Tie deutschen Meere und ihre Küsten. 37
Auch fehlen nicht gute natürliche Hafenplätze; solche bieten die langgestreckten
Förden von Schleswig-Holstein und die breiten Trichtermündungen der großen
Ströme, an denen auch "Deutschlands Haupthandelshäsen emporgewachsen sind.
Dazu ist die Nordsee durch ihre ganze Natur, insbesondere durch ihre heftigen
Stürme, eine vortreffliche Schule für den Seemann.
2. Wirtschaftliche Gründe. Die starke Zunahme der Bevölkerung
des Deutschen Reiches (jährlich um 800 000 Seelen) veranlaßte alljährlich Tausende
unserer Landsleute zur Auswanderung in überseeische Gebiete, so daß wir schon
aus diesem Grund ein lebhaftes Interesse daran haben, den Verkehr zur See auf-
rechtzuerhalten, um gegebenenfalls den in der Fremde lebenden Stammesgenoffen
den Schutz des Vaterlands angedeihen zu lassen^).
In den überseeischen Gebieten sind in landwirtschaftlichen und gewerblichen
Unternehmungen weit über 10 Milliarden deutscher Kapitalien angelegt, vor allem in
Amerika; aber auch in Asrika, Australien und manchen Teilen Asiens arbeiten
Hunderte von Millionen deutschen Geldes.
Unsere Industrie bezieht einerseits einen großen Teil ihrer Rohstoffe (nahezu
%) aus fernen Ländern, z. B. Baumwolle, Seide, Wolle, Tabak, Kautschuk, ander-
seits bedarf sie der Beziehungen zu diesen Ländern für den Absatz ihrer Erzeug-
niffe^). Auch unser Bedarf an Brotgetreide und Fleisch kann nicht völlig durch
die deutsche Landwirtschaft gedeckt werden, und wir sind daher auf Zufuhr von
auswärts, vor allem auch aus überseeischen Gebieten, angewiesen.^)
Die deutsche Handelsflotte hat in den letzten Jahrzehnten so große Fort-
schritte gemacht, daß sie heute in ihrer Leistungsfähigkeit unter allen Welthandels-
flotten den zweiten Rang einnimmt. (S. S. 86).
Der deutsche Außenhandel, der 1911 einen Gesamtwert von 17,8 Mil-
liarden Mark darstellt (England 21 Milliarden Mark) und der mit jedem Jahr
zunimmt, ist zum weitaus größeren Teile Seehandel; es entfallen auf ihn reich-
lich 2/3 des gesamten deutschen Außenhandels.
Ein erhöhtes Anrecht auf die See verleiht uns endlich die Erwerbung unseres
ausgedehnten Kolonialbesitzes.
3. Geschichtliche Gründe. Wo immer deutsche Stämme an die Küste
herantraten, ward das Meer für sie eine willkommene Schule der Tatkraft, der Unter-
nehmnngslust und des Kriegsmuts, und die deutsche Dichtung verherrlicht neben den
tragischen Kämpfen der Stämme im Binnenland in gleich hohen Tönen das Ringen
der deutschen Seekönige; neben dem Nibelungenlied steht die Gudrundichtung.
1) 1907 wanderten 31696 Deutsche aus. Im Ausland leben 3 Millionen geborene
Deutsche und 799 Wo Reichsangehörige. 8—9 Mill. sprechen in den Vereinigten Staaten die
deutsche Sprache.
2) Einfuhrwerte wichtiger von Übersee bezogener Rohstoffe i. I. 1919: S. auch S. 36ff.)
Baumwolle . . 561 Mill. Mk. Rohseide ... 147 Mill. Mk.
Schafwolle . . 399 „ „ Chilesalpeter . . 134 „
Kautschuk und Palmkerne und
Guttapercha . 279 „ „ Kopra ... 179
3) Einfuhr von Getreide (1910): 687 Mill. M., von Rindvieh 159 Mill. M.
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Extrahierte Ortsnamen: Schleswig-Holstein Amerika Australien England
44 Einzelgebiete,
man Gipslager und Salzquellen, und die Tiefbohrungen um Celle haben ansehn-
liehe Petroleumlager erschlossen. Die Marschen liefern das trefslichste Mastvieh
und gute Pferde. Im Gewerbsleben treten jene Industrien hervor, die ihre Roh-
stoffe der Landwirtschaft entnehmen (Zuckerfabriken, Branntweinbrennereien,
Konservenfabriken). In den Küstenstädten blühen die mit dem überseeischen Handel
und der Schiffahrt zusammenhängenden Erwerbszweige. Zu nennen sind hier die
Reismühlen, Zigarren- und Tabakfabriken Bremens, die Hamburger Fabriken
zur Bereitung von Gummi, Guttapercha, zur Verarbeitung von Palmkernen und
Kokosnüssen, dann die großen Schiffswerften.
Die Ostelbischen Lande haben für Preußen hohe geschichtliche
Bedeutung. Hier ist die Wiege der preußischen Monarchie und die Heimat der
strammen preußischen Heereszucht und des ebenso gearteten Beamtentums. Hier
ist daher auch die Heimat der großen preußischen Feldherrn der Fridericianischeu
Zeit, der Befreiungskriege und des Deutsch-Französischeu Krieges. Aber auch die
Wissenschaft ist trefflich vertreten, so durch Kaut, Koperuikus, die beideu Hum-
boldt, Monunsen u. a.
Politische Gliederung des Gebietes. Große natürliche Einheiten neigen dazu,
auch politische Einheiten zu werden, und so ging die Einigung Deutschlands von der
Tiesebene aus. Die nördliche Niederung wird in der Hauptsache vom Köuigreich
Preußen eingenommen. (Zähle die Provinzen und Hauptorte auf!) An der Küste
liegen die Freien Städte Hamburg, Bremen und Lübeck und die Groß-
Herzogtümer Oldenburg und Mecklenburg, im Binnenland die Her-
zogtümer Braunfchweig und. Anhalt.
2. pic Mitteldeutsche chebirgsschwelle.
Allgemeines.
Pielgestaltigkeit. Von dem Schieferplateau der Ardeunen bis zu den Kar-
paten legt sich als trennende Landscholle zwischen die süddeutschen Stufeuländer
und die Norddeutsche Tiefebene eine Reihe sehr verschieden benannter und ver-
schieden gearteter Gebirge, die unter dem gemeinsamen Namen Mitteldeutsche
Gebirgsschwelle zusammengefaßt werden. Zwei wesentlich verschiedene Teile
müssen in diesem Gebiet auseinander gehalten werden. Während der ö. von der
Elbe gelegene Teil, die Sudeten, einen verhältnismäßig schmalen Gebirgszug
darstellt, verbreitert sich der w. zu einem zwar niedrigem, aber ausgedehnteren Berg-
und Hügelland. Seine Glieder sind das Rheinische Schiesergebirge, das
Hessische Bergland, die Wesergebirge, Thüringer Wald, Harz und Erz-
gebirge. In den ältern Teilen dieser Hochflächen sehen wir die Reste eines alten,
abgetragenen Hochgebirges. (Vgl. Geolog. Aufbau S. 11 f.)
Verkehrswege. Die natürliche Schranke zwischen N. und S. in unserem Vater-
land bildet nicht die Mainlinie, wie oftmals behauptet worden ist, sondern die lange
Folge von Mittelgebirgen. Aber diese Schranken hat die Natur selbst wieder teil-
weise ausgehoben durch Täler und Einsenknngen (das Rheintal zwischen Bingen und
Bonn, die Hessische Senke und das Wesertal, das Vogtland zwischen Frankenwald
und Erzgebirge und die verschiedenen Sudetentore s. S. 17). Da sich auch in
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48
Die deutsche Kaiserzeit 919—1250.
Wormser Endlich wurde der Jnvestlturstreit 1122 durch das Konkordat von Rini25.at' Worms beendigt. Dieser Vertrag bestimmte, daß die Bischöfe von dem Kapitel, d. H. der Versammlung der Domherren des Bistums, gewählt werden, dann vom König durch Überreichung eines Zepters mit den weltlichen Hoheitsrechten belehnt und darauf vom Papste durch Ring und Stab mit der geistlichen Würde investiert werden sollten.
1125. 1125 starb Heinrich V. Mit ihm erlosch das fränkische Kaisergeschlecht.
Rückblick auf die Zeit der fränkischen Kaiser.
Das § 51. Während zur Zeit Konrads Ii. und Heinrichiii. das deutsche
Königtum. ^ön|gtum fcer Höhe seiner Macht stand, hatten die beiden letzten Salier zwei starke Gegner gefunden, deren sie nicht hatten Herr werden können: das Papsttum, das über den Staat zu herrschen strebte, und die Fürsten, die sich möglichst unabhängig zu machen suchten. Beide sahen in dem Königtum einen gemeinsamen Feind, gegen den sie sich verbanden. Auch auf die deutschen Bischöfe konnten die Könige nicht mehr wie früher zählen; sie traten als geistliche Fürsten den weltlichen zur Seite. So bereitete sich die Zersplitterung Deutschlands vor.
Lehnswesen. Alle Verhältnisse des damaligen Zeitalters beherrschte das Lehns-
wesen. Wie der König Herzogtümer und Grafschaften, Ländereien, Rechte jeder Art zu Lehen vergab, so vergaben sie die Belehnten wieder Stände, an ihre Lehnsleute. Nur Ritter konnten Lehen empfangen. Diese schlossen sich zu einem adligen Kriegerstande zusammen, der wirtschaftliche Erwerbsarbeit verschmähte und in jeder Beziehung ein Vorrecht für sich in Anspruch nahm. Mit Verachtung sah er auf den Stand der Bauern herab. Auf diesen lastete nicht mehr, wie einst zur germanischen Zeit, die Wehrpflicht; aber sie genossen auch nicht die Rechte des Kriegers. Schon aber entstand innerhalb der Mauern der Städte ein dritter Stand, der Bürgerstand, der sich zwischen Ritter und Bauern einfügte.
Wirtschaft. Denn mehr und mehr blühte das Städtewesen auf. Worms war
die erste deutsche Stadt, die in die Politik eingriff; die erste Handelsstadt Deutschlands ober wurde Köln, das damals für Seeschiffe erreichbar war und mit England einen gewinnbringenden Handel trieb. Überhaupt wuchs der Wohlstand des Landes. Immer mehr lichtete sich der Urwald, es wuchsen die Ackerfluren, die Kultur drängte die Wildnis zurück. Ein besonderes Verdienst um die Urbarmachung des Bodens erwarb sich der Mönchsorden der Cisterzienser.
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48
Die deutsche Kaiserzeit 919-1250.
Wormser Endlich wurde der Jnvesüturstreit 1122 durch das Konkordat von
1125. Worms beendigt. Dieser Vertrag bestimmte, daß die Bischöfe von dem Kapitel, d. H. der Versammlung der Domherren des Bistums, gewählt werden, dann vom König durch Überreichung emed Zepters mit den weltlichen Hoheitsrechten belehnt und darauf vom Papste durch Ring und Stab mit der geistlichen Würde investiert werden sollten.
1125. 1125 starb Heinrich V. Mit ihm erlosch das fränkische Kaisergeschlecht.
Rückblick auf die Zeit der fränkischen Kaiser.
Kö lüg mm § 51. Während zur Zeit Konrads Ii. und Heinrichs Iii. das deutsche Königtum auf der Höhe feiner Macht stand, hatten die beiden letzten Salier zwei starke Gegner gefunden, deren sie nicht hatten Herr werden können: das Papsttum, das über den Staat zu herrschen strebte, und die Fürsten, die sich möglichst unabhängig zu machen suchten. Beide sahen in dem Königtum einen gemeinsamen Feind, gegen den sie sich verbanden. Auch auf die deutschen Bischöfe konnten die Könige nicht mehr wie früher zählen; sie traten als geistliche Fürsten den weltlichen zur Seite. So bereitete sich die Zersplitterung Deutschlands vor.
Lehnrwesen. Alle Verhältnisse des damaligen Zeitalters beherrschte das Lehns-
wesen. Wie der König Herzogtümer und Grafschaften, Ländereien, Rechte jeder Art zu Lehen vergab, so vergaben sie die Belehnten wieder an ihre Stünde. Lehnsleute. Nur Ritter konnten Lehen empfangen. Diese schlossen sich zu einem adligen Kriegerstande zusammen, der wirtschaftliche Erwerbsarbeit verschmähte und in jeder Beziehung ein Vorrecht für sich in Anspruch nahm. Mit Verachtung sah er auf den Stand der Bauern herab. Auf diesen lastete nicht mehr, wie einst zur germanischen Zeit, die Wehrpflicht; aber sie genossen auch nicht die Rechte des Kriegers. Schon aber entstand innerhalb der Mauern der Städte ein dritter Stand, der Bürg er stand, der sich zwischen Ritter und Bauern einfügte.
Wirtschaft. Denn mehr und mehr blühte das Städtewesen auf. Worms war
die erste deutsche Stadt, die in die Politik eingriff; die erste Handelsstadt Deutschlands aber wurde Köln, das damals für Seeschiffe erreichbar war und mit England einen gewinnbringenden Handel trieb. Überhaupt wuchs der Wohlstand des Landes. Immer mehr lichtete sich der Urwald, es wuchsen die Ackerfluren, die Kultur drängte die Wildnis zurück. Ein besonderes Verdienst um die Urbarmachung des Bodens erwarb sich der Mönchsorden der (Zisterzienser.
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72
Iii. Die Zeit des Deutschen Reiches.
130.
Polargegenden sind in der letzten Zeit bekannter geworden. Der Natur-forscher entdeckt neue Elemente, neue Erscheinungen der Elektrizitt und des Lichtes; er erkennt die chemische Znsammensetzung der entferntesten Himmelskrper, beobachtet die kleinsten, dem bloen Auge unsichtbaren Lebewesen und untersucht die Bedingungen des organischen Lebens. Dennoch sind wir von einer vollstndigen Erkenntnis der Natur weit entfernt. Kennt doch der Mensch die Natur seines eigenen Krpers so wenig, da sich der die Behandlung der inneren Krankheiten die verschiedensten An-sichten nebeneinander behaupten.
Mehr als jemals hat die Bildung das ganze Volk durchdrungen. Durch die Verbreitung und sorgfltige Einrichtung der Schulen, durch volkstmliche Bcher, Zeitungen und Zeitschriften, durch Vereine und Vortrge ist fr das Bildungsbedrfnis aller gesorgt. Freilich sind das Vielwissen und die Gewandtheit, das Wissen anzubringen, nicht immer mit grndlicher Bildung verbunden.
3. Industrie, Handel und Landwirtschaft. Deutschland ist ein Industrie-staat geworden. Die Groindustrie (vgl. Bild 13) hat nach 1871 noch schneller zugenommen als vorher. Die Ursachen liegen in der Verbesserung der Verkehrsmittel, dem Kapitalreichtum, der Bildung der Arbeiter und ihrer durch die soziale Gesetzgebung gehobenen Lage. An Gte wurden die deutschen Jndustrieerzeugnisse noch bis in die siebziger Jahre von den englischen bertroffen, aber bald waren sie ihnen mindestens ebenbrtig (Made in Germany!''), und in den Zweigen, die von der Wissenschaft unmittelbar befruchtet werden (Herstellung von Farben, Chemikalien, elek-irischen Maschinen und wissenschaftlichen Instrumenten) trat eine ent-schiedene berlegenheit der deutschen Fabrikate hervor. Der durchgebildete, fleiige deutsche Geschftsmann verstand es auch, seinen Waren im Aus-lande Ansehen und neue Absatzgebiete zu verschaffen. Zwar wird der deutsche Ausfuhrhandel vom englischen noch weit bertroffen, aber das Verhltnis hat sich schon sehr zugunsten Deutschlands verschoben.
Der Landwirtschaft sind durch die Fabriken viele Arbeitskrfte entzogen worden. Sie werden ersetzt teils durch auslndische Arbeiter, teils durch den Dampf, der seinen Einzug auch in die Landwirtschaft gehalten hat. (Vgl. Bild 1416.)
Seit dem starken Aufschwung der Fabrikttigkeit hat das Hand-werk in mancher Beziehung Schaden gelitten. Daran ist nicht nur die unmittelbare Konkurrenz der Fabriken schuld, sondern noch mehr haben die vernderten Bedarfs- und Absatzverhltnisse *) dazu beigetragen. Viele
*) Der Rckgang der Bttcherei z. B. hat folgende Ursachen: 1) Nach der Anlage von Wasserleitungen waren die Eimer berflssig, in denen man das Wasser aus den Brunnen geholt hatte. 2) Neben den hlzernen Eimern kamen metallene auf. 3) Der Verbrauch von Fssern zum Einlegen von Kraut und Fleisch lie nach. 4) Die groen Brauereien und Weinhandluugen legten eigene Bttcherwerksttten an.
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Germany Deutschlands
72. Die Isar als Verkehrsstraße einst und jetzt.
393
für die Wegräumung der Felsen im Flusse. Ebenso sollen die Tölzer ihrerseits bereits um 1370 für Regelung und Sicherung der Floßfahrt Sorge getragen haben.
Eineu großartigen und anhaltenden Aufschwung erfuhr der Durchgangshandel Mittenwalds und das Frachtwesen ans der Isar am Ende des 15. Jahrhunderts. Siegmund vou Tirol lag damals mit den Venezianern in Zwistigkeiten. Er ließ 1487 gelegentlich eines der großen Märkte in Bozen, aus denen deutsche und italienische Kaufleute gegenseitig Abrechnung pflogen, 130 der letzteren festnehmen und in Gewahrsam bringen. Über diese Gewalttat erzürnt und ans eine Siegmund empfindlich schädigende Gegenmaßregel bedacht scheinen die Venezianer längere Zeit ihren persönlichen Verkehr mit den großen Kanshäusern der süddeutschen Reichsstädte nach Mittenwald oerlegt zu haben. Jedenfalls hob sich infolge der Streitigkeiten mit Siegmund das Speditions-wesen Mittenwalds in bedeutendem Maße. Wenn es auch, wie ältere Geschichtschreiber meinen, sehr unwahrscheinlich ist, daß der deutsch-venezianische Handel nahezu zwei Jahrhunderte — nämlich von 1487 bis 1679 — von dein beiden Teilen so günstig gelegenen Bozener Stapelplatze entfernt und in Mittenwald konzentriert gewesen sein soll, so ist doch sicher, daß gegen Ende des 15. und während des 16. Jahrhunderts in dem letzteren Gebirgsmarkte ein geräuschvolles Leben herrschte. Dessen Spuren kann jeder noch wahrnehmen, der durch die kulissenartig einander vorgeschobenen, bildergeschmückten Häuserreihen des Ortes mit ihren torähnlichen Einfahrten, gewölbten Gängen und eisenbeschlagenen Läden und Türen im Schatten der Karwendelspitze dahinschreitet. Der mit der Verlegung der Welthandelswege im Zeitalter der großen geographischen Entdeckungen eng verknüpfte allmähliche Niedergang Venedigs, die Ableitung des Zuges der Handelsgüter nach Augsburg über Füssen und die Folgen des großen Religions- sowie des Spanischen Erbfolgekrieges beschränkten indessen nach und nach das Mittenwalder Speditionswesen zu Wasser und zu Land beträchtlich.
Welcherlei Waren beförderten nun die Floßleute auf der Isar im 15. und 16. Jahrhundert? Die urkundlichen Nachrichten wissen von einer ungewöhnlich mannigfaltigen Fülle von Gütern zu melden, womit die Flöße damals beladen wurdeu. Ihre 'Aufzählung erweist, daß die dem Flusse anvertrauten schwaukeu Fahrzeuge in jeneu Zeiten eine durchaus ähnliche Bedeutung für den Warentransport hatten wie die Lastwagen der Rottleute zu Lande, die Eisenbahnen im heutigen Wirtschaftsleben. Vor allem aber ' tritt unzweideutig die Wichtigkeit der Isar für die Zufuhr italienischer und südtirolischer Handelsgüter in vollem Maße hervor. Während die Floßlente des Loisachgebietes nur gebogenes Eibenholz, Papier, Pferdedecken, Käse, Schafwolle, Pflastersteine, Leinwand, Barchent und gestrickte Hemden, Kreide, Schuhe, Kupferwasser und Schmalz herbeiführten, brachten die Tölzer außerdem Hausgeräte, Rüstungsgegenstände, Nahrungsmittel (neben Käse und Schmalz
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Heinrich Vi. 1190-1197.
57
Heinrich Vi. 1190-1197.
60. Indessen hatte Friedrichs willenskrftiger Sohn Heinrich Vi. die Herrschaft angetreten, ein Fürst von groen Anlagen, zugleich aber von einem gewaltigen Triebe nach Macht beseelt, der zuliebe er vor Hrte und Grausamkeit nicht zurckscheute.
In Rom lie er sich die K a i s e r k r o n e auf das Haupt setzen. Dann eroberte er das unteritalische Normannenreich, dessen letzter König damals gestorben war, und zog siegreich in P a l e r m o ein, der normannischen Gerung Hauptstadt, wo sich das Abendland mit dem Morgenland, Christliches mit mimischen Arabischem traf.
Gewaltigen Plnen hing der siegreiche Kaiser nach. Die kaiserliche ^spliwe. Gewalt, die hchste weltliche Gewalt der Christenheit, wollte er zur L e h n s -hoheit der die Könige des Abendlandes umgestalten. Durch einen Zusall fiel damals Richard Lwenherz in seine Gewalt. Dieser wollte sich, vom heiligen Lande zurckkehrend, in abenteuerlicher Weise durch Deutsch-land durchschlagen, wurde aber bei Wien erkannt und von dem Herzog von sterreich an den Kaiser ausgeliefert; und nicht eher durfte er die Burg Trifels in der Pfalz, wohin er als Gefangener gebracht wurde, verlassen,
bis er sein Land von Heinrich zu Lehen genommen und ein hohes Lsegeld gezahlt hatte. Sodann plante der Kaiser einen Kreuzzug. Schon hatte sich ein starkes deutsches Kreuzheer gesammelt, schon schwammen die kaiser-lichen Schiffe auf dem Meere, da raffte den gewaltigen Mann in seinem Sctn^ 32. Jahre zu Messina ein Wechselfieber dahin. 1 Tod. '
Er hatte, wie ein zeitgenssischer Geschichtschreiber sagt, das deutsche Volk herrlich gemacht vor allen Nationen. Um so unheilvoller war fr Deutschland sein frher Tod. Denn er hinterlie nur einen kaum drei-jhrigen Sohn Friedrich, dem seine Mutter Konstanze das unteritalische Knigreich zu sichern suchte. In Palermo wuchs dieser auf, und der Papst Innocenz Iii. bernahm der ihn die Vormundschaft.
Philipp von Schwaben 1198-1208 und Otto Iv. 1198-1215.
61. In Deutschland erhoben sich jetzt die vielen Gegner des hohen-staufischen Hauses und whlten Heinrichs des Lwen Sohn Otto zum König; ihm stellte die staufische Partei Friedrich Barbarossas jngsten Sohn Philipp von Schwaben als König gegenber.
Whrend Deutschland wieder durch einen Brgerkrieg zerrissen wurde,
erhob Papst Innocenz Iii., wohl der gewaltigste aller Ppste, das Jnn-
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_Vi Heinrich Heinrich_Vi Heinrich Friedrichs Heinrich_Vi Heinrich Richard_Lwenherz Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich Konstanze Innocenz_Iii Innocenz Philipp_von_Schwaben Philipp Otto Heinrichs Otto Friedrich_Barbarossas Friedrich Barbarossas Philipp_von_Schwaben Philipp Innocenz_Iii Innocenz
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Rom Deutsch-land Wien Messina Deutschland Palermo Deutschland Deutschland
Deutschland im dreizehnten Jahrhundert.
65
mglichst alle Krperteile zu decken, hatte man die Rstung immer schwerer 1 gemacht; so wurde sie fr das Turnier immer brauchbarer, sur die Schlacht und den Feldzug zu schwerfllig. Daher erlagen im vierzehnten Jahrhundert mehrfach die Ritterheere den Schweizer Bauern, die weniger gut gewappnet waren, aber sich leichter bewegen konnten. Dazu kam, da mehr und mehr der Gebrauch von Sldnern aufkam; Landsknechte, die man fr Geld anwarb, waren den Fürsten eine zuverlssigere Hilse als die ritterlichen Vasallen, welche sich nicht immer bereit finden lieen, fr sie ins Feld zu ziehen. So brach ein neues Zeitalter des Heerwesens heran; die ge-wappneten Reiterheere traten zurck, die zu Fu kmpfenden Lands-knechte bildeten den Kern der Heere.x
68. Die Reichsverfassung. Wenn das Rittertum im zwlften und dreizehnten Jahrhundert eine eigenartige und hohe Kultur geschaffen hat, so war es um den deutschen Staat damals desto trauriger bestellt. Die langen, Knigtums oft wiederholten Kmpfe zwischen Kaiser und Papst, Kaiser und Fürsten hatten damit geendet, da das Kaisertum unterlag. Es war in seiner Macht wesentlich geschwcht; die Herrlichkeit Ottos des Groen, Konrads Ii., Fried-rich Barbarossas war fr die spteren Kaiser unerreichbar. Die deutschen Herzge, Grafen und Bischfe fhlten sich, obwohl durch den Lehnseid dem König zur Treue und zum Gehorsam verpflichtet, mehr als Fürsten denn als Vasallen. Sie fhrten ihre Reifigen lieber fr ihre eigenen Zwecke ins Feld als im Dienste des Knigs; sie ordneten sich ungern dem kniglichen Gericht unter; sie suchten die kniglichen Befugnisse zu schmlern und be-anspruchten es, in den Angelegenheiten des Reichs gehrt zu werden und auf den Reichstagen darber zu beraten. Die Einknfte der deutschen Könige ferner waren sehr gesunken. Einst hatten sie der ausgedehnte Krn-gter geboten: jetzt waren diese bis auf geringe Reste als Lehen vergeben und verschleudert. Wer in Zukunft die deutsche Krone trug, konnte nicht mehr auf das Reichsgut zhlen, sondern mute ein bedeutendes Familienerbe, eine Hausmacht, entweder schon besitzen oder zu gewinnen suchen. Zugleich war das Reich ein W a h l r e i ch geworden. Auch frher hatte der König Wahiretch. gewhlt werden mssen, aber man hatte sich doch meist fr den Sohn oder nchsten Verwandten des Knigs entschieden; jetzt wurde freie Wahl die Regel, und die Kurfrsten whlten eine Zeitlang mit Vorliebe solche Fürsten zu Knigen, die nicht aus der Familie des Herrschers stammten.
Die Herabminderung der kniglichen Macht aber hatte zur Folge eine Herabminderung der inneren Einheit und der ueren Macht des deutschen Serftmtte* Volkes. Die Zersplitterung Deutschlands nahm von nun an $eu&
Neubauer. Geschichtl. Lehrbuch fr Mdchensch. Ii. 4. Aufl. k luni>S'
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Karl der Groe.
27
Sein Reich war ein Weltreich; er gebot der Germanen und Romanen.
Er war der Schirmherr der abendlndischen Kirche, der Beschtzer des abend-lndischen Christentums. Unter diesen Umstnden erwachte der Gedanke, das abendlndische Kaisertum, das im Jahre 476 sein Ende gefunden hatte, wieder zu erneuern. Im Jahre 800 weilte Karl in Rom, um die rmischen Verhltnisse zu ordnen; denn der Papst Leo Iii. war im vorigen Jahre durch eine Gegenpartei aus der Stadt vertrieben worden und hatte nur unter dem Schutze eines frnkischen, von Karl abgesandten Grasen zurck-kehren knnen. Damals setzte ihm am Weihnachtstage der Papst am Altar der Peterskirche die K a i s e r k r o n e auf das Haupt, und das Volk begrte tfbqn1^ ihn unter lautem Jubel als rmischen Kaiser. So war ein Germane Nach- abe^tl folger der Csaren geworden. Nicht an Macht, wohl aber an uerem Glanz erfuhr die Stellung Karls durch die Kaiserkrnung einen gewaltigen Zuwachs; Rom aber zu erobern und die Kaiserkrone zu gewinnen, ist seitdem Jahr-hunderte hindurch das Ziel der Sehnsucht fr die deutschen Könige gewesen
Karls Regententtigkeit.
27. Karls Persnlichkeit. Karl war ein Herrscher, der mit genialer Wn== Einsicht und gewaltiger Tatkraft den verschiedensten Aufgaben, die ihm die Regierung seines weiten Reiches stellte, gerecht wurde. Von seiner Persn-lichkeit hat uns sein jngerer Freund und Biograph Einhard ein Bild hinterlassen. Er war ein Mann von mchtigem Krperbau, festem Gang, schnem, grauem Haar und heiterem, gtigem Antlitz. Er erfreute sich bis in sein hohes Alter einer guten Gesundheit; durch Reiten, Jagen und Schwimmen hrtete er den Krper ab; in Speise und Trank war er mig. Er kleidete sich nach frnkischer Weise und konnte kaum je dazu vermocht werden, rmische Kleidung anzulegen; seine Gewnder lie er sich von den Frauen seiner Familie anfertigen. Er war ein Mann von gewaltiger Willens-kraft und konnte in seinem Zorne furchtbar sein. Aber in ihm wohnte auch ein tiefes, inniges, deutsches Gemt; er war ein zrtlicher Vater seiner Shne und Tchter, die er ungern von sich lie, ein guter Geselle seiner Freunde, freigebig und gtig gegen Fremde. Er war hochbegabt und konnte gut reden.
Auch erfllte ihn ein starker Drang nach Bildung; noch in hheren Jahren wnschte er nachzuholen, was man frher an ihm versumt hatte, versuchte das Schreiben zu lernen und lie sich in der Grammatik unterrichten. Mit seinen Freunden besprach er sich der gelehrte Dinge; selbst beim Mahle lie er sich gern vorlesen. Dabei hatte er auch Sinn fr die Heldensagen des deutschen Volkes und lie sie sammeln; leider ist diese Sammlung unserer Zeit nicht erhalten geblieben.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Leo_Iii Leo Karl Karl Karls Karls Karls Karl
Extrahierte Ortsnamen: Rom Peterskirche Karls Karls Karls
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Die deutsche Kaiserzeit 919-1250.
Wormser Endlich wurde der Jnvestiiurstreit 1122 durch das Konkordat von Ti25.nt Worms beendigt. Dieser Vertrag bestimmte, da die Bischse von dem Kapitel, d. h. der Versammlung der Domherren des Bistums, gewhlt werden, dann vom König durch berreichung eines Zepters mit den weltlichen Hoheitsrechten belehnt und daraus vom Papste durch Ring und Stab mit der geistlichen Wrde investiert werden sollten.
1125. 1125 starb Heinrich V. Mit ihm erlosch das stnkische Kaisergeschlecht.
Rckblick auf die Zeit der frnkischen Kaiser.
Ds 51. Whrend zur Zeit Konrads Ii. und Heinrichs Iii. das
^""'deutsch/Knigtum auf der Hhe seiner Macht stand, hatten die beiden letzten Salier zwei starke Gegner gefunden, deren sie nicht hatten Herr werden knnen: das Papsttum, das der den Staat zu herrschen strebte, und die Fürsten, die sich mglichst unabhngig zu machen suchten. Beide sahen in dem Knigtum einen gemeinsamen Feind, gegen den sie sich ver-banden. Auch aus die deutschen Bischfe konnten die Könige nicht mehr wie frher zhlen; sie traten als geistliche Fürsten den weltlichen zur Seite. So bereitete sich die Zersplitterung Deutschlands vor.
iehnswesen. Alle Verhltnisse des damaligen Zeitalters beherrschte das Lehns-wesen. Wie der König Herzogtmer und Grafschaften, Lndereien, Rechte jeder Art zu Lehen vergab, so vergaben sie die Belehnten wieder an ihre Stande. Lehnsleute. Nur Ritter konnten Lehen empfangen. Diese schloffen sich zu einem adligen Krieg erstnde zusammen, der wirtschaftliche Erwerbsarbeit verschmhte und in jeder Beziehung ein Vorrecht fr sich in Anspruch nahm. Mit Verachtung sah er auf den Stand der Bauern herab. Auf diesen lastete nicht mehr, wie einst zur germanischen Zeit, die Wehrpflicht; aber sie genossen auch nicht die Rechte des Kriegers. Schon aber entstand inner-halb der Mauern der Städte ein dritter Stand, der Brg erstand, der sich zwischen Ritter und Bauern einfgte.
Mrtschaft. Denn mehr und mehr blhte das S t d t e vo e f e tt auf. Worms war die erste deutsche Stadt, die in die Politik eingriff; die erste Handelsstadt Deutschlands aber wurde Kln, das damals fr Seeschiffe erreichbar war und mit England einen gewinnbringenden Handel trieb. berhaupt wuchs der Wohlstand des Landes. Immer mehr lichtete sich der Urwald, es wuchsen die Ackerfluren, die Kultur drngte die Wildnis zurck. Ein besonderes Verdienst um' die Urbarmachung des Bodens erwarb sich der Mnchsorden der Cisterzienser.
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