Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 168

1911 - Erfurt : Keyser
— 168 — oder Gesetze der Sitte und toller Uebermnt der Mächtigen" kennzeichnen die Rokokozeit, die Zeit Ludwigs Xv. von Frankreich, in dem fast alle damals lebenden Fürsten ihr Vorbild sahen.' Gleich ihm suchten sie, sich das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Wie in einem steten Rausche mußten ihnen die Tage, von denen jeder „neue Lustbarkeit, neue Zerstreuungen, neue Torheiten" zu bringen hatte, vergehen. Alles diente ihnen nur zum Zwecke des Vergnügens. Schloß Molsdorf und sein Besitzer: Ein rechtes Muster jener leichtsinnigen Zeit war Graf Götter1) anf Schloß Molsdorf in Thüringen. Sein Andenken lebt heute noch im Volke. Noch immer ist das Schloß mit seinem Parke ein beliebtes Ziel der wanderlustigen Erfurter, zumal im Frühling. Dann durchschreitet mancher die Gänge des Parkes, schaut die Ueberreste ehemaliger Bildsäulen und bedauert, daß durch den Zahn der Zeit die Statuen geborsten und durch den Mangel an Pflege die Anlagen verwildert sind. Er ahnt aber nicht, daß er hier nur die Reste verschwundener Pracht schaut, jener Pracht, die einst Graf Götter mit feinem Kunstsinn sür seinen Landsitz in üppiger Fülle schus. Aeutzere Bauart: Um sich aus einem Leben nach strenger Hos-sitte in die Bequemlichkeit ländlicher Umgebung flüchten zu können, kaufte Graf Götter (1733) vom Prinzen Wilhelm von Sachsen- ^ Gustav Adolf Götter wurde am 26. März 1692 als Sohn des hzgl. Kammerrates Johann Michael Götter in Altenburg geboren. Er studierte mit gutem Erfolge in Jena und Halle die Rechte und etaatswiffenstiboften. Zu seiner weiteren Ausbildung unternahm er mit seinem Studienfreunde, dem Baron v. Münchhausen, Reisen ins Ausland. Später unterstützte er seinen Vater in Geschäften des gothaischen Hofes am Kaiserhofe in Wien und wurde hier durch seine Fähigkeiten im gesandtschaftlichen Verkehr, die Schönheit seiner Erscheinung und die Feinheit seines Auftretens bald die einflußreichste Persönlichkeit. Mit packender Beredsamkeit verstand der „donnernde Jupiter", seine Angelegenheiten zu vertreten und zu einem günstigen Abschluß zu führen. Der Kaiser und die Fürsten würdigten ihn ihres Vertrauens, belohnten seine Dienste aufs reichste und schmückten seinen bürgerlichen Namen mit Titeln und seine Brust mit Orden. 1724 erhob ihn der Kaiser in den erblichen Freiherrnstand, und König Friedrich Wilhelm I ernannte ihn zum preußischen Staatsrat und schlug ihn zum Ritter des schwarzen Adlerordens. Später wurde er sogar preußischer Minister am kaiserlichen Hofe, und König Friedrich Ii. ernannte den durch kaiserliche Huld inzwischen zum Reichsgrafen erhobenen Götter zum Oberhofmarschall und Geheimen Staats- und Kriegsrat in Berlin. Als solcher fiel ihm Die wichtige Aufgabe zu, Preußens Anspruch auf Schlesien in Wien endgültig zu regeln. Doch vermochten feine geschickten Verhandlungen, die er absichtlich in die Länge zog, ferne ausgezeichnete Beredsamkeit und selbst die Hilfe alter Freunde nicht, die Kaiserin umzustimmen. Er mußte binnen 48 Stunden Wien verlassen, und der Schlesische Krieg begann. König Friedrich, der die Erfolglosigkeit der Verhandlungen vorausgesehen hatte, hat Gotters Bemühungen trotzdem wohl gewürdigt; dankte er doch der hinzögernden Tätigkeit desselben Die Möglichkeit zur Festigung Der Kriegsstellung in Schlesien. Den Friedensschluß Des Siebenjährigen Krieges, Durch Den Schlesien Preußen als neue Provinz einverleibt wurde, sollte Graf Götter nicht mehr erleben. Am 28. Mai 1762 rief ihn Der Tod aus Dem Leben, Das ihm in reichem Maße Glück und Freude, aber auch manche Enttäuschungen und Seiden gebracht hatte.

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 219

1911 - Erfurt : Keyser
— 219 — Stadl herumzog und unter Trommelschall bekannt machte, daß Paris genommen, der Senat Napoleon abgesetzt und Ludwig Xviii. gehuldigt habe. Durch Kuriere kam die Nachricht, daß Bonaparte gefangen und nach der Insel Elba verwiesen sei mit einer Pension von 6 000 000 Frank. Abends war nochmals große Erleuchtung der (Ztadt. . . . (Nach E. W. Gräuel.) 80. Die Feierndes 1. Gedenktages der Leipziger Völkerschlacht. 1814. Am 15. Oktober wurde das Gedächtnis der ewig denkwürdigen Völkerschlacht bei Leipzig, wo Napoleons Glücksstern erbleichte und die Deutschen ihre Schmach rächten und ihren alten Heldenruhm wieder errangen, hier feierlich begangen. Ein wahres Nationalfest, das mit Recht wie ein heiliges durch ganz Deutschland gefeiert wurde. Die hier in Garnison liegenden 4 Bataillone zogen früh auf den Anger, wo an mehrere Krieger, die sich in der großen Schlacht ausgezeichnet hatten, eiserne Verdienstkreuze ausgeteilt wurden. In der Predigerkirche begann gegen 9 Uhr der feierliche Gottesdienst, der mit allen Glocken eingeläutet wurde. Nach Abfingung eines Lob- und Dankliedes mit musikalischer Begleitung tönte mächtig der prächtige Chor „Fall war sein Los" aus Händels „Judas Makkabäus" vom hohen Chor herab und schwellte die Brust jedes Zuhörers mit dem Gesühl wiedererrungener Freiheit. Auf ihn folgte Mozarts herrliche Kantate „Preis der Gottheit", nach deren Schluß Diakonus Lofsius die Kanzel bestieg und in einer herzlichen Rede die Vorteile schilderte, die Deutschland durch die Schlacht bei Leipzig errang, und zum Dank gegen Gott ermahnte, der die deutschen Waffen fo ausgezeichnet gesegnet. Ein feierliches „Herr Gott, dich loben wir" schloß die gottesdienstliche Feier, der eine große Menschenmenge beiwohnte. Nachmittags wurde die im benachbarten Steigerwalde gelegene, ehemalige Napoleonshöhe durch eine zahlreiche, aus Militär und Bürgern bestehende Versammlung aufs neue eingeweiht und ihr Name in Friedrich Wilhelmshöhe umgewandelt. Zu diesem Zwecke war der Platz mit der von Blumen reich umgebenen Büste des Königs geschmückt worden. Als es dunkel zu werden begann, glühte der Horizont von unzähligen Feuern, die auf allen umliegenden Höhen und Bergen brannten. Es waren ebensoviel Telegraphen, die Deutschlands Jubel von Höhe zu Höhe, von einem Ende zum andern fortpflanzten. Das gothaifche Schloß schimmerte wie ein in den Lüften schwebender Feenpalast aus weiter Ferne. Es war ein feierlicher Anblick. — Plötzlich ertönte der Klang der Maria gloriofa, vereint mit dem Klang aller übrigen Glocken der Stadt, aus dem

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 150

1911 - Erfurt : Keyser
— 150 - schildert, da der tapfere Streiter Gottes im Jahre 1521 auf der Reife nach Worms begriffen war, wo er sich wegen seiner Schriften und Lehren vor Kaiser und Reich verantworten sollte. Man erkennt, wie ihn die Professoren der Universität, allen voran der Rektor Crotus Rubianus mit seiner Amiskette und der Dichter Eobanus Hessus, mit Verehrung begrüßen, wie sich hinten das Volk herzudräugt, um das bleiche, kühne Angustinermcnchlein zu sehen, das Papst und Kaiser Trotz bieten und Widerspruch leisten will. — Umgebung: Man hat den Ort für das Denkmal mit gutem Bedacht im Norden des belebtesten Platzes der Stadt vor der altersgrauen Kaufmanns-Kirche gewählt, deren schöne Türme sich im Hintergründe erbeben. So steht das Denkmal da in der Nähe ehrwürdiger Kirchenmauern, ihm zur Seite srisches, lebendiges Grün der Bäume und Sträucher, und rings herum eilt der geschäftige Verkehr. Ta schreitet der Wandersmann vorbei, sieht mit Ehrerbietung zu dem ehernen Manne empor und wandert weiter der unbekannten Ferne zu. Der Bauer, welcher zum Markte hereinfährt, wirft dem Standbilde einen grüßenden Blick zu, und fast jeder Vorübergehende nimmt sich ein Weilchen Zeit, das Denkmal zu betrachten. Und auch du, lieber Leser, verweile ein wenig, wenn dich der Weg vorbeiführt, und denke des wackeren Mannes Luther in Treue, gedenke deiner Väter, die für ihn begeistert waren, die sür den Glauben an dieses Mannes lautere Lehren einst gelebt und gelitten haben. K. Lürtzing. 4-ö. Dr. Faust in Erfurt. (Eine Sage.) Zu Anfang des 16. Jahrhunderts, ungefähr bis zum Jahre 1520, hat dieser berübmte und zugleich berüchtigte Mann, der aus Knittlingen in Schwaben stammte, in Ersnrt gelebt. Er wohnte in der Michelsgasse neben dem großen Kollegium und las als ein gelehrter Professor im großen Hörsaale der Universität über griechische Dichter. Namentlich erklärte er seinen Zuhörern, den Studenten, den Homer und beschrieb ihnen die Heldengestalten der unsterblichen Gedichte Ilias und Odyssee so lebendig, daß das Verlangen rege wurde, dieselben mit Augen zu erschauen. Als einem Meister der Magie (Zauberkunst), die in jener Zeit als „dunkle Philosophie" (Weltweisheit) selbst auf deutschen Hochschulen gelehrt wurde, war es dem in allen damals bekannten Künsten der Physik bewanderten Faust leicht möglich, den Studenten die Schattenbilder griechischer Helden leibhaftig vor Augen zu stellen. Zuletzt ließ er den greulichen Riesen Polyphem auftreten, vor dessen über* gewaltiger Erscheinung die ganze Zuhörerschaft bebte ls. Rathausbild).

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 258

1911 - Erfurt : Keyser
— 258 — Blumenthal und den Kriegsminister von Roon. Hervorgehoben und gekrönt werden die Ecken des Unterbaues von in Stein gearbeiteten, altertümlichen Rüstungen mit Helmen, deren reiche Federzierden breit auf Panzer und Gewaffen niederwallen. Auf den Mittelfeldern des Unterbaues sind die Inschriften zu lesen, deren eine schon am Anfang erwähnt worden ist. Die eigentlichen Widmungsworte stehen an der Nordseile und lauten: „Den gefallenen Offizieren und Mannschaften aus dem Bezirk der 15. Infanterie-brigade zum ehrenden Gedächtnis." Auf der Westseite liest man weiter: „1866. Podol, Münchengrätz, Königgrätz, Preßburg, Langensalza." Königgratz und Langensalza sind gar blutige Namen in Deutschlands Geschichte. Dort haben, wie so oft vor Zeilen, deutsche Brüder miteinander gekämpft. Gebe ein gütiges Geschick, daß das damals zum letztenmale geschehen sei, und daß Deutschlands Einigkeit, die mit Strömen deutschen Blutes auf den Schlachtgefilden Frankreichs erkämpft worden ist, nie mehr ins Wanken geraten oder gar in Trümmer gehen möge! Darum müssen wir vor allem die Inschrift der Ostseite beachten: „1870—71. Beaumont, Sedan, Paris, Epinay, Pfalzburg." Glanzvolle Namen, welche uns laut und dröhnend zurufen, jener ruhmvollen Tage für und für zu gedenken, da die geeinten deutschen Völker gegen den gemeinsamen Erbfeind mit altem Löwenmute und stürmischer Tapferkeit kämpften, und wo mitten im lobenden Kampfe das deutsche Kaiserreich wieder aufgerichtet wurde! Umgebung: Um die vier Kanonenrohre, welche man beim Kriegerdenkmal aufgestellt hat, blühen die Blumen jeden Frühling und Sommer aufs neue in lieblicher Farbenpracht; die Vög-lein in den Gezweigen der Bäume und Sträucher singen und zwitschern in lebensfrohen Weisen; sie singen wohl auch ein seines Lied zum Ruhme der braven deutschen Streiter, denen man die Denksäule im grünen Hirschgarten gewidmet hat. K. Lürtzing. 99. Das Kalferdenkmal. Wie so viele Städte des ersten Kaisers im jungen Deutschen Reiche gedacht haben, so hat auch unsere Vaterstadt dem weisen und gütigen Herrscher inmitten duftiger, bunter Blumenpracht, wie es sich für eine Blumenstadt gebührt, aus Erz und Granit-stein ein einfaches, doch würdiges Denkmal errichtet, das in seiner Schlichtheit zu dem anspruchslosen Wesen unseres frommen Heldenkaisers paßt. In schmuckloser Uniform, den Degen zur Linken, die rechte Hand auf den Schenkel gestützt, sitzt der Herrscher auf dem gemächlich ausschreitenden Rosse. Das Haupt ist etwas nach rechts gerichtet; gütig und milde blickt es dem Beschauer, der aus dem Stadtinnern kommt, entgegen. An dem mit Rundbogen und kurzstämmigen Säulen gezierten Unterbau aus rotem Granit ist we-

5. Von der französischen Staatsumwälzung bis zur Gegenwart - S. 108

1909 - Leipzig : Hirt
108 V. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. 15. Kaiserin Augusta. Am 7. Januar 1890 folgte die erste Kaiserin des neuen Deutschen Reiches im Alter von 79 Jahren ihrem Gemahl ins Grab. Eine der edelsten und hochsinnigsten Fürstinnen hat Deutschland durch diesen Tod verloren. Die Heimgegangene Fürstin war eine Freundin der Blumen, der Tiere und der Menschen. In dieser Liebe offenbarte sie ihr edles, gutes Herz. Schon als Kind zeigte sie für Blumenzucht sowie für alle Schönheiten der Natur eine lebhafte Vorliebe. Am liebsten verweilte sie an den Orten ihrer thüringischen Heimat, wo sich dem Auge eine schöne Aussicht auf herrliche Landschaften bietet. Der Rosengarten zu Dornburg war einer ihrer liebsten Aufenthaltsorte. In dem Kaiserlichen Palais zu Berlin hat sie den Wintergarten angelegt „voller Palmen und Blumen". Das lebensgroße Bild ihres Gemahls, das in ihrem Arbeitszimmer an der Rückwand des Schreibtisches angebracht war, faßte kein schwerer Goldrahmen ein, sondern eine Efeustaude schlang darum ihre lebendigen Zweige. Die herrlichen Gartenanlagen, die das Schloß Babelsberg bei Potsdam umgeben, sind unter ihrer kundigen Anleitung geschaffen worden. Die schönen Rheinanlagen bei Koblenz verdanken der für Naturschönheiten begeisterten Kaiserin ihre Entstehung. Die nämliche Vorliebe, die sie für die Schönheiten der Pflanzenwelt zeigte, bekundete sie auch für die Tierwelt. Wenn sie in ihren Kinderjahren in den Geflügelhof kam, der in der Nähe des väterlichen Schlosses lag, war sie stets von einem dichten Schwarm von Hühnern und Tauben umgeben, die so zutraulich waren, daß sie das Futter aus ihrer Hand nahmen. Mit ungleich größerer Liebe umfaßte sie die Menschen. Keinen Stand schloß sie von dieser Liebe aus. Künstler und Gelehrte scharte sie an ihrem Hose um sich und hörte gern von ihnen, was ihr unbekannt war. Nicht geringere Sorgfalt wandte sie dem Handwerkerstande zu. Der Gesellenvater Kolping war häufig ihr Gast in Koblenz und empfing zur Förderung seines edeln Werkes reichliche Spenden. Ebendaselbst errichtete sie die Handwerkerstiftung zur Unterstützung braver Handwerkerfamilien. Allen, die der Hilfe bedürftig waren, widmete sie ihre landesmütterliche Liebe und Sorgfalt. Auf ihren Reisen besuchte sie vorzugsweise die Kranken- und Waisenhäuser, sprach den Hilfsbedürftigen liebreich Trost zu und ließ reiche Geschenke zurück. Eine Menge wohltätiger Anstalten und Einrichtungen hat sie entweder selbst ins Leben gerufen oder mit königlicher Freigebigkeit und mit sachverständigem Rate gefördert. Am meisten erfreuten sich ihrer hohen Fürsorge die Anstalten christlicher

6. Für Präparandenanstalten - S. uncounted

1912 - Breslau : Hirt
Der Nhcin bei St. Goarshausen und Vurg Käß. Im tief eingeschnittenen Bette trägt der Rhein einen Schleppzug, der von dem Personen- dampf« gerade gekreuzt und von dem nachfolgenden Schnelldampfer bald überholt werden wird, abwärts nach Coblenz zu. Leben und Bewegung herrscht auch auf den Eisenbahnen beider Ufer, Leben und Fröhlichkeit in den Weinbergen an den sonnigen Hängen, wo jetzt die Trauben gepflückt werden, Leben auf den Äckern der von herbstlicher Sonne vergoldeten Hochebene, deren Spätfrüchte eingeheimst werden, Leben und Frohsinn in den Wäldern, auf den Burgen und Ruinen, wo des Wanderers lustiger Sang erklingt.

7. Deutsche Geschichte - S. 203

1909 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
V Ter Neubau Preußen«. 203 (>/vu/Vu/v'vl Iii. Die Befreiungskriege. 1813-1815. Der Nenbau Preußens. § 213. Die Staatsverwaltung des Freiherrn vom Stein. 1807—1808. Der preußische Staat war in den Jahren seit dem Tilsiter Frieden unter dem Einfluß hervorragender Männer, wie Stein, Scharnhorst, Hardenberg, und ihrer mutigen und begeisterten Mitarbeiter ein anderer geworden, als er vordem gewesen war. Die Verwaltung war reformiert, die sozialen Verhältnisse umgestaltet, das Heerwesen aus eine neue Grundlage gestellt worden; zudem hatte der Geist der Nation unter dem erschütternden Eindruck des Zusammensturzes des angestammten Vaterlandes eine tiefgehende Wandlung ersahren. Freiherr Karlvomund zum Stein stammte aus einem reichs- 6 ritterlichen Geschlecht. Er war zu Nassau an der Lahn geboren; unweit der Ruine seiner Stammburg schaut heute von einem Bergvorsprung sein Denkmal ins Tal hinab. Er war unter Friedrich dem Großen in den preußischen Verwaltungsdienst getreten und zuerst im Bergwesen angestellt worden. Darauf war er allmählich zur Stellung eines Oberpräsidenten der westfälischen Landesteile und zu der eines Ministers emporgestiegen. Als solcher hatte er 1806 die Staatskassen nach Ostpreußen gerettet und war dem König selbst dorthin gefolgt. Dann hatte er infolge eines Zerwürfnisses mit dem König seinen Abschied erhalten. Nach dem Tilsiter Frieden aber berief ihn Friedrich Wilhelm zurück und übertrug ihm d i e o b e r st e Staats-l e i t n n g. Er war ein stolzer, hochsinniger, idealgerichteter Charakter, von gewaltiger Krast des Willens, von tiefer, echter Frömmigkeit, ganz deutsch gesinnt und ganz erfüllt von dem Glauben an sein Volk. Als er an die Spitze der preußischen Regierung trat, war sein Streben auf das Höchste gerichtet: nicht nur die Formen der Verwaltung, sondern den Geist der Bevölkerung wollte er umwandeln, sie mit dem Geiste der Vaterlandsliebe, mit dem Bewußtsein ihrer Pflichten gegen den Staat erfüllen, in ihr das Gefühl der politischen Verantwortlichkeit wecken. Das alte Preußen, in dem Gehorsam die einzige Pflicht der Untertanen gewesen war, sollte zu Grabe gehen; ein neues Preußen sollte entstehen, getragen von der Opferwilligkeit, der verständnisvollen Mitarbeit, dem Gemeingeist der Bürger. Die erste Reform, die unter feiner Leitung durchgeführt wurde, war die Befreiung der Bauern. Die Bauern waren in Preußen wie in anderen deutschen Staaten nicht frei, sondern standen in einem Unter-

8. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 234

1902 - Karlsruhe : Lang
— 234 — Scharen nicht mehr zu schützen vermochten, biente biefer große Steinwall als Zufluchtsort. Hinter die Heidenmauer retteten die flüchtigen Bewohner ihr Vieh und ihre Habe. Als die Einfälle immer häufiger würden, erbaute man innerhalb des Steinwalles Wohnsitze. Tie Heibenmauer umgibt die Bergfläche des Obilienberges vom Mänuelfteiu bis zur Ruine Hagelschloß; eine Umwanberung derselben bauert drei Stnnben. Sie besteht aus rohen Sanb-steinblocken, die meist viereckig zugehauen und ohne Mörtel aus-einanber geschichtet sind. Die Breite der Mauer beträgt 1,70 in, die Höhe schwankt zwischen 2 und 3 m. Obilienberg heißt der ganze Bergrücken; im engeren Sinne wirb barunter auch nur das Kloster verstauben, das im 8. Jahrhundert unter dem Namen Altitona, später unter dem Namen Hohenburg erscheint. 3. De^r Herzog Attich und die hl. Odilia. Auf Hohenburg herrschte vor mehr denn 1200jahren der rauhe und gestrenge Herzog des Elsasses, Attich, (Stich oder Eticho mit Namen. Seinen Wohnsitz hatte er für gewöhnlich zu Oberehnheim, einem kleinen Städtchen am Fuße des Odilienberges. Ter liebe Gott schenkte dem Herzog ein Kindlein; büch der Vater wollte nichts von ihm wissen; es war ein schwaches Mäbchen und noch dazu blind. Ter Grausame schwur, daß solch' ein Wurm sein adeliges Geschlecht nimmer schänden dürse, und wollte es töten lassen. Aber die liebende Mutter wußte Rat und rettete ihr Kind in das Stift Palma, heute Beauine-les-Dames genannt. Der Bischos Erhard taufte das Mägdlein, und während der hl. Handlung schlug es die Augen auf und war sehend. Die Klostersrauen erzogen den anvertrauten Schatz sorgfältig, und balb erblühte Odilia zur lieblichen Jungfrau. Nachdem sie erfahren hatte, welches Standes sie sei, faßte eine unwiderstehliche Sehnsucht nach der Heimat, nach der Mutter ihr Herz. In einem Briese wandte sie sich an ihren Bruder Hugo mit der Bitte, daß er ihr die Erlaubnis zur Rückkehr erwirken möge. Der Vater wollte davon nichts wissen. Die Bruderliebe war jedoch mächtiger in Hugo als der kindliche Gehorsam. Er schickte ihr einen Wagen und Geleite in der sicheren Hoffnung, der Vater werde feine Tochter nicht verstoßen, sobald er sie sehe. Vater und Sohn standen aus der Hohe des Berges; von fern nahten lieh die Burgmannen mit dem Wagen. Da teilte Hugo seinem Vetter die Ankunft Obiliens mit. Doch kein Funke von Liebe glühte in dem väterlichen Herzen. Attich ergriff sein Schwert und stieß seinen Sohn nieber.

9. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 79

1906 - München : Oldenbourg
18. Bayerische Stammesangehörige als Vertreter des mittelalterlichen Chronistenstils. 79 hett man aufgelegt ain guldeins tuch und am seideins küß. in dem ersten stand do man heraus get bei dem sagran, do stund der füng, nach im Herzog Albrecht, darnach ain Herzog von Brannsweig, darnach ain landgras von Hessen, darnach bischof Sixt, darnach über zwen stand2) des türkischen kaisers brnder.3) do man das ewangelinm gelesen Hett, gieng der bischof hinauf und nam das pitch von des küugs eaplan und eredenzt das mit ainem roten seyden tüchlein und gab das dem kling alaiu zu küssen, also tet er auch mit dem agnns, nam er di Paten mit der credenz und gab das dem küng zu küssen, do das gotlich ambt volbracht ward, gieng der küng aus gen sand Sigmund und darnach in di bnrk. er schiket etlichs Volk gen Augspurk. do nun der bischof all fürsten und ir Volk wol gespeist hett, rait der küng mit den fürsten obgenant auf gen München, der bischof gab im das gelait, so weit sein land wer et. Zu München ward der küng gar srolich von seiner fbefteren empfangen, man machet im zu lieb di selb nacht amen tanz. er tanzet zwir4) mit feiner fbester. d) Johannes Turmair, genannt Aveutinus?) Beschreibung des Baierlands in der gemein auf das Kürzest. Das ganz land in der gemäht ist vast6) fruchtpar, reich an salz traib viech bischen holz Waid wilbprüt und kurz alles, so zu der fchuabehuaib7) bient, ist allba übrigs genueg. Viech salz traib wirb in ander laut getriben, gefüert und verkauft. Wein pringt man aus andern lanben auf land und Wasser, neinlich ab dem Rein, Neckar, cmß dem Elsaß, welschen lanben, Chrain, Hister-reich8), Veltliner tal, Tramin, Franken und Österreich. Und, als das gemain geruech, nienbert lebt und tigt man paß?) Der lengft tag ist über sechzehen stnnb, der kürzest bei acht stunben lang. Oster- u. westerwind, den man ober und niber nent, wäen bick10) und oft und gegen bcnen pflegt man nit zu pauen; der oberwinb pringt gern regen und ungeteilter, der anber fchoen und ftaet Wetter. Beschreibung der sitten des lands auf das Kürzest und in der gemain. Das baierisch Volk (gentainlich bavon zu reben) ist geistlich, schlecht und gerecht, get, läuft gern firchfertenn), Hat auch vil ftrchfart; legt sich mer auf Kirchenstuhl. -— S) d. H. zwei Kirchenstühle hinterhalb. — 3) Prinz 3) schern, Bruder des türkischen Sultans B ajazeih, der von den Johannitern gefangen und von dem König von Frankreich an König Maximilian als Gefangener ausgeliefert worden war. — 4) zweimal. 6) „S amtliche Werk e", auf Veranlassung Sr. Majestät des Königs von Bayern herausgegeben von der Kgl. Akademie der Wissenschaften, Iv. Band, bayerische Chronik, herausgegeben von Matthias Lexer, München 1883, S. 41 ff. 6) sehr, oft. — 7) Speise. — 8) Istrien. — 9) wohnt man besser. — 10) wehen häufig. — U) Wallfahrten^

10. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 92

1906 - München : Oldenbourg
92 22. Kloster Ettal und der Pfaffenwinkel. einer andern Prälatur oder Abtei speisen und schlafen konnte. Von Füssen drüben, wo das Stift des heiligen Magnus auf die schäumenden Wellen des Lech herniederschaut, reichte diese Kette iu weitem Bogen bis an den Fuß der Beuedikteuwand. Da war Steingaden, die alte Welsenstiftnng, und das Augustinerkloster Rotten buch, da waren Wessobrunn und Polling, Diessen und Bernried, Schlehdorf und Benediktbeuern und als äußerste Hochwart in das Flachland vorgeschoben ragte auf dem „Heiligen Berge" das gnadenreiche Andechs empor über den blauen Fluten des Ammersees. Jeder dieser Namen bedeutet einen Markstein in der Geistesgeschichte unseres Altbayernlandes, denn nichts lag den Bewohnern dieser stillen Mauern ferner als ihre fromme Weltflucht bis zur Kulturfeindlichkeit zu steigern. Seit den Tagen, da die ersten Glaubensboten mit wuchtigen Axthieben die einsame Wildnis rodeten um ihren Siedel zu erbauen, bis zur Klosteraufhebung im Jahre 1803 haben geistiges Schaffen und künstlerisches Tun hier eine allezeit gastliche Heimstätte gefunden. Allezeit sagen wir und nicht bloß, wie es ja mäuniglich bekannt ist, nur während des Mittelalters. Gerade in dem Zeitabschnitte der Gegenreformation, der den katholischen Süden im Gegensatze zum Norden Deutschlands auf so eigenartige, mit romanischen Elementen durchsetzte Kulturbahnen wies, als die Kunst des Barock und des Rokoko ihren Hauptsitz in Altbayern aufgeschlagen hatte, erleben diese Klöster eine prächtige Nachblüte. Damals entstanden jene herrlichen, mit allen Mitteln sinnberückender Kunst ausgestatteten Kirchenbauten und Prälaturen, die noch heute gleich Fürsteuschlösseru die Landschaft beherrschen und die in ihren geräumigen, wohlgeordneten und planvoll vermehrten Büchereien so reiches Rüstzeug für die gelehrten Forscher aller Nationen bargen. Man braucht nur die alteu Reiseberichte zu durchblättern um zu ersehen, welch großsinnige Gastfreundschaft, welch reges, feinfühliges Interesse hier für alles vorhanden war, was der menschliche Geist in Kunst und Wissenschaft Hervorragendes zeitigte. Dieser ganze Gau führt uns „ein Bild warmherzigen Schaffenseifers süddeutscher Architekten" vor, dem erst die kunsthistorische Forschung der jüngsten Tage wieder gerecht zu werden beginnt. Hier wurden, wie unser Westenrieder im Jahre 1788 hervorhebt, „unzählige Jünglinge, an welchen man die Spuren guter Köpfe bemerkt, von Klöstern und Pfarrern gleichsam an Kindesstatt angenommen, unentgeltlich erzogen und in den Anfangsgründen der Wissenschaften unterrichtet". Als am 22. Oktober 1758 in dem alten gotischen Hanfes an der Bnrg-gaffe in München jene Gemeinde hochstrebender Männer sich zusammenfand, aus welcher die bayerische Akademie der Wissenschaften hervorgehen sollte, da war es ein Kind des Pfaffenwinkels, der treffliche Lori, der, wie er jederzeit gerührt anerkannte, „vom Kloster Steingaden herausgehoben und Heute noch unverändert erhalten, Haus Nr. 5.
   bis 10 von 2882 weiter»  »»
2882 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 2882 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 380
1 557
2 242
3 8882
4 443
5 2663
6 830
7 3081
8 7120
9 1839
10 789
11 217
12 197
13 2881
14 98
15 481
16 437
17 286
18 6202
19 959
20 59
21 432
22 185
23 43
24 1695
25 250
26 333
27 330
28 601
29 2845
30 256
31 158
32 829
33 415
34 184
35 529
36 1576
37 2882
38 5230
39 711
40 925
41 506
42 111
43 147
44 1644
45 1352
46 863
47 681
48 207
49 386

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 18
1 558
2 9
3 44
4 62
5 240
6 42
7 44
8 42
9 72
10 117
11 44
12 53
13 201
14 15
15 8
16 163
17 1408
18 111
19 183
20 44
21 273
22 23
23 127
24 79
25 26
26 128
27 16
28 203
29 33
30 10
31 10
32 68
33 47
34 31
35 97
36 47
37 118
38 261
39 385
40 65
41 41
42 79
43 40
44 34
45 213
46 93
47 7
48 49
49 289
50 4
51 46
52 65
53 43
54 167
55 12
56 26
57 155
58 88
59 38
60 18
61 17
62 28
63 2
64 19
65 30
66 43
67 31
68 71
69 103
70 101
71 90
72 36
73 556
74 13
75 107
76 1509
77 1315
78 30
79 30
80 58
81 41
82 172
83 99
84 39
85 53
86 53
87 299
88 20
89 14
90 33
91 136
92 670
93 70
94 496
95 18
96 44
97 25
98 162
99 17

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 2833
1 823
2 4676
3 2820
4 2302
5 1742
6 3756
7 1493
8 599
9 2713
10 4419
11 348
12 4238
13 4574
14 323
15 1363
16 2656
17 1263
18 2571
19 3788
20 406
21 2007
22 1868
23 739
24 1624
25 2355
26 8156
27 1403
28 2765
29 1597
30 3319
31 1191
32 829
33 44280
34 2321
35 2583
36 634
37 1468
38 640
39 4184
40 3717
41 4162
42 5911
43 6725
44 1810
45 498
46 2719
47 893
48 3679
49 3049
50 11977
51 24456
52 2060
53 449
54 3213
55 3036
56 1733
57 755
58 6542
59 41326
60 699
61 5290
62 3254
63 1242
64 3205
65 9319
66 387
67 1341
68 944
69 1065
70 578
71 4240
72 4869
73 2482
74 1379
75 2888
76 382
77 3753
78 627
79 1273
80 3169
81 67587
82 1802
83 465
84 2159
85 2676
86 346
87 470
88 1375
89 2210
90 294
91 3038
92 2520
93 675
94 541
95 294
96 473
97 4530
98 991
99 1145
100 51593
101 130
102 16303
103 1767
104 428
105 773
106 3366
107 728
108 450
109 646
110 3396
111 8499
112 4964
113 686
114 3059
115 1377
116 10427
117 738
118 1563
119 624
120 4806
121 8243
122 569
123 3882
124 3160
125 3480
126 809
127 4246
128 2268
129 2742
130 420
131 9237
132 2975
133 1281
134 689
135 353
136 15601
137 899
138 359
139 338
140 2613
141 735
142 4309
143 10175
144 869
145 2752
146 1436
147 949
148 1383
149 1316
150 1655
151 7061
152 11516
153 261
154 3074
155 4881
156 7863
157 4107
158 2580
159 870
160 311
161 4611
162 1180
163 1590
164 1362
165 1514
166 6477
167 4027
168 1576
169 5585
170 1330
171 5213
172 2910
173 8559
174 493
175 27152
176 1136
177 17971
178 328
179 19579
180 356
181 2101
182 6737
183 17544
184 1729
185 1065
186 613
187 5194
188 676
189 4120
190 1743
191 1863
192 2191
193 389
194 2343
195 1830
196 16085
197 1194
198 2041
199 1718