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1. Deutsche Geschichte im Mittelalter - S. 23

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Das Christentum und die Germanen. 23 Winnen. Man erzählte, er habe einst auf dem römischen Sklavenmarkt schöne germanische Knaben zum Verkauf ausgestellt gesehen; auf die Frage welchem Volke sie angehörten, antwortete man ihm, es seien Angeln; da sagte er: „Sie sollen Engel werden." Die Angelsachsen nahmen das Christentum mit großem Eifer an; bald zogen angelsächsische Missionare aus, um das Evangelium weiterzutragen. Willibrord predigte es den Friesen, welche von der Rheinmündung nach Osten wohnten und mit den Franken seit langer Zeit im Grenzkriege lebten. Noch bedeutender aber wirkte Winfried oder, wie ihn der Papst Bonifattus. später nannte, Bonifatius. Er stammte aus einem edlen Geschlecht in Wessex. Früh war er in ein Kloster eingetreten. Als er die Priesterweihe empfangen hatte, ging er zu den Friesen, um dort zu predigen. Nachdem er darauf ein erstes Mal in Rom geweilt und sich vom Papst selbst die Vollmacht hatte geben lassen, den Deutschen das Christentum zu bringen, wirkte er besonders in Hessen und Thüringen. Als ein gewaltiger Prediger, der die Gemüter entflammte und mit sich fortriß, als starke Persönlichkeit, die furchtlos der Gefahr entgegenging, unbeirrt ihr Ziel verfolgte, zugleich Ehrfurcht gebot und Liebe weckte, wurde er zum Apostel der Deutschen. Zu Geismar in Hessen fällte er eine dem Donar geweihte Eiche, ohne, wie die Heiden glaubten, von der Rache des Gottes ereilt zu werden. Ergründete Kirchen, stellte Geistliche an, baute Klöster, unter denen Fulda hervorragt. Vom Papste wurde er zum Erzbischof ernannt und erhielt seinen Sitz in Mainz; als solcher schuf er Bistümer, teilte ihnen ihre Sprengel zu und organisierte so, unterstützt von Pippin, die germanische Kirche. Er ist es auch gewesen, der die Bischöfe des Frankenreichs veranlaßte, sich zum Gehorsam gegen den Papst zu verpflichten; er hat dies für nötig erachtet, um zu verhindern, daß die fränkische Geistlichkeit von neuem in Verwilderung und weltliches Leben herabsänke. In seinem Alter lebte wieder die Sehnsucht in ihm auf, den Friesen das Evangelium zu predigen. Im Friesenlande ist er von einer heidnischen 754. Schar überfallen und, da er jede Gegenwehr verbot, getötet worden; feine Leiche liegt in Fulda begraben. § 23. Deutsche Bistümer und Klöster. So nahm das Christentum auf germanischem Boden zu. Bistümer hatten bereits in vielen der Bummer, alten Römerstädte bestanden, z. B. in Köln, Mainz und Trier, in Straßburg und Augsburg. Dazu traten nunmehr die von Bonifatius gegründeten Bistümer, z. B. Würzburg, Regensburg. Salzburg.

2. Deutsche Geschichte im Mittelalter - S. 83

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Sigmund 1411 — 1437. 83 Wohnsitz wieder nach Rom. Aber gleich darauf fand eine Doppelwahl statt: ein italienischer Papst residierte seitdem in Rom, ein französischer in Avignon, und beide sprachen gegenseitig über sich und ihre Anhänger den Bann aus. Nachdem diese Kirchenspaltung dreißig Jahre gedauert hatte, setzte ein Konzil zu Pisa beide Päpste ab und wählte einen neuen; aber dadurch wurde die Lage noch schlimmer, da jene beiden nicht abdankten. Es gab nunmehr drei Päpste. Drei Päpste. Dazu kam, daß das päpstliche Regiment überhaupt damals viele Mißstände aufwies. Wenn die Päpste früher den deutschen Königen öfter Simonie vorgeworfen hatten, so übten sie jetzt selbst die Übertragung geistlicher Stellen für Geld in großem Umfange. Dazu trat der gewinnsüchtige Mißbrauch des Ablasses, d. H. des an die Verrichtung guter Werke geknüpften Nachlasses zeitlicher Sündenstrafen. Über diese und andere Schäden entstand bei vielen denkenden und nationalgesinnten Männern ein tiefer Unwille; immer weiter verbreitete sich das Verlangen nach einer „Reform Forderung der Kirche an Haupt und Gliedern". So sah denn das Konzil, Kirchen, das 1414 unter kaiserlichem Schutze in Konstanz zusammentrat, als reform' seine Aufgabe einerseits die Beseitigung der Kirchenspaltung, andrerseits die Reform der Kirchenverfassung an. Aber es fand noch eine dritte Aufgabe vor; es mußte zu den Lehren Stellung nehmen, die damals der böhmische Priester und Gelehrte Johann Hus aufstellte, und die sich nicht nur auf die Kircheuverfaffung,Johann Hus. sondern auch auf die kirchliche Lehre bezogen. Er hatte, beeinflußt von den Schriften des englischen Theologen John Wiclif, den Ablaß und die zunehmende Verweltlichung der Kirche, aber auch das Papsttum selbst und einige wichtige Lehren der Kirche als dem Evangelium nicht entsprechend angegriffen; insbesondere hatte er gefordert, daß beim heiligen Abendmahl auch den Laien und nicht nur den Priestern der Kelch gereicht werde. Hus hatte in Böhmen viel Anhang gefunden. Jetzt wurde er vor das Konzil gefordert. Das Konstanter Konzil war wohl die glänzendste Versammlung Das Konzil geistlicher und weltlicher Fürsten im Mittelalter. Einer der drei Päpste,ö'uuhs‘5 Johann Xxiii., hatte sich eingefunden, ferner viele Kardinäle, Erzbischöfe, 1418-Bischöfe und andere Prälaten, dazu die Menge der weltlichen Fürsten und Würdenträger. Der Reichstag, der gleichzeitig stattfand, wurde dadurch besonders bedeutend, daß Sigmund 1415 die Mark Brandenburg, die er Belehnung einst geerbt, dann aber an seinen Vetter Jobst von Mähren verpfändet hatte, mäl?nben= und in der zu jener Zeit völlige Zerrüttung und Gesetzlosigkeit herrschte, 1415. 6*

3. Deutsche Geschichte im Mittelalter - S. 22

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
22 Deutsche Geschichte bis zur Gründung des nationalen Staats 919. Der wesentlichste Einfluß war in der Hand Pippins, der sich „Herzog und Fürst der Franken" nannte. Karl Ebenso gewaltig war die Stellung seines Sohnes Karl, den man ' später Martell, d. h. den Hammer nannte. In rastlosen Kämpfen warf er jeden Widerstand, der sich regte, nieder und sicherte so die Einheit des Frankenreichs. Noch größeren Ruhm hat er sich dadurch erworben, daß er den Einfall der mohammedanischen Araber abwehrte. Er schlug sie in Schlacht der großen Schlacht bei Poitiers, die man nach ihrer Bedeutung mit Pomers. der Schlacht auf den katalauuischen Gefilden zusammenstellen kann. 732‘ Hätten die Araber gesiegt, so wäre es mit dem Christentum im Abendlande und mit der germanischen Freiheit zu Ende gewesen. Pivpin der Auf Karl Martell folgte sein machtvoller Sohn Pippin, den man Äur4£' auch den Kurzen nennt. Er entschloß sich, dem Königtum der Merowinger ein Ende zu machen; dem letzten merowingischen König Childerich Iii. ließ er die langen Locken, das Wahrzeichen seines Königtums, scheren, verwies ihn in ein Kloster und ließ sich selbst von der Heeresversammlung der Franken Königswahl zum König wählen. Dies geschah im Jahre 751; fränkische Bischöfe *751.*' krönten ihn. Einige Jahre später erhielt er von dem Papste selbst noch einmal die Salbung. Dieser war nach dem Frankenlande gekommen, um ihn um Beistand gegen die Langobarden zu bitten; darauf zog Pippin zweimal über die Alpen, besiegte die Langobarden und verlieh dem Papste ein Landgebiet, aus dem sich später der Kirchenstaat entwickelte. Tas Christentum bei den Germanen. § 22. Die irische und angelsächsische Mission bei den Germanen. In jenen Zeiten wurde das Evangelium auch den Germanen, welche an den Ufern des Rheins und weiter nach Osten wohnten, gepredigt. Die Geistlichen der fränkischen Kirche freilich haben sich um ihre Bekehrung nur geringe Verdienste erworben; sie waren meist zu weltlich gesinnt, als daß sie sich Irische dieser Aufgabe hätten widmen mögen. Mönche aus Irland, also Männer amffl0n' keltischen Stammes, waren es, die, allen Gefahren trotzend, in den Waldgebieten des oberen Rheins unter den Alamannen das Christentum predigten; vor allen Kolumbanus und sein Schüler Gallus, der Gründer des Klosters St. Gallen südlich des Bodensees, das später durch die Pflege der Wissenschaft und durch seine berühmte Klosterschule die größte Bedeutung für die Ausbreitung höherer Bildung in Deutschland gewonnen hat. Angel- Den irischen Missionaren folgten angelsächsische. Die Angelsachsen Mssion! waren bis zum Jahre 600 Heiden gewesen. Da sandte der Papst Gregor der Große Glaubensboten zu ihnen, um sie für das Christentum zu ge-

4. Deutsche Geschichte im Mittelalter - S. 24

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
24 Teutsche Geschichte bis zur Gründung des nationalen Staats 919. jtiüster. Besondere Bedeutung für die weitere Verbreitung des Christentums, überhaupt aber für die Erziehung der Germanen zu höherer Kultur gewannen die Klöster. Wie die ersten Einsiedler (Eremiten), so hat es auch die ersten Mönche in Ägypten gegeben. Im Abendlande gründete der heilige Benediktns im sechsten Jahrhundert ein Kloster auf dem Monte Cassino nördlich von Neapel; nach ihm trägt der Orden der Benediktiner seinen Namen. Die Mönche verpflichteten sich auf die drei Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams. Nunmehr erwuchsen auch in Deutschland Männer- und Frauen-k löst er in großer Zahl. Jedes war eine kleine Stadt. Den Mittelpunkt bildete die Kirche; eine Mauer umschloß die Zellen der Klosterinsassen, den Speisesaal (Refektorium), die Bibliothek und die Klosterschule. Daneben stand die Wohnung des Abts oder der Äbtissin. Dann gab es Häuser für Kranke, für Gäste, für die unfreien Leute, z. B. die Klosterhandwerker. Viele Klöster haben lange einen segenspendenden Einfluß ausgeübt. Hier wurde Gott in einem stillen, der Andacht und der Demut geweihten Leben verehrt; hier wurden die Wissenschaften gepflegt, die Schriftsteller des Altertums abgeschrieben und so der Nachwelt aufbewahrt, hier die Jugend in den Wissenschaften unterrichtet; Mönche waren es damals, welche die Baukunst ausübten, die Handschriften mit Malereien (Miniaturen) ausschmückten, die heiligen Geräte für den Gottesdienst anfertigten; Mönche endlich wurden durch eifrige Pflege des Ackerbaus und der Gärtnerei, durch Anpflanzung von Wein und Obst, durch Rodung des Waldes und Austrocknung von Sümpfen die Erzieher der Germanen zu einer besseren Bodennutzung. Karl der Grofzc. 768—814. Die Gründung des Reiches. Auf Pippin, den ersten fränkischen König aus dem Hause der Karolinger, folgte sein Sohn Karl, dem die Nachwelt den Beinamen der Große gegeben hat. Er herrschte anfangs gemeinsam mit seinem Bruder Karlmann; als dieser aber nach wenigen Jahren starb, machte er sich, ohne auf seines Bruders unmündige Söhne Rücksicht zu nehmen, zum Alleinherrscher. Er ist eine der mächtigsten und für alle Folgezeit bedeutsamsten Gestalten der deutschen Geschichte, gleich groß als Kriegsmann und als Regent, als Reichsgründer und als Förderer höherer Bildung. barden^e § 24. Kriege mit beit Langobarden und Sachsen. Schon 772 773-774.'begann Karl einen Krieg gegen die Sachsen. Aber er wurde genötigt

5. Deutsche Geschichte im Mittelalter - S. 72

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Iii. Die Zeit der zunehmenden Auflösung des Reichs. 1273—1519. Rudolfs Persönlich- keit. Besiegung Ottokars. 1. Herrscher aus verschiedenen Häusern. 1273 — 1347. Rudolf von Habslmrg. 1273-1391. § 72. Nach dem Tode des Schattenkönigs Richards von Cornwallis entschlossen sich die deutschen Kurfürsten, zur Neuwahl eines Königs zusammenzutreten. Ihre Wahl fiel auf den Grafen Rudolf von Habsburg, auf den sie besonders der Hohenzoller Friedrich Iii., Burggraf von Nürnberg, hingewiesen hatte. Rudolf hatte in der Schweiz an der Aare und Thur einen nicht unbedeutenden Landbesitz, auch besaß er die Landvogtei in Oberelsaß, aber er gehörte nicht zu den mächtigen Reichsfürsten; denn einen mächtigen Herrn wünschten die Fürsten nicht zum Herrscher. Er war damals schon bejahrt, ein hochgewachsener, hagerer Mann, von schlichtem, einfachem und derbem Wesen und daher auch beim gemeinen Mann nicht unbeliebt. Man kannte ihn als einen tüchtigen Krieger und zugleich als klugen Staatsmann, der ruhig und nüchtern seine Überlegungen anzustellen und zu Werke zu gehen pflegte. Den glänzenden Staufen war er sehr unähnlich, Weltherrschaftspläne lagen ihm fern; als seine Aufgabe sah er an, für das Recht einzutreten, Ordnung und Frieden im Reiche herzustellen, zugleich aber auch den Vorteil seines Hauses nach Kräften wahrzunehmen. Er hatte es zuerst mit dem reichen und stolzen König Ottokar von Böhmen zu tun, der die Zeit des Interregnums dazu benutzt hatte, um die Herzogtümer Österreich, Steiermark, Kärnten und Krain widerrechtlicherweise an sich zu bringen und so ein Reich zu schaffen, das von den Sudeten fast bis zum adriatischen Meere reichte. Ein erster Feldzug gegen ihn hatte zum Ergebnis, daß sich Ottokar beugte und auf die gewonnenen Länder Verzicht leistete. Er mußte persönlich vor Rudolf erscheinen, der den mit glänzender Rüstung bekleideten Böhmenkönig mit gesuchter Einfachheit

6. Deutsche Geschichte im Mittelalter - S. 97

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Herrscher aus verschiedenen Häusern. 97 1204 1198—1208 11198 — 1215 1208 1215 — 1250 1228-1229 1241 1250 — 1254 1268 125&—1273 1273—1519 1273 — 1347 1273 — 1291 1292 — 1298 Papst Innocenz Iii. Höhepunkt der päpstlichen Macht. -Sxox-tnerte Kreuzzug. Eroberung von Konstantinopel; das lateinische Kaisertum. Philipp von Schwaben, Friedrich Barbarossas Sohn. Otto Iv., Heinrichs des Löwen Sohn. Ermordung Philipps zu Bamberg. Friedrich Ii. Der fünfte Kreuzzug. Bannfluch des Papstes Gregor Ix. Empörung der lombardischen Städte; erneuter Bann-flnch Gregors Ix. Der dritte Kampf zwischen Kaiser und Papst. Einfall der Mongolen in Deutschland; Schlacht auf der Walstatt. Wiederholung des Bannfluchs über den Kaiser durch Innocenz Iv. Gegenkönige: Heinrich Raspe von Thüringen und Wilhelm von Holland. Konrad Iv. Manfred. Er füllt im Kampfe gegen Karl von Anjou. Zug Konradins nach Italien, Niederlage bei Tagliacozzo und Hinrichtung zu Neapel. Das Interregnum. Richard von Cornwallis und Alfons von Kastilien. Der sechste und siebente Kreuzzug. Ludwig Ix. der Heilige von Frankreich. Räumung von Akkon. Iii. Die Zeit der zunehmenden Auflösung des Reichs. 1. Herrscher ans verschiedenen Häusern. Rudolf von Habsburg. Besiegung und Tod Ottokars von Böhmen in der Schlacht (Tfif dem Marchfelde. Belehnung der Söhne Rudolfs mit Österreich, Steiermark und Kretin. Rudolfs Tätigkeit für den Landfrieden. Adolf von Nassau. Hausmachtpolitik. Neubauer, Geschtchtl. Lehrbuch. B. Iii. 6. Aufl.

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 106

1911 - Erfurt : Keyser
— 106 — Gegen 8 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Zwölf der geachletsten Ratsherren trugen den silbernen Sarg der beiden Heiligen auf ihren Schultern. Voran wehte die prächtige, goldene Ratsfahne mit den darauf gemalten Bildnissen der Märtyrer. Der schimmernde Sarg war von Weihrauchwolken umhüllt. Ihm folgten die sämtlichen Geistlichen in ihren prächtigen Gewändern, die übrigen Mitglieder des Rates, alle in Erfurt zur Zeit sich aufhaltenden fürstlichen Personen, Grafen und Ritter in ihren glänzenden Rüstungen und endlich die zahllose Menge der Bürger und frommen Wallfahrer. Alle Glocken läuteten, und die waffentra-genden Bürger begleiteten in ihren blanken Harnischen den Zug oder hatten in den durchzogenen Straßen Ausstellung genommen. Im Jahre 1521 wurde die Prozession zum letzten Male abgehalten; das für Erfurt so merkwürdige und einträgliche Fest erreichte durch den Banernansruhr sein Ende. Der silberne Sarg wurde zur größeren Sicherheit auf das Rathaus geschafft, wo er eine Zeit verblieb. Später aber beschlossen die Väter der Stadt, der Ratskasse, die durch große Ausgaben völlig erschöpft war, neue Mittel dadurch zuzuführen, daß sie den Sarg zu Geld umprägen ließen. Die Geldstücke führten den Namen Sargpfennige. Die beiden Heiligen wurden einstweilen in einen hölzernen Sarg gelegt, den man nach dem Muster des silbernen gefertigt hatte. Noch heute kann man diesen Sarkophag mit seinen reichen Verzierungen sehen. (Nach Konstantin Beyer.) 37. Gesellschaftliche und wirtschaftliche Zustände Erfurts in der zweiten Baisse des fünfzehnten Jahrhunderts. Krasser Aberglaube: Bei der Betrachtung der gesellschaft- lichen wie wirtschaftlichen Verhältnisse am Ausgange des Mittelalters fällt uns der krasse Aberglaube auf, welcher allgemein bei hoch und niedrig, bei Ungebildeten und Gebildeten, ja selbst bei Gelehrten und Schriftstellern, in Laien- wie in geistlichen Kreisen herrschte. Dazu war eine schier unglaubliche Unwissenheit, besonders in geschichtlichen und geographischen Dingen verbreitet. Unser Chronist sagt: Mainz, Mognneia, liegt an zwei Flüssen, am Moygin und an der Ezya. Es war ihm unbekannt, daß seine Bischofsstadt also außer am Main am Rhein lag, und er erdachte sich in Anlehnung an den lateinischen Namen Mognneia den Fluß Ezya. — Selbst nicht einmal vor der biblischen und kirchlichen Ueberlieferung machten Aberglaube und Unwissenheit Halt. So wirb, um bafür ein Beispiel zu erzählen, die Geschichte des Verräters Jubas in der unglaublichsten Weise umgestaltet. Die Mutter des Jubas träumt, daß sie einem bösen und verworfenen Sohne, der „dem Teufel gleich wäre", das Leben geben Würbe. Das Kind wirb nach der Geburt von bett erschrockenen Eltern, die in Jerusalem wohnen,

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 120

1911 - Erfurt : Keyser
— 120 — bett prächtigen, zweistöckigen (Srfer, der in feinem giebelcirtigen Abschluß fast benfelben Ansban wie der stattliche Türeingang zeigt. i Der 3vjährige Krieg: Wie aber schon gesagt, hielt bic Besserung der Verhältnisse nicht an; durch den 30jährigen Krieg, in dem Erfurt furchtbar zu leiben hatte, würde fein Wohlstanb voliftänbig vernichtet (f. Das Erfurter Laub im 30jährigen Kriege, Nr. 47). Von den großen Heerführern biefer Zeit, sah die Stadt nur den Schwebenkönig Gustav Aböls, der am 22. September 1731 einritt (f. Nr. 48, 49, 50 u. 51). Er zeigte sich sehr hulbvoll und schenkte Erfurt viele Kloftergiiter; auch der Universität nahm er sich warmherzig an. Durch eine Verfügung vom 9. Oktober 1632 aus Nörblingen überließ er Erfurt alle weltlichen Rechte, die einst dem Erzbischof zugeftanben hatten, den Mainzer Hof, die fünf Kiichenbörfer, die beiben Stifter, 8 Klöster und enblich die noch dem katholischen Gottesbienste geweihten Pfarrkirchen. Er wollte die Stadt „für die dem evangelischen Wesen treu geleistete Assistenz" belohnen und zur Wieberaufrichtung der „fast gar zerfallenen uralten Akabemie" beitragen, zu bereu Förberung er schon im Jahre vorher der Stadt das Negier Kloster überwiesen hatte. Der Oberhoheit behielt der König sich freilich „in alleweg" vor. Doch schon der Prager Friebe 1635 brachte eine Aenberung der Erfurt so günstigen Verhältnisse. Der Kurfürst und die Klöster traten nach dem Abzüge der Schweden wieber in ihren alten Be-sitzsianb ein, ebenso würden die beiben Stiftskirchen von den Evangelischen geräumt. Die Universität, welche auch die ihr zugelegten Kloftergiiter wieber verlor, sank in den alten traurigen Zustanb zurück; benn der Rat war nicht imstanbe, ihr den Verlust aus eigenen Mitteln zu becken. Zwar kehrten die Schweden unter Bauer schon im folgenben Jahre in die Stadt zurück, nachdem sie biefetbe am 19. Dezember heftig beschossen hatten (f. Nr. 52); aber sie kümmerten sich nicht um ihre Verwaltung. Der Rat konnte nach eigenem Ermessen schalten und walten, und auch dem Kurfürsten von Mainz, feinen Beamten und der katholischen Geistlichkeit sicherten die Schweden die Erhaltung ihrer Güter und Rechte zu. Die ihnen gänzlich überlassene Eyriaksburg würde ebenso wie die Stadt aufs neue befestigt. Den hohen und starken Turm am Brühler Tor ließen die Schweden nieberreißen, auch legten sie den Wall weiter zurück, um die Burg mehr von der Stadt zu entfernen und biefe ihr unterzuorbnen. — Währenb der noch übrigen Dauer des Krieges finb die Schweden in Erfurt geblieben. Der letzte Teil der fchwebifchen Besatzung hat sogar erst 2 Jahre nach dem Friebensschlnß die Stadt verlassen, die nun auch baran beulen konnten, das Friebensfest zu feiern, herzlich froh, daß die schreckliche Kriegszeit enblich vorüber war (f. Nr. 53, 54, 55). Innerhalb des balb 20jährigen Aufenthaltes der Schweden, in welcher Zeit die Stadt boliftänbig frei von Mainz gewesen,

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 141

1911 - Erfurt : Keyser
— 141 — trümmert. Vom Roßplatz (jetzt Herrmannsplatz) dis zur Lauen-gaffe (am Fuße des Petersberges) bot alles das Bild entsetzlichster Zerstörung. Das war das berüchtigte „Pfaffenstürmen" vom 11.—13. Juni 1521. Es schien ansangs der Stadt erhebliche, geldwerle Vorteile gebracht zu haben; denn die Geistlichen mußten, um in Zukunst gegen Angriffe jeder Art gesichert zu sein, 10 000 Gulden Schutzgeld zahlen und von den Bürgerhäusern, die in ihrem Besitze waren, fortan Geschoß entrichten. Bald aber solgle der hinkende Bote nach. Der Erzbischof verklagte den Rat vor Kaiser und Reich, und der geschädigte Vorsteher des Marienstistes strengte eine Klage bei der päpstlichen Regierung an, durch welche Rechtshändel der Stadt bedeutende Kosten erwuchsen. Außerdem büßte die neue Lehre sehr an Ansehen ein. Den schlimmsten Schaden jedoch hatte die Universität; denn die Lehrer und Schüler, welche mit dem übermütigen und unruhigen Teile der studentischen Jugend nichts gemein haben wollten, verließen für immer die Stadt. Uebertritt der Geistlichen zur neuen Lehre: Durch den Aufruhr waren die Geistlichen, welche der alten Lehre anhingen, derart eingeschüchtert worden, daß sie die Verbreitung des neuen Glaubens nicht zu hindern wagten. Er erhielt in jenen Tagen sogar einen bedeutenden Zuwachs aus den Klöstern. Eine große Zahl von Mönchen trat aus und nahm Wohnung in den Bürgerhäusern. Den Anfang damit machte der Führer der ganzen evangelischen Bewegung in Erfurt, Dr. Johannes Lang. Er trat int März 1522 mit 14 Brüdern aus dem Augustinerkloster aus. Ihnen folgte eine Anzahl Barfüßer unter Vorantritt von Egidiit* Mechler. Auch die anderen Klöster begannen sich zu leeren. Selbst die Nonnen wurden von der Bewegung ergriffen. Scharenweise traten sie aus und widmeten sich weiblichen Bernsen. Auch die ausgetretenen Mönche mußten bürgerliche Berufe ergreifen, da der Rat der Stadt anfangs nur 4, später 6 Männern die Erlaubnis gab, das Wort Gottes lutherisch in den Kirchen zu verkündigen. Kanzelstreit: Die neuen Glaubensboten unterließen es nicht, heftige Ausfälle gegen die alte Geistlichkeit zu machen, die das Volt ausgebeutet und in greulicher Finsternis erhalten habe. Der Papst wurde als Antichrist (Widerchrist) hingestellt und die Kirche eine Werkstatt der Lüge genannt. Im übrigen waren die Predigten im biblischen Tone gehalten und verkündigten mit Begeisterung die Rechtfertigung durch den Glauben, sowie den Trost des Evangeliums. Mit übergroßer Freude hörte das Volk solchen Predigten zu, dagegen sanden die Messen, die hier und da noch gelesen wurden, keine Teilnahme. Doch in manchen Gemütern gewann die Macht der kirchlichen Ueberlieferung bald wieder die Oberhand, namentlich seit der Augustinermönch Dr. Bartholomäus Ar-noldi von Usingen das Wort ergriff. Nach feiner Predigt über die Heiligenverehrung cim 20. April 1522, dem 2. Osterseiertage,

10. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 142

1911 - Erfurt : Keyser
— 142 — in der Mcmenftistsfircfye (Dom) kam es zwischen ihm und den Geistlichen der neuen Lehre zu einem heftigen Kanzelstreit. Auf jede Predigt Usingens folgte eine ganze Reihe von Gegenpredigten. Auch fehlte es nicht an Störungen im Gottesdienste, indem die Predigten teils durch Geräusch unterbrochen, teils sofort mit gegnerischen Bemerkungen widerlegt wurden. Außerdem erschien eine Flut von Flugschriften aus beiden Lagern. Luther, der schon das „Pfaffenstürmen" mißbilligt hatte, verfolgte den Kamps mit der größten Aufmerksamkeit und mahnte wiederholt zur Mäßigung. Sogar ein Sendschreiben „An alle Christen zu Erfurt samt den Predigern und Dienern" erließ er. Es hatte aber keinen Erfolg, und so erschien er im Oktober 1522 selbst in Erfurts Mauern. Um jeglichen Empfang zu vermeiden, verließ er den Wagen, der ihn von Weimar herüberbrachte, schon vor dem Tore. Er war von Melanchthon und einigen anderen Freunden begleitet und nahm im Psarrhause der Michaelisgemeinde Wohnung. Am 21. Oktober predigte er in der Michaeliskirche über den Glauben und die guten Werke und am folgenden Tage in der Kaufmannskirche über Kreuz und Leiden, wie es ein rechter Christ tragen soll. Beide Male waren die Kirchen gestillt. Auch sonst fehlte es nicht an freudigen Begrüßungen und festlichen Veranstaltungen, doch den Frieden vermochte auch Luther nicht herzustellen. So kehrte er denn unverrichteter Sache noch am 22. mit seinen Freunden nach Weimar zurück. Wichtige Aenderungen: Das nächste Jahr brachte die neue Lehre ein tüchtiges Stück vorwärts. Dem Beispiele Wittenbergs solgend, führte man allmählich eine evangelische Gottesdienstordnung ein und reichte das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Enel-samer, der Psarrherr der Michaelisgemeinde, machte damit den Anfang (am 15. Juli 1523), und bald schloffen sich die anderen Geistlichen seinem Tun an. Und noch ein wichtiger Schritt wurde getan. Egidins Mechler, der neugewählte Pfarrer der Bartholo mäusgemeinde (Bartholomäusturm auf dem Anger), führte mit Genehmigung des Rates der Stadt die Tochter eines Töpfers vor den Graden als sein fromm Gemahl in das Pfarrhaus am Anger. Ihm folgte ein Jahr später Dr. Johannes Lang nach, der die kinderlose und reiche Witwe des Ratsherrn und Weißgerbers Heinrich Mattern zu seinem trauten Eheweib erkor. Nach Verlaus eines weiteren Jahres vermählte sich als dritter Enel-samer. — In dieser Zeit (1524) waren von den 24 Pfarrkirchen der Stadt 7 in den Händen der Evangelischen. Es waren dies die Michaelis-, Moritz-, Bartholomäus-, Viti- (Rheinischer Hof). St Wigberti-, St. Pauli- (Paulsturm) und St. Martini (intra)=Kirche (cm der Schlösserbrücke). Außerdem verfügten sie noch über die Kirche des Schottenklosters, dessen Abt bet neuen Lehre günstig gesinnt war Gleiche Verhältnisse herrschten auf dem Lanbe. In fast allen ersurtischen Dörfern waren die alten Pfarrherren, wenn sie nicht
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