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1. Das erste Geschichtsbuch - S. 32

1892 - Gera : Hofmann
— 32 — „Noch eine große Hand voll Gold für die Armen!" antwortete sie. „Wie groß?" forschte der König. „So groß wie das Herz des besten Königs!" war ihre Antwort, und sie erhielt, was sie wünschte, um viele zu beglücken. Beide Ehegatten waren ein Herz und eine Seele. Am liebsten waren sie auf ihrem Landgute Paretz bei Potsdam. Hier lebten sie einfach und schlicht. Als sich Friedrich Wilhelm ein Hans bauen ließ, mahnte er den Baumeister zur Sparsamkeit mit den Worten: „Nur immer bedenken, daß Sie für einen armen Gutsbesitzer bauen!" Ernannte sich am liebsten den „Schulzen" und seine Gemahlin die „gnädige Frau" von Paretz. Herzlich und ungezwungen verkehrten sie mit den schlichten Landleuten und teilten mit ihnen Freud und Leid. Bei Märkten kaufte die Kronprinzessin Luise den Kindern kleine Geschenke. Alle drängten sich nun um sie und riefen: „Mir auch was, Frau Königin!" Das Familienleben des hohen Paares war ein Muster für das ganze Land. 5. Friedrich Wilhelm Iii. bestieg 1797 den Thron. Er war ein großer, stattlicher Mann, einfach in der Kleidung und Lebensweise. Richtig beurteilte er Menschen und Dinge, aber ungern redete er öffentlich, und nur langsam entschloß er sich in wichtigen Fragen. Gegen Arme war er mild und freundlich, gegen alle gerecht, in Trübsal geduldig und standhaft. In den Regierungsgeschäften war er fleißig, gewissenhaft und gerecht. Gewissenlose Beamte entließ er. Ordnung, Sparsamkeit und Gewissenhaftigkeit brachte er wieder in die Verwaltung. Mit Rat und That war die Königin Luise seine treue Helferin. Sie war ein Engel der Hilfe für alle Armen und Unglücklichen. Aber es waren damals schwere, böse Zeiten. In Frankreich hatte sich ein gewaltiger Kriegsheld an die Spitze gestellt. Er hieß Napoleon Bonaparte und war ein Advokatensohn von der Insel Korsika. Er eilte von Sieg zu Sieg, unterwarf ein Land nach dem andern und setzte sich endlich die Kaiserkrone auf. Frankreich hatte schon alles Land bis an den Rhein eingenommen. Aber damit war Napoleon noch nicht zufrieden. Er vereinigte viele deutsche Fürsten unter seinem Schutze zu dem sogenannten Rheinbünde, besiegte Österreich 1805 bei Austerlitz und nötigte den Kaiser, die deutsche Krone 1806 niederzulegen. Von da an bis 1871 gab es keinen deutschen Kaiser und kein Deutsches Reich mehr. Friedrich Wilhelm Iii. liebte den Frieden und wollte seinem Volke die Leiden des Krieges ersparen. Darum schloß er sich dem Bunde gegen Napoleon nicht an, wie sehr ihn auch seine Gattin und viele Vaterlandsfreunde baten. Aber gerade auf Preußen hatte es Napoleon abgesehen. Er kränkte und reizte den König so lange, bis ihm dieser endlich den Krieg erklärte. 6. Er verlor sein halbes Reich durch die Schlacht bei Jena 1806 und den Frieden von Tilsit 1807. Wie der Blitz erschien Napoleon in Thüringen und griff die Preußen bei Jena im Herbste

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1. Bilder und Lebensbeschreibungen aus der Weltgeschichte - S. 324

1887 - Hannover : Meyer
324 147. Preußens Fall. herrlichsten ihr reines, frommes Herz. Als sie mit ihrem Bräutigam in Berlin einzog und ihr von einem weißgekleideten Mädchen ein Myrtenkranz überreicht wurde, beugte sie sich nieder und küßte das junge Mädchen herzhaft. Darob war die Oberhofmeisterin, eine Dame, welche über die strenge Beobachtung der Hofsitte zu wachen hat, starr vor Schreck und ries: „Mein Gott, Königliche Hoheit, das ist ja gegen allen Anstand!" Luise aber sah sie mit ihren großen blauen Augen verwundert an und sprach: „Wie, darf ich das nicht mehr thun?" Bald flogen ihr aller Herzen zu; der Kronprinz aber führte mit feiner Luise ein so liebliches, trautes Leben, daß dieses Ehepaar dem üppigen Hose des Vaters zum beschämenden Vorbilde dienen konnte. Die glücklichsten Tage verlebten der Kronprinz und die Kronprinzessin zu Paretz, einem kleinen Landgute an der Havel, zwei Meilen von Potsdam. Alle Pracht, alle Förmlichkeit war von hier verbannt; wie einfache Landedelleute lebte man inmitten der ländlichen Bevölkerung. Am Erntefeste mischte sich die gnädige Frau von Paretz, wie die Kronprinzessin sich so gern nannte, selbst in die frohen Tänze der Bauernsöhne und -töchter und verteilte große Körbe voll Honigkuchen und Pfeffernüsse an die Kinder. Da liefen ihr dann die ungeduldigen Kleinen nach, ehe einmal die Reihe an sie kam, und riefen: „Frau Königin, mir auch was!" — Als das krouprinzliche Paar 1797 den Thron erbte, brachte es die schlichte Weise von Paretz mit an den Hof. Fromm und einfach wurden auch die Prinzen Friedrich und Wilhelm erzogen. Wo es aber galt wohlzuthun, sparte man nicht. Köstlicher als ihre Gaben waren der Königin freundliche Worte, mit denen sie ihr Thun begleitete. Welcher glücklichen Zeit durfte das preußische Volk unter diesem Königspaar entgegensehen! Ach, gerade jetzt stand eine Zeit tiefster Schmach und Trübsal bevor. 2. Krieg mit Napoleon; Jena und Auerstädt (1806). Friedrich Wilhelm Iii. wünschte seinem Lande den Frieden zu erhalten; aber es war nicht möglich, da Napoleon ihm eine Kränkung nach der andern zufügte. Unter anderm hatte Napoleon ihn genötigt, mehrere preußische Gebiete (Ansbach, Kleve, Neuenbnrg) an Frankreich abzutreten und dafür das den Engländern entrissene Hannover anzunehmen; ein halbes Jahr später aber bot er Hannover, welches ihm gar nicht mehr gehörte. England wieder an. Da erklärte Friedrich Wilhelm dem Treulosen den Krieg (1806). Es war ein gefahrvoller Kampf; Österreich wollte nicht teilnehmen, und die verbündeten Russen waren noch fern, als Napoleon schon mit einem überlegenen Heere heranrückte. Das Schlimmste aber war, daß sich die preußische Armee, weil man nicht mit der Zeit fortgeschritten war, in einem traurigen Zustande befand. Bald hatte Napoleon den 72jährigen preußischen Oberfeldherrn Ferdinand von Braun schweig, der ihm durchaus nicht gewachsen war, umgangen und lieferte ihm gleichzeitig die Schlachten bei Jena und Auerstädt (4 Stunden nördlich von Jena). Napoleon selbst befehligte bei Jena. An beiden Stellen wurden die Preußen gänzlich geschlagen. Ferdinand, der bei Auerstädt kämpfte, wurde gleich beim Beginn der Schlacht durch eine Kugel beider Augen beraubt. Er hoffte in seiner Hauptstadt Braunschweig in Frieden sterben zu können; jedoch erbarmungslos vertrieb ihn Napoleon, indem er ihn

2. Unsere Kaiser und ihr Haus - S. 48

1894 - Dresden : Jacobi
48 - die Kronprinzessin mit einem Bauernburschen. Oftmals holten sich die Leute Rat und Beistand bei der gndigen Frau. Besonders die Kinder hatte Luise in ihr Herz geschlossen. Am Jahr-marktstage eilten die Kleinen in hellen Haufen der Kronprinzessin nach und schrieen zwischen den Buden: Mir auch was, Frau Kronprinzessin, mir auch ein Geschenk?" und kein Kind ging uubescheukt von bannen. In Berlin weilten die kronprinzlichen Herrschaften nicht so gerne als in Paretz, weil sie kein Wohlgefallen an den glnzenben Hoffesten fanden. In dem stillen, lndlichen Paretz fhlten sie sich erst ganz glck-lich. Einst meinte eine fremde Frstin, die daselbst zu Besuch weilte, ob es nicht einmal hier langweilig werde. Luise entgegnete: Ach nein, ich fhle mich ganz glcklich als gndige Frau von Paretz." 3. Der unglckliche Krieg (1806 und 1807). In Frankreich hatte sich zu Anfang dieses Jahrhunderts Kaiser Napoleon I. auf den Thron geschwungen. Er berzog mit seinen kriegs-gebten Scharen nach und nach ganz Europa mit Krieg. In Preußen herrschte seit 1797 Friedrich Wilhelm Iii. Er war friedliebend und wollte dem Lande gerne die Strme eines blutigen Krieges ersparen. Er trat daher nie den Bndnissen, die die Nachbarreiche gegen Napoleon schlssen, bei. Das war aber nicht klug gehandelt; denn so ge-lang es Napoleon, diese Staaten zu schlagen, was wahrscheinlich nicht ge-schehen wre, wenn Preußen sich mit ihnen verbunden htte. Der listige Kaiser Napoleon verstand es sehr gut, unsern König zu tuschen und sich als einen aufrichtigen Freund Preuens hinzustellen. Als er aber 1805 sterreich besiegt hatte, trat er ganz anders gegen Preußen auf. Er demtigte unfern König in dem Grade, da jeder Preuße erbittert war und mit dem Heere: Krieg, Krieg mit den Franzosen!" schrie. Der König willigte nur widerstrebend in den Krieg mit Napoleon. Er wute wohl, da das franzsische Heer durch 15 Jahre lange Kriege gebt war und durch Napoleon viele treffliche neue Einrichtungen erhal-ten hatte. Das preuische Heer war seit 40 Jahren nicht vorwrts, sondern zurck gegangen. An Mut fehlte es den Soldaten ja nicht; aber das Heer hatte keine tchtigen Feldherren, keine guten Geschtze. Auch gefiel dem frommen König der hochmtige, stolze Sinn der jungen Offiziere, die da meinten: es wre schabe, da man der Heldenarmee Degen, Ge-wehre und Kanonen mitgbe; Knttel wrden hinreichend fein, die Frau-zosen tot zu schlagen," gar wenig. Er frchtete mit Recht, ba Gott solche Hoffart bestrafen werbe. Nur zu halt sollte sich seine Ahnung erfllen. In der Doppelschlacht bei Jena und Auerstabt wrbe am 14. Oktober 1806 das preuische Heer vollstnbig geschlagen und aufgelst. Damals verloren die Beamten und die hohen Offiziere, zumal bte Befehlshaber in den Festungen; den Kopf und bergaben Napoleon ohne Schwertstreich in wenigen Tagen das ganze Gebiet bis zur Ober. Das waren schmachvolle Tage fr unser armes Baterlanb.

3. Lebensbilder aus der vaterländischen Geschichte - S. 51

1899 - Leipzig : Teubner
8. Friedrich Wilhelm Iii. 51 8. Friedrich Wilhelm Iii. 1. Bis zur Thronbesteigung. Nach Friedrich dem Groen herrschte sein Neffe Friedrich Wilhelm Ii. der Preußen, der Posen gewann und mit Frankreich Krieg fhrte. Ihm folgte im Jahre 1797 sein Sohn Friedrich Wilhelm iii. Dieser war einfach, schlicht, offen und sittenstreng, dabei stets sorglich fr sein Volk bemht. Als Kronprinz vermhlte er sich mit der wunderschnen, klugen und gtigen Prinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz. Auf dem Gute Paretz (bei Potsdam) lebte er mit ihr wie ein brgerlicher Hausvater, und beide fhlten sich uerst glcklich unter den einfachen Leuten auf dem Lande. Frhlich bezeichneten sie sich da als den Ortsschulzen und die gndige Frau von Paretz. 2. Er wird König. Mit 27 Jahren wurde Friedrich Wilhelm Iii. König. Aber es war ihm nicht beschieden, sein Land in Ruhe und Frieden zu regieren. Napoleon Bonaparte, der Kaiser der Franzosen, mochte Preußen nicht leiden und behandelte es gering-schtzig. Schlielich berzog er sogar Preußen mit Krieg. 3. Die Niederlage Preuens (1806 und 1807). Das Heerwesen in Preußen war nicht verbessert worden. Dazu kam, da zu viele Generale alt und gebrechlich waren, Napoleon aber samt seinen Marschllen im krftigsten Mannesalter stand und kriegs-kundig wie selten ein Herrscher war. So brach im Oktober 1806 das Unglck der Friedrich Wilhelm Iii. herein. Bei Jena und bei Auerstdt wurde sein Heer furchtbar geschlagen. Von Schrecken erfat, bergaben zwlf Befehlshaber die ihnen anvertrauten Festungen, meist ohne alle Gegenwehr. Whrend der Franzosenkaiser in Berlin einzog, mute der unglckliche König und ebenso seine Gemahlin immer weiter und weiter, bis an den fernsten Rand des Reiches fliehen. Knigin Luise wurde krank. Aber kaum war sie etwas hergestellt, so mute sie die Flucht fortsetzen. Damals schrieb sie in ihrer Not und Qual in einer Bauernhtte die Worte des Dichters nieder: Wer nie sein Brot mit Thrnen a, Wer nie in kummervollen Nchten Auf seinem Bette weinend sa, Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mchte!

4. Fragenheft zur Geschichte - S. 58

1913 - Bielefeld : Velhagen & Klasing
8 3. Napoleon I. und das Ende des deutschen Reiches. 1. Napoleon Bonaparte. Welcher Herkunft war Napoleon? Wie war Napoleon zu einem berhmten Mann geworden? Wie machte sich Napoleon durch einen Staatsstreich zum einflureichsten Mann in Frankreich? Wie stellte Napoleon die Monarchie wieder her? 2. Ende des deutschen Reiches. Wie kam das linke Rheinufer an Frankreich? Auf welche Weise wurden die deutschen Fürsten, die ihre linksrheinischen Be- sitzungen verloren hatten, entschdigt? Welche guten nationalen Folgen hatte der Reichsdeputationshauptschlu? Warum schlssen 1805 Rußland, sterreich und England ein Bndnis gegen Napoleon? Welches Schicksal hatte die franzsische Flotte bei Trafalgar? Welchen Erfolg trug Napoleon 1805 bei Ansterlitz davon? Wie wurden 16 deutsche Fürsten 1806 zu Totengrbern des deutschen Reiches? 4. Friedrich Wilhelm Iii. 17971840. a) Friedrich Wilhelm und Luise. Welche Lebensregeln hatte Friedrich Wilhelm Iii. als Knabe von seinem Gro- oheim, Friedrich dem Groen, mit auf den Weg bekommen? Wie lernte Friedrich Wilhelm Iii. seine Gemahlin Luise kennen? Beschreibe das einfache Leben, das Friedrich Wilhelm Iii. und Luise während ihres Aufenthaltes in Paretz fhrten! b) Der unglckliche Krieg von 1806 und 1807. 1. Preußen erklrt an Frankreich den Krieg. Warum erklrte Friedrich Wilhelm Napoleon den Krieg? 2. Das preuische Heer. Berichte der a) die Rekrutierung, b) die Uniformierung, c) die kriegerische Ausrstung, d) den Dienst, e) die Kriegstchtigkeit der Fhrer des preuischen Heeres am Anfang des 19. Jahrhunderts! Welche Mngel bestanden bei der Armee a) hinsichtlich der Ausbildung des einzelnen Soldaten fr den Ernstfall, b) hinsichtlich der Bewegung der Armee? 3. Jena und Auerstdt. Welchen Weg schlug Napoleon aus seinem Zuge gegeu die Preuße von Sddeutschland aus ein? Welches groe Opfer auf preuischer Seite erforderte das Treffen bei Saalfeld? Welchen Ausgang nahm der Doppelangriff auf das preuische Heer bei Jena und Auerstdt? 4. Verrat und Feigheit. In welche Worte kleidete Napoleon seine Verachtung der feigen preuischen Festungskommandanten?

5. Preußischer Kinderfreund - S. 293

1876 - Königsberg : Bon
293 37. Die Königin Luise. 1. Die glückliche Zeit. Welcher Preuße hätte nicht einst seine Königin Luise, die Holdselige, gepriesen. Sie war so glücklich an der Seite ihres königlichen Gemahls, unter ihren blühenden Kindern und unter dem Volke. Mit Dankgefühl erkannte sie, dasi schon frühzeitig in sie ein Zug nach dem Höheren, und die Erkenntniss des Ewigen in dem Irdischen gepflanzt sei, weshalb sie auch in Christo einen festen Anker für die Zeit der Trübsal fand. Darum fühlte sie früh schon den göttlichen Beruf des Wohlthuns. An der Hand ihrer Erzieherin, ihre Mutter verlor sie im 6. Jahre, pilgerte sie aus dem Palast in die Hütten der Armuth, und das holde Fürstenkind erschien den Dürftigen und Leidenden als ein Engel der Milde. Im Jahre 1793 fügte es sich, dasi der Kronprinz, später Friedrich Wilhelm Iii., sie zum erstenmal sah und von ihrem ersten Blicke dauernd gefesselt wurde. „Die ist es oder keine auf Erden," dachte er, wie er später erzählte, und ihrer Ge- genliebe gewisi, ward sie noch vor Jahresschluss seine Gemahlin. Unter un- endlichem Jubel zog sie in Berlin ein. Ein Engel an Schönheit, mit leicht gelocktem Haar, himmelblauen Augen, ein lebensfrischer Zauber der Anmuth bei stiller Majestät. Und das war nur der Abglanz einer schönen Seele. Eine natürliche Leutseligkeit, so dass ihr Benehmen gegen Hoch und Niedrig ein gleiches und ungezwungenes war, und ein umfassendes Wohlthun, sicher- ten ihr die begeisterte Liebe des Volkes bis zu ihrem Tode. Die Ehe des hohen Paares war ein mächtig wirkendes Vorbild wahren Familienlebens. Nicht bei Hose, sondern zu Hause fühlten sie sich recht heimisch; sie verkehrten auch gern mit einfachen Leuten, besonders zu Paretz, einem Gute bei Potsdam, wo sie die gemüthlichsten Tage verlebten. Der König ließ sich am liebsten als „den Schulzen von Paretz" an- sehen, und seine Gemahlin gefiel sich als „gnädige Frau von Paretz." Bei dem Aerntefeste mischte die königliche Frau sich unter die Tänze der jungen Bauersleute, tanzte vergnügt mit und bei den jährlichen Dorffesten verkehrte sie fröhlich mit ihnen. Die Dorfjugend umringte sie, wenn sie an die Buden ging, kleine Geschenke einzukaufen für die Kinder, die hinter ihr her schrieen: „Mir auch was, Frau Königin!" — General von Köckeritz, der tägliche Tischgast, entfernte sich immer gleich nach Tische, sie forschte nach der Ur- sache und hatte es herausgebracht. Als er den folgenden Mittag wieder gehen wollte, kam sie ihm mit einer gestopften Pfeife und einem brennenden Fidi- bus entgegen, sprechend: „heute, lieber Köckeritz, sollen Sie mir nicht ent- schlüpfen." Köckeritz musste sein Pfeifchen bei ihnen rauchen. Und das war dieselbe Frau, die gegen den allmächtigen Napoleon, Stirn gegen Stirn, mit Hoheit auftrat. 5. Die Leidensjahre. , „ Die Wege der Könige sind thränenschwer." Ein wahres Wort, und je höher der ^>tand, je tiefer der Abgrund! Wie muss Kummer und Sorge den König und die Königin in jener trüben Zeit niedergedrückt haben. Nach der unglückllichen Schlacht bei Jena musste die Königin mit ihren Kindern eiligst nach Ostpreußen abreisen. Sie bekannte später, dass sie da- mals erst tiefinnerlich die Work des Dichters verstehen gelernt habe:

6. Deutsche Geschichte - S. 181

1912 - Hannover-List [u.a.] : Meyer
80. Preußens Fall (1806 und 1807). 181 80. Preußens Fall (1806 und 1807). 1. Friedrich Wilhelm Hi. und Luise von Preußen (f. i. e. 28-31 In Preußen regierte seit 1797 König Friedrich Wilhelm 111. Seine Jugend fällt noch in die Zeit Friedrichs des Großen. Unauslöschlich hatte es sich ihm ins Gedächtnis geprägt, wie der alte einsame König, sein Großoheim, mit den seltsamen, fast furchterweckenden mächtigen Augen ihn gelegentlich im Park von Sanssouci hatte neben sich gehen heißen und mit ernsten, eindringlichen Worten über die Größe des Berufs gesprochen hatte, ein König von Preußen zu sein. Schon als Kronprinz hatte er sich mit der Prinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz vermählt und in ihr ein rechtes Kleinod erworben. Eine ungewöhnliche Schönheit war ihr geringster Schmuck; herrlicher zierte sie ihr hoher Geist und am herrlichsten ihr reines, frommes Herz. Der Kronprinz führte mit seiner Luise eilt so liebliches, trautes Leben, daß dieses Ehepaar dem üppigen Hofe des Vaters zum beschämenden Vorbilde dienen konnte. Die glücklichsten Tage öertebteu sie zu Paretz, einem kleinen Landgute au der Havel, zwei Meilen von Potsdam. Alle Pracht, alle Förmlichkeit war von hier verbannt; wie einfache Landedellente lebten sie inmitten der ländlichen Bevölkerung. — Als das kronprinzliche Paar 1797 den Thron erbte, brachte es die schlichte Weise von Paretz mit an den Hof. Fromm und einfach wurden auch die Prinzen Friedrich und Wilhelm erzogen.' Wo es aber galt, wohlzutun, sparte man nicht. Köstlicher als ihre Gaben waren der Königin freundliche Worte, mit denen sie ihr Tun begleitete. Welcher glücklichen Zeit durfte das preußische Volk unter diesem Königspaar entgegensehen! Ach, gerade jetzt stand eine Zeit tiefster Schmach und Trübsal bevor,/ 2. Krieg mit Napoleon; Jena und Anerstädt (1806). Friedrich Wilhelm Iii. wünschte seinem Lande den Frieden zu erhalten. Und auch Napoleon hatte nicht die Absicht, mit Preußen einen Krieg anzufangen; er wollte es nur an sich fesseln. Preußens Mitwirkung bedurfte er, um einerseits den englischen Handel ans Deutschland fernzuhalten und andererseits Rußland an einem Angriff auf Frankreich zu verhindern. So wurde Preußen von zwei Seiten umworben, von Napoleon und dem russischen Zar. Friedrich Wilhelm schwankte, wem er sich anschließen sollte. Als jedoch Napoleon auf feinem Zuge gegen die Donau eilten Heeresteil durch das preußische Fürstentum Ausbach marschieren ließ, sah Friedrich Wilhelm das für eine Verletzung des Völkerrechts an und neigte, obgleich Napoleon seinen Marsch als eine militärische Notwendigkeit entschuldigen ließ, sich nach Rußlands Seite hin. An Napoleon schickte er einen Gesandten und verlangte Genugtuung für die Gebietsverletzung. Napoleon hielt diesen aber so lange mit leeren Redensarten hin, bis er Österreich geschlagen hatte; und nun mußte sich Preußen dazu verstehen, mit Frankreich ein Bündnis abzuschließen. Es trat einige Gebietsteile (Ansbach, Kleve, Neuenburg) an Frankreich ab, wogegen Napoleon ihm das den Engländern abgenommene Hannover gab. Ein halbes Jahr später bot Napoleon aber

7. Der kleine Kinderfreund - S. 277

1885 - Leipzig : Amelang
277 28(1 »80. Vater und Mutter unsers Königs. Der Vater unsers Königs war Friedrich Wilhelm Iii., der im Jahre 1797 den preußischen Thron bestiegen hat. Seine Mutter aber war Luise, die edelste, schönste Königin. Wenige Monate vor der Thronbesteigung seines Vaters, am 22. März des- selben Jahres, war unser jetziger König geboren worden. Der Kronprinz, unser voriger König, war damals zwei Jahre alt. Die königlichen Eltern führten mit ihren Kindern ein gar freundliches und gesegnetes Familienleben. Alle waren einander in herzlicher Liebe zugethan. Zur schönen Sommerzeit wohnten sie am liebsten draußen auf dem Lande, in dem Schlosse zu Paretz bei Potsdam. Auf der Pfaueninsel ergötzten sie sich an den schönen Gewächsen und herrlichen Anlagen. Die jungen Prinzen und Prinzessinnen tummelten sich in fröhlichen Spielen umher. Aber nach den Tagen der Freude kam eine Zeit des Unglücks und der tiefen Trauer. In dem Nachbarlande Frankreich war Napoleon aufgetreten, ein gewaltiger Krieger, der alle Macht an sich gerissen hatte. Denn ihren König hatten die Franzosen in der schrecklichen Zeit, welche man die französische Revolution nennt, ins Gefängnis geworfen und darauf zum Blutgerüste geschleppt, auf welchem sein Haupt gefallen ist. Jahre lang hatte das Land gar keinen Herrscher; Napoleon aber setzte sich die Krone ans und nannte sich Kaiser der Franzosen. Weil er aber einsah, daß er diese Krone nur behaupten könne, wenn er großen Kriegsruhm erwerbe, so überfiel er ein Nachbarland nach dem andern, erkämpfte große Siege und breitete seine Herrschaft über halb Europa aus. Im Jahre 1806 mußte auch der friedliebende König Friedrich Wilhelm Iii. mit dem übermütigen Kriegsfürsten, der ihn vielfach gekränkt und beleidigt hatte, den blutigen Kampf wagen. Aber das preußische Heer unterlag in der furchtbaren Schlacht bei Jena und Auerstädt (14. Oktober). In wenigen Wochen siel fast das ganze Land in die Hände des Siegers. Manche Festungen hätten wohl verteidigt werden können, aber die Befehls- haber hatten allen Mut verloren und übergaben sie dem Feinde ohne Schwertstreich. Nur wenige hatten sich tapfer gehalten. Da wollte dem Könige und der Königin das Herz brechen, als eine Unglücksbotschaft nach der andern kam. Mit ihren Kindern mußten sie bis nach Königsberg und Memel, bis an die äußerste Grenze ihres Königreichs flüchten. Aber, auch dahin verfolgte sie der trotzige Sieger. Zwar setzten sich die Überreste der preußischen Armee im Bunde mit den Russen noch zweimal zur Wehr, aber der Sieg war

8. Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 139

1910 - Wittenberg : Herrosé
139 73. Friedrich Wilhelm Iii., 1797—1840. Friedrich Wilhelm bestieg, siebenundzwanzig Jahre alt, den Thron in einer Zeit, in der die französischen Heere siegreich gegen die verbündeten Mächte vordrangen. Die Franzosen hatten ihren König ermordet; eine blutige Schreckensherrschaft war gefolgt, aber von der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit lvar nichts zu erkennen. Gott hatte man abgesetzt, göttliche und menschliche Ord- nungen zertrümmert und statt dessen die Vernunft zur Göttin er- hoben und eine Willkürherrschaft begründet. Da kam Napoleon und machte sich zum ersten Konsul und darnach zum Kaiser der Franzosen. Weil er ihre Truppen von Sieg zu Sieg führte, so folgten sie ihm mit Begeisterung. Für die Völker Europas war er eine große Zuchtrute, durch die sie wieder zunr lebendigen Gott ge- führt wurden. Preußen hatte unter Friedrich Wilhelm H. 1795 den Frieden zu Basel mit Frankreich geschlossen und sich so von von Verbündeten getrennt. Friedrich Wilhelm Hl. glaubte diesen Frieden aufrecht erhalten zrr müssen. Doch konnte Napoleon Treue nicht halten. Er brachte es endlich dahin, daß ihnr Preußen den Krieg erklärte. So hatte er es gewollt. Preußen wurde bei Jena, 1806, von ihm gänzlich besiegt. Die Festungen ergaben sich; von Vaterlandsliebe und Treue zum Königshause lieferten nur Kolberg unter Gneisenau, Nettelbeck und Schill und Graud-enz unter Cour- bière schöne Beweise. Im Frieden von Tilsit mußte der König die Hälfte des Reiches an Frankreich abtreten. Mit seiner Gemahlin, der unvergeßlichen Königin Luise, hatte er in Paretz in auf- richtiger Frömmigkeit, in einfachen Verhältnissen, fern von dem Getriebe und der Pracht der Großstadt, gelebt, zufrieden und glück- lich. Jetzt war nun mit einem Male alles äußere Glück zertrüm- mert. In dieser traurigen Zeit war es besonders die Königin Luise, die hoffnungsvoll in die Zukunft blickte und mit Klug- heit und großer Willensstärke alles tat, um den König aufrecht zu erhalten, welcher auch das Unglück standhaft ertrug und ans die Wiedererstarknng des Vaterlandes ernstlich bedacht war. Bald erkannte er die tieferen Ursachen der Niederlage bei Jena. Das Heerwesen entsprach den Anforderungen der Neuzeit nicht mehr; seit Friedrich den: Großen war im wesentlichen nichts mehr ge- ändert worden. Die Offiziere waren untüchtig, aber eingebildet, weil sie meinten, die preußischen Heere seien unbesiegbar. Von den Söldnern, aus denen die Heere zum größten Teil bestanden, konnte man Begeisterung nicht verlangen. In den Städten war fast jeder Gemeinsinn, fast jede Vaterlandsliebe erloschen, weil die Bürger an der Verwaltung der Städte fast gar keinen Anteil hatten. Das mußte anders werden; die schlummernden Kräfte im Volke mußten geweckt und zur höchsten Leistungsfähigkeit entwickelt werden. Selbstvertrauen mußte das Volk gewinnen, Opfermut mußte es zeigen. Dazu war es nötig, daß es mithalf, die hohen Auf- gaben des Staates zu erreichen. Uni dahin zu gelangen, mußte

9. Teil 1 - S. 117

1908 - Hannover : Helwing
117 schönen Gärten und Wäldern. In Paretz weilten sie den größten Teil des Jahres. Der Kronprinz sah es am liebsten, wenn die Dorsleute ihn als „Schulzen (d. i. Vorsteher) von Paretz" und seine Luise als „Gnädige Frau von Paretz" anredeten. Sie unterhielten sich gern mit den Landleuten und teilten Freude und Leid mit ihnen. Luise ging auch hier in die Häuser der Armen und Kranken, wie sie es von Jugend auf gewohnt war, und linderte die Not, soviel sie konnte. Die Dorfbewohner ehrten und liebten ihre „gnädige Frau von Paretz" ; die Kinder des Ortes aber hingen mit ganzem Herzen an der gütigen Kronprinzessin. Wenn Jahrmarkt im Dorfe war, ging Luise von Bude zu Bude, um einzukaufen. Dann war sie von der Dorfjugend umringt, und alle riefen: „Mir auch was! mir auch was! gnädige Frau!" Und es bereitete ihr die größte Freude, jedes Kind zu de- schenken. Beim Erntefest weilten Friedrich Wilhelm und Luise inmitten des Landvolkes und nahmen am Mahl und Tanz fröhlich teil. Sie fühlten sich in Paretz wirklich glücklich und haben die schönen Jahre, welche sie dort verlebt hatten, nie vergessen. 4. Luise vertraut auch im Unglück auf Gott. Im Jahre 1797 wurde Friedrich Wilhelm König von Preußen. Nicht lange darnach brach schreckliches Unglück über sein Land herein. In Frankreich herrschte Kaiser Napoleon I. Dieser fing Krieg mit Preußen an und schlug das preußische Heer bei Jena. Darauf zog er gegen Berlin. König Friedrich Wilhelm floh mit seiner Familie nach Königsberg und weiter nach Memel. Luise erkrankte unterwegs; sie mußte mitten in der Winterkalte in einer armseligen Bauernhütte ein Obdach suchen. Hier schrieb sie mit einem Diamantringe ins Fensterglas: „Befiehl du deine Wege usw." Als Napoleon das preußische Heer abermals besiegt hatte, mußte König Friedrich Wilhelm Iii. Frieden schließen. Die Königin entschloß sich, selbst zu dem stolzen Franzosenkaiser zu gehen und für Preußen zu bitten. Aber sie konnte das harte Herz des Kaisers nicht erweichen. Er riß Preußen in zwei Hälften und nur die eine Hälfte ließ er dem Könige. Wie weh es in jenen Tagen der Königin Luise ums Herz gewesen ist, das läßt sich nicht aussprechen. Doch im tiefsten Unglück verlor sie die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht; auch verlor sie die Liebe ihres Gatten nicht, der ihr sagte: „Du liebe Luise, bist mir im Unglück noch lieber und werter geworden". Dazu stand sie treu in ihrem Glauben an Gott. In jenen Tagen schrieb sie ihrem Vater: „Nicht Kleinmut beherrscht mich. Ich weiß, daß wir uns in Gottes Händen befinden. Ich hebe meine Augen auf zu dem Allmächtigen, von dem alles Gute kommt. Er schickt uns nicht mehr Übels, als wir tragen können." 5. Luisens Tod. Länger als drei Jahre weilte die königliche Familie fern von Berlin. Ihre Heimreise glich einem Triumphzuge. Auf dem ganzen langen Wege strömte das treue Volk zusammen, um

10. Lesebuch für weibliche Fortbildungs- und Feiertagsschulen - S. 275

1906 - München : Oldenbourg
169. Königin Luise von Preußen. 275 Hoheit! Das ist ja gegen allen Anstand und Sitte!" wandte sie sich lächelnd um und sagte: „Wie? Darf ich das jetzt nicht mehr tun?" Das eheliche Leben des Kronprinzen und der Kronprinzessin wurde ein leuchtendes Vorbild für das ganze Land. Der Kronprinz nannte seine Gemahlin „liebe Luise" und redete sie mit „du" an. Am liebsten weilte das hohe Paar auf dem Landgute Paretz, das ganz einfach, aber geschmackvoll eingerichtet war. Dort lebte Luise als „gnädige Frau von Paretz" in der Mitte ihrer Untertanen, mit denen sie zwanglos verkehrte. Beim Erntefest tanzte der Kronprinz nebst seiner Gemahlin mitten unter den Bauernmädchen und Burschen. Die größte Freude Luisens bestand darin wohlzutun und Elend zu mildern. Dabei begnügte sie sich nicht, durch einmaliges Geben der augenblicklichen Not abzuhelfen, sie forschte den Ursachen der Armut nach und beseitigte dieselben, falls es in ihrer Macht stand. Selbst bei verdientem Unglück verlor sie die Teilnahme gegen das Elend nicht, sondern sprach: „Ob der Arme Hilfe verdient oder nicht, dürfen wir doch nicht untersuchen. Wer kann das abwägen und entscheiden? Und wie macht es denn Gott mit uns, denen er reichlich gibt? Ist nicht alles Erbarmen und Gnade?" Am 16. November 1797 bestieg Friedrich Wilhelm den preußischen Königsthron und schmückte auch das Haupt seiner Gemahlin mit der Königskrone. Am meisten freute sich die jugendliche Königin, daß sie von nun an ihre Wohltaten nicht mehr so ängstlich werde abzumessen brauchen. In welcher Liebe Luisens Mutterherz für ihre sechs Kinder schlug, sehen wir aus den Worten, die sie ihrem Vater schrieb: „Unsere Kinder sind unsere Schätze und unsere Augen ruhen voll Zufriedenheit und Hoffnung auf ihnen. Meine Sorgfalt ist meinen Kindern gewidmet für und für und ich bitte Gott täglich in meinem sie einschließenden Gebete, daß er sie segnen und seinen guten Geist nicht von ihnen nehmen möge. Es mag kommen, was da will, in der Vereinigung mit unseren Kindern werden wir glücklich sein." Die Tage des Glückes für die Königin sollten nicht lange dauern; sie sollte durch das Feuer der Trübsal bewährt werden und sie ist bewährt befunden worden bis zum Tode; denn erst im Leiden zeigte sich die volle Größe ihres Charakters. Es brach der Krieg mit Frankreich aus. Nach dem unglücklichen Ausgange der Schlachten bei Jena und Auerstädt im Jahre 1806 mußte sie mit ihren Kindern Berlin verlassen und in die äußerste Provinz ihres Reiches, nach Ostpreußen, fliehen. Sie empfand schwer das Unglück ihres Volkes. Unaufhaltsam entströmten auf dieser Reise Tränen ihren Augen und zu ihren Söhnen sprach sie: „Ich be- 18»

11. Bilder aus der vaterländischen Geschichte - S. 56

1911 - Berlin : Winckelmann
56 Ehrenamt, und auch nicht alle Magistratsmitglieder erhalten Be-soldung. Durch das uneigenntzige Zusammenwirken so vieler Krfte in den Stdten wird viel Segen gestiftet. Scharnhorst und die allgemeine Wehrpflicht. In Kriegsan-gelegenheiten half dem Könige der vortreffliche General Scharnhorst. Von diesem ging der Rat aus, da jeder preuische Mann, der einen gesunden und krftigen Krper hat, im Heere dienen soll. Nach diesem Vorschlage richtete der König die allgemeine Wehrpflicht ein. Angeworbene Sldner wurden nicht mehr, wie bisher, im Heere aufgenommen, sondern man bildete die Armee nur aus Landeskindern. Mit Recht hat man Scharnhorst, den Begrnder dieser Wehrordnung, der deutschen Freiheit Waffenschmied" genannt. 25. Die Knigin Luise. Friedrich Wilhelm und Luise. Die Gemahlin Friedrich Wil-Helms Iii. war die unvergeliche Knigin Luise, die erhabene Mutter Kaiser Wilhelms I. Schon als Kind wurde sie zur Gottesfurcht und zum Wohltun angehalten. Zur anmutigen und schnen Jungfrau herangewachsen, ward sie die Gemahlin des Krn-Prinzen Friedrich Wilhelm. Paretz. Oft wohnte das hohe Paar auf dem Landgute Paretz bei Potsdam, und Luise lie sich gern die gndige Frau von Paretz" nennen. Wurde hier das Erntefest gefeiert, so ging es sehr vergngt her. Tie Musikanten spielten ihre besten Weisen, und auch der König und die Knigin beteiligten sich am Erntetanz. Wenn dann an die Kinder groe Krbe voll Honigkuchen und Pfeffernsse ausgeteilt wurden, so hrte man oft die Kleinen rufen: Mir auch was, Frau K n i g i rt." Tie Leideusjahre. Nach den unglcklichen Schlachten von Jena und Alterstedt begab sich Luise nach Knigsberg. Als die Franzosen gegen diese Stadt vorrckten, floh die Knigin, trotzdem sie am Nerven-fieber litt, bei sehr strenger Klte nach M e m e l und schrieb bald darauf an ihren Vater: Mit uns ist es aus, wenn auch nicht fr immer, doch fr jetzt; aber ich glaube fest an Gott und bin in der Hoffnung, Knigin Luise-

12. Vaterländische Geschichte - S. 91

1902 - Wiesbaden : Behrend
— 91 — Die Ehe des hohen Paares war ein leuchtendes Vorbild echt deutschen Familienlebens. Nicht im Glanze des Hoflebens suchten sie ihr Glück; in gegenseitiger Liebe und Treue verbunden, fühlten sie sich nur zu Hause recht glücklich. Dieses fchöne Beispiel wirkte äußerst wohlthätig auf das gesamte Volk. — Am liebsten weilten sie auf ihrem Gute Paretz bei Potsdam. Die dort verlebten Tage nannte Friedrich Wilhelm die glücklichsten seines Lebens. Als Friedrich Wilhelm Iii. den Königsthron bestieg, schrieb Luise an ihre Großmutter: „Ich bin jetzt Königin, und was mich am meisten freut, ist die Hoffnung, daß ich nun meine Wohlthaten nicht so ängstlich zu zählen brauche.' Kein Tag ging jetzt vorüber ohne Beweise ihrer Wohlthätigkeit und Menschenfreundlichkeit. Ihr häusliches Leben blieb auch auf dem Throne einfach und erbaulich. Der Besitz blühender Kinder vermehrte ihr Glück, und aus die Erziehung dieser ihrer höchsten Schätze verwandte sie die größte Sorgfalt. e) Die Flucht. Als aber auf den Schlachtfeldern von Jena und Auerftädt Preußens Macht jäh zusammenbrach, da mußte Luise erfahren, daß auch eine Königskrone zur Dornenkrone werden kann. Mit den noch im zarten Alter stehenden Kindern floh sie nach dem fernen Königsberg, später in Sturm und Schneegestöber nach Memel, der äußersten Stadt des Staates. In diesen Tagen des Unglücks zeigte Luise große Gott er geb enh ei t und Geduld. „Wir stehen in Gottes Hand, und wir gehen mit Ehren unter!" schrieb sie an ihren Vater; und an einer andern Stelle: „Auf dem Wege des Rechtes leben, sterben und, wenn es sein muß, Brot und Salz essen, das ist unser fester Vorsatz!" d) Louise und Napoleon. Vor dem Tilsiter Frieden brachte die edle Königin dem Vaterlande ein schweres Opfer. Persönlich versuchte sie, Napoleon, der sie wiederholt öffentlich geschmäht hatte, zu milderen Maßregeln für Preußen zu bewegen. Zwar machten die Würde und die Anmut der schören Fürstin gewaltigen Eindruck aus Napoleon, aber sie vermochten nicht, das harte Herz des Eroberers zu erweichen. e) Rückkehr und Luisens Tod. Leider war es der Königin nicht vergönnt, den Tag der Freiheit zu erleben; denn Krankheiten, Entbehrungen und Gefahren hatten ihre Gesundheit zerrüttet. Den ganzen Sommer 1809 hindurch fühlte sie sich leidend. Als sie endlich am Ende dieses Jahres nach Berlin zurückkehren konnte, umwogte eine jubelnde Volksmenge das heimkehrende Königspaar; Luisens Wangen aber waren bleich geworden, und ihr Perlengeschmeide war ganz mit Thränen betaut. Im folgenden Jahre wurde ihr noch der Herzenswunsch erfüllt, ihren Vater in Hohenzieritz zu besuchen. Dort starb sie am 19. Juli 1810 im Alter von 34 Jahren. Ihre sterblichen

13. Geschichte des preußischen Staates - S. 111

1895 - Münster in Westfalen : Alphonsus-Buchh.
Tie Königin Luise Don Preußen. 111 ich beim das nicht mehr thun?" Das Volk erkannte in diesem natürlichen Benehmen ihr gutes Herz und die künftige Königin hatte jetzt schon ihre Unterthanen gewonnen. An ihrem 18. Geburtstage scheuste ihr ihr Schwiegervater das Schloß Oranienburg; anch an anderen wertvollen Geschenken fehlte es nicht, und da der König überzeugt war, daß sie nun überaus glücklich sei, fragte er sie, ob sie noch einen Wuusch habe. Bescheide:: antwortete sie, sie wünsche noch eine Hand voll Gold für ihre Armen; auf die Frage, wie groß diese Hand voll Gold sein müsse, erwiderte sie: „So groß wie das Herz des besten der Könige." Als ihr Gemahl im Jahre 1797 den Thron bestieg, sagte sie: „Es freut mich, Königin zu sein, weil ich meine Unterstützungen nicht mehr ängstlich zu zählen brauche." Und so blieb sie auch als Königin einfach und liebenswürdig, eine Mutter der Armen und Bedrängten. Das einfache, reine Familienleben, das Friedrich Wilhelm Iii. mit Luise suhrte, stand in grellem Gegensatze zum Treiben der übrigen Höse und wirkte veredelnd aus die sittlichen Zustände der Berliner Welt. Ihre Kinder erzog sie schlicht. Am liebsten verweilte sie mit ihrer Familie im Sommer zu Paretz an der Havel, wo - der König ein einfaches Landhaus hatte bauen lassen. Dort war ihr Gemahl der Schulze und sie die gnädige Frau von Paretz, und hier verschmähte sie es nicht, zur Freude der Dorsbewohuer Anteil zu nehmen an deren ländlichen Festen. Doch sollte das Leben der edlen Frau nicht immer so glücklich dahinfließen; sie hatte auch die Schule der Leiden durchzumachen. Es kamen nämlich die Tage der Erniedrigung Preußens. Nach den unglücklichen Schlachten bei Jena und Auerstädt mußte die königliche Familie bis Königsberg fliehen, und dort führte sie bis zur Rückkehr nach Berlin, die am 22. Dezember 1809 erfolgte, ein fast dürftiges Leben. Nach der unglücklichen Schlacht bei Fried land (14. Juni 1807) hatte Napoleon vor, die preußische Monarchie ganz zu vernichten; zum Kaiser Alexander sagte er, von einem Könige von Preußen könne nicht mehr Rede sein, kaum noch von einem Marquis von Brandenburg. Ohne Alexanders Fürbitte wäre es auch vielleicht zum Äußersten gekommen. Friedrich Wilhelm sah mit Schrecken den Friedensbedingungen entgegen, die Napoleon stellen werde. Er hoffte, es möchte der Königin gelingen, diese etwas zu mildern, und bat sie, nach Tilsit zu kommen, um vorteilhaftere Bedingungen von Napoleon zu erbitten. Das war für Luise ein schweres Opfer! Sie selbst schrieb darüber: „Welche Überwindung es mich kostet, das weiß mein 5. Sorge für die Armen. 1797. 6. Luise als Königin und Mutter. 7.Die gnädige Frau von Paretz. 8. Unglückliche Tage. 1809. 22. Juni. 9. Zusammenkunft mit Napoleon in Tilsit.

14. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 153

1884 - Hannover : Helwing
Friedrich Wilhelm und Luise. 153 35. Friedrich Wilhelm Iii.; 1797-1840. 1) Friedrich Wilhelm und Luise. Friedrich Wilhelm Hl. war der Sohn Friedrich Wilhelms Ii. Als Prinz machte er den Feldzug gegen Frankreich (S. 150) mit und sah auf dem Rckzge das Kriegselend in seiner ganzen Gre. Aus diesem Zuge lernte er aber auch seine Gemahlin Luise kennen. Sie war in Hannover geboren, wo ihr Vater, Herzog von Mecklenburg - Strelitz, damals englisch-hannoverscher Feldmarschall war. Luise galt fr die schnste Frstentocher Deutschlands; aber sie besa eine noch schnere Seele. Als sie nach dem Kriege mit ihrem kniglichen Brutigam in Berlin einzog, zeigte sich ihre leutselige Weise gleich bei dem frhlichen Empfange des Volkes. Eine Schar weigekleideter Mgdlein begrte sie festlich, und eins derselben ber-reichte ihr einen Myrtenkranz und sprach dabei ein kleines Gedicht. Da neigte sich Luise und kte es. Weil dies aber gegen die Hofsitte verstie, sagte die Oberhofmeisterin in vorwurfsvollem Tone: Was haben Knigliche Hoheit gethan? das ist gegen allen Anstand!" Betroffen fragte Luise: Darf ich denn das nicht mehr thun?" Trotz der strengen Hofsitte, die das hfische Sie" vorschrieb, ge-brauchten Friedrich Wilhelm und Luise im Verkehr unter einander das trauliche Du". Die Kunde davon drang zum Könige, der seinen Sohn darber befragte, aber die Antwort erhielt: Mit dem Du wei man doch immer, woran man ist; dagegen bei dem Sie ist immer das Bedenken, ob's mit einem groen S ge-schrieben wird, oder mit einem kleinen." Auf ihrem lieblichen Landgute Paretz bei Potsdam verlebten die Neuvermhlten, frei von der lstigen Hossitte und in ungezwungenem Verkehr mit den Landleuten, ihre schnsten Jahre. Beim Ernte-feste auf ihrem Gute nahmen sie wohl selbst teil an den Tnzen der jungen Bauernshne und Tchter. Das eheliche Leben des kronprinzlichen Paares gestaltete sich zu einem segensreichen Vorbild fr jene Zeit, in welcher namentlich die hchsten Stnde eheliche Zucht und Treue oft aus den Augen setzten. Das Familienglck des knftigen Knigspaares wurde erhht durch die Geburt zweier Shne: die des spteren Knigs Friedrich Wilhelm Iv. fllt in das Jahr 1795, die des Kaisers Wilhelm in das Jahr 1797. Als Friedrich Wilhelm Ii. seinem Vater 1797 auf dem Throne folgte, behielt er seine bisherige Einfachheit bei. Die Knigin Luise kehrte einst in einem Dorfe auf den Wunsch der Bauern ein, um sich an den vor-gesetzten Eierkuchen zu erquicken. Durch solche und hnliche Zge gewann das knigliche Paar die Liebe des gemeinen Volkes, die sich so herrlich bewhrte, als groe Trbsal der dasselbe hereinbrach. ) Die Schlacht bei Jena. a. Veranlassung. England hatte mit Frankreich nur gezwungen Frieden geschlossen; schon nach einem Jahre erklrte es den Krieg auss neue. Napoleon besetzte das dem englischen Könige zugehrende Kur-srstentnm Hannover; Elbe und Weser wurden gesperrt, die Einfuhr-englischer Waren wurde verboten. Das hannoversche Volk und Heer wollten sich zur Wehr setzen; aber die feigen Beamten zogen eine der-

15. Deutsche Geschichte vom Ende des Großen Krieges bis zum Beginne des zwanzigsten Jahrhunderts - S. 53

1905 - Halle : Gesenius
— 53 — Recht gemütlich ging es besonders beim Erntefest und bei der Kirmes zu. Da lud der König seine Begleiter zu einem einfachen Essen ein, das die Königin selbst bereitete, und dann zog alles hinaus auf den Dorfplatz. Hier herrschte fröhliches Leben, und das Königspaar wurde mit Jubelrufen empfangen. „Hoch der Schulze (Schultheiß) von Paretz! Hoch die gnädige Frau von Paretz!" hieß es dann. Damit waren der König und die Königin gemeint, und sie hatten es ganz gern, wenn sie sich so nennen hörten. Der König tanzte oft mit den Bauernmädchen und die Königin mit den Bauernburschen, als ob sie unter ihresgleichen wären. Auch ging wohl die Königin mit dem Korbe am Arme von Bude zu Bude, um Lebkuchen und sonstiges süßes Gebäck, Spielsachen und anderes mehr einzukaufen. Sahen das die Bauernkinder, dann stürmten sie hinter der „gnädigen Frau" drein, hingen sich ihr an den Rock und riefen: „Mir auch was, mir auch was, Frau Königin!" Und jedes bekam etwas. Die Staatsverwaltung Friedrich Wilhelms Iii. Aber so glücklich wie im Familienleben, so bedrückt fühlte sich König Friedrich Wilhelm im Staatsleben. Der große preußische Staat ließ sich eben nicht mehr vom Könige allein regieren. Dieser mußte sich auf seine Minister verlassen, deren es eine große Zahl gab, so daß keine Einheit in der Regierung herrschte. Die Staatsverwaltung war noch dieselbe wie sie der Große Kurfürst begründet hatte und wie sie von Friedrich Wilhelm I. und Friedrich dem Großen ausgestaltet worden war. Adel, Bürger und Bauern waren als Stände und in ihrer Beschäftigung noch streng voneinander geschieden. Der Adel besaß alle Vorrechte; die Bürger standen ganz unter herrschaftlichem Einfluß. Als Schultheißen oder Bürgermeister erhielten sie ausgediente Negierungsbeamte; der Bürgerausschuß hatte nichts zu sagen. Die Accise lastete sehr drückend auf deu Städtern. Die Bauern blieben leibeigen. Der König begann bei seinem Regierungsantritt sofort mit Sparsamkeitsmaßregeln. Die zahlreichen überflüssigen Hofbeamten wurden entlassen, die Hofausgaben bedeutend beschränkt. Einnahmen und Ausgaben des Staates wurden geregelt, alle Ersparnisse zur Tilgung der Schulden verwendet. Aber übel war diese Sparsamkeit beim Heere angebracht. Das stehende preußische Heer betrug seither noch 200000 Mann. Davon bestand nur ein Zehntel aus Landeskindern; alle übrigen Soldaten waren geworbene Fremde. Run wurde ein sehr großer Teil im Frieden beurlaubt, um Ackerbau oder Gewerbe durch Lohnarbeit zu unterstützen. So sparte man an Sold. Die alten Offiziere dienten weiter. Generale, die mehr als achtzig Jahre alt waren, gab es viele, und diese alten Herren wollten von Neuerungen und Verbesserungen im Heerwesen nichts wissen. Das zerstreute Gefecht verachteten sie als feige Kampfart. Selbst der große Feldherr Napoleon wurde von vielen mißachtet, und die französischen Marschälle wurden „Schuster- und Schneiderpack" genannt. Den Hochmut, den die meist adligen Offiziere, auch die jüngeren, hegten, ließen sie auch den Bürgerstand fühlen. Friedrich Wilhelm hielt lange Jahre hindurch mit Frankreich Frieden. Er scheute deu Krieg, weil er der Tüchtigkeit seines Heeres nicht recht traute. Sodann wollte er sich nicht zum Unrecht verleiten lassen. Deshalb blieb er

16. Preußisch-deutsche Geschichte vom Ende des Großen Krieges bis zum Beginne des Zwanzigsten Jahrhunderts - S. 53

1905 - Halle : Gesenius
— 53 — Recht gemütlich ging es besonders beim Erntefest und bei der Kirmes zu. Da lud der König seine Begleiter zu einem einfachen Essen ein, das die Königin selbst bereitete, und dann zog alles hinaus auf den Dorfplatz. Hier herrschte fröhliches Leben, und das Königspaar wurde mit Jubelrufen empfangen. „Hoch der Schulze (Schultheiß) von Paretz! Hoch die gnädige Frau von Paretz!" hieß es dann. Damit waren der König und die Königin gemeint, und sie hatten es ganz gern, wenn sie sich so nennen hörten. Der König tanzte oft mit den Bauernmädchen und die Königin mit den Bauernburschen, als ob sie unter ihresgleichen wären. Auch ging wohl die Königin mit dem Korbe am Arme von Bude zu Bude, um Lebkuchen und sonstiges süßes Gebäck, Spielsachen und anderes mehr einzukaufen. Sahen das die Bauernkinder, dann stürmten sie hinter der „gnädigen Frau" drein, hingen sich ihr an den Rock und riefen: „Mir auch was, mir auch was, Frau Königin!" Und jedes bekam etwas. Die Staatsverwaltung Friedrich Wilhelms Iii. Aber so glücklich wie im Familienleben, so bedrückt fühlte sich König Friedrich Wilhelm im Staatsleben. Der große preußische Staat ließ sich eben nicht mehr vom Könige allein regieren. Dieser mußte sich auf seine Minister verlassen, deren es eine große Zahl gab, so daß keine Einheit in der Regierung herrschte. Die Staatsverwaltung war noch dieselbe wie sie der Große Kurfürst begründet hatte und wie sie von Friedrich Wilhelm I. und Friedrich dem Großen ausgestaltet worden war. Adel, Bürger und Bauern waren als Stände und in ihrer Beschäftigung noch streng voneinander geschieden. Der Adel besaß alle Vorrechte; die Bürger standen ganz unter herrschaftlichem Einfluß. Als Schultheißen oder Bürgermeister erhielten sie ausgediente Regierungsbeamte; der Bürgerausschuß hatte nichts zu sagen. Die Accise lastete sehr drückend auf den Städtern. Die Bauern blieben leibeigen. Der König begann bei seinem Regierungsantritt sofort mit Sparsamkeitsmaßregeln. Die zahlreichen überflüssigen Hofbeamten wurden entlassen, die Hofausgaben bedeutend beschränkt. Einnahmen und Ausgaben des Staates wurden geregelt, alle Ersparnisse zur Tilgung der Schulden verwendet. Aber übel war diese Sparsamkeit beim Heere angebracht. Das stehende preußische Heer betrug seither noch 200000 Mann. Davon bestand nur ein Zehntel aus Landeskindern; alle übrigen Soldaten waren geworbene Fremde. Run wurde ein sehr großer Teil im Frieden beurlaubt, um Ackerbau oder Gewerbe durch Lohnarbeit zu unterstützen. So sparte man an Sold. Die alten Offiziere dienten weiter. Generale, die mehr als achtzig Jahre alt waren, gab es viele, und diese alten Herren wollten von Neuerungen und Verbesserungen im Heerwesen nichts wissen. Das zerstreute Gefecht verachteten sie als feige Kampfart. Selbst der große Feldherr Napoleon wurde von vielen mißachtet, und die französischen Marschälle wurden „Schuster- und Schneiderpack" genannt. Den Hochmut, den die meist adligen Offiziere, auch die jüngeren, hegten, ließen sie auch den Bürgerstand fühlen. Friedrich Wilhelm hielt lange Jahre hindurch mit Frankreich Frieden. Er scheute den Krieg, weil er der Tüchtigkeit seines Heeres nicht recht traute. Sodann wollte er sich nicht zum Unrecht verleiten lassen. Deshalb blieb er

17. Preußischer Kinderfreund - S. 293

1859 - Königsberg : Bon
293 wusste nun in den Zeiten der Trübsal, woher ein Christ sich allezeit Trost zu holen hat. Aber sie lernte auch von Kindheit auf den rechten Gottesdienst üben. An der Hand ihrer Erzieherin — ihre Mutter war früh gestorben — verließ sie oft den Palast ihres Vaters und pilgerte in die Hütten der Armuth, und das holde Fürstenkind erschien den Dürftigen und Leidenden als ein Engel der Milde. Im Jahre 1793 fügte es sich, dass sie in der Stadt Frankfurt am Main mit dem damaligen Kronprinzen von Preußen, dem nachmaligen König Friedrich Wilhelm Iii., zusammen traf. Der aber hat die edle Fürstentochter sogleich in seinem Herzen zu seiner Gemahlin erkoren, und ehe das Jahr um war, war sie Kronprinzessin von Preußen. Da war ein Jubel in der Stadt, als die junge Prinzessin einzog, und das ganze Land freute sich mit. Denn so ist es immer gewesen in Preußen: die Festtage des hohen Fürstenhauses sind auch die Festtage des Volks. Es war eine gesegnete Ehe, welche das neuvermählte Paar führte. Nirgends weilten sie lieber, denn daheim in ihrer Häuslichkeit. Dem Volke aber gefiel es, dass Luise ein mildes Herz hatte für die Leiden und die Noth der Armen; ihre Leutseligkeit und ihr mildes Wesen gewannen ihr alle Herzen. Das hohe Paar verkehrte auch gern mit schlichten, einfachen Leuten; das blieb noch so, als der Kronprinz schon König geworden war. Nicht weit' von Potsdam liegt das Gut Paretz. Daselbst weilten Friedrich Wilhelm und Luise oft gern und verlebten Tage herziger Freude. Der König ließ sich am liebsten als „den Schulzen von Paretz" an- sehen, und seine Gemahlin hieß „die gnädige Frau von Paretz." Hatten die Landleute ihre Garben eingebracht, und feierten sie dann das Aerntefest bei Spiel und Tanz, so mischte die hohe königliche Frau sich unter die lustigen Tänze der jungen Bauernsöhne und Töchter und tanzte vergnügt mit. Auch sonst, wenn sie ein Dorffest feierten in Paretz, verkehrte sie fröhlich mit den Bauersleuten, und die liebe Dorfjugend umringte sie jubelnd, wenn sie von Bude zu Bude ging, um Geschenke einzukaufen für die Kinder, die hinter ihr her riefen: „Mir auch was, Frau Königin!" — 2. Die Jahre der Trübsal. Es glaubt Mancher, dass in den Schlössern der Fürsten nur Freude wohne und Glück; aber wenn er die Sorge kennte eines guten Königs um sein Land und sein Volk und die schlaflosen Nächte, die auch eine Königin hat: er würde zufrieden leben in seiner Hütte. Als nach der Schlacht bei Jena die Franzosen das Land überzogen, musste auch die Königin Luise fliehen. Sie eilte mit ihren Kindern bis an die fernste Grenze des Reiches. Wer hat die Thränen gezählt, welche die Königin damals geweint hat! In jenen Tagen des Verraths, als eine Schreckensnachricht die andere jagte, und es ganz aus zu sein schien mit dem Vaterlande, sprach sie zu ihren Kindern: „Ihr seht mich in Thränen; ich be- weine den Untergang meines Hauses und den Verlust des Ruhmes, mit dem eure Ahnen und ihre Generale den Stamm Hohenzollern gekrönt haben. Das Schicksal zerstörte in einem Tage ein Gebäude, an desien Erhöhung große Männer zwei Jahrhunderte hindurch gearbeitet haben. Ruft künftig, wenn eure Mutter und Königin nicht mehr lebt, diese unglücklichen Stunden in euer Ge- dächtniss zurück und weint meinem Andenken Thränen. Aber begnügt euch

18. Neuere und neueste Geschichte - S. 69

1887 - Leipzig : Siegismund & Volkening
— 69 — Versailles und Paretz — welche Gegensätze! Dort Üppigkeit, Glanz und Prunk, hier Einfachheit und frommer, zufriedener Ätnn.^ Ludwig Xix. hatte sich Versailles gebaut, um nicht mit dem Volke in Berührung zu kommen; Friedrich Wilhelm und Luise hatten sich nach Paretz zurückgezogen, um unter dem Volke zu leben und möglichst wenig von der französischen Hosart belästigt zu werden. Im Jahre 1797 bestieg Friedrich Wilhelm den Thron. 21. Der preußisch-russische Krieg, 1806—1807. 1. Friedrich Wilhelm Iii., 1797—1840. Er war ein einfacher, sparsamer, gewissenhafter und gerechter Regent. Um feinem Laude deu Frieden zu erhalten, hatte Friedrich Wilhelm bisher m den Kämpfen gegen Napoleon keinen Anteil genommen, -i. er Minister der auswärtigen Angelegenheiten war in jener bewegten Zeit der Graf von Haugwitz, ein unfähiger Mann mit großer Neigung für Frankreich. Durch feinen Einfluß, des Königs Friedensliebe und Napoleons Freunbschastsversicherungen unterblieb Preußens Beteiligung an dem zweiten und brüten Koalitionskriege, obgleich Preußen neutral blieb, ließ Napoleon boch seine Truppen biu'ch preußisches Gebiet marschieren. Als Haugwitz beshalb Rechenschaft forberte, hielt ihn der schlaue Napoleon bis zum Siege bei Uusterlitz hin; dann warf er die Maske ab und forberte herrisch daß Preußen gegen Neufchcitel, Ansbach, Kleve und Berg das ehemalige Kurfürstentum Hannover umtausche. Preußen mußte sich Titgen. Aber immer neue Kränkungen ersann der Eroberer. Als endlich Napoleon ohne Preußens Vorwissen Hannover wieder an England abtrat, war der Krieg zwischen Preußen und Frankreich unvermeiblich geworben. S Preußens Erniedrigung. Das preußische Heer, zu dem Ddn Sachsen 34 000 Mann Hilfstruppen stellte, zählte 137 000 Mann unter dem Oberbefehle des 72-jährigen Herzogs von oraunfchtoeig, das französische 200 000 Mann. Rasch drang Napoleon bt§ m das Herz Deutschlands und schlug bei Saalseld am 10. Oktober die preußische Vorhut unter dem Prinzen Lniris »erbtnanb; ®er tapfere Prinz starb hier den Heldentod, weil er weber fliehen, noch sich ergeben wollte. Am 14. Oktober kam es zu der unglückseligen Doppelschlacht bei Jena und Auerstäbt ^ie preubijche _Hauptarmee unter Ferbinand von Braunschweia stand bet Auerstäbt gegen Davoust, der Fürst Hohenlohe bei ^ena gegen Napoleon selbst. Gleich am Anfange des Gefechts l u ?erbinanb beide Augen durch eine Kanonenkugel und starb kurze Zeit darauf in Hamburg. Die Preußen schlugen ch mit 9'^er Tapferkeit, aber ohne Plan und Zusammenwirken.

19. Neue und neueste Geschichte - S. 142

1880 - Dillenburg : Seel
— 142 — so ergriffen, daß er um ihre Hand anhielt; sein Bruder that das gleiche bei Friederike, der Schwester Luisens, und am 24. April wurde zu Darmstadt die Doppelverlobung gefeiert. Als Lnife nach Beendigung des Krieges mit dem Bräutigam in Berlin einzog, wurde sie von einer Schar weißgekleideter Mädchen festlich begrüßt; eines derselben überreichte ihr einen Myrthen-kranz und sprach einige Verse. Da neigte sich Luise zu ihm herab und küßte es auf die Stirne. Die Vorwürfe der Oberhofmeisterin, daß das gegen den Anstand sei, wies sie mit den Worten zurück: „Darf ich denn das nicht mehr thun?" Noch im December desselben Jahres fand die Hochzeit statt. Ein Leben in Zufriedenheit und ungetrübtem Familienglück begann für die Neuvermählten. Die Hofsitte schrieb auch für den persönlichen Verkehr der Gatten die Anrede „Sie" vor; Friedrich Wilhelm und Lnife aber gebrauchten das vertrauliche „Du". Als dies dem Könige mitgetheilt wurde, stellte erden Kronprinzen darüber zur Rede; dieser aber entgegnete: „Mit dem Dn weiß man doch immer, woran man ist; bei dem Sie ist das immer ein Bedenken, ob es mit einem großen S geschrieben wird oder mit kleinem." Als Luise ihren Geburtstag zum erstenmale in Berlin feierte, schenkte ihr der König das Schloß Oranienburg. Das junge Paar begab sich bald nach dem Landgute Paretz, das der Kronprinz eigens für sich und feine Luise erbauen ließ; einfach und ländlich war dieser Wohnsitz, einfach, aber außerordentlich'herzlich und lieblich war das Leben des kronprinzlichen Paares auf diesem Landsitze. Das Landvolk nannte Lnife „die gnädige Frau von Paretz." Bei dem Erntefest im Dorfe Paretz vergaßen sie ihren fürstlichen Stand, mischten sich unter die Laudleute und tanzten vergnügt mit. — | Das kronprinzliche Paar genoß schon vor der Thronbesteigung die Liebe und Zuneigung, die Verehrung des ganzen Volkes. Am 16. November 1797 bestieg Friedrich Wilhelm Iii. den Thron. Da er sich durch den Frieden zu Basel, welchen sein Vater mit Frankreich geschlossen hatte, gebunden fühlte, seinem Lande auch die Unruhen des Krieges ersparen wollte, nahm er vorerst keinen Antheil an den Kämpfen gegen Napoleon. Als aber Napoleon im Jahre 1805 so wenig Rücksicht auf Preußens Neutralität nahm, auch früher eingegangene Verpflichtungen nicht erfüllen zu wollen schien, da sandte Friedrich Wilhelm seinen Minister Hangwitz an Napoleon. Dieser begegnete dem Gesandten freundlich, schmeichelte ihm sogar. Als er aber am 2. December 1805 die Dreikaiserschlacht bei Austerlitz gewonnen hatte, schlug er einen andern

20. Heft 1 - S. 65

1911 - Breslau : Hirt
17. Wilhelm I,, der Groe. 65 jhrigen Krieg verarmte das deutsche Volk so sehr, da es einen so kostbaren Bau nicht fortfhren konnte. In den Kriegen zur Zeit Napoleons I. machten die franzsischen Soldaten den Dom zu einer Niederlage fr Heu und anderes Futter. Als aber nach den Befreiungskriegen Cln eine preuische Stadt wurde, bat Kronprinz Friedrich Wilhelm seinen Vater, er mge den von dem schnen Bauwerke noch vorhandenen Rest vor dem weiteren Verfall bewahren. Als er selber König wurde, begann er schon zwei Jahre nach seinem Regierungsantritt den Weiterbau. Alle deutschen Lnder und Städte halfen dazu, der König selbst gab jhr-(ich eine groe Summe dazu her. Als er starb, setzte sein Bruder-Wilhelm das Werk fort; durch ihn wurde 1880 der Dom eingeweiht. Es war ein Fest des ganzen deutschen Volkes. 17. Wilhelm I., der Groe. 18611888. 1. Prinz Wilhelm. 1. Auf der Flucht. Am 22. Mrz 1797 wurde dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm und seiner Gemahlin Luise der zweite Sohn ge-boren, der in der Taufe den Namen Wilhelm erhielt. Die ersten Jahre verlebte er in ungetrbtem Glck mit seinen Eltern in Paretz (S. 50). Aber dieses Glck wurde durch die Schlacht bei Jena allzu rasch gestrt. Die knigliche Familie mute vor Napoleon nach dem Osten flchten. O meine Shne," sprach die weinende Mutter zu den beiden ltesten Prinzen, ruft knftig, wenn eure Mutter nicht mehr lebt, diese unglckliche Stunde in euer Gedchtnis zurck!" Dieses Wort und diese traurigen Zeiten hat Prinz Wilhelm nie vergessen. In Knigsberg erkrankte er; dennoch muten seine schwerkranke Mutter, er selber und seine Geschwister in Sturm und Schneegestber weiter fliehen bis Memel. Wie oft sah Prinz Wilhelm in diesen Tagen seine Mutter in Trnen! 2. Des Prinzen Lieblingsblume. In diesen Tagen der Trbsal fuhr die Mutter einst mit den Kindern durchs Feld. Da brach ein Rad des Wagens, und während es ausgebessert wurde, setzten sie sich am Wege nieder. Bald klagten die Prinzen der Hunger; aber die Mutter hatte nichts, ihren Hunger zu stillen. Um sie zu zerstreuen, pflckte sie mit ihnen einige Kornblumen und wand davon einen Kranz; dabei fielen aber wiederholt ihre Trnen in die Blumen. Prinz Wilhelm bemerkte dies und suchte die Mutter durch Liebkosungen zu Hoffmeyer-Hering-Diekmann, Geschichte. I. Teil, 1. Heft. 5