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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 177

1911 - Erfurt : Keyser
— 177 — Kriegssteuer, 100 000 Taler von der Stadl und 50 000 Taler von der katholischen Geistlichkeit, in den vier Tagen nicht zusammengebracht worden war. Reichstruppen und Franzosen in Erfurt: Bald daraus sah Ersurt ein anderes soldatisches Schauspiel. Reichstruppeu und Franzosen quartierten sich in überaus großer Zahl in ihr ein. Der Obergeneral der französischen Truppen, Prinz v. Sonbise, hielt am 25. August 1757 seinen Einzug. Er stieg mit seinem ihm in 5 sechsspännigen Kutschen nachfahrenden Gefolge in der Statthalterei ab. Eine Kompanie kurmaiuzifche Grenadiere besetzte mit fliegender Fahne und klingendem Spiel vor ihr die Wache. Der Prinz wurde von dem Statthalter, einigen Gesandten der kurfürstlichen Regierung und von den Abgeordneten der Universität aufs ehrenvollste „bekomplimentiert" (s. Nr. 58). Abermalige Besetzung der Stadt durch die Preaitzen: Mitte September rückte die Besatzung wieder ab, um den heranziehenden Preußen zu entgehen (s. Nr. 59). Das Jahr 1759 sah abermals eine große Menge Preußen in Erfurts Mauern. An Kriegssteuern wurden diesmal 200000 Reichstaler gefordert. Diese Summe wurde aber aus 100 000 Taler, zahlbar in drei gleichen Raten mit sechswöchigem Abstande, ermäßigt. Außerdem hatte die Stadt 80 vierspännige Wagen, die auf drei Tage mit Futter zu versehen waren, zu stellen. Straßenkampf: In diesem Jahre kam es auch zu einem Straßenkampfe. Gegen Abend des zweiten Weihnachtstages langten einige hannovrische Packwagen an (England, dem Hannover gehörte, war mit Preußen verbündet), und die sie begleitenden hannovrischen Jäger wurden hier einquartiert. Die Bürger übernahmen wie immer, wenn Preußen oder ihnen verbündete Truppen in der Stadt waren, die Wache, während sich die mainzische Besatzung aus die Festung zurückzog. Da sielen am 28. Dezember gegen 11 Uhr vormittags ganz unerwartet zwei Kanonenschüsse vom Petersberg, und sogleich geriet alles in Ausregung. Die Hannoveraner liefen mit ihren Tornistern zusammen und stellten sich in der Gegend der Gasthöfe zum Schlehendorn (Hotel Rheinischer Hos) und Huscisen (Regierungsstraße Nr. 14) aus. Es dauerte auch nicht lange, da kamen kaiserliche reitende Jäger zum Löbertor her-eingesprengt. Sofort schlossen sich die Hannoveraner eng zusammen und feuerten tapfer auf die Reiter. Doch von der Uebermacht hart bedrängt, mußten sie sich auf die Langebrücke zurückziehen. Die kaiserlichen Jäger solgten nach, und es entspann sich ein heftiges Scharmützel. Der Kugelvorrat der Hannoveraner war bald verschossen. Sie mußten sich ergeben und wurden samt ihren Wagen zum Löbertor hinaus nach Arnstadt abgesührt. Während des Gefechtes waren die Einwohner in großer Bestürzung; einen so hitzigen Straßenkampf hatten sie noch nicht erlebt. Aengstlich wurden alle Türen und Fensterläden der Häuser geschlossen, und 12

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 181

1911 - Erfurt : Keyser
— 181 — nutzt, teils als Ruinen ba.1) — Das vor Jahrhunderten berühmte Erfurt war zu einer bescheibenen Mittelstabt herabgesunken. (Nach Dr. Alfreb Overmann n. a.) 63. Schiller in Erfurt. Zugult und September 1791. 1. Aufenthalt in Erfurt: Schon zu Ansang 1791(31. Dez. 1790 bis 11. Jan. 1791) hatte Schiller mit seiner Gemahlin von Jena aus für kurze Zeit in Erfurt geweilt. Leiber knüpften sich für den Dichter an biesen Besuch sehr trübe Erinnerungen, ba ihn ein heftiges Katarrhfieber zwang, für einige Zeit Bett und Zimmer zu hüten. Doch suchten ihm seine Erfurter Frennbe die Lei-benszeit so erträglich wie möglich zu machen, und auch der Koab-jutor Karl Theobor v. Dalberg besuchte ihn mehrmals. Rückkehr nach Jena: Bereits am 11. Januar kehrte Schiller nach Jena zurück, die Tage bebauernb, die er in Erfurt durch feine Krankheit verloren hatte. Gegen Frau v. Stein, die innigen Anteil an feinem Leiben nahm, hat er sich später bcchin geäußert, daß er bei dem Anfall geglaubt Hätte, sterben zu müssen. Die Kräfte stellten sich nur langsam wieber ein, ja, es fehlte sogar nicht an Rückfällen. Schon acht Tage nach feiner Rückkehr erkrankte Schiller von neuem, und ein starkes Fieber entkräftete ihn so, daß die geringste körperliche Anstrengung ihm eine Ohnmacht zuzog. Doch gelang es der liebevollen Pflege seiner Gattin und den sorgsamen Bemühungen zweier Aerzte, das Gespenst des Knochenmannes abermals zu bannen, und mit der erneuten Lebenslust erwachte in Schiller auch von neuem der Wunsch, sür zwei bis brei Monate zu seinen Frennben nach Erfurt zurückzukehren. Vorbereitungen für den 2. Aufenthalt: Er beauftragte darum unterm 21. Mai brieflich den Professor Dominikus, ihm eine passenbe Wohnung von einigen Zimmern und etwa 3 Kammern in einem Privathause zu besorgen, weil ihm ein so langer Ausenthalt im Gasthofe zu teuer käme. Doch bürste das Logis nicht zu weit von der Hofstatt (b. i. der Statthalterei, dem heutigen Re-gieruugsgebäube) entfernt liegen. Als Mietspreis bestimmte Schiller monatlich 7—8 Taler; im ganzen wollte er, wenn er brei Monate bliebe, bafür 4—5 Louisbor (Golbstück = 20 Frank) anlegen. Abermaliger Aufenthalt: Zunächst freilich nutzte Schiller nach Karlsbab zur Kur, so batz er erst im August mit seiner Gemahlin zur Nachkur in Erfurt eintreffen konnte. Beibe haben dann i) Heute ftnb von diesen nur noch die Aegidienkirche und die Türme bet Bartholomäus- (Anger), der Johannis- (Johannesstraße), Nikolai- (Augustiner* strafte', Georgs- (Geotqsgctffe) und Paulskirche (T'aulstraße) vorhanden.

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 234

1911 - Erfurt : Keyser
— 234 — und in dem etwas entfernteren, tiefen Eifenbahneinschnitt. Um das Feuer abzulenken und auf sich zu ziehen, fnhren jetzt schnell zwei Batterien am Fuße des Nordabhanges ans. Zwar versprach das Schießen gegen die bedeutende Höhe wenig Erfolg, aber der Hauptzweck wurde erreicht. Bald hatten die preußischen Geschütze ein lebhaftes und wohlgezieltes Feuer des Feindes auszuhalten. Es schien, als regne es Feuer vom Himmel. Der Lärm war betäubend, und nur mit Mühe ließen sich die Pferde halten. Trotzdem versah jeder Kanonier treu seine Pflicht. Siegreiches Vordringen der Preußen: Ans einmal wurde das feindliche Feuer schwächer, dann hörte es ganz auf. Der Feind batte den Rückzug antreten müssen. Die 7. preußische Division, die auch am frühen Morgen bei Turnau die Jfer überschritten hatte, war geradewegs auf den Mnskyberg losmarschiert. Dort angekommen, hatten einige ihrer Abteilungen fofort von Nord-osten her die Hochebene des Berges erstiegen und die Oesterreicher vertrieben. Diese mußten auch gegen 11 Uhr Münchengrätz räumen, wenn sie nicht gefangen werden wollten; denn schon hatten die Preußen oberhalb und unterhalb des Ortes die Jser überschritten und näherten sich ihm bedenklich. Im Biwak bei Dobrawuda: Gegen 3 Uhr nachmittags bezog die 8. Division endlich bei Dobrawuda Biwak. Die Kräfte der Mannschaften waren völlig erschöpft. Zumal das 32. Regiment hatte, obwohl es im Kampfe selbst nicht zur Verwendung gekommen war, furchtbar gelitten. Unter Mittag hatte es sich nahe bei Münchengrätz in einer engen Talschlucht gesammelt. Glühend heiß brannte die Sonne herunter. Mehrere Soldaten brachen durch Hitzschlag zusammen, und jeden Augenblick blieb einer im Chausseegraben zurück. Es fehlte an Wasser. Die wenigen Brunnen eines nahen Dorfes konnten nicht genug geben, und so warfen sich die Leute an stinkenden Pfützen nieder, um ihren Durst zu löschen. Die Offiziere mußten fcharf zugreifen, um es zu verhindern. — Leider herrschte der gleiche Wassermangel auch im Biwak. Der einzige Brunnen des Ortes war bald ausgeschöpft. Der nur wenige Meter breite Dorfteich mußte daher das Wasser für alle Zwecke liefern. Hier wurden Pferde getränkt, dort wuschen sich Soldaten, an einer anderen Stelle wurden Kleidungsstücke und Kochgeschirre gereinigt, daneben aber schöpften Mannschaften Wasser zum Kochen. Wahrlich, ein sonderbares Bild! Bald umzog sich der Himmel, und alles eilte, Hütten zu bauen. Zu diesem Zwecke wurden die Strohdächer der Häuser abgedeckt. Ein wolkenbruchartiger Regen ging hernieder, doch konnte der Ueberflüß an Regenwasser dem Mangel an Trinkwasser nicht abhelfen. Er hatte nur das Gute, daß alle, obwohl sie tüchtig durchnäßt, erfrischt wurden. (Nach den Reg.-Gesch. d. 31. u. 71. Ins.-Reg.)

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 191

1911 - Erfurt : Keyser
— 191 - Die 1 Lchreckeusnacht: Die dem Einzug folgende Nacht war eine der schrecklichsten, welche die Bürger Erfurts erlebten. Kein Schlaf kam in ihre Augen. Die meisten von ihnen halten mit den einquartierten Kriegern, die sich wie die Herren gebärdeten, richtige Kämpfe zu bestehen. Man hörte nichts wie Jammergeschrei und lautes Wehklagen der Hauseigentümer, die von ihren unwillkommenen Güsten gequält und mißhandelt wurden. Der Rat blieb die Nacht über auf dem Rathause versammelt, um die Forderungen, die von den sranzösischenbefehlshabern gestellt wurden, zu erledigen. Zuletzt erschien noch ein General und verlangte binnen 12 Stunden 40 000 Reichstaler, widrigenfalls er die Stadt an allen 4 Ecken anzünden lassen würde. Sogleich wurden die Pfarr-hauptleute (Pfarrgemeindevorstände) und Nachtwächter aufs Rat> haus befohlen und dort beauftragt, die neue Schreckenspost von Haus zu Haus zu verkündigen und jeden aufzufordern, alles bare Geld zusammenzupacken und aufs Rathaus zu schaffen. Mit bleichen, verstörten Gesichtern, in denen die Angst aus allen Zügen blickte, eilten bald darauf aus allen Straßen und Gassen die Bürger mit ihren Geldvorräten anss Rathaus, um damit die Habsucht der übermütigen Sieger zu besriedigen. Jeder erhielt für sein Geld eine Bescheinigung. Mancher Arme brachte schon in dieser Nacht den letzten Notpfennig, den er für schwere Zeilen zurückgelegt hatte, und opferte ihn auf dem Altar des Vaterlandes. Da zugleich eine beträchtliche Anzahl Schuhe und Strümpfe gefordert worden war, so sah man auch die Schuhmacher und Strumpfwirker von allen Seiten mit ihren Vorräten herbeikommen. Am Mittag des folgenden Tages war die verlangte Summe zum größten Teil beisammen: da kam zum Glück sür die Stadt der vom Kaiser Napoleon ernannte Stadtkommandant an und erklärte die Forderung für unstatthaft. Er empsing die Behörden der Stadt äußerst gnädig und versprach, so viel als möglich die unumgänglichen Lasten des Krieges erträglich zu machen. Erfurt unter französischem Schutze: Am 30. Oktober, abends gegen 6 Uhr, wurde dann unter Trompeten- und Paukenschall in Gegenwart des neuen Kommandanten und der versammelten französischen Behörden vor dem Rathaus der Bürgerschaft bekannt gemacht, daß der Kaiser die Stadt und das Gebiet Ersurt, sowie das Fürstentum Eichsseld und die Grasschast Hobenstein unter seinen Schutz genommen habe. Zugleich wurde den Untertanen Sicherheit ihrer Person und ihres Eigentums durch das französische Militär verheißen. In der folgenden Nacht wurden alle preußischen Adler von den öffentlichen Gebäuden und Plätzen entfernt. Doch erst ein Jahr später, nach dem Frieden von Tilsit, legte der König von Preußen seine Rechte über die Stadt und ihr Gebiet nieder. Am 30. September 1807 verabschiedete er sich von seinen Erfurtern mit herzbewegenden Worten. (Nach Eonst. Beyer.)

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 238

1911 - Erfurt : Keyser
— 238 — in demselben Augenblicke erweckte das Signal „Das Ganze avancieren" alles zu neuem Leben. Das entsetzliche Ausharren im Hola-Walde hatte ein Ende. Mit Hurra stürzten die Kompanien vor und nahmen an der Verfolgung des Feindes teil. Dank des Königs: Es mochte gegen 5 Uhr nachmittags sein, als der König an die Bataillone Bose herangesprengt kam und ihnen „Guten Abend" bot. In diesem Augenblicke brach bei allem der Jubel durch, und Freudentränen stürzten aus manchem Auge, als der König ries: „Kinder, das war ein schöner Sieg! Ich danke Euch!" Die Nacht nach der Schlacht: Gegen 6 Uhr abends wurde aus den Höhen von Lipa Biwak bezogen. Wohl kamen nach fast 20stündiger Anspannung aller Kräfte die müden Leiber zur Ruhe, die Gemüter aber waren zu erregt, um erquickenden Schlaf zu finden. Die empfangenen grausigen Eindrücke waren zu frisch und das Biwak auf dem weiten, von Leichen und Verwundeten übersäten und von 13 brennenden Ortschaften erleuchteten Schlachtfelde gar zu schrecklich. Manches Auge schloß sich nicht in der Sorge um liebe Kameraden und Verwandte, von deren Schicksal man nichts wußte. Auch fehlte es an jeder Verpflegung. Wer nicht selbst einen Bissen Brot oder Zwieback in der Tasche hatte oder von mitleidigen Kameraden erhielt, mußte sich mit leerem Magen auf die feuchte Erde legen. So war denn im Biwak, trotz aller Siegesfreude, die Stimmung eine recht ernste, als in später Stunde von Ehlurn her die ewig herrliche Weise: „Nun danket alle Gott" ertönte. Von Lager Zu Lager getragen, beruhigte sie die Gemüter und erfüllte sie mit Dank und Demut gegen Gott, den Lenker der Schlachten und Geschicke. (Nach den Neg.-Gesch. d. 31. u. 71. Jnf.-Reg.) 88. Das Treffen von Blumenau-Prefjburg. 22. 3uli 1866. Vormarsch auf Pretzburg: Bei der Verfolgung der Völlig geschlagenen österreichischen Armee stießen unsere Erfurter Regimenter erst in Ungarn wieder auf den Feind. Auf den Hohen von Blumenau-Preßburg, im waldigen Gelände der Kleinen Karpathen, zeigte er den Unseren abermals die Stirn. General v. Bose versuchte es dort, mit seinen 31ern und 71ern auf getrennten Wegen die feindliche Stellung zu umgehen. Die Führer waren Slowaken, Holzhackcr in weißen Mänteln, die mit Stricken gebunden vorn an der Spitze geführt wurden. Ihnen zur Seite schritt ein Unteroffizier, der den Befehl hatte, sie sofort niederzuschießen, wenn sie einen Fluchtversuch machen oder die Reihen in einen Hinterhalt führen würden. Der Marsch führte durch dichtes Waldesdunkel. In häufigen Biegungen ging es beständig bergauf und bergab, über steile Hohen und tiefe Schluch-

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 100

1911 - Erfurt : Keyser
- 100 — Hauses nicht schrecken ließ. Auch Dudelsackpfeifer und Fiedler, Ringer und Klopffechter (gewerbsmäßige Fechter) waren da, und unter all dem Volk suchten die Leute ein Vergnügen, die ihre Geschäfte erledigt hatten oder sonst nichts Besseres zu tun wußten. (Nach L. Rohmann.) 34. Erfurt als Markt- und ßandelsstadt. Vor der Stadt: Auf der breiten Landstraße, die von Erfurt aus nach dem norddeutschen Tiefland läuft, bewegte sich an einem Spätsommertage des Jahres 1522 ein stattlicher Warenzug. Nicht weniger als 27 zweiräderige Karren zählen wir, die von 54 kräftigen Gäulen gezogen und von rüstigen Knechten geleitet werden. Die Güter wurden in Hamburg für Rechnung einiger Nürnberger Handelsherren verfrachtet. Menschen und Pferde sind müde von der weilen, heute zurückgelegten Strecke längs der sumpfigen Geraaue (Bett der Schmalen Gera); doch müssen alle Kräfte angespannt werden, um noch bei Tageslicht die Erfurter Stadtmauer zu erreichen. Schon steht die Sonne tief am Himmel; sie glänzt auf dem Dache von „Unserer lieben Frauen" (Dom) und von Skt. Sever, die sich scharf vom südwestlichen Himmel abheben. Ringsum dehnen sich reifende Getreidefelder aus, dazwischen sind weite Strecken mit den grünen Blattrosetten des Waids bedeckt. Die Ausläufer der Fahnerschen Höhe, die nahe an der Stadtmauer nach der Gera zu abfallen, und die Abhänge des Petersberges umgrünen üppige Weinberge. Jetzt hebt sich das mehrtürmige Johannestor deutlich vom Mauerring. Von Nordwesten her mündet die Nordhäuser Straße ein in unsern Weg; sie führt manchen Kaufmannszug — einzelne Karren und ganze Gesellschaften — dem gleichen Ziele zu: der vieltürmigen, weitberühmten Thüringer Handelsstadt Erfurt. Dicht vor dem Tore wird das Gedränge noch merkbarer; ein Trupp Gewappneter, die den Erzbischof von Magdeburg über den Thüringer Wald geleiten wollen, hat uns überholt. Voraus reitet der sächsische Obergeleitsmann mit dem weißen Stabe im Namen seines Herren, des Kurfürsten. Sie dürfen zuerst das Tor passieren. Dann muß der Hauptmann unseres Zuges die „Politen" (s. S. 95) vom letzten Geleitsort vorweisen, und endlich rollen die schwerfälligen Karren durch das mächtige Torgebäude. Auf der Krämerbrücke und im Kaufhaus: Aber noch ist den müden Reisenden keine Ruhe gegönnt. Zwar ziehen die Pferde, die wohl wissen, daß ihrer ein warmer Stall wartet, nach Kräften vorwärts, fast zu rasch für unser Verlangen, die Auslagen der Kaufmannsgaden: Tuch und Leinen. Schuhwerk und „essende Ware", vor allem aber die tausenderlei Arten fremdländischer Kostbarkeiten der Krämerbrücke in Augenschein zu nehmen; wir aber müssen uns schleunigst nach dem Ueberschreiten dieses

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 38

1911 - Erfurt : Keyser
— 38 - Zur andern; auf dem braunen Grunde wuchs wenig anderes als Wolfsmilch, Heidekraut und dunkle Waldbeeren. Dann senkte er sich in ein stilles Waldtal, sührte durch sumpsigeu Grund und das Bett eines Baches und stieg auf der andern Seite wieder in den Wald. Einigemal kamen die Reisenden auch über altes Ackerland; noch waren die Beetfurchen sichtbar, aber Schlehdorn und stachliger Ginster standen dicht wie eine Hecke daraus, und die Pserde halten Mühe durchzudringen. Zuletzt erklommen die Rosse der Reisenden mühsam die Höhe des Jdisberges, auf dessen Mitte sich eine Hobe Esche aus dem niedrigen Kraut erhob. Hier verbrachten sie die Nacht, um sich beim ersten Morgengrauen wieder zum Aufbruch zu rüsten; denn es war noch eine weite Tagsahrt bis in den Bergwald der Tbüringe (Jdisberg = Veste Coburg). Unter Franken und Wenden: Heute ritt der Führer noch schneller als am letzten Tage; aber sein scharser Blick prüfte wieder jeden Busch und Stein. So oft sie aus dem Wald in ein Wiesen-tal kamen, gab er seinen Begleitern ein Zeichen zurückzubleiben und winkte nach einer Weile mit gehobener Hand ihm zu folgen. — In der Landschaft lagen in den Tälern oder aus halber Höhe der Berge, wo ein kräftiger Quell aus dem Boden rann, hie und da Dörfer und einzelne Höfe fränkischer Ansiedler, die meisten Höfe klein, die Häuser zerfallen, notdürftig gestickt, daneben oft leere Brandstätten. Jedes Dorf und jeder Hof waren umwallt, aber auch Wall und Graben waren verfallen und zerrissen. Nur wenig Leute sahen sie auf dem Felde, in den Dörfern rannten die Kinder und Frauen an den Hoszaurt und starrten den Reisenden nach. Zuweilen war am Hausgiebel über dem Zeichen des Besitzers ein Kreuz gemalt, dann segnete der Reisende die Bewohner mit dem Christengruß. — Wieder kamen sie an ein Dorf, ohne Zaun standen die hohen Strohdächer, welche fast bis zum Boden reichten. Nackte Kinder, bräunlich und mit Schmutz bedeckt, wälzten sich neben den Ferkeln aus der Dungstätte. Kleiner waren die Leute, rundlich und Platt die Gesichter und statt der bedächtigen Ruhe, mit welcher die Reiter anderswo von den Dorfbewohnern begrüßt wurden, tönten ihnen hier lautes Geschrei, Schelte und Verwünschungen in fremder Sprache entgegen. „Sind die Fremdlinge häufig auf eurem Grunde?" fragte der Fremde. „Es sind Wenden von ostwärts, in mehreren Dörfern hausen sie hier und in Thüringen, sie zahlen Zins dem Grafen des Frankenherrn, aber übelgesinnt bleiben sie und widerbellig." So ging es eine Stunde vorwärts durch Buschholz und über Wiesengrund, endlich sahen sie in der Entfernung seitwärts vom Wege einen großen Hof unter Lindenbäumen. Da sie aber herankamen, fanden sie das Dach zerrissen, die Tür eingeschlagen, die Kohlen eines Feuers vor dem Hause und im Grase einen toten Mann, das Haupt durch einen Kolbenschlag gebrochen.

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 137

1911 - Erfurt : Keyser
— 137 — die Fahrt im Lenzessonnenschein. Am 2. Mai langte er abends in Eisenach an, von wo er 20 Jahre zuvor als fröhlicher Student gen Erfurt gewandert war. Ausgestoßen aus der Kirche und gebannt vom Papste, doch umjubelt vom deutschen Volke, kehrte er zurück. Von Eisenach ging die Fahrt weiter durch den Thüringer Wald. Nichts lag da näher, als daß er einen Abstecher nach Möhra, der elterlichen Heimat, unternahm, um die Verwandtschaft zu besuchen. Er war Gast bei Heinz Luther, dem Bruder seines Vaters, und verkündete in der Dorfkirche das Wort Gottes, wie er es auch in Eisenach getan hatte. Bei seiner Abreise gaben ihm Verwandte und Freunde das Geleit bis Allenstein und nahmen beim Anbruch der Nacht innigen Abschied. Ueberfall bei Altenstein: Nun gings in den tiefen, dun- keln Wald. Zu beiden Seiten des engen, tiefen Hohlweges ragten hohe, dichtbewaldete Hügel empor. Dumpf rauschten die Wipfel der Tannen, und über krachendes Gezweig stob flüchtiges Rot-wild. Es war schier unheimlich; der schreckhafte Ordensbruder fuhr bei jedem Geräusch zusammen. Auf einmal vernahm man das Schnauben von Rossen und das Klirren von Harnischen. Da sprengten auch schon in höchster Eile gepanzerte Reiter mit geschlossenem Visier (Helmgitter) daher. Bei einer großen Buche in der Nähe eines Brunnens stießen sie aufeinander und umringten die Wagen. Der Ordensbruder schrie Mordio und ergriff eilends die Flucht. Amsdorf, in den Plan eingeweiht, erging sich, um den Fuhrmann zu täuschen, in lauten Schmähungen über die frechen Straßenränder. Diese aber bedrohten mit gespannter Armbrust den zitternden Wagenlenker, ihnen zu sagen, welcher der ruchlose Ketzer sei. Scheltend und fluchend rissen sie dann Luther aus dem Wagen und eilten mit ihm tiefer in den Wald. Amsdorf aber schrie immer lauter über die angetane Gewalt, indes die Reiter verschwanden. Anfangs mußte Luther zu Fuß folgen, dann aber setzten sie ihn aufs Pferd. Um falsche Fährte zu hinterlassen, sprengten sie zuerst gen Morgen und kreuz und quer durch den Wald, bis sie nordwärts die Richtung nahmen. Außer Hörweite des Fuhrmanns behandelten die fluchenden Gesellen ihren Gefangenen überaus fein und höflich und ritten mit ibm gegen 11 Uhr in der Nacht durch das Tor der Wartburg. Auf der Wartburg: Der Schloßhauptmann Hans von Berlepsch zog das Barett und begrüßte den Gast sehr ehrerbietig als Herrn Junker Georg. Sorgsam wachte er auch darüber, daß das Geheimnis der Person des fremden Ritters gewahrt blieb. — Eine goldene Kette schmückte nun Luthers Brust, und bald umrahmte ein stattlicher Vollbart sein Antlitz. Bei Wanderungen in die Umgebung, beim Ausritt in die Wälder und auf dem Wege nach der Stadt begleitete ibn, der dann wie ein Ritter das Schwert

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 148

1911 - Erfurt : Keyser
— 148 — (Lin Volkslied aus dieser Zeit berichtet davon: „Da ich zu Erfurt im mainzischen Hose saß Und von dem seiften, guten Ochsen aß Und trank aus dem 12sudrigeu Faß, Hernachen zehen Gulden die Zeche was. Gut Geselle, ein andermal besinne dich daß! Lieben Bauern, wie gefällt euch das?" Außerdem wurden vier der Rädelsführer, die man verhaften konnte, am 25. August im Steiger nahe bei Melchendors enthauptet. (Nach Dr. Th. Eitner.) 43. Schädigung der Stiftskirche durch die Bauern. „Anno 1525 als die Bauern hin und wieder aufstunden, alles raubeten und plünderten, wo sie hinkamen, und weder geheiligt-noch ungeheiligter Dinge schoneten, so kamen sie auch nach Erffurth, bey welcher unglücklichen Begebenheit diese Stiffts-Kirche viel leyden müssen: Denn man findet, dass diese Mistgabel-Ritter allein auf hundert gülden- und silberne Kelche, aus dieser Stiffts-Kirche hinweg genommen, ohne was sich sonst von Silber-Werck und Kostbarkeiten darin befunden. Dieses war es nicht allein, was diese Stiffts-Kirche einbüssete, sondern sie litte noch einen andern Schaden. Die Leichname oder Reliquien des heiligen Adelarii und Eobani lagen in einem silbernen Sarge. Da man sich nun befürchtete, die Bauern mögten sich dessen auch bemächtigen, so nahm der Magistrat denselben zu sich auf das Raths-Hauss. Die Kirche hat aber nach der Zeit nichts wieder davon bekommen, denn der Rath liess den Sarg zerschlagen und aus demselben Silberpfennige prägen, die daher Sarg-Pfennige genennet . . . werden.“ (Falckenstein’sche Chronik.) 44. flckerfrondienff zu Mühlberg und Röhrenfee. (Zusammenstellung aus dem [flühlberger Erbbuch von 1528.) Der dinst ins fuhr wergk. Jtem (ferner) eyn ider ackermann zu Mulbergk undt Rohrensehe ehret1) inn yegklicher lentze eynenn tagk. Jtem die hindersydler,2) samlet eynn jeder eynn tagk hawe. Jtem eyn yeder ackermann zu Mulbergk und Rohrensehe fhuret 3 fuder hawes ins fuhrwergk. Jtem eyn yeder hindersydler hawet 1 schock holz inn der Leithenn3) zur frone.4) Jtem eyn yegklicher ackermann fhuret 3 schock holtze zur frone. Jtem inn der ehren1) dienenn die hindersydler zur gerstenn undt haffern 1 tagk. I) ehret = ackern und ernten; 2) hindersydler = £nnterfaß,_ der hinter (unterj einem andern als dessen Pächter Ansässige; 3) Waldige Höhe in der Nähe von Mühlberg; 4) Herrendienst in Handarbeit.

10. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 153

1911 - Erfurt : Keyser
— 153 — Die Horden, über die kein Mensch Herr mar, bedrückten das Land unsäglich. In manchem Bauernhaus lagen mehr als ein Dutzend von ihnen. Jeder verlangte eine volle Schüssel, einen vollen Humpen und unter dem Teller einen blanken Reichstaler. Da es Winter war, wurde der Erntewagen zerkleinert und wanderte mit Pslug, Egge und abgesägten Hausbalken in den Kachelofen. Die Gemeinen schlugen alle Kisten und Kasten aus, um versteckte Barschaft zu finden, und die Offiziere vergriffen sich am silbernen Kirchengerät. Die Dorsschenie wurde zur Wachtstube. In ihr geschahen die schlimmsten Dinge. In Büßleben schüttete man einem Bauern Pulver in Mund, Nase und Ohren und zündete es an. Dann durchstach man dem Gemarterten beide Beine, nagelte ihm die Hände fest und wars ihn, ohne sich weiter um seine Person zu kümmern, auf den Hof. Mit solchen Taten war aber das Maß der Greuel voll. Die Bauern singen an, sich ihrer Haut zu wehren. Man überfiel die absichtlich trunken gemachten Unholde und stach sie am Zechtifch nieder. Auch fanden zwischen den auf freiem Felde lagernden Soldaten und den Bauern ordentliche Gefechte statt. Selbst in der Stadt nahm die Erregtheit der Bürger zu. Ost entspannen sich zwischen ihnen und den Soldaten schlimme Austritte. Zuletzt mußte der Rat den Soldaten den Eingang durch die Stadttore verbieten. Die Walle wurden zum Schutz bewehrt, und jeden Nachmittag zog die Bürgerwehr mit Pulver, Blei und Lunte zur Wache auf den Wall. Die Plage hörte erst mit Beginn des neuen Jahres ans. Was den verschiedenen Beschwerden des Rates nicht gelungen war, ermöglichte der fehlende Sold. Dem Herzog blieb die ersehnte Löhnung aus, und so lief die Horde unter dem Abfingen von Spottliedern aus den „Fritz mit den leeren Taschen" auseinander. Tie Kroaten im Erfurter Land: Am härtesten aber wurde das Land geplagt, als Graf Merode, ein Feldherr Wallensteins, mit 12 000 Mann einrückte (1627—1628). Die Greueltaten der altenbnrgifchen Banden wiederholten sich in noch höherem Grade, war doch unter den Wallensteinern ein ganzes Regiment Kroaten, d. h. teuflischer Menschen. In ihrem orientalischen Aufputz, einen Wald von Federn auf dem Hute, die bunte Schärpe über der Brust und an der Seite den krummen Türkensäbel in silberner Scheide, brachten sie tagtäglich geraubtes Bauerngut zur Stadt. Der Spottvers „Mutter, tu die Hühner rein, s' kommt ein Trupp Soldaten! Hab'n sie rote Mänteln an, Sind sie wie Kroaten," ist damals entstanden. Die Kroaten plünderten ihre Quartiergeber rein aus und verhängten zu ihrer eigenen Freude die schlimmsten Strafen über sie. Mancher Bauer wurde von ihnen, wenn er
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