54 Einzelgebiete.
Strom, nicht Teutschlands Grenze" (Arndt), ja in der Glanzzeit deutscher Herrlichkeit im
Mittelalter floß er, wie ein zeitgenössischer Geschichtschreiber sich ausdrückt, „mitten durch
Deutschland". Die Rheinlande waren im Mittelalter der Hauptsitz deutscher Kultur und
deutscher Kaiserherrlichkeit. Bei Mainz oder in Frankfurt wurden die Kaiser gewählt und zu
Aachen gekrönt; die Rheinstraße entlang zogen sie über den Splügen nach Italien, um sich
die römische Krone zu holen; in der alten Reichsstadt Speyer endlich fanden viele von ihnen
ihre letzte Ruhestätte. Den Rhein entlang (des Reiches Psaffengasse) saßen die mächtigsten
geistlichen Kurfürsten, die Erzbischöse von Mainz und Köln. In den rheinischen Städten
feierte das Rittertum seine glänzendsten Feste, dichtete Gottfried von Straßburg fein
glühendes Epos und sang Heinrich Frauenlob seine zarten Minnelieder. Längs der ver-
kehrsbelebten Rheinstraße erblühten mächtige Reichsstädte mit einem selbstbewußten,
gewerbe- und handelstätigen Bürgertum. Machtvoll trat der Rheinische Städtebund
dem ungerechten Treiben der Ritter und Fürsten entgegen. Herrliche Dome, stolze Fürsten-
schlösser und starke Waffenplätze entstanden; hier wurde die Buchdruckerkunst erfunden. Erst
durch den politischen Zerfall Deutschlands im 30 jährigen Krieg und die Raubzüge Lud-
wigs Xiv. ward der Rhein „Deutschlands Grenze", bis er mit der Wiederaufrichtung des
Deutschen Reichs 1871 aufs neue „Deutschlands Strom" wurde.
Tas Maingebiet (Franken) in der Geschichte. Den Main entlang bestanden jähr-
hundertelang große geistliche Herrschaften, die Bistümer Bamberg und Würzburg;
Bamberg hochverdient durch die Christianisierung flavischer Völkerschaften im O., Würz-
bürg berühmt durch die Pflege der Wissenschaften und der christlichen Charitas. Am Main
liegt auch Frankfurt, der alte Handelsmittelpunkt. — In dem verkehrsreichen Franken-
land mit seinen zum Burgenbau einladenden Felsenhöhen fand das Rittertum einen
nur zu günstigen Boden, und das gewalttätige Regiment desselben beförderte hauptfäch-
lich die Erhebung der Bauern i. I. -1525. Neben der hohen Geistlichkeit und dem Adel
tat sich auch das Bürgertum in den Reichsstädten Frankens rühmlich hervor, allen
Städten der Welt voran im Nürnberg des sechzehnten Jahrhunderts, wo Bischer, Dürer,
Kraft und Hans Sachs weithin Ruhm erlangten.
In den Zeiten schwacher Kaiserherrschaft hatten auch die Frankenlande alle Leiden
der politischen Verelendung Deutschlands zu tragen. Die Mainftraße entlang zogen im
30 jährigen Krieg die Heere Gustav Adolfs und zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Truppen
des korsischen Cäsars. Noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts galt die „Main-
linie" sehr mit Unrecht als eine natürliche Scheidewand zwischen Nord- und Süd-
deutschend. Das Mainland ist indes weit mehr eine „Brücke" zur Verbindung von
Nord und Süd, und sein blühendes Berkehrsleben verdankt es vor allem diesem glück-
lichen Umstand.
Und welch glanzvolle fränkische Namen weist die Geschichte der deutschen Dichtkunst
auf! Franken ist die Heimat des gedankenreichsten Sängers der höfischen Poesie, Wolframs
von Eschenbach, und das Mainland schenkte uns Goethe. Im letzten Jahrhundert wurden
hier Friedrich Rückert, Graf Platen und Jean Paul geboren.
Schwaben in der Geschichte. Mit den Franken wetteifert in geschichtlicher Bedeutung
der wackere Stamm der Schwaben. Nicht weniger als vier große Herrscherhäuser hat er dem
deutschen Volk gegeben: die Staufer und die Welfen, die Hohenzollern und die Zäh-
ringer. Dem stark ausgeprägten Freiheitssinn des Stamms ist die Entstehung der
vielen freien Reichsstädte zuzuschreiben. Mit der Freiheitsliebe des Schwaben paart
sich seine altbewährte Tapferkeit, die Uhland in der Schwäbischen Kunde treffend zeichnet.
Die Schwaben galten als so wehrhaft und streitbar, daß sie die Vorfechter des Reichsheeres
bildeten und das Vorrecht genossen, immer das Reichsbanner in den Kampf zu tragen,
eine Ehre, die bis zu Anfang des vorigen Jahrhunderts bei Württemberg verblieben ist.
Mit diesen echt männlichen Zügen vereinigt das schwäbische Volk jene wundersame
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Extrahierte Personennamen: Arndt Gottfried_von_Straßburg Heinrich_Frauenlob Heinrich Hans_Sachs Gustav_Adolfs Gustav Adolfs Cäsars Wolframs
von_Eschenbach Goethe Friedrich_Rückert Friedrich Jean_Paul
Extrahierte Ortsnamen: Mainz Frankfurt Aachen Rheinstraße Italien Rhein Mainz Rheinstraße Deutschlands Rhein Main Bamberg Main Frankfurt Franken- Frankens Deutschlands Mainland Nord Mainland Schwaben Schwaben Schwaben Württemberg
56. Würzburg, die alte Bischofsstadt am Main.
299
besonders auch in dem daranstoßenden reizenden Hofgarten, die tüchtigen Bildhauer van der Anvera und Wagner sorgten. In der Tat ein in seiner Art ganz einzig dastehendes Kunstleben, wie es sich damals in der
(Bitter am Würzburger Hofgartentor von 3. Cb. Oegg.
/
fränkischen Bischofsstadt entwickelt hat, so daß diese Erscheinung auch in der allgemeinen Kunstgeschichte einen bedeutsamen Platz beanspruchen darf. Abgesehen von diesem großartigen Hauptwerk hat Neumann auch auf das gesamte Bauwesen in Würzburg umgestaltend und verbessernd eingewirkt. Diesem Zeitraum gehört die zeitgemäße Umgestaltung zahlreicher Kirchen an, ein Eingreisen, das man ja vom kunstgeschichtlichen Standpunkt aus nur beklagen kann, das
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Extrahierte Personennamen: Wagner Oegg Neumann
Extrahierte Ortsnamen: Main Würzburger_Hofgartentor Würzburg
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Extrahierte Personennamen: Rudolf_Hausmann Rudolf Agricola Jacob_Wimpheling Kourab_Celtes Willibalb_Pirckheimer Johann_Reuchliu Johann Erasmus_von_Rotterbam Schnitzer
Die Rhein-Nebenflüsse von Basel bis Bingen. 80
Verlag Carl Koch, Nürnberg,
Abb. 77. Nürnberg.
an der westlichen Seite des großen Dreiecks, wird von Rebenhügeln umgeben
und ist ein bekannter Weinort. Frankfurt a. M. (Skizze 81, Nr. 2), W = 400000 Einw.,
ist eine der wichtigsten Handelsstädte Deutschlands. Schon im Mittelalter hieß
es von ihr: „Für die Waren der Welt ist sie der wimmelnde Markt." Damals
wurden in ihr lange Zeit auch die Kaiserwahleu abgehalten. Das alte Rat-
Haus, in dem dann das Krönungsmahl stattfand, steht noch heute. Es wird der
Römer genannt. Frankfurt ist der Geburtsort des Dichters Goethe.
Im Regnitzgebiet ist die große Stadt Nürnberg entstanden (Skizze 81, Nr. 5),
^ = 350 000 Einw. Sie liegt nicht an der Regnitz, sondern iy2 Stunden von
ihr entfernt (nach Osten oder Westen?), an eiuem kleinen Nebenfluß der Regnitz
(namens Pegnitz). Sie gehört zu den altberühmten Städten Deutschlands. Nicht
weniger als 30 deutsche Kaiser haben hier im Mittelalter zeitweilig residiert. Das
Schloß, in dem sie wohnten, überragt uoch heute die schöne, malerische Stadt (siehe
Bild 77). Auch die alte Stadtmauer steht noch, und in den inneren Stadtteilen be-
finden sich noch viele hübsche alte Häuser aus dem Mittelalter. Sie sind meist schmal,
kehren die steilen Giebel nach der Straße, haben übergebaute Stockwerke und siud
mit Erkern, Türmchen und vielen kleinen Verzierungen reich geschmückt. Man
sieht, mit wie großer Liebe man damals an den Häusern baute. Auch die Kirchen,
Brunnen und andere Bauten zeigen reichen Schmuck. In jener Zeit lebten viele
kluge Männer in Nürnberg, z. B. der Schuhmacher Hans Sachs, ein berühmter
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In einer mittelalterlichen Stadt.
103
Vieles aus der mittelalterlichen Stadt ist jetzt nicht mehr vor-Hnden; willst du aber einen Ort sehen, der sein frheres Gewand noch trgt, so schaue dir Rotenburg o. d. Tauber oder Nrnberg. Gos-lar, Hildesheim oder Braunschweig an. In unserm Sachsenlande kannst du besonders in Bautzen, Meien und Freiberg noch manches Mittelalterliche erblicken.
*
In einer mittelalterlichen Stadt ging es vom frhen Morgen an Leben in der lebhaft zu. Durch die geffneten Tore brachten die Landleute Lebens- @tabt" mittel herein. Die Kaufleute ffneten ihre Lden, die Tuchmacher legten ihre Stoffe im Gewandhause zum Kaufe aus. Die Handwerker begannen ihr Tagewerk in ihren Werksttten: aus einer Gasse tnten die Hammerschlge der Kupferschmiede, aus einer andern erklang der Lrm,
den die Bttcher verursachten; jedem Handwerk war eine besondre Gasse -eingerumt, daran erinnern noch die Schuhmacher-, Bttcher- und Sporer-gchen im Innern mancher Stadt.
Lange Wagenzge oder schwerbeladne Schiffe brachten dem reichen Kaufherrn kostbares Handelsgut. Da waren viele Hnde beschftigt, das abzuladen, zu wgen, aufzustapeln oder weiter zu versenden. Nirgends kamen grre Reichtmer zusammen als in Nrnberg und Augsburg oder in den Stdten an der Ost- und Nordseekste. Hier schlssen die Kauf-Leute den mchtigen Hanscbund, der auch viele Städte im Innern Deutsch-Hanse.
lands umfate. Hunderte von Hanseatenschiffen befuhren die Meere und brachten Getreide, Holz, Pelze und den vielbegehrten Hering heim.
Heute besteht die Hanse nicht mehr, doch tragen Hamburg, Bremen
und Lbeck noch den Namen Hansestadt.
* *
*
In der Stadt Mainz erfand Johann Gutcnberg die wichtige Kunst. Jobann Vcher zu drucken. Er stellte Buchstaben einzeln aus Metall her i/Satnj. (Lettern), setzte sie zu Wrtern und Stzen zusammen, berzog diese mit Schwrze und druckte sie auf Papier. Dann lste er die Buch-stabenreihen wieder auf und schuf daraus neue Wortbilder.
Zwei Männer halfen ihm seine Kunst vervollkommnen, und bald erschien die erste gedruckte Bibel; sie erregte Bewunderung und Freude bei allen Gebildeten.
Jedoch der kluge Mann erntete wenig Lohn fr sein Knnen und starb in Armut, von seiner Kunst aber ist groer Segen ausgestrmt.
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Extrahierte Personennamen: Freiberg Johann_Gutcnberg Johann
62
Das Mittelalter.
waren groe Feuersbrnste hufig, Wenn ein Haus mehrere Stock-werke erhielt, so lie man, um Raum zu gewinnen, das obere Stockwerk der das untere vorspringen. 3m Gegensatz zu der Schlichtheit der Wohnhuser stand oft die Gre und Schnheit der Kirchen.
blhender 6" Frderung des Biirgertumcs durch die ttreuzzge.
Städte Durch die Kreuzzge wurden zunchst die handeltreibenden Städte Italiens, wie Venedig, Genua, Pisa, Mailand, so mchtig, da^z. B. Mailand sogar den kraftvollen Hohenstaufenkaisern Trotz bieten konnte ( 39, 2; 41, 5). von Italien wurden die kostbaren Waren aus Indien, persten und Arabien, insbesondere Gewrze, Seide, Gold, Edelsteine , der die Alpenpsse nach Sddeutschland gebracht, wo die Kaufleute von Augsburg, Ulm, Regensburg, Wien, Nrnberg, Mainz, Frankfurt sie in (Empfang nahmen und weiterbefrderten, venediger Macht, Augsburger Pracht, Ulmer Geld herrschen durch die ganze Welt," heit es in einem damals aufgekommenen Sprchlein. In Norddeutschland taten sich (Erfurt, Braunschtoeig, Kln, Bremen, Hamburg und Lbeck durch ihren Handel hervor, in den Niederlanden Brssel, Antwerpen, Gent.
47. Stellung der Krauen.
Siauenbtenft l. Der Frauendienst. Die altgermanische Achtung der Frauen steigerte sich in der Ritterzeit zum Frauendienst. Jeder Ritter suchte einer vornehmen Dame durch Verrichtung tapferer Taten und, wenn er dazu fhig war, durch Minnesang" zu dienen und erwartete von ihr dafr Anerkennung.
Eichung 2. Erziehung und Beschftigung der Krauen. Die heran-schstigung wachsenden Mdchen wurden, wie frher, meist von der Mutter erzogen er Frauen un^ ^,e|on5ers {n huslichen Arbeiten tchtig gemacht. Auch in der Heilkunde und Krankenpflege erhielten sie Unterweisung; denn oftmals war verwundeten und Kranken Hilfe zu leisten.
Die Tchter vornehmer Familien empfingen durch eine Sucht-meisterin", durch den Burgkaplan oder in Klosterschulen eine weitergehende Bildung. Sie lernten biblische (Beschichten, Legenden, Gebete, den Gebrauch fremder Sprachen, besonders des Franzsischen, die Gesangeskunst, das Harfen- oder Geigenspiel. Sehr eifrig bten sie die Stickerei; sie stickten Wandteppiche, Waffenrcke und Satteldecken und wuten biblische und poetische Vorgnge mit Seide, Silber, Gold und Edelsteinen wiederzugeben. Sorgfltig machte man die (Edelfrauen mit der Anstands-
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218 Vi. Das deutsche Reich zu Ende des Mittelallers.
Den Hauptgegenstand der lyrischen Poesie dieses Zeitraumes^ bildet die Minne, die zarte Verehrung der Frauen. Die Minnesänger (iu Südfraukreich Troubadours genannt), zogen mit der Zither im Arm oon Ort zu Ort und fanden an den Hosen der Fürsten und in den Burgen der Ritter stets die ehrenvollste Aufnahme. „Sie saugeu oon Lenz und Liebe, von sel'ger goldner Zeit, von Freiheit, Männerwürde, von Treu und Heiligkeit; sie sangen von allem Süßen, was Menschenbrust durchbebt, sie sangen von allem Hohen, was Menschenherz erhebt." Unter den Fürsten, die als Beförderer des Minnesangs genannt werden, steht der Landgraf Hermann von Thüri ngen oben an. Die Wartburg, wo er seinen Wohnsitz hatte, war der Sammelplatz der begabtesten Dichter ans alleu deutschen Gauen. Hier fand der viel gefeierte i207„Sängerkrieg" statt, in welchem zuerst Heiurich von Ofterdingen gegen Walther von der Vogelweide unterlag, dann aber dem Ersteren der Preis vor Wolfram von Eschenbach zuerkannt wurde.
Mit dem Verfall des Nitterthums verstummte auch der Minnesang, und die Poesie flüchtete sich von den Fürstenhöfen in die Häuser einfacher Bürger und Handwerksmeister, von denen sie mit mehr Eifer als Kunst gepflegt wurde. Die Meistersänger bildeten eine förmliche Zunft mit eigenen Vorstehern, welche die vorgetragenen Gesänge nach gewissen Gesetzen und Regeln prüften und die Preise zuerkannten. Da es ihnen weniger auf den Inhalt als auf die Form ankam, so artete bei ihnen die Dichtkunst in bloße Reimerei aus. Der Meistergesang blühte besonders in den Städten Nürnberg, Straßburg, Augsburg, Mainz, Ulm und i55ofrankfurt; der berühmteste Meistersänger war Hans Sachs, Schuhmachermeister iu Nürnberg.
Unter den Hohenstaufen gelangte auch die Baukunst zur höchsten Vollendung. Die ersten christlichen Kirchen wurden im byzantinischen Style erbaut, wobei die Basilika (Kauf- oder Gerichtshalle) mit ihrem Langhaus, ihren Rundbogen, ihren Säulenreihen und ihrer flachen Decke zum Muster diente; über der Mitte des in Kreuzform errichteten Gebäudes wölbte sich eine Kuppel. Aus dem byzantinischen Styl entwickelte sich bei den romanischen Völkern der romanische Styl, durch welchen die flache Decke zu einem Kreuzgewölbe umgestaltet und der Thurm dem Ganzen hinzugefügt wurde. Zahlreiche Kirchen in Deutschland sind in diesem Style erbaut, so die Dome von Speier, Worms, Mainz, Trier, Bamberg u. a. Doch in ihrer vollen Erhabenheit und Schönheit trat die Baukunst erst im deutschen oder gothischen Style auf. Der Rundbogen machte dem Spitzbogen Platz, die Fenster wurden größer, die Portale weiter, die Verzierungen (Rosetten) mannigfaltiger, die Thürme höher, schlanker, leichter. So geben die gothischen Kirchen der bimmelanstrebenden Sehnsucht des
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— 287 —
Das Seephänomen ist nicht der ausschließliche Ausdruck der Gletschererosion,
es ist uur ein Beweis von deren geringem Alter, gleichsam ein gewisses
Stadium in der Geschichte von deren Werken. Nicht die Seen allein also
dürseu als Zeugen der Gletschererosion betrachtet werden.
Sind nun auch die großen wie kleinen Seen alter Gletschergebiete ver-
gängliche Zeugnisse eines großen Ereignisses, so kommt den ersteren doch
eine weit größere Dauer als den letzlereu zu. Nicht nur weil sie erhaltuugs-
fähiger sind, sondern weil sie auch in so bestimmter Beziehung zur Ver-
gletscherung stehen, daß sie bei deren Wiederholung von neuem an derselben
Stelle entstehen können. Dies gilt namentlich von den Seen am Rande
der Alpen; denn am Fuße dieses Gebirges mußte bei jeder Vergletscherung,
welche die Hochebene erreichte, erodiert werden. So erscheinen jene großen
Seen in gewissem Sinne als lang dauernde, bisweilen sich verjüngende
Gebilde, aber nicht vermöge der ihnen innewohnenden Unvergänglichkeit,
sondern weil sie in bestimmter Abhängigkeit zu einem periodisch wieder-
kehrenden Ereignisse in der jüngsten Geschichte des Gebirges stehen. Sie
sind nicht permanente, sondern periodische Erscheinungen in den Alpentälern.
Ii. Nürnberg und München.
(„Das ist des Deutschen Vaterland!" Eine Wanderung durch deutsche Gauen.
Herausgegeben von Josef Kürschner Mit 1275 Abbildungen. Berlin, Eisenach,
Leipzig. Hermann Hillger Verlag ^jetzt Dampsbuchbinderei F. A. Barthel, Leipzigs. 441
Seiten. S. 398—400, 406-410.)
(1. Nürnberg.) Nürnberg, die „steinerne Chronik" Deutschlands, ist
das Mekka der Deutschen, so sie Sinn für mittelalterliche Kuust, Poesie
und Baustil besitzen. Die alte ehemalige Reichsstadt wird auf jeden Besucher
einen überwältigenden Eindruck machen; es wird mit jedem Schritt ein
Stück Mittelalter lebendig, es erwachen Erinnerungen an eine große Zeit.
Überall uach alter deutscher Sitte Türme, Erker, Basteien, Grüben, Mauern,
Wälle, prachtvolle Kirchen, Häuser in herrlichster Gotik, winkelige Gassen,
krumme Brücken, schöne Brunnen, und darüber auf 72 m hohem Sandstein-
felsen die stolze Burg — ein herrlich deutsches Bild! Nürnberg ist die
wunderbarste Stadt Deutschlands fürwahr! Jahrhunderte sind vorüberge-
rauscht, doch die Stadt ist gleich, schier unverändert geblieben. Dank des
edlen Strebens des verdienstvollen Architekten Heideloff hat man bei Neu-
bauten stets die mittelalterlichen Vorbilder im Auge behalten und neue
Gebäude in Harmonie zur alten Stadt gebracht, wodurch das einheitliche
Gepräge erhalten geblieben ist. Neben Prag ist Nürnberg die malerischste
Stadt der Welt, von der die Chronisten stolz schreiben: „Es gibt nur ein
Nürnberg!" Ragt der fünfeckige Turm der Zolleruburg noch in die heidnische
Zeit hinauf, so finden wir Nürnberg selbst im Jahre 1050 urkundlich
erwähnt. Mannigfach sind die Schicksale der Stadt, die Heinrich V. zerstörte,
Konrad Iii. wieder aufbaute. Das Nürnberg, wie es erhalten geblieben,
hat Kaiser Karl Iv. geschaffen, und die goldene Bulle mit der reichsgesetz-
lichen Bestimmung, daß jeder Kaiser seinen ersten Reichstag zu Nürnberg
abzuhalten habe, nützte Nürnberg so sehr, daß die alte Noris zur vornehmsten
und mächtigsten Stadt des Mittelalters emporwuchs. Doch fehlte es nicht
auch an Leid, Fehde und Kampf, insbesondere als Burggraf Friedrich Vi.
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Extrahierte Personennamen: Josef_Kürschner Hermann_Hillger Dampsbuchbinderei_F._A._Barthel Heideloff Nürnberg Heinrich_V. Heinrich_V. Konrad_Iii Konrad Karl_Iv Karl Friedrich_Vi Friedrich
216
Die Meistersnger. Schon im Anfange des vier-zehnten Jahrhunderts verbreiteten sich Dichtkunst und Gesang von den Burgen der Ritter auch in die Städte. Die Burger fanden Vergngen daran, in Erholungsstunden die schnen Lieder und Erzhlungen der Minnesnger zu lesen. Manche, die in sich einiges Talent fhlten, ahmten ihnen nach und fingen in Nebenstunden an, fleiig zu dichten. Bald bildeten sie eine be-sondere Sngerzunft unter sich und wurden, weil sie Meister ihres Handwerks waren, Meistersnger genannt. Auch hiel-ten sie, wie andere Znfte, regelmige Versammlungen auf ihrer Zeche oder Herberge und trugen hier ihre Lieder vor. Vorzugsweise aber war die Kunst dieser Meister heiligen Zwecken gewidmet. Darum wurden ihren Gesngen auch biblische Texte untergelegt, und die ffentlichen Singschulen oder Wettstreite an Sonn- und Festtagen in der Kirche nach dem nachmittgigen Gottesdienste gehalten. Die Singschulen der Meistergenossen-schaften bestanden vorzglich in den sddeutschen Stdten, zunchst in Mainz, dann auch in Augsburg, Nrnberg, Frank-surt, Memmingen, Colmar, Ulm und vielen anderen. Jede Ge-sellschast hatte ihre Tabnlatur, d. i. ein Verzeichni von Fehlern, die in Dichtung und Gesang sorgfltig zu vermeiden waren. Besonders bezog sie sich auf den Reim. Wer diese Tabulatur vollkommen inne hatte, hie ein Schulfreund; wer sie noch nicht recht verstand, ein Schler; wer Lieder vorsingen konnte, ein Singer; wer nach anderen Melodien Lieder machte, ein Dichter; wer ein Reimgedicht machte und selbst die Melodie dazu erfand, ein M e i st e r. Man kann den-keu, da der Werth einer solchen Dichtkunst, die grtentheils von Ungebildeten fast handwerksmig betrieben wurde, nicht eben hoch anzuschlagen ist. In einem um so schneren und
Fr einen Glauben wollten alle streiten,
Die Herzen waren einer Lieb' erschlossen;
Da war auch eine Poesie erklungen,
In einem Sinn, nur in verschied'ne Zungen."
A. W. Schlegel.
t
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64
Masovien gegen die heidnischen Preußen zu Hülfe. (Her-
mann Balk 1250.) Preußen, durch sie bekehrt, wird ihnen
Unterthan, 1509.
Die Städte, — sie heben sich, erlangen Reichthum und
Macht durch den Handel mit dem Orient — frühere Handels-
wcge im Anfange des Mittelalters. — Wineta (800), Zulin
(1000). Letzteres durch Waldemar zerstört — (§,80.).
D i e H a n sa. — Der Handel mit dem Orient und Ale-
xandrien durch die Ztaliäner (Venedig, Genua, Amalfi) be-
trieben, nimmt seinen Weg durch Deutschland und bewirkt
die Blüthe der Städte, die durch Eifersucht des Adels und
das Faustrecht in kriegerischer Verfassung erhalten werden.
E r st e s B ü n d n i ß z w i s ch c n H a m b u r g und L ü b e ck zu
Sicherung ihrer Landstraßen und Gewässer 1241, welchem
1500 schon 60 Städte beigetreten sind. 1) Wendischer
Bund, Lübeck. 2) Westphä lisch er Bund, Cöln. 5) Säch-
sischer Bund, Braunschweig. 4) Preußischer undlief-
ländischer Bund, Danzig.
Aufblühen der Kunst und Wissenschaft, in
Deutschland besonders unter den schwäbischen Kaisern, durch
den Geist des Rittcrthums und die Kreuzzüge begünstigt. —
Minnesinger.— (Wolfram v.eschenbach, Hartmann von
der Aue, Konrad v. Würzburg, Heinrich von Ofterdingen,
Walter von der Vogelweide, Gottfried von Straßburg u. a.—
Das Nibelungenlied—.)
Die deutsche Baukunst; prächtige Kirchen (Straß-
burger Münster, Cölner Dom).
Entstehung der ersten Universitäten: Bologna, Sa-
lerno, Paris.
Die Kirche. — Ihre Gewalt erlangt den höchsten
Punct unter Znnocenz und seinen Nachfolgern. Einfluß der
Kreuzzüge und des Mönchswesens. Entstehung der
Vettelorden (Franciscaner und Dominicaner), Inquisi-
tion. Znnocenz predigt zuerst das Kreuz gegen die Albigen-
ser und Waldenser (§.61.). Peter Waldus, Vorläufer
der Reformation (Conrad von Marburg).
tz. 63.
rendre europäische Länder im versloßnen
Zeitraum.
Frankreich. — Hier herrschen erst noch schwache
Karolinger, unter welchen die Großen ihre Macht vermehren.
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Extrahierte Personennamen: Waldemar Wolfram_v.eschenbach Hartmann Konrad_v Konrad Heinrich_von_Ofterdingen Heinrich Walter_von_der_Vogelweide Gottfried_von_Straßburg Peter_Waldus Conrad_von_Marburg
Extrahierte Ortsnamen: Venedig Genua Amalfi Deutschland Braunschweig Danzig Deutschland Cölner_Dom Bologna Paris Frankreich