103. Eine Fußreise mit König Max Ii.
493
Bayrisch-Zeller Alm. Und während wir in einer Reihe, am langen Tische saßen, um der Aussicht willen, breiteten sich vor uns die Tiroler Berge im Abendsonnenschein zum wundervollsten Panorama. Seitab rechts und links lagerten die Leute von Zell, welche uns den ganzen Tag begleitet hatten, in bunten Gruppen.
Wir hatten zwei Tage, völlig eingeregnet, in dem Jagdschloß der Vorderriß verweilt, als endlich der 10. Juli den sehnlich erwarteten blauen Himmel brachte. Ein sonnenheller, kühler Frühmorgen weckte uns, die Berge waren mit frischgefallenem Schnee bedeckt, „angeschneibt", was als gutes Wetterzeichen gilt, und wir rüsteten uns zu einem Zuge über das Plnmser Joch (in Tirol), um von dort zum Achensee uiederzusteigeu. Durch das großartige Alpental zur Hinteren Riß wurde gefahren; dort bestiegen wir die Reitpferde, während unsere Wagen auf großen Umwegen über Bad Kreuth zum Achensee gingen, wo sie uns am nächstfolgenden Tage erwarten sollten. Wir ritten zwei Stunden einen rauhen Fußpfad hinan bis zur Hagelhütte; hier mußten wir absitzen, die Pferde wurden zurückgeschickt und das Steigen begann. Der König führte bei solchen Gelegenheiten einen Spruch, den er Saussure beilegte, im Munde: „Man muß auf die Berge steigen, als ob man niemals hinauskommen wollte" — und richtete sich nach dieser Regel. Er stieg äußerst langsam, aber sicher und ausdauernd und kam zuletzt doch immer ans Ziel, obgleich es den Begleitern manchmal schien, als sei Der Gipsel gar nicht zu erleben. So erreichten wir denn auch den wohl gegen 6000 Fuß hohen Rücken des Joches1) erst um zwei Uhr nachmittags. Da droben sah es prächtig aus: die Julisonne leuchtete blendend auf den frisch gefallenen Schnee, aus welchem ein den steileren Seitenhängen ganze Fluren rotblüheuder Alpenrosen hervorschauten, hier und da auch ein vereinzelt blühendes Edelweiß. Nun hätten wir oben unseren Mittagstisch halten sollen angesichts des großartigen Umblickes, der sich links in die tiefe Schlucht des Achensees, rechts in die Wildnisse der Hochalpenkette öffnete. Allein mitten im Schnee, der obendrein bereits wieder zu schmelzen begann, ließ sich das denn doch nicht durchsetzen. Rottenhöfer (der K. Mnndkoch) war schon frühmorgens mit vielen Trägern und seiner ganzen Küchenausrüstung heraufgegangen. Er hatte unfern des ungastlichen Joches eine Sennhütte, die Plumser Alm, gesunden, welche wenigstens Obdach bot. Aber an ein Ausschlagen der Tafel in der Hütte, wo nur eben das Bett der Sennerin neben dem Herde und dem Käskeffel Platz hatte, war freilich nicht zu denken. Rasch entschlossen, ließ er darum den einzigen größeren bedeckten Raum, den Kuhstall, ausräumen. Der Boden wurde zur Vertilgung ländlicher Gerüche dick mit frischem Hen belegt, die Wände mit Gewinden von Knieföhrenzweigen und Alpenrosen malerisch maskiert; vor der schlimmsten Partie aber waren zwei blendend weiße Bettücher in groß stilisiertem Faltenwürfe aufgehangen
*) Das Pluinser Joch, 1653 m hoch, mit großartiger Aussicht.
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58 Landeskunde.
Mittelalpen reichen etwa bis zur Höhe von 2500 m. Je höher man steigt, desto
rauher und kälter wird im allgemeinen das Klima. In den Niedern Gebieten, an
der Grenze der Voralpen, trifft man noch Baumwuchs, namentlich Bergföhren,
sowie auch vereinzelte Ansiedelungen an. Weiter aufwärts finden sich nur Zwergfichten
und Knieholz; aber es dehnen sich hier die blumen- und grasreichen Alpentriften
aus. Auf diesen weidereichen Almen weiden zur Sommerszeit zahlreiche Viehherden.
Angelehnt an die schützende Felsenwand erhebt sich auf steinernem Unterbau die
hölzerne Sennhütte. Das breite Dach derselben ist mit großen Steinen beschwert,
damit der Sturm dasselbe nicht forttragen kann. — Auf schwer zugänglichen Höhen
und Berggehängen folgt der Jäger der Spur der scheuen Gemse; hoch auf unzugänglichen
Felsen horstet der Adler.
Die Hochalpen sind das Gebiet des „ewigen Schnees." Selbst die Strahlen
der Sommersonne haben hier nicht genügende Wärme, um die Schnee- und Eismassen
aufzuzehren. Durch längeres Liegen, Abschmelzen und Wiedergefrieren an der Ober-
fläche wird die Schneemasse körnig und heißt dann Firn. Aus dem Firnschnee
entstehen die Gletscher, gleichsam große Eisströme, die manchmal bis in das Gebiet
der Voralpen hinabreichen. Int Morgen- und Abendsonnenscheine liegen die Schnee-
und Eismassen der Hochalpen wie mit Purpur überstrahlt. Man nennt diese
Erscheinung das Alpenglühen. Zuweilen bewegen sich große Schneemassen schnell
thalabwärts und richten in den Ansiedelungsgebieten großen Schaden an. Diese
Schneestürze nennt man Lawinen.
Die untere Grenze des ewigen Schnees heißt Schneegrenze oder
Schneelinie. — Das Alp engebiet hat unter allen Gegenden des Vater-
land es die meisten Niederschläge.
Wie das ganze Alpengebirge überhaupt, so sind auch die deutscheu Alpen
sehr wegsam und weisen eine große Anzahl von Längs- und Querthäleru
auf. Erstere folgen in der Regel der Hauptrichtuug des Gebirgszuges vou
W. nach 0..; letztere durchbrechen diese Züge und offnen sich nach N. Das
bedeutendste Thal ist das des Inn.
2. Gewässer. Die bedeutendsten Flüsse des deutschen Alpengebietes
sind Jller, Lech, Isar und Inn, welche sämtlich nördlich zur Douau
eilen. Wie dies bei allen Alpenflüssen vorkommt, hat ihr Lauf ein starkes
Gefälle, neigt zur Bildung von Wasserfällen und Stromengen und zeigt zeit-
weise bedeutende Wasseransammlungen. Unter den zahlreichen Seen, welche
am Fuße der deutschen Alpen sich vorfinden, sind besonders der Bodensee
und der Köuigssee zu nennen.
Der Bodensee lagert sich vom Westfuß der deutschen Alpen nach Nw. und
wird vom Rhein durchflössen. Seiner Lage und Größe wegen wird er auch
„schwäbisches Meer" genannt. Für Ansiedelung, Handel und Verkehr ist derselbe seit
altersher sehr wichtig. Zahlreiche Schiffe durchkreuzen feine Fluten, und an seinen
lieblichen Ufern liegen viele, darunter recht alte Städte. Die bedeutendste derselben
ist die alte Bischofsstadt Konstanz. Sie gehört zu Baden.
3. Die Bewohner sind deutscher Abstammung und fast durchweg
katholischer Konfession. Die gesuude Bergluft und die vorwiegende Be-
schäftigung im Freien fördern Gesundheit, Rüstigkeit und Frohsinn. Die
Nahruugsquellen richten sich nach der Natur des Landes. In dein
weidereichen westlichen Alpengebiete herrscht Viehzucht und Feldban vor;
in den waldreichen bayrischen Alpen nähren sich die Älpler von Waldwirt-
schaft und Holzschnitzerei, und in den salzreichen östlichen Gebieten gesellt
sich zum Sennen und Bildschnitzer noch der Bergmann. Die Bevölkerungs-
dichtigkeit ist gering. — Als Wohnhaus tritt namentlich in Dörfern und
Einzelgehöften das „Alpenhaus" anf. Es ist ans Stein und Holz erbaut
und weist unter dem weit vorragenden Dache Galerieumgänge ans. Das
wenig schräge Dach ist mit Steinen beschwert, um es gegen die Sturmgewalt
zu sichern.
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228
Sued - Donau - Laender.
— hlycffiiov 8e иль Тгц Ицугц 71 qotxhwv üöov Tlßtqvoq,
fide тид той Iotqov my/üg. Ilqoqünxovtui St тгц Иууцд ¿л
oxlyov Цеу Ol срсито1, то 8e nliov ‘pkov^Ttiot xul Ovr/ödr/.ou
I < ' * ‘ ' ✓
Völkerschaften.
Nach clen schon üben angeführten alten Schrift-
stellern erscheint ziemlich begründet die Annahme*
dass die Rhaeti alle ursprünglich ein zum italisch-
tuscischen Volkstamme gehörendes Volk waren* das
sicli schon in sehr frühen Zeiten in dem wei ten Thal-
gebiete des Padus, bis gegen die Alpen, niedergelas-
sen und ebendaselbst auch einen Zweig der Umbri
zu ihren östlichen Nachbaren hatten. Unter der Re-
gierung des Königs Tarquinius Priscus zu Rom er-
schienen aber plötzlich Celtische Völker, die unter
dem Namen der Insubres bis in die Gegend um Me-
diolanum, und unter dem der Caenomanni bis in die
Umgebungen von Verona vorgedrungen waren» Ge-
gen diese hatten die Tusci einen eben so barten, als
vergeblichen Kampf zu bestehen» Vas von diesen
sich jenen eingedrungenen Celten nicht unterwarf und
nicht in den bisherigen Sitzen blieb, das wich ent-
weder nach Süden) gegen die Apenninen hin, zu dem
alten Muttervolk zurück, oder es zog, der Freiheit
zu ge than, in die rauhen Gebirgshöhen der Alpen und
drängte sich über diese gegen die Quellen des Da-
nubius empor» Aus diesen letzteren geretteten Schaa-
ren bildete sich nunmehr ein Bergvolk, oder vielmehr,
wie Männert Th. 3, 507. richtig bemerkt, eine Samm-
lung von kleinen Völkerschaften, die von nun an im-
mer den gemeinschaftlichen Namen Rhaeti tragen.
Die näher gegen das Adriatische Meer hin sitzenden
Umbri retteten sich, nachdem sie gleich den Tusci
von dem Padus durch die weit vorgedrungenen Cae-
nomanni abgesehentten worden waren, in das heutige
südliche Tyrol. Daher geschah es, dass die mächti-
gen Gebirgsreihen der Alpen diese beiden V ölker
trennten und dass diese Trennung zu der Rhaetia
nördlich und der Rhaetia südlich von den Alpen (Rhae-
tia secunda und prima, oder propria) die Veranlass
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Extrahierte Personennamen: Ilqoqünxovtui
Extrahierte Ortsnamen: Ицугц Rhaeti Rom Caenomanni Verona Tyrol Rhaetia Rhaetia
Die Schweizer Hochebene.
99
Kultureigentümlichlieiten : Art der Besiedelung, Bauart (1er
Häuser, Sprache derbewohner, ilire körperlichen und geistigen
Eigenschaften.
In dem von deutscher Bevölkerung bewohnten grössern Teile
des Schweizerlandes liegen die Gehöfte nach altgermanischer Sitte
meistens vereinzelt; manche dicht bewohnte Gegenden erschei-
nen wie mit Wohnungen besäet. Ausser den nicht zahlreichen
Städten zeigen in der Regel nur die Ansiedelungen, welche an
einer Hauptverkehrsstrasse entstanden sind, eine mehr geschlossene
Bauart. Anders ist es in der mit romanischer Bevölkerung besie-
delten südwestlichen Schweiz, wo wir meistens nach Römersitte
geschlossen gebaute Wohnplätze antreffen.
In den zum Staatenbunde der Schweiz (s. folg. Abschn.) vereinigten Ge-
bieten giebt es nur 3 Städte mit über 50 000 E., nämlich Zürich, Basel und
Genf, ausserdem noch 4 mit über 25 000 E.. nämlich Bern, Lausanne, St. Gallen
und Chauxdefonds und im ganzen nur 18 Städte mit über 10 000 E. und 54 Ge-
meinden mit über 5000 E.
In der Mittelschweiz und in den Alpengegenden sind die Heu-
schober und Viehställe fast immer vom Wohnhause getrennt, im
Flachlande aber (des. im Aargau), wo Raum und Bodengestalt die
Errichtung grösserer Gebäulichkeiten gestatten, mit diesem unter
einem Dache vereidigt. In der Regel umschliesst das Schweizer-
haus ausser den Kellerräumen zwei Stockwerke. In dem
untern Stockwerke befinden sich die meistens nach Süden gelegene
Wtohnstube, eine Schlafstube und die Küche, in der obern zwei an
der vordem Giebelseite gelegene Schlafzimmer und die Bodenräume,
Das in dem Berner Oberlande vorkommende Bauernhaus hat in
seiner innern Einrichtung eine besondere Eigentümlichkeit. In ihm
liegt die Küche in der Mitte, so dass man aus dieser und dem
anschliessenden kurzen Gange in alle Räume gelangen kann. Meis-
tens sind die Häuser aus Holz gebaut; in den waldreichen Alpen-
gegenden sieht man kein aus einem andern Stoffe gebautes Bauern-
haus. Das ziemlich flache Dach besteht gewöhnlich aus Holzschin-
deln, die mit Steinen beschwert sind ; selten ist es mit Ziegeln ge-
deckt. Eine mehr oder weniger braun ange dunkelte Farbe,
welche das Holz mit der Zeit annimmt, ist dem Schweizerhause,
das sehr oft mit Schnitz werk reich geziert ist und durch seine,
vom weit vorragenden Dache überdeckten Rundgalerien ein
stattliches Aussehen erhält, eigentümlich.
In dem grössten Teile des Landes wird die de ut sehe Sprache
geredet; im südwestlichen Teile herrscht die französische, im
südlichen die italienische. Die Sprachgrenze zwischen Deutsch
und Französisch geht von Basel über Bern nach Siders am Rhône,
die zwischen Deutsch und Italienisch (einschl. Rätoromanisch) zieht
sich von Chur durch das Vorderrheinthal, über den St. Gotthard
und längst der Monterosagruppe hin. Es wird die deutsche Sprache
von 71%, die französische von 24% und die italienische von 5!/2%
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Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
10
Gast ist der Föhn, jener (in den Nordalpen) berüchtigte Südwind, der nicht
selten ohne merkbare Abzeichen aus den Bergen hervorbricht und mit ver-
heerender Gewalt über den See dahinbraust. Lehe dem Nachen, der von einem
solchen Sturme überrascht wird! Die wild aufgeregte Flut wirft ihn hin
und her und fordert seine Insassen als „Opfer des Sees". Selbst die großen
Dampfer sind dann schweren Kämpfen mit den Elementen ausgesetzt, ja sie
müssen zuweilen ihren Lauf einstellen.
Die gewaltige Ausdehnung, die große Tiefe und die stärkere Wellen-
bewegung des Obersees sind auch die Ursache, daß der See nur in den
härtesten Wintern ganz zufriert. Der Untersee und die Strecke zwischen den
beiden Brücken Lindaus gefrieren fast alljährlich; die ganze Fläche schloß sich
in den letzten vier Jahrhunderten nur sechsmal, iu unserem Jahrhundert
1830 und 1880. Der Merkwürdigkeit zuliebe wurden beide Male großar-
tige Feste auf der festen Seefläche gefeiert; die Festzeitnng ward auf dem
Eise gesetzt und gedruckt. Die schaurige Seite bat uns Gustav Schwab in
seiner bekannten Ballade gezeichnet.—
Betrachten wir nun das Bild, das uns den Bodensee bei Lindau
darstellt.
Wir stehen nördlich von Lindau, nicht allzuweit vom User des Boden-
sees und blicken nach Süden (Süden zu Ost!) hin, Vor uns breitet sich ein
hügeliges Gelände aus, das mit Obstbäumen bestanden ist, die eben ihrer
Früchte beraubt werden. Ostwärts (am linken Rande des Bildes!), wo die
Hänge etwas steiler abfallen, die Bestrahluugsverhültnisse also günstigere sind,
befindet sich ein wohlummauerter Weinberg. Nach Süden hin gehen die den
See begleitenden Höhen in eine schwach gewellte Uferebene über, deren
teppichartig ausgebreitete Felder auch noch hier und da dem Obstbaue Raum
gewähren müssen. Am Ufer des Sees stehen die Obstbäume so dicht beiein-
ander, daß man die dazwischen versteckten Dörfer kaum sieht; weiße Giebel-
wände und rote Ziegeldächer, auch wohl ein Turm ragt hier und da heraus,
aber größere Ansiedelungen, die durch ihre Häusermasse die Bäume auf eine
größere Strecke verdrängten, sind nicht sichtbar.
Im See selbst liegt Lindau, das schwäbische Venedig?) Mit dem Fest-
lande durch den 550 m langen Eisenbahndamm und eine 220 m lange hölzerne
Brücke verbunden, präsentiert sich die hübsche Jnselstadt höchst malerisch. Seinen
Hauptvorzug besitzt Lindau in seiner wundervollen Umgebung, in seinen herr-
lichen Ausblicken auf den See, der groß und majestätisch, wie eine Bucht des
1) Der Flächenraum, den Lindau bedeckt, umfaßt 0,41 qkm, ist also 8?2 so groß
roie der Augustusplatz in Leipzig.
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— 41 —
Z. Tas Klima. Hillsichtlich der klimatischen Eigenschaften bilden
das deutsche Alpenlaud und das Bodenseegebiet scharfe Gegensätze. Die
bedeutenden absoluten Höhen, die auch in den Alpentälern — mit
Ausnahme des etwas milderen Jnntales — nirgends unter 700 m
herabsinken, lassen das deutsche Alpeugebiet viel rauher und nieder-
schlagsreicher erscheinen als die tiefer gelegene Umgebung des Bodeusees.
Die Ufergelände des Bodensees zeigen mittlere Jahrestemperaturen
von 9—100c. Die Durchschnittswärme der alpinen Gebirgstäler beträgt nur
7,5° C., sinkt aber im Gebirge selbst auf 4--60, am Königssee und in der
Wetterfteingruppe sogar unter 4°C. herab. Hinsichtlich der Niederschlags-
menge steht das Bodenseegebiet hinter der Alpenzone zurück, obwohl es von
den feuchten westlichen Winden eher getroffen wird. Das gebirgige Ufer im So.
und O. erreicht aber immerhin noch jährlich 1000 mm Niederschläge, während
der noch im Regenschatten des Schwarzwaldes gelegene N. des westlichen Sees
nur etwas über 700 mm erhält. In den Alpen beträgt der Jahresdurchschnitt
1375 mm, sinkt aber im Jnntale wieder unter 1000 mm herab. — Die
meridionalen Gebirgstäler sind wie der Bodensee häufig der Tummelplatz
starker Föhnwinde.
4. Die Bewohner sind in den n. Bodenseegegenden und in den
Allgäuer Alpen Schwaben, in den übrigen Alpengebieten Ober-
bayeru. Fast alle bekenueu sich zur katholischen Kirche. Die
Bevölkerungsdichtigkeit ist in den Alpen sehr gering (22 auf 1 qkm);
im Gelände n. vom Bodensee beläuft sie sich dagegen auf 90 — 100 für
1 ([km. Tiefe immerhin bedeutende, die mittlere Bevölkerungsdichtigkeit
des deutschen Reichs fast erreichende Volksdichte ist auf deu lebhaften
Handel und Verkehr und die Fruchtbarkeit der Bodenseegebiete zurück-
zuführen. — Die gesunde Bergluft der Alpen und die vorwiegende
Beschäftigung im Freien fördern bei den Alvenbewohnern Gesundheit,,
Rüstigkeit und Frohsinn. Die Tracht der Älpler, die indes auch
Modeu und Änderungen unterworfen ist, besteht bei den Männern
aus grauer Jägerjoppe mit grünen Aufschlägen, kniesreier Hose ans^
Loden, bis zum Knie reichenden Strümpfen und starken, dick benagelten
Bergschuhen. Gurt und Hosenträger sind aus Leder und mit Namens-
zügen und Figuren gestickt. Sie bilden einen wichtigen Teil der National-
tracht. Eiu grüner Hut vollendet den Anzug. Die Tracht der Frauen
hat in den einzelnen Gegenden Unterschiedliches. Charakteristisch sind das
buntverzierte Mieder und die sußsreieu Röcke. Der Hut ist der gleiche
wie bei den Männern.
Als Wohnhans tritt namentlich in Dörfern und Einzelgehöften
das „Alpenhaus" auf. Es ist unten aus Stein, im obern Stock-
werk aus Holz gebaut. Das flachgieblige, weit vorspringende Dach ist
mit Schiudelu gedeckt, die durch darauf gelegte Steine festgehalten
und vor Stnrmgewalt gesichert werden. Neuerdings treten auch bereits
Ziegeldächer auf. Der Giebel ist mit Schuhwerk verziert. Zwischen
dem obern und untern Stockwerk läuft ein "hölzerner Altan um das
Haus,, zu welchem auch von außen Treppen emporführen. Er dient der
Familie im Sommer zum Aufenthalt, wird ferner zum Trocknen von
Früchten und Wäsche und zu allerlei häuslichen Verrichtungen benutzt.
Dicht am Hause wird unter dem schützenden Dach das Holz für den
Winter hoch aufgeschichtet. In der vordem Hälfte des Hauses ist die
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Tunneleisenbahnen. Der Moni Cenis-Tunnel (1372 km) ver-
bindet das französische mit dem italienischen Bahnnetz und ist ein wichtiger
Punkt in der englisch - indischen Weltverkehrslinie.*) Der Gotthardtunnel
(15 km) verbindet das süddeutsche mit dem italienischen Bahnnetz und dadurch
das deutsche Schienennetz mit dem Mittelmeer. Der Ar lbergtunnel (10^ km)
verbindet Rhein- und Jnngebiet und stellt für die Schweiz, Süddeutschland
und Nordfrankreich eine bedeutend abgekürzte Verbindung mit den adriatischen
Seehäfen und dem f. Ungarn her. — Endlich ist noch die Cornichebahn zu
erwähnen, welche von Nizza durch eine Reihe von Tunnels nach Genua führt.**)
7. Bevölkerung. Zur Römerzeit waren die Alpen größtenteils
von keltischen Völkern bewohnt, die aber von den Römern unterworfen
und romanisiert wurden und später unter germanische Herrschaft kamen.
Wahrscheinlich ist die rätische Bevölkerung in Graubünden (Ladiner)
ein Rest dieser Volksgruppe. — Heute ist die Bevölkerung ihrer Ab-
stammung nach in dem großen zentralen Gebiete des Alpenzuges
deutsch, in' den italisch-sranzösischen Alpen und den s. Vorlagen der
Schweizer und Tiroler Alpen romanisch, im Südostflügel slavisch.
So begegnen also einander im Alpengebiet die wichtigsten europäischen
Bölkergruppen. Die Anzahl der Deutschen und Romanen beträgt
je 31/2 Mill., die der Slaven 1 Mill. Das vorherrschende Bekenntnis
ist das katholische. — Die gesunde Bergluft und die vorwiegende
Beschäftigung der Bewohner im Freien fördern Gesundheit, Rüstigkeit
und Frohsinn. Die wichtigsten Nahrungsquellen der Bevölkerung
lind Vieh Wirtschaft, Ackerbau, der sich jedoch auf die Talsohlen
und schmalen Gehängestreifen beschränkt und im N. bis 900 in, im S.
bis 1 550 m aufwärts steigt, feruer Industrie und zwar Textil-
Industrie in der Schweiz, Seidenindustrie in den Tälern des Südrandes,
Kunstschnitzerei im Berner Oberland und in den deutschen Alpen, und
Eisenindustrie in den Ostalpen, wo auch der Bergbau eine wichtige
Nahrnngsqnelle ist. Endlich ist auch der Fremdenverkehr eine
Wichtige Erwerbsquelle. Als Wohnhaus tritt namentlich in Dörfern
und Einzelgehöften das Alpenhaus, auch wohl „Schweizerhaus" genannt,
auf. Es ist aus Steiu und Holz erbant und weist unter dem weit
vorhängenden Dache Galerieumgänge auf zum Trocknen eingeregneter
Gegenstände im Freien. Das wenig schräge Dach ist mit Steinen
beschwert, um es gegen die Sturmgewalt zu sichern. Die Alpen
sind das dichtest bevölkerte Hochgebirge der Erde,
jedoch das am wenigsten dicht bevölkerte Gebiet Mitteleuropas.
(28 auf 1 ([km).
3. Die Schweix.
(41400 qkm, 3,3 Mill. E., 80,3 auf 1 qkm).
1. Das ^and. a) Die Schweiz liegt mitten in Europa, Un-
berührt vom Meere, umgeben vou den 4 Großstaaten: Deutsches Reich,
Österreich-Ungarn, Italien und Frankreich. Im S. bildet der Haupt-
Zug der Schweizer Alpen, im W. der Schweizer Jura, im No. und
*) London—dover—calais—paris—lyon—mont Cenis-Tunnel—turin
-3ta Emilia—brindisi—alerandria—aden —Bombay —Kalkutta.
**) Im Bau befindet sich der Simplontunnel.
Tromnau, Lehrbuch der Schulgeographie Ii.** 2
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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Extrahierte Personennamen: Moni_Cenis-Tunnel
Extrahierte Ortsnamen: Rhein- Nordfrankreich Ungarn Nizza Genua Schweiz Berner_Oberland Steiu Mitteleuropas Europa Italien Frankreich
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vollen Kampfe aus. An der Rhone traf er zuerst die Teutonen und schlug ihnen gegenber ein verschanztes Lager auf. Da kamen die fremden Männer in wildem Ungestm vor das Lager und neckten und hhnten das rmische Heer und forderten es trotzig zum Kampfe heraus. Das Gebirge umher und die Ufer des Stromes hallten wieder von ihrem Kriegesgeschrei. Aber Marius lie sich nicht aus der Fassung bringen. Er hielt sich lange ruhig in seinem wohlbefestigten Lager, um seine Krie-ger erst an den entsetzlichen Anblick der wilden Männer und an ihre furchtbare Stimme zu gewhnen. Und wenn er eine gnstige Gelegenheit ersah, da ein kleiner Haufen der Feinde allein war, so machte er schnell einen Ausfall auf sie mit Gewalt und Ueberzahl, damit die Seinen nur erst im Kleinen siegen lernten. Solches Zaudern ermdete die streit-lustigen Deutschen. Als diese sahen, da er ihre Herausforderung zur Schlacht nicht annahm, brachen sie endlich auf und zogen an seinem La-ger vorbei des Weges nach Italien. Den rmischen Soldaten riefen sie noch mit beiendem Spotte zu: ob sie etwas nach Rom an ihre Weiber zu bestellen htten? Marius aber folgte ihnen zur Seite nach, sich immer auf den Hhen haltend, damit sie nicht unversehens angreifen knnten. Bei Aqua Sexti, der jetzigen Stadt Aix im sdlichen Frankreich, machten sie Halt, und Marius bezog wieder, ihnen gegen-ber, ein verschanztes Lager. Hier aber ward dem siegreichen Zuge der wandernden Horden die Grenze gesetzt. Hier wurden sie unter ihrem riesigen Anfhrer Teutobod im Jahre 102 von Marius berfallen und in einer zweitgigen Schlacht fast gnzlich vernichtet. Teutobod selbst gerieth in Gefangenschaft.
Unterdessen hatten die Cimbern einen anderen Weg eingeschlagen, indem sie mit den Tignrinern durch die Mittelalpen der den Bren-nerpa in das schne Italien hinabstiegen. Vor ihnen ging wilder Schrecken; auf ihren groen hlzernen Schilden, so hie es, lieen sie sich die Berge hinabgleiten, fingen dann an, Riesen gleich, Bume aus-zureien, Felsen abzutragen, die sie in den Athesis (Etsch) warfen, um bequemer hmberzukommen. In der Schlacht banden sich die vorderen Reihen mit Stricken zusammen, um nicht getrennt zu werden. Berge-bens suchte der Consul Catlus diese Horden am Padns (Po) aufzuhalten. Da stie der siegreiche Marius zu ihm, und nun schlugen und vernichteten beide auf der Raudischen Ebene bei Verona im Jahre 101 auch die Cimbern. Nach der Niederlage der Männer wehrten sich
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Extrahierte Personennamen: Marius_lie Marius Marius Marius Marius Marius Marius Marius Teutobod Marius Marius
Extrahierte Ortsnamen: Italien Rom Frankreich Bren-nerpa Italien Padns Verona
1. Die Alpen, der südliche Grenzwall Deutschlands. 13
güssen begleitet. An allen Seiten der kahlen Felsen rinnen die Wasser herab
sammeln sich in den Fnrchen zu Bächen und vereinigen sich zum wilden
Bergstrom, der in der Schlucht hinabbraust, Schutt und Geröll, Felsblöcke
und Bäume mit sich fortreißt und donnernd in die Tiefe stürzt, Wiesen
und Felder, Dörfer und Städte überflutend und zerstörend. Das plötzliche
Tauwetter im Frühjahre wird nicht selten durch den heißen, trockenen Föhn
hervorgerufen, der von den Hochalpen in die nördlichen Alpenthäler herab-
weht. Dieser heiße Wind steigert sich oft zum Orkan und entwickelt zuweilen
eiue solche Hitze, das das Holzwerk der Hänser austrocknet, und schon manches
Alpenstädtchen ist bei Föhn gänzlich niedergebrannt.
Wie schützen sich die Alpenbewohner vor solchen Ge-
fahren? Um das Abrutschen der Schneefelder zu verhüten und den Schnee
zu bannen, hat man Wälder angepflanzt (Bannwälder); auch hat man Erd-
und Steinwälle ausgerichtet. An vielen Stellen nagelt man auch die Schnee-
selder fest, indem man auf der ganzen geneigten Fläche Pfähle in den
Boden schlägt. Dadurch verhindert man, daß bei der Schneeschmelze das
ganze Lager auf einmal in Gang gerät, und verringert so die Gefahren.
Die Häuser sucht man dadurch zu schützen, daß man dieselben an den Haug
baut und die Dächer an die Bergwand anlehnt und dieselben außerdem mit
schweren bemoosten Steinen belegt. (Bild eines Alpenhauses!)
Welchen Einfluß hat die Alpennatur wohl auf die Be-
wohn er des Gebirges gehabt? Die harte angestrengte Arbeit, an
die der Alpenbewohner von Jugend aus gewöhnt wird, macht den Körper
kräftig und widerstandsfähig gegen die wechselnden Einflüsse der rauhen
Witterung; in dem steten Kampfe gegen die mancherlei Gefahren, denen der
Alpenbewohner ausgesetzt ist, werden Mut und Unerschrockenheit, Entschlossen-
heit und Kühnheit, Gottvertrauen und frommer Sinn geweckt. Dadurch,
daß die Bewohner mehr als in anderen Gegenden aufeinander angewiesen
sind zu gegenseitiger Hilfeleistung, entwickelte sich in den Alpenbewohnern
ein mildthätiger Sinn, der jederzeit zu helfen bereit ist. Die lange Winter-
ruhe bot den Alpenbewohnern Zeit und Anregung, sich in allerlei Hand-
fertigkeiten auszubilden, und die schönen Schnitzereien aus Holz und Bein
legen deutlich Zeugnis ab von ihrer großen Geschicklichkeit.
Zusammenfassung: Das Leben in den Alpen. (Alpennatur und Alpen-
besiedelung. Alpenbewohner und Alpenbeschäftigung. Alpeugefahreu.)
Und trotzdem werden die Alpen alljährlich von so vielen Fremden
besucht?
4. Warum werden die Alpen alljährlich von so vielen Fremden
besucht?
Woher wissen wir, daß alljährlich die Alpen von vielen
Fremden besucht werden? Alljährlich werden von der Eisenbahn-
direktion von Leipzig aus dreimal Sonderzüge nach den Alpen abgelassen.
Diese Züge fahren auch durch Altenburg, und gar viele Bewohner unserer
Stadt benutzen diese Züge, um nach den Alpen zu reisen. Welches Gebirge
wird denn auch viel von Fremden aufgesucht? (Thüringer Wald.) Warum?
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Am östlichen, dem rechten Thalhange, führt der Saumweg nach der
Wengernalp hinan. Noch weiter thalaufwärts öffnet sich nach Osten hin
das schon erwähnte Trüm le ten that (S. 18 und 22), das nach Süden
hin vom Schwarzen Mönch (2718 in) und einem Vorpfeiler der
Jungfrau begrenzt wird, nach Westen hin das Sefinenthal, das sich
nördlich vom Spitzhorn (im Bilde sichtbar) bis zum Gspaltenhorn- oder
Kilchbalmgletscher am Fuße des Gspaltenhorns hinzieht. Aus dem
Trümletenthale bricht zwischen engen Felswänden mit wildem Tosen der
Trümmelbach hervor, aus dem Sefinenthale aus enger Thalspalte die
Sesinenlütschine.
Abgeschlossen wird das Lauterbrunnenthal im Süden durch den west-
lichen Teil des Hauptkammes der Berner Alpen. Genau in der Fortsetzung
der Thalachse thront, in eine breitgezogene, scharfe Kante auslaufend, das -
gewaltige (Lauterbrunner) Breithorn (3779 m), und von ihm aus läuft
die Kammlinie östlich über einen seichten Sattel zum Großhoru (3765 m)
und von da zum Mittagshoru (3887 m), während nach Westen hin
Tschingelhorn (3581 in), Gspaltenhorn (3437 m) und Blü mlis-
nlp (3670 in)1) sich als nächste Nachbarn anreihen. Vom Breithorne
hängen ausgedehnte Firnfelder und Gletscherzungen zu Thale und speisen
mit ihren Schnielzwassern die hier entspringende weiße Lütschine.
Im Vordergründe des Bildes breitet sich ein Alpe, richtiger Alm,
-aus. Den grünen Wiesenplan mit seinen würzigen, nahrhaften Futter,
kräutern auf dem neben einzelnen gewaltigen Felstrümmern leider auch
zahlreiche kleine Steintrümmer liegen, umgrenzt ein Gatter, damit das
weidende Vieh nicht in den zur Seite gähnenden Abgrund stürze. Hinter
einigen Blöcken rechts vom Wege (der wohl schwerlich der Wirklichkeit
entsprechen dürfte) sprudelt aus der dichtgeschlossenen Nasennarbe ein
krystcillklares Wasser; aneinander gelegte Rinnen leiten es zum Brunnen,
bestehend in einem ausgehöhlten Baumstamme. Unweit desselben steht
-eine „Gade" oder Stallung, in der die Herde während drückender
Mittagswärme und in kalten Nächten oder während der wilden Wetter
eingestellt wird.2) Weiter weg liegt die eigentliche Alm- oder Senn-
hütte, die Wohnung des Senners und Schlafstätten der Hirten. Sie
ist aus rohen Balken gezimmert, die von der langjährigen Wirkung der
st Von bliiemi, einem allen dialektischen Ausdruck für Kuh.
2) Dergleichen Einrichtungen sind nicht überall getrosten; es giebt noch Alpen
genug, in den Wctterbäume — ehrwürdige Fichtenriesen mit blitzzerspaltenem Wipfel
und bis zu höchst hinauf mit grauem Baunibart überwachsen — den einzigen Zu-
stuchtsort des Viehes bilden („Nachtgampen").
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