdschloß lnönchbruch, jetzt Sitz einer Gber-
försterei. In früherer Zeit gehörte der ganze Waldbezirk geistlichen
Stiften.
3. Mainspitze heißt der westlich der Linie Bischofsheim—(Binsheim
liegende Geländestreifen zwischen Main und Rhein. Er bildet den niedersten
Teil des Kreises, und bei hohem Wasserstand ist sein äußerster Zipfel über-
schwemmt. Die dort liegenden Mainzer Festungsanlagen sind jetzt auf-
gegeben, von einem rechten Seitenarme des Rheines aus, der die Blei-Au
umschließt, führen neue und ausgedehnte hafenanlagen in das Land
hinein. Gustav Rdolf hatte in der Niederung Kostheim gegenüber ein
festes Lager aufgeschlagen, und nach ihm wurde der später hier entstandene
Grt Gustavsburg geheißen. Die ursprünglichen Festungsanlagen wurden
1573 geschleift. Gustavsburg gehört zur Gemeinde Ginsheim und hat sich
infolge der günstigen Lage an den beiden Wasserstraßen und einer wichtigen
Eisenbahnlinie in den letzten 40 Jahren rasch entwickelt. Die Nürnberger
Brückenbau-Gesellschaft, das heddernheimer Kupferwerk und andere Kn-
lagen beschäftigen über 2000 Arbeiter. Eine stattliche Zahl von Arbeiter-
Häusern, kurzweg ,,Kolonie" genannt, ist in wenig Jahren entstanden.
Für die wohlhabenden Bewohner sind villenartige Häuser erbaut. Eine
Brücke über den Rhein vermittelt seit 1860 den Eisenbahn- und Fuß-
verkehr nach Mainz. Nach Kostheim führt über den Main die
Straßenbrücke. Die 1800 Einwohner sind zu 2k protestantisch und
1/3 katholisch. — Das Wachsen der Fabrikanlagen zu Gustavsburg und
Rüsselsheim hat auch die Bewohner von Ginsheim (1800 Einwohner,
wenig Katholiken) rasch in großer Zahl zur Industrie hingezogen. Um
einen Stamm weit angelegter Bauernhofreiten ist ein Kranz neuer Arbeiter-
Wohnungen entstanden. Nur wenige Bewohner sind Schiffer und Fischer.
Von den ehemals 18 Mühlen im Rheine stehen heute nur noch drei. Die
Geschicke Ginsheims sind an die von Mainz geknüpft. Der ,,hohe Weg",
eine geringe Bodenanschwellung, die weniger leicht vom Wasser bedeckt
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Extrahierte Personennamen: Ernst_Ludwig_ließ Ernst Ludwig Mainspitze Gustav_Rdolf Gustav Fischer
Extrahierte Ortsnamen: Hessen Rüsselsheim Mersheim Heidelberg Mainz Binsheim Main Rhein Gustavsburg Gustavsburg Rhein Mainz Kostheim Main Rüsselsheim Ginsheim Rheine Mainz
63
könnte, doch gerade durch seine Winde uns seine
Weisheit und Güte kund thut. Durch die Winde
reiniget er die Luft von schädlichen Dunsten und
schlitzet uns so vor vielen Krankheiten; die Winde
vermindern die zu grosse Hitze und Kalte, trock-
nen die zu feuchte Erde aus und feuchten die zu
trockene wieder an, iadem sie uns aus fernen Ge-
genden, oft über das Meer herüber, die Wolken
und mit diesen den Regen bringen. Sie streiien den
Samen der Baüme und Gräser umher, bewegen
die Meere, dass sie nicht faul werden, treiben die
Schiffe und schütteln die Baüme, damit in diesen
die Säfte gehörig im Umlaufe bleiben. Zu hüten
haben wir uns indessen vor dem Winde, sobald
wir stark erhitzt sind; denn ein zu schnelles Ab-
kühlen unseres Körpers kann uns leicht eine schwere
Krankheit bringen. Übrigens hat der Wind auch
auf das Wetter einen mächtigen Einfluss; unser
Ostwind bringt uns 'gewöhnlich trockene Witte-
rung, der Westwind Regen, der Südwind Wärme,
der Nordwind aber Kälte.
Vom Wasser.
Das Wasser in seinem reinen Zustande ist ein
flüssiger, farbeloser, durchsichtiger, geschmack-
und geruchloser, auch ziemlich schwerer Körper;
denn er ist 800 mal schwerer, als eine gleichgrosse
Masse atmosphärischer Luft (spezifisches oder
eigentümliches Gewicht). Es findet sich jedoch in
der Natur nie ganz rein, sondern stets mit einer
Menge fremdartiger Theile, besonders mit allerlei
Erd - und Salztheilchen und mit verschiedenen Luft-
arten vermischt, wodurch es nicht nur öfters eine
bestimmte Farbe, sondern auch Geruch und Ge-
schmack erhält. Mit ihm lassen sich viele andere
Körper, besonders alle Salze, leicht auflösen. Dass
das Wasser ein fortwährendes Bestreben aüssert,
sich mit der atmosphärischen Luft zu vereinigen,
aus welcher es zu seiner Zeit als Regsn oder Ne-
bel wieder herabfällt, ersehen wir daraus, dasg
nasse Wäsche oder andere feüchte und nasse Ge,
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. 71
größten Kälte, glühend heiß. Die Axe eines Wagens
fängt, wenn sie nicht eingeschmiert ist, beim schnellen
Fahren endlich an zu brennen. Guter Stahl, an ei-
nen Stein geschlagen, giebt Funken, die nichts Ande-
res sind, als kleine durch die Schärfe des Steines loö-
geriffene glühende Stahlthetlchen, die natürlich, wenn
sie auf Schwamm fallen, denselben sogleich anzünden.
Ungelöschter Kalk wird augenblicklich glühend heiß, so-
bald man (kaltes) Wasser darauf gießt. Auch erwär-
men und entzünden sich nicht selten gewisse Körper ganz
von selbst. Dicß ist z. B. der Fall, wenn feüchteö
Heü oder Stroh fest aufeinander liegen, oder wenn
Wolle oder Hanf und Flachs, mit Öl getränkt, fest
zusammengepackt sind, und plötzlich ein Luftzug kommt.
Um daher eine solche Selbstentzündung zu verhü-
ten, muß sehr vorsichtig mit dergleichen Dingen umge-
gangen werden.
Mannigfaltig sind übrigens die Wirkungen des
Feüers auf die verschiedenen Körper. Die allgemei-
ne Wirkung ist, daß es alle Körper erhitzt;
außerdem verbrennt es die meisten zu Asche,
andere verflüchtiget und noch andere schmelzt es,
macht sie flüssig. Wie stark oder schwach ohn-
gefähr die Wärme in der Luft, im Wasser rc.
ist, kann man zwar durch's Gefühl schon be-
merken; man hat aber auch ein gewisses In-
strument erfunden, das man Wärmemesser
oder Thermometer (s. daneben die Figur)
nennt, vermittelst dessen man die vorhandene
Wärme oder Kälte ganz genau nach Graden
angeben kann. Dieses Instrument, im Jahre
1638 von Cornel. Drebbel, einem holländischen
Bauer, erfunden, bestehet auö einer dünnen
gläsernen Röhre, die oben zugeschmolzen ist
und unten in einem ebenfalls verschlossenen
Glaskügetchen endet. Dieses Kügelchen und
ein Theil der Röhre sind mit Quecksilber ange-
füllt; über der Quecksilbersaüle aber ist ein
Stück der Röhre luftleer. Da nun bekannter-
maßen die Wärme hie Eigenschaft besitzt, alle
Körper, folglich auch das Quecksilber, aus-
zudehnen, die Kälte aber die entgegengesetzte
- 154 -
Wogen am Himmel über seine Kinder führen." (Hiob
38, 31. f.)
Wohl ergreift uns tiefes Staunen, wenn wir un-
fern Blick zu den Raümen erheben, in denen sich jene
zahllosen erleüchteten und erleüchtenden Körper in un-
gestörter Ordnung bewegen. Aber über diese unbe-
kannten Fernen schwing! sich unser Geist zu ihm em-
por, deffen Auge Alles sieht, dessen Hand Alles hält,
dessen Herrlichkeit uns überall entgegenstrahlt. Zu sei-
nem Preise laßt uns jetzt in den Lobgesang des Dich-
ters einstimmcn:
Einst erschuf er, sich zur Ehre, von Sonnen unzählr
bare Heere, auch die, die uns strahlt und erquickt. Um
die Sonnen hieß er Erden, auch die, die uns ernähret,
werden, und herrlich hat er sie geschmückt. Er sprach,
und es geschah, die Welt stand fertig da. Lobt den
Höchsten! Er will, er spricht's, er schafft's aus Nichts,
der Herr, der Vater, alles Lichts. (Dresd. Ges.b. 57, 3.)
8.
Nachdem den Kindern auf diese Weise das Ver-
hältniß der Erde zu den übrigen Himmelskörpern ge-
zeigt worden war, erklärte der Lehrer, daß er sie nun
mit der Oberfläche der Erde genauer bekannt machen
wolle. Nur mit der Oberfläche? fragte ein Knabe
verwundert. Allerdings nur mit dieser, versetzte der
Lehrer, weil wir das Innere der Erde gar nicht ken-
nen. Denn um bis zu dem Mittelpunkte zu gelangen,
müßten wir bis in eine Tiefe von 860 Meilen hinab-
steigen können. Da aber selbst die tiefsten Schachte
der Bergwerke nur bis auf eine Tiefe von 3000 Fuß
hinabreichen: so ist es offenbar, daß wir kaum durch
die aüßere Rinde derselben dringen können. Betrach-
ten wir nun die Oberfläche der Erde selbst: so ist es
gewiß, daß sie ihre jetzige Gestalt erst nach und nach
erhalten hat. Selbst die heilige Schrift deütet darauf
hin, daß die Erde anfangs ringsum mit Wasser be-
deckt gewesen sei. Die deütlichsten Spuren davon er-
kennen wir in den Überresten von Seelhieren und See-
pflanzen, welche sich selbst auf hohen Gebirgen und in
den Klüften derselben finden. Erst später trat der feste
Boden durch mancherlei Kräfte, besonders die des
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TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
158
immer heftiger, wühlte mit ungeheürer Gewalt in den
Fluthen und schleüderte das Fahrzeüg, welches eine
Last von vielen Tausend Pfunden trug, leicht wie einen
Ball gegen den düstern Himmel, während sich daneben
eine eben so grausige Tiefe eröffnete, in welche das
Schiff jählings hinabstürzte. Überall, wo ich hinschau-
te,^ hohe Wasserberge abwechselnd mit fürchterlichen Ab-
gründen, rings um mich wildes Toben und schauriges
Eturmgeheül, über mir der rollende Donner und der
zuckende Blitz", kurz: Alles vereinigte sich, um meine
Angst auf das höchste zu steigern. Schon wollte auch
die letzte Hoffnung sinken; schon glaubte ich, hier
mein sicheres Grab zu finden: als sich endlich der
Sturm legte, und die große Waffermasse, wenn auch
nach langem Wogen und unter stetem Schwanken des
Schiffes, doch allmählich seinen wagerechten Stand
wieder einnahm. Freüdetrunken begrüßte ich nun die
hervorbrechende Sonne, welche den umgebenden Mee-
resspiegel erleuchtete, der auch im ruhigen Zustande der
Wunder sehr viele für mich enthielt. Unter der Menge
mir größtentheils unbekannter Thiere, welche hie und
da auftauchten, fesselten mich besonders die Corallen,
welche eine pftanzenähnliche Gestalt haben, und deren
ausgebreitete Äste nach und nach so mit Schlamm und
Sand ausgefüllt werden, daß ich sie oft als Felsspitzen
und nicht selten als ganze Inseln über das Meer her-
vorragen sah. Des Nachts ergötzte mich haüfig der
leüchtende Glanz des Wassers, der — wie ich
wußte — bald durch die Reibung des Schiffes, bald
durchs die verfaulten Seethiere, bald durch andere le-
bende Thiere, wie die Seesterne und Medusen, erzeügt
wird. Bisweilen unterhielt ich mich auch mit. den
Schiffern, welche mir nicht nur von andern gefährlichen
Seefahrten erzählten, sondern von denen ich auch er-
fuhr, wie im Eismeere ganze Eisfelder, ja sogar große
Eisinseln umherschwimmen, mit heftigem Getöse an
einander prallen, sich oft zu hohen Eisbergen aufthür-
men, Brücken bauen, finstere Höhlen bilden und unter
stetem Knallen und Krachen dem Auge immer neüe
Gestalten darstellen. Während dabei der Himmel dem
noch entfernten Schiffer mit einem weißlichen Scheine
(Eisblick) entgegenleüchte, seien in der Nähe bisweilen
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134
len, da es doch so viele und kgroße Erhöhungen und
Vertiefungen auf ihr giebt? Diesen Einwurf wider-
legte der Lehrer, indem er entgegensetzte, daß selbst die
höchsten Berge der Erde der runden Gestalt derselben
keinen Eintrag thun könnten, sondern im Verhältnisse
zur ganzen Erde noch weit weniger ausmachten, als
ein Sandstaübchen auf einer sehr großen Kegelkugel.
Ein Mädchen wendete ein, daß, wenn die Erde rund
wäre, die auf ihr befindlichen Dinge herabfallen müß-
ten, und daß sie deßhalb auch nicht überall bewohnt
sein könne.' Der Lehrer erinnerte sie hierauf an das,
was er ihnen bei dem Unterrichte in der Raturlehre
über die Schwerkraft der Erde erzählt hatte, vermöge
deren sie überall bewohnt sein könne, ohne daß irgend
ein Gegenstand in Gefahr käme, von ihr hinweg in
den unendlichen Weltraum hinauszustürzen. Ihr sehet,
sagte er zum Schlüsse, daß daher diejenigen, welche
sich auf dem uns gerade entgegengesetzten Punkte befin-
den, -eben so sicher auf den Füßen stehen, wie wir;
auch sie haben über ihrem Kopfe den Himmel und un-
ter ihren Füßen die Erde. Hieraus ergiebt sich zugleich
die richtige Bedcütung des Oben und Unten auf der
Erde. Was seine Richtung von dem Innern der Erde
oder ihrem Mittelpunkte abwärts hat, das ist oben;
was dagegen seine Richtung nach dem Innern der Er-
de oder nach ihrem Mittelpunkte hinwärts hat, das ist
unten. Unterirdisch ist daher das, was nach dem Mit-
telpunkte der Erde hin gerichtet ist, sich unter ihrer
Oberfläche befindet.
Bei dieser Gelegenheit wünschten die Kinder auch
Einiges von der Größe der Erde zu erfahren. Deß-
halb fuhr der Lehrer fort: Könnte man von einem
Punkte der Erdoberfläche durch den Mittelpunkt bis zu
dem entgegengesetzten Punkte eine Stange stecken: so.
müßte dieselbe etwa 1719 Meilen lang sein; dieß wäre
der Durchmesser der Erde. Könnte man ferner die Erde
mit einem Bande umspannen: so müßte dasselbe 5400
Meilen lang sein; dieß wäre der Umfang derselben.
Den ganzen Raum ihrer Oberfläche erfährt man, wenn
man den Umfang und Durchmesser mit einander ver-
vielfältigt. Das Product sind dann über 9 Millionen
Geviert- oder Quadratmeilen. — Nicht ohne Staunen
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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344
\
I. Vorschriften zu einigen Hausmitteln, in den
gewöhnlichsten Erkrankungsfällen und bei oft vor-
kommenden körperlichen Übeln nützlich und
heilsam.
1. Mandelmilch zu bereiten. Man nehme 2 Loth stiße
und ein halbes bis ganzes Quentchen bittere Mandeln, brühe
sie in kochendem Wasser, löse die Hülsen, die Haut ab, stoße
sie dann mit 4 Lorh Zucker in einem Mörser, gieße nach und
nach l bis 2 Pfund Wasser darauf, und wenn dieses recht mil-
chicht ist, seihe lind presse man es durch ein reines Tuch.
2. Etermilch, ein angenehm schmeckendes, stärkendes,
den Magen nicht beschwerendes Getränk, für Auszehrende, na-
mentlich in der Morgenstunde zu trinken. Das Gelbe von ei-
nem hart gesottenen Ei wird mit etwas Zucker abgerieben, dazu
ein Nößel Wasser, ein Eßlöffel voll Wein und etwas Cilrvnen-
saft (etliche Tropfen) gethan.
3. Brustthee, bei Husten und Schnupfen zu brauchen
und seines Wohlgeschmacks wegen namentlich für Kinder. Nimm
3 Feigen, Süßholz, kleine glosinen, Anis und Fenchelsamen,
von jedem ¿ Lorh, Huflattich 3 Quentchen und Nsop ein Loth,
schneide Alles klein und lasse 1—2 Eßlöffel voll mit 4—6 Tassen
kochendem Wasser übergießen, den Thee darin einige Zeit lang
liehen und dann davon trinken.
4. Brust trank, den Hustenreiz mildernd und leichtnah-
renb. Man nehme 1 Loch gereinigten und gewaschenen Reiß,
lasse ihn in einer reichlichen Kanne Wasser so lange kochen, bis
er ganz zerplatzt ist, bringe ihn hierauf vom Feuer, lasse darin
1 Quentchen geschnittene Süßhvlzwurzel weichen und gieße die
Flüssigkeit durch.
5. Brustpulver, vorzüglich bei Husten und Heiserkeit,
auch wohlschmeckend: Fenchel- oder Aniösamen, gereinigten
Schwefel, Senesblatter und Süßholz, von jedem 1—2 Quent-
chen, Milchzucker oder Zuckerkand 2 — 3 Quentchen. Alles wohl
gepulvert und gemischt und täglich davon 6—8 Messerspitzen
voll zu nehmen.
6. Gurgelwasser bei katarrhalischen Beschwerden im
Halse» geschwollenen Mandeln, angelaufenen Zapfen u. s. w.
Auf eine Tasse gewöhnlichen Fliederthee tröpfele man 2 Tropfen
Salmiakgeist und gurgle sich damit.
7. Seifenspiritus zu machen, -z Pfund veuetianische
Seife wird mit Pfund Wasser und eben so viel gutem Spi-
ritus in einer Flasche übergossen. Diese binde man mit einer
Blase, in welche ein paar Löcher mit einer Stecknadel gestochen
werden, zu, stelle sie an einen gleichmäßig warmen Ort, bis Al-
les aufgelöst ist, seihe dann die Flüssigkeit durch und hebe sie
in wohl verkorkten Flaschen zum Gebrauche auf.
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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50
sammenhang; denn will man z. B. einen Stein
zerschlagen, einen Stock zerbrechen, oder einen Faden
zerreißen: so bedarf es dazu einer gewissen Kraft.
Es muß also Etwas da sein, was diese Kraft nöthig
macht, und dieses Etwas ist nichts Anderes, als der
Zusammenhang. Endlich besitzt auch jeder Kör-
per, er sei klein oder groß, sein eigcnthümiiches Ge-
wicht, oder eine gewisse Schwere, d. i. diejenige
allgemeine Eigenschaft, wodurch sich alle Körper, so-
bald sie nicht durch irgend Etwas gewaltsam daran
gehindert werden, in senkrechter Richtung nach dem
Mittelpunkte der Erde neigen. Nehmen wir also z. B.
einem Stein, oder irgend einem andern Körper seine
Unterlage, auf welcher er ruhet, hinweg: so fallt er
stets in senkrechter Richtung zur Erde; was aus nichts
Anderem zu erklären ist, als aus der vorhandenen,
uns übrigens unerklärbaren Anziehungskraft der
Erde, die Nichts von sich wcglaßt. Ware diese Kraft
nicht da: so würde ein in die Luft geworfener Stein,
oder eine in die Höhe geschossene Kugel nie wieder
zur Erde fallen, sondern in gerader Richtung so lange
im unendlichen Luftmeere, in welchem sich alle Him-
melskörper bewegen, fortfliegen, bis sie zufällig ein-
mal mit einem solchem Körper zusammenträfe und auf
ihm liegen bliebe. Daß wir übrigens auch für die
Eigenschaft der Schwere der göttlichen Weisheit Dank
schuldig sind, sollte uns nicht daran jeder vom Him-
mel fallende Regentropfen erinnern? Sollte es uns
nicht der Gebrauch lehren, den wir von ihr, z. B.
beim Hammer, dem Bleiloth, der Wanduhr rc. ma-
chen?
Außer den allgemeinen Eigenschaften der Kör-
per, die wir so eben betrachtet haben, giebt es nun
auch noch besondere, die deßhalb so zu nennen sind,
weit sie nicht allen, sondern blos einzelnen Kör-
pern zukommcn. Man nennt einen Körper fest, wenn
seine Theile, sobald sie einmal von einander getrennt
sind, sich nicht von selbst wieder vereinigen, so nahe
man sie auch aneinander bringt; flüssig dagegen alle
diejenigen, deren einzelne Theile, sobald sie einander
berühren, sich von selbst wieder zu einem Ganzen ver-
einigen. Solche Körper sind das Quecksilber, das
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