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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 24

1911 - Erfurt : Keyser
— 24 — Es bildete aus der Göttin Holde Frau Venu*, die Liebesgöttin. Hatte Die frühe deutsche Heldensage der greisen, grauen Holde aus ihren Zügen einen greifen Begleiter, den getreuen Eckart/gegeben, der zugleich ein Warneramt übte, so war der Begleiter der Frau Venus ein junger Geselle, der Ritter Tannhäuser, den sie in den Venusberg gelockt hatte (f. Nr. 17). sonstige Gottheiten: Außer diesen Hauptgottheilen gab es eine Menge von Seelenwesen, welche die Natur belebten, und eine Fülle von Hausgeistern, die Heiuzel- und Wichtelmännchen, die Kobolde und Butzemänner, von denen uns ein reicher Sagenschatz berichtet. Auch ihnen wurden Opfer gebracht, zumal den Naturwesen in den Wassern und Quellen. Man bekränzte diese und warf Blumen und grüne Zweige hinein. Ein solch' alter Brauch ist uns in dem Kinderbrunnenfest zu Mühlhausen t. Th. erhalten geblieben. (Unter Benutzung v. H. Kruspe „Sagen der Stadt Erfurt" u. Pros. Dr. Ed. Hehck „Deutsche Geschichte".) 7. Unter den Thüringen. 3m 3cihre 357. Am Grenzzaun: Auf der Berghöhe stand an dem Verhau, dei die Wälder der Thüringe von den Chatten fchied, der junge Wächter und hütete den steilen Psad, welcher aus den Gründen der Chatten nach der Höhe führte. Ueber ihm ragte der Wipsel einer mächtigen Buche, nach beiden Seiten lies der Grenzzaun den Kamm der Berge entlang. Der Jüngling trug den Wursspeer in der Hand, auf dem Rücken am Riemen ein langes Horn. Nachlässig lehnte er an dem Baum und horchte auf die Stimmen des Waldes. Plötzlich bog er sich vor und lauschte; aus dem Psade vor ihm klang leiser Fußtritt, durch das Laub wurde die Gestalt eines Mannes sichtbar, der mit schnellem Schritt zu ihm herausstieg. „Steh', Waldgänger, und singe den Spruch, der dich von meinem Eisen löst", ries er den Fremden an und hielt ihm die spitze des Wurfspeeres entgegen. Dieser blieb am Grenzrand stehen, streckte die geöffnete Rechte vor sich und sprach hinüber: „Ich grüße dich friedlich, ein Landfremder bin ich, unkundig der Losung." „Bist du ein wildfremder Mann, so mußt du harren bis meine Genomen dir das Land öffnen. Unterdes gib mir Frieden und nimm ihn von mir. Sei gegrüßt unter meinem Baum und ruhe, indes ich deine Ankunft melde." Während der Fremde sorglos der Einladung folgte, hob der Wächter fein Horn an den Mund und blies einen lauten Ruf in die Täler leines Volkes. Die wilden Klänge tönten im Widerhall von den Bergen. Der Wächter schaute nach den Hütten der fernen Lichtung und nickte zufrieden mit dem Kopf, denn um die

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1. Aus der deutschen Geschichte bis zum Ausgange des Mittelalters - S. 40

1912 - Langensalza : Beltz
— 40 — wie man sagte, die Grenze entlang, weil sie ausgeschlossen waren von dem Boden, den gute Volksgötter für die seßhaften Männer behüteten. Hb er jenseits des Kiefernwaldes sahen die Siebter von der höhe freudig in ein weites Tal, das mit artsehnlichen Hügeln und dichtem Laubwald eingefaßt war. Dort zog sich in gewundenem Lause der Idisbach durch die Wiesen, und am Fuße der Rnhöhen lagen Höfe und geteiltes Ackerland. Lustig schien die Sonne über das Helle Grün und das sprossende Laub; die Rosse schnoben, als sie die frische Talluft witterten, und die Rinder brüllten der Weide entgegen. Die Wanderer aber hoben die Arme flehend zu der Göttin auf, die über dem Tale waltete, und die das Leben der Männer wohl zu behüten vermochte, wenn sie ihr lieb wurden. Gustav Freitag, Die Ahnen. I. Leipzig 1899. 15. Altdeutsche Gastfreundschaft. Ruf der Berghöhe stand an dem Verhau, das die Wälder der Thüringe von den Hatten schied, der junge Wächter und hütete den steilen Pfad, welcher aus den Gründen der Hatten nach der höhe führte. Über ihm ragte der Wipfel einer mächtigen Buche. Nach beiden Zeiten lief der Grenzzaun den Hamm der Berge entlang. 3n dem dichten Gestrüpp blühten die Brombeeren und die wilde Rose. Der Jüngling trug den Wurfspeer in der Hand und auf dem Rücken am Riemen ein langes Horn. Nachlässig lehnte er an dem Baum und horchte auf die Stimme des Waldes, den pickenden Specht oder das leise Rasseln in den Zweigen, wenn sich ein Waldtier durch das Dickicht wand. Zuweilen sah er ungeduldig nach der Sonne und wandte den Blick zurück, wo hinter ihm in ferner Tallichtung Blockhäuser und Gehege für herdenvieh lagen. plötzlich bog er sich vor und lauschte. Ruf dem Pfad vor ihm klang leiser Fußtritt. Durch das Baumlaub wurde die Gestalt eines Mannes sichtbar, der mit schnellem Schritt zu ihm heraufstieg. Der Wächter drehte den Riemen des Hornes und faßte den Speer zum Wurfe. Rls der Mann aus dem Gehölz auf den freien Grenzrand trat, rief er ihn an, die Spitze des Wurfspeers entgegenhaltend: ,,Steh, Waldgänger, und singe den Spruch, der dich von meinem Eisen löst!" Der Fremde schwang sich hinter den letzten Baum einer Seite, streckte die geöffnete Rechte vor sich und sprach hinüber: ,,3ch grüße dich friedlich. (Ein Landfremder bin ich, unkundig der Losung." Mißtrauisch rief der Wächter ihm entgegen: ,,Du kommst nicht wie ein Häuptling mit Roß und Gesinde, du trägst nicht den Heerschild eines Kriegers, auch scheinst du nicht ein wandernder Krämer mit pack und Karren." Und der Fremde rief zurück: ,,Weit komme ich her über Berg und Tal, mein Roß verlor ich im Wirbel des Stromes, ich suche das Gastrecht in deinen Höfen." ,,Bist du ein wildfremder Mann, so mußt du harren, bis meine Genossen dir das Land öffnen. Unterdes gib mir Frieden und nimm ihn von mir!" Die Männer hatten einander mit scharfen Rügen beobachtet, jetzt lehnten sie ihre Speere an die (Brenzbäume, traten in den freien Raum und boten die Hände. Beim Handschlag prüfte einer des andern Rntlitz und Gebärde. Der Wächter blickte mit ehrlicher Bewunderung auf den

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 25

1911 - Erfurt : Keyser
— 25 — Käufer1) wurde eine Bewegung sichtbar; nach kurzer Zeit eilte ein Reiter der Höhe zu, ein stattlicher Jüngling, dem Wächter ähnlich an Antlitz und Gebäroe. Als er angekommen, schwang er sich vom Pserde und sprach leise mit seinem Gefährten. Der Wächier übergab ihm das Horn, wars die Ledertasche über die Schulter und bot das Pferd dem Fremden. Doch dieser lehnte es ab und wandte sich mit seinem Führer dem Tale zu. Auf dem Wege zum Dorfe: Steilab führte der schmale Psad zu dem gewundenen Laufe des Gießbaches. Mit beflügeltem Schritt eilten die Männer talab, sie sprangen von Baum zu Baum, von Stein zu Stein. Als der Psad wegsamer wurde, schwang sich der Fremde wuchtig aufs Pferd, das den Reiter in großen Sätzen talab trug; dann wählte sich auch der Wächter eins von den Rossen, welche in besonderen Gehegen sprangen. Die Sonne ging zur Rüste, und die Bäume warsen lange Schatten aus den Weg, als sie das Ende des Talgrundes erreichten. Vor ihnen lag bald das Dors, von Graben und baumbesetztem Wall umschlossen, durch die Lücken der Bäume sah man hier und da die weißen Giebel unter braunem Strohdach und kleine Rauchwölkchen, die aus den Dächern aufstiegen. Seilwärts vom Dorfe erhob sich auf kleiner Anhöhe der Herrenhof, mit besonderem Psahlwerk und Graben umgeben, über die zahlreichen Häuser und Ställe des Hofes ragte hoch das Dach des Saales, der First mit fchön geschnitzten Hörnern. Im Torfe: Auf dem Wiesengrund vor ihnen übte sich eine Schar Knaben im Kampfspiel, sie hatten ein Gerüst gestellt und schwangen sich der Reihe nach hinauf und jauchzend wieder herab. Der Wächter rief einen Knaben und sprach leise zu ihm; der Knabe flog wie ein junger Hirsch in großen Sprüngen dem Herren-bofe zu, während die Reiter mit Mühe den Schritt ihrer unruhigen Pserde bändigten. Auf der Dorfstraße tanzten im Staube die kleinen Kinder den Ringelreigen, die Knaben nackt bis aus die Wolljacke, die kleinen Mädchen im weißen Hemde, sie stapften bar-beinig im Staube und fangen. An den Lücken der Dorfhäuser wurden Frauenköpfe sichtbar, auch Männer traten an die Tür und musterten mit Falkenaugen das Aussehen des Fremden, und der Wächter verfehlte nicht, seinen Begleiter zu ermahnen, daß er hierhin und dorthin schaue und die Hausbewohner grüße, „denn", sagte er, „freundlicher Gruß öffnet die Herzen und du magst die Gunst der Nachbarn bald gebrauchen." Fürst und Herrenhof: Unterdes war der Knabe in den Herrenhof gelaufen und kündete leise seine Botschaft an. Fürst Ansgar saß in der Holztaube, dem schattigen Vorbau des Hauses. Er selbst war ein hoher Mann, breitschultrig mit offenem Antlitz unter seinem grauen Haar. Er trug die wollene Hausjacke über *) Im Eichwald der Haardt bei Schnepfenthal (Waltershausen); von Gustav Freytag als Schauplatz gewählt.

3. Aus der deutschen Geschichte bis zum Ausgange des Mittelalters - S. 41

1912 - Langensalza : Beltz
— 41 — mächtigen Hrm des Fremden, der wenige 3ahre älter war als er selbst, auf die feste Haltung und die stolze Miene. „nicht mühelos wäre der Schwertkampf mit dir auf grünem Rasen," sagte er treuherzig; „ich bin fast der längste Mann unsrer Metbank, und doch muß ich zu dir hinaufsehen. Sei gegrüßt unter meinem Baum und ruhe, indes ich deine Ankunft verkünde." Mährend der Fremde sorglos der (Einladung folgte, hob der Wächter sein Horn an den Mund und blies einen lauten Ruf in die Täler seines Volkes. Die wilden Klänge tönten im Widerhall von den Bergen. Der Wächter schaute nach den Hütten der fernen Lichtung und nickte zufrieden mit dem Kopf, denn um die Häuser wurde eine Bewegung sichtbar. Nach kurzer Zeit eilte ein Reiter der höhe zu. „Nichts über einen starken hall aus Huerhorn," sprach er lächelnd und glitt neben dem Fremden in das Heidekraut, während sein schneller Blick den Hushau des Waldes entlang und in das fremde Tal vor ihm flog. „Sprich, Wandrer, ist vielleicht ein Verfolger auf deiner Fährte, oder hast du sonst Krieger im Wald gesehen ?" „Kein Spürer der Katten achtete auf meinen Pfad seit sechs Nächten und Tagen," versetzte der Fremde. Der Wächter sah mit Hnteil auf Den Mann. 3n dem gebräunten Hntlitz war jetzt deutlich die (Erschöpfung zu sehen, der £eib lag schwer gegen den Baumstamm. (Eine Weile überlegte der Wächter, „hattest du die Rache der Katten zu fürchten, so hast du wohl auch tagelang Feuer und Rauch entbehrt und üble Reisekost gefunden, denn der Wald bietet jetzt nicht einmal Beeren und wilde Frucht. Sieh, ich gehöre zur Bank des Häuptlings. Nicht weiß ich, ob »er dir sein Brot und Salz reichen wird, aber hungernden Mann im Walde mag ich nicht schauen. Nimm und iß aus meinem Ranzen!" Der Wächter griff hinter den Baum, holte eine Tasche von Dachsfell hervor und bot darin Schwarzbrot und Fleisch. Der Fremde sah ihn dankbar an, aber er schwieg. Da hielt ihm der Wächter ein kleines Horn entgegen, öffnete den Holzdeckel und mahnte freundlich: „Nimm auch das Salz! Unter dem Baum ist mein Heimwesen, hier bin ich der Wirt." Der Fremde faßte danach. „Gesegnet sei dir die (Bottesgabe! wir sind Freunde!" (Er aß kräftig, der Jüngling sah ihm zufrieden zu. Der Fremde wandte das Haupt und blickte jetzt zum erstenmal hinüber nach dem Heimatland seines Gefährten. In vielen Reihen zogen sich die langgefchwungemm Berghöhen hintereinander, querdurch führte ein tiefes Tal. Da, wo es sich zu der Lichtung erweiterte, glänzte im Sonnenlichte der Schaum des Waldbachs. „Und jetzt laß mich wissen, Gutgesell, wessen Zeichen du trägst, und wohin deine Weisung mich führt!" „3n allen Tälern, welche dein Huge sieht, und weiter bis in die Ebene hinab waltet als Häuptling Herr Hnswald, der Sohn 3rmfrieds, dem auch ich diene." Der Fremde sah ernsthaft in das Tat hinab. „Und wo ist der Hof deines Herrn?" Der Wächter wies die Tallücke entlang. „(Er liegt am Husgang der Berge, für einen schnellen Wanderer drei Stunden talab, uns aber tragt ein Roß von der Weide in kürzerer Zeit dorthin, hörst du den huf-

4. Theil 1 - S. 114

1864 - Langensalza : Greßler
114 von Eden ausgingen. Und auch ein Garten Eden ist der Thüringer Wald, bäum- und wasserreich, gras- und blumenreich, kühl und an- muthig. -— Der Charakter holder Anmuth ist es, der über dem Thüringer Walde, über seinen Thälern und Höhen ausgebreitet liegt. Das Land ist lustig, wie die alten Geographen sagen, und das Volk ist es auch. — Alle diese Vorzüge und Reize erklären es, daß der Thüringer Wald unter die meist bereisten Gebirge gehört. Die alten Eichen auf demselben haben schon andere Zeiten erlebt, als du. Da steht noch manche, die in ihrer Jugend die Wölfe im Walde hat heulen hören, und der wilde Bär hat sich an ihrem Stamme gerieben, oder der blutdürstige Luchs hat in ihren Zweigen gelauert. Damals war der Mensch nicht sicher im Walde. Jetzt ist der Wald frei von solchen Thieren, und du kannst froh und sorglos durch das Dickicht gehen. Die Hirsche, Rehe, Hasen und Füchse, die noch den Wald bewohnen, laufen davon, wenn sie dich sehen; und die wilden Schweine, die sich noch hie und da finden, sind unschädlich und meist eingehegt in Wildgärten. — Das einzige Thier, das du noch zu fürchten hast, ist die giftige Kreuzotter, die hie und da im Strauchwerk schleicht. Wen sie beißt, der kann den Tod davon tragen oder eine schlimme Wunde, wenn er nicht schnell Laugensalz oder Vitriol in die frische Wunde bringt. Das Wild des Waldes gehört fast überall dem Fürsten. Dieser läßt von seinen Forstleuten Jagd auf dasselbe machen, daß es sich nicht zu sehr vermehre und dem armen Bauer nicht seine Feldsrüchte fresse oder zertrete. Den Waldleuten erlaubt der Fürst die Benutzung der Wald- weiden; auf denen grasen dann die schmucken Viehheerden und lassen ihr schönes Geläut weit durch den Wald ertönen. — Auch dürfen die Leute, die einmal das Recht dazu haben, im Herbste auf den Vogelfang gehen; der ist eine große Luft für Alt und Jung und gewährt einen guten Verdienst. Im Thüringer Walde haben sonst auf vielen Bergspitzen hohe und starke Burgen gestanden; die sahen kühn und stolz in die Ge- gend hinaus. Manche solcher Burgen kannst du noch jetzt mit ihren Fenstern und Dächern im Sonnenschein blinken sehen; aber die meisten stehen trüb und traurig als Ruinen da; ihre glänzenden Gemächer sind zerschlagen und zerfallen, die Thore mit Schutt und Gesträuch verdeckt; die Fensterhöhlen stehen offen; die hohen Thürme sind ver- wittert. Manche sind auch ganz von der Erde verschwunden, und die Tannen wurzeln auf ihrem Grunde. Auf den Burgen wohnten einst mächtige Ritter. Da tönte Sang und Klang in den hohen Sälen; in den Ställen scharreten die Rosse; Wasser floß in den Burggräben; Thore und Zugbrücken öffneten und schlössen sich. — Was für ein Leben war da! Wenn der Wärtel auf dem Thurme ins Horn stieß, dann hieß

5. Das Mittelalter - S. 1

1912 - Nürnberg : Korn
I. Urzeit. Das germanische Gehöft. Vor zweitausend Jahren war es, da stand auf dem Gipfel des Berges ein Mann. Den Spieß hatte er zum Wurf erhoben, so schaute er hinab auf den Weg und horchte auf die Fußtritte, die durch den Wald näher kamen. Jetzt sah er ihn; ein großer starker Mann war's, aber ein Fremder; er kannte ihn nicht. Da hielt der Grenzwächter dem Fremden den Spieß entgegen. „Halt!" rief er; „stehengeblieben! Sage, wer du bist!" Der Fremde sprang hinter einen Baum, streckte die rechte Hand vor und rief: „Ich grüße dich im Frieden! Ich bin müd und fremd. Laßt mich etliche Tage Gast sein in eurem Dorfe!" Der Wächter betrachtete seine Größe, die breite Brust und die kräftigen Arme. „Ich weiß nicht, was unser Häuptling dazu sagen wird. Hast du Hunger?" Er öffnete seinen Ranzen und gab dem Fremden geräuchertes Fleisch, Schwarzbrot und Salz aus einem kleinen Horn. Dann führte er ihn durch den Wald hinab ins Dorf zum Hause des Häuptlings. Drunten auf der Wiese spielten Kinder, halbnackt, nur mit einem Fell um den Leib; andere badeten im Bache. Der Wächter ging mit dem Fremden durchs Dorf. Jeder Hof stand allein. Jeder Bauer hatte sein Haus da gebaut, wo es ihm gerade gefiel. Sie kamen zum Hofe des Häuptlings. Ein hölzerner Zaun ging außen herum. Pferdefchädel steckten auf hohen Pfählen zu beiden Seiten des Einganges. Die Wände des Hauses waren aus groben runden Balken gebaut und mit Lehm getüncht. Der Ranch stieg ans einer Öffnung im Strohdach. Alles, was man jetzt ans Eisen macht, war ans Holz; die Nägel in der Wand, die Türbänder, sogar die Riegel waren hölzern. Vor der Haustüre mahlten zwei Mägde Mehl auf einer Handmühle. Eine alte Frau faß dort und spann, ein Greis fütterte die Hühner und ein schwarzhaariger Knecht trug eben einen Korb voll großer Rettiche ins Haus. Ein anderer Knecht pflügte den kleinen Acker neben dem Walde. „Siehst du, dort kommt unser Häuptling!" sagte der Wächter. «Warte ein wenig hier auf dem Bänklein!" Der Fremde setzte sich neben die Haustüre und sah, wie der Häuptling, den Jagdspieß über Scheiblhuber. Deutsche Beschichte. I. Band. 3. Auflage. i

6. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 282

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
'282 Erde umschlingt ohne ihnen Fesseln anzulegen. Jedem Staate bleibt es überlassen dasselbe in der leichtesten Form und mit der kürzesten Frist zu lösen. Doch ist bei ihm die Wahrscheinlichkeit, daß es jemals gelöst und zerrissen werden könnte, sehr gering, da es jedem einzelnen Staate nur Vorteile gewährt. 142. Der Postillion. Cieblich roar die Maiennacht, Silberroöltdein flogen, Ob der holden Frühlingspracht Freudig hingezogen. „ 2. schlummernd lagen wies und Hain jeder Pfad verlassen; Niemand als der Mondenfchein wachte auf der Straften. 3. Leise nur das Lüftchen sprach Und es zog gelinder Durch das stille Schlafgemach Hll der Frühlingskinder. 4. Heimlich nur das Bächlein schlich. Denn der Blüten Träume Dufteten gar wonniglich Durch die stillen Bäume. 5. Bauher mar mein Postillion, Lieft die Oeiftei knallen, Uber Berg und Tal davon Frisch fein Horn erschallen. 6. Und von stinken Bossen vier Scho» der Hufe Schlagen, Die durchs blühende Bevier Trabten mit Behagen. 7. Wald und Flur im schnellen Zug Baum gegrüftt - gemieden; Und vorbei, mie Traumesstug, Schmand der Dörfer Frieden. 8. Mitten in dem Maienglück Lag ein Kirchhof innen. Der den raschen wanderblick stielt zu ernstem Sinnen. 9. stingeletmt an Bergesrand war die bleiche Mauer Und das Kreuzbild öottes stand stoch in stummer Trauer. 10. Schwager* ritt auf feiner Bahn Stiller jetzt und trüber Und die Bosse hielt er an, Sah zum Kreuz hinüber. 11. „stalten muft hier Boft und Bad, Mag's Luch nicht gefährden; Drüben liegt mein Kamerad In der kühlen erden! 12. Lin gar herzlieber 6efell! sterr, 's ist ewig schade.' Keiner blies das Horn so hell wie mein Kamerade! 13. Hier ich immer halten muft. Dem dort unterm Basen Zum getreuen Brudergruft Sein Leiblied zu blasen." 14. Und dem Kirchhof fandt' er zu Frohe wanderfänge, Daft es in die 6rabesruh' Seinem Bruder dränge. 15. Und des stornes heller Ton Klang vom Berge wieder, Ob der tote Postillion Stimmt in feine Lieder. - 16. weiter ging's durch Feld und stag Mit verhängtem Zügel; Lang mir noch im Ohre lag jener Klang vom stügel. Nikolaus Lenau. Schwager — Postillion, Kutscher.

7. Sieben Bücher deutscher Dichtungen - S. 403

1882 - Halle : Hendel
Ii. Jüngerer Zeitabschnitt. (1800-1830). 403 Das Posthorn. Still ist schon das ganze Dorf, Alles schlafen gangen, Auch die Vöglein im Gezweig, Die so lieblich sangen. Dort in seiner Einsamkeit Kommt der Mond nun wieder, Und er lächelt still und bleich Seinen Gruß hernieder; Nur der Bach, der nimmer ruht, Hat ihn gleich vernommen, Lächelt ihm den Gruß zurück, Flüstert ihm: willkommen! Mich auch findest du noch wach, Lieber Mond, wie diesen, Denn auf immer hat die Ruh' Mich auch sortgewiesen. Mich umschlingt kein holder Traum Mit den Zauberfäden, Hab' mit meinem Schmerze noch Manches Wort zu reden. — Ferne, leise hör' ich dort Eines Posthorns Klänge, Plötzlich wird mir um das Herz Nun noch eins so enge. Töne, Wundermelodei, Durch die öden Straßen; Wie so leicht einander doch Menschen sich verlassen; Lustig rollt der Wagen fort Über Stein und Brücken: Stand nicht wer an seinem Schlag Mit verweinten Blicken? Mag er stehn! die Thräne kann Nicht die Rosse halten; Mag der rauhe Geißelschwung Ihm die Seele spalten! Schon verhallt des Hornes Klang Ferne meinem Lauschen, Und sch höre wieder nur Hier das Bächlein rauschen. Ich gedenke bang und schwer Aller meiner Lieben, Die in ferner Heimat mir Sind zurückgeblieben; Diese schöne Sommernacht Muß vorübergehen, Und mein Leben ohne sie Einsamkeit verwehen. Mahnend ruft die Mitternacht Mir herab vom Thurnie. Ferne! Denket mein! die Zeit Eilt dahin im Sturme. Unsre Gräber, deutet mein! Sind schon ungeduldig! — Daß wir nicht beisammen sind. Bin ich selber schuldig. N. Lenau. Der Postillon. Lieblich war die Maiennacht, Silberwölklein flogen, Ob der holden Frühlingspracht Freudig hingezogen. Schlummernd lagen Wies' nud Hain, Jeder Pfad verlassen; Niemand als der Mondenschein Wachte aus der Straßen. Leise nur das Lüftchen sprach, Und es zog gelinder Durch das stille Schlafgemach All' der Frühlingskinder. Heimlich nur das Büchlein schlich, Denn der Blüten Träume Dufteten gar wonniglich Dtirch die stillen Räume. Rauher war mein Postillon, Ließ die Geißel knallen, Über Berg und Thal davon Frisch sein Horn erschallen. Und von flinken Rossen vier Scholl der Hufe Schlagen, Die durchs blühende Revier Trabten mit Behagen. Wald und Flur im schnellen Zug Kaum gegrüßt — gemieden; Und vorbei, wie Traumesflug Schwand der Dörfer Frieden. Mitten in dem Maienglück Lag ein Fiedhof innen. Der den raschen Wanderblick Hielt zu ernstem Sinnen. 26*

8. Für allgemeine Fortbildungsschulen mit besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse des gewerblichen Lebens - S. 307

1878 - Braunschweig : Vieweg
Das Leben, die Arbeit und die Gesellschaft der Menschen. 307 Absicht einander forthelfen sollten, aber darauf gar nicht bedacht sind, sondern ein- ander im Wege stehen. Ist es aber nicht eine große Thorheit und ein Unglück, wenn wir das, was zu unserm Nutzen gemacht ist, zu unserm Schaden anwenden? Und wahrhaftig, zwei Brüder hat Gott, wie mich dünkt, zu noch größerem Nutzen für einander bestimmt, als ihre zwei Hände, zwei Füße, zwei Augen oder was sonst dem Menschen paarweise gegeben ist. Denn wenn die Hände zwei Dinge zu gleicher Zeit verrichten sollen, die über eine Klafter weit von einander entfernt sind, so vermögen sie das nicht; die Füße aber vermögen nicht einmalzu erreichen, was eine Klafter weit von einander entfernt ist; die Augen aber, die doch am weitesten in die Ferne zu reichen scheinen, können doch auch in der größten Nähe, was vorn und was hinten ist, nicht zu gleicher Zeit sehen. Hingegen zwei Brüder, welche Freundschaft halten, können in noch so großer Entfernung einer des andern Nutzen befördern. F. Bäßler nach Xenophon. 146. Der Lieblich war die Maiennacht, Silberwölklein flogen, ob der holden Frühlingspracht freudig hingezogen. Schlummernd lagen Wies' und Hain, jeder Pfad verlassen; niemand als der Mondenschein wachte auf der Straßen. Leise nur das Lüftchen sprach, und es zog gelinder durch das stille Schlafgemach all der Frühlingskinder. Heimlich nur das Bächlein schlich, . denn der Blüten Träume dufteten gar wonniglich durch die stillen Räume. Rauher war mein Postillon, ließ die Geißel knallen, über Berg und Thal davon frisch sein Horn erschallen. Und von flinken Rossen vier scholl der Hufe Schlagen, die durch's blühende Revier trabten mit Behagen. Wald und Flur im schnellen Zug kaum gegrüßt — gemieden; und vorbei, wie Traumesflug, schwand der Dörfer Frieden. Mitten in dem Maienglück lag ein Kirchhof innen, der den raschen Wanderblick hielt zu ernstem Sinnen. Postillon. Hingelehnt an Bergesrand war die bleiche Mauer, und das Kreuzbild Gottes stand hoch, in stummer Trauer. Schwager ritt auf seiner Bahn stiller jetzt und trüber; und die Rosse hielt er an, sah zum Kreuz hinüber: „Halten muß hier Roß und Rad, mag's euch nicht gefährden; drüben liegt mein Kamerad in der kühlen Erden! Ein gar herzlieber Gesell! Herr, 's ist ewig schade! Keiner blies das Horn so hell, wie mein Kamerade! Hier ich immer halten muß, dem dort unterm Rasen zürn getreuen Brudergruß sein Leiblied zu blasen! Und dem Kirchhof sandt' er zu frohe Wandersänge, daß es in die Grabcsruh' seinem Bruder dränge. Und des Hornes heller Ton klang vom Berge wider; ob der todte Postillon stimmt' in seine Lieder? — Weiter ging's durch Feld und Hag mit verhängtem Zügel; lang mir noch im Ohre lag jener Klang vom Hügel. N. Lenau. 20*

9. Für Ober-Sekunda und Prima - S. 297

1911 - Leipzig : Dürr
H. Thode, Hans Thoma. 297 gelesen, die Kinder mit heißem Bemühen ihre Schularbeiten gemacht und die Schwester fleißig genäht hat, der bunte Feldblumenstrauß die Heimkehrenden. Und bald wird es Nacht. Da zieht der Bursche mit der Geige hinaus unter den alten Birnbaum und läßt durch die dunkelnde Bläue sehnsüchtige Töne in die Ferne erklingen. Geheimnisvoll leuchtet das Rot der Blumen im Garten neben ihm, und silbern steigt der Mond über die schweigenden Wälder und Berge empor. Vielleicht dann noch ein feierliches Stündchen bei der Großmutter, die aus ihrem Märchenschatz erzählt: die engen Wände des Bauernhauses verschwinden, ein ganz anderes, weites, wunderbares Reich tut sich auf und geleitet hinüber in die Gesichte der Nacht. Wie der Knabe solch tägliches Dasein durchlebt und wie er ein Feierliches und Heiliges in dem tiefen, inneren Zusammenhang des menschlichen Waltens mit den Vorgängen der Natur zu empfinden gelernt hat, mußte ihm jedes Einzelne seiner näheren und ferneren Umgebung bedeutend und wichtig erscheinen, vom kleinsten Steinchen am Quell und vom unscheinbarsten Halme bis zu dem Wandern der Wolkenschatten über die Erde, bis zu dem allumfassenden Strömen des Sonnenlichtes über die weiten Räume, bis zu dem großen Wechselgespräch zwischen der Erde und dem, was unendlich sich darüber ausbreitet. Das ist des Künstlers Blick, der mich bannte, da ich ihn zum ersten Male sah, der Blick, der das Kleine wie das Große erfaßt. Und als der Knabe zum Jüngling, zum Manne ward, als er, von seinem Heimatstal über die Höhen wandernd, die weite Welt erschaute, da wurden die Träume seiner Kindheit mächtig und begleiten ihn, wo- hin er kommt. Da bevölkert sich auch ihm Wiese, Hain, Wald, Luft und Wasser mit den Geschöpfen seiner Einbildungskraft. Da sieht er im Buchenwald gleich einen jungen Stamm den Faun, der sein Lied bläst; da tanzen im goldenen Abendlichte, von sanften Gewändern um- flossen, Frauen den Reigen; da hält im Dunkel der Nacht der Ritter die Wacht über friedlichem Tale; da zieht auf farbiger Kugel das Glück über grüne Wälder und blaue Berge hin; da treiben wilde Nixen ihr Spiel in mondbeschienenen Welten; da gleitet blumenbekrünzt, vom Del- phin getragen, ein holdes weibliches Wesen durch südliche regungslose Fluten; da strecken sich junge braune Körper gen Himmel, mit dem Pfeil die an düsterem Himmel flatternden Vögel herabzuholen; da jauchzt, aus schäumenden Meereswogen aufsteigend, das Wasserweib der Sonne entgegen. Wesen ohne Namen, aus Naturstimmungen geboren, zeitlos und unbedingt — verständlich einem jeden, dessen Phantasie sich willig und tätig zeigt. Wie auch könnten wir das junge Weib im rosa Ge- wände, daß von nackten Kindern umspielt, über die blumige Matte da- hinschreitet, benennen? Was wissen wir davon, wer der scheue Ritter ist, der von einem kleinen Liebesgott zur kränzewindenden Frau am

10. Lesebuch für die Sonntagschulen der Pfalz - S. 282

1910 - Zweibrücken : Kranzbühler
282 t Erde umscmingt ohne ihnen Fesseln anzulegen. Jedem Staate Dleibt es überlassen dasselbe in der leichtesten Form und mit der kürzesten Frist zu lösen. Doch ist bei ihm die Wahrscheinlichkeit, daß es jemals gelöst und zerrissen weiden könnte, sehr gering, da es jedem einzelnen Staate nur Vorteile gewährt. 142. Der Postillion. ieblich roar die Maiennacht, Silberroölklein flogen, Ob der holden Frühlingspracbt Freudig hingezogen. 2. Schlummern!) lagen wies' und Hain jeder Pfad verlassen; niemand als der Mondenfchein wachte auf der Straften. Z. seife nur das süftchen sprach Und es zog gelinder Durch das stille Schlafgemach Nil der Frühlingskinder. 4. Heimlich nur das Bächlein schlich, Denn der Blüten Träume Dufteten gar wonniglich Durch die stillen Bäume. 5. Bauher mar mein Postillion, sieft die öeiftel knallen, Uber Berg und Tal davon Frisch fein Horn erschallen. 6. Und von stinken Bossen vier Scholl der Hufe Schlagen, Die durchs blühende Berner Trabten mit Behagen. 7. Wald und Flur im schnellen Zug Kaum gegrüftt - gemieden; Und vorbei, mie Traumesstug, Schmand der Dörfer Frieden. 8. Mitten in dem Maienglück sag ein Kirchhof innen. Der den raschen wanderblick stielt zu ernstem Sinnen. 9. stingelehnt an Bergesrand war die bleiche Mauer Und das Kreuzbild öottes stand stoch in stummer Trauer. 10. Schwager* ritt auf feiner Bahn Stiller jetzt und trüber Und die Bosse hielt er an, Sah zum Kreuz hinüber. 11. „stalten muft hier Boft und Bad, Mag's Euch nicht gefährden; Drüben liegt mein Kamerad In der kühlen Lrden! 12. Lin gar herzlieber 6efe»! sterr, 's ist ewig schade! Keiner blies das Horn fo hell wie mein Kamerade! 13. Hier ich immer halten muft. Dem dort unterm Basen Zum getreuen Brudergruft Sein seiblied zu blasen." 14. Und dem Kirchhof sandt' er zu Frohe wandersänge, Daft es in die Srabesruh' Seinem Bruder dränge. 15. Und des stornes heller Ton Klang vom Berge wieder, Ob der tote Postillion Stimmt in seine sieder. - 16. weiter ging's durch Feld und stag Mit verhängtem Zügel; fang mir noch im Ohre lag jener Klang vom stüge!. Nikolaus senau. Schwager = Postillion, Kutscher.

11. Merkbuch für die deutsche Geschichte - S. 7

1904 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
I. Die Zeit des Heidentums. 7 durchzogen sie dann die Jagdgründe des Himmels, mit ihm setzten sie sich zu Tische, schmausten von dem Eber, der stets wieder heil und ganz ward, und tranken Met aus großen Hörnern. Dem Wodan war der Mittwoch geweiht, der früher Wodanstag hieß. Zur Zeit der Wintersonnenwende hielt Wodan seinen Umzug mit dem wütenden Heere;') dann war das große Jnlfest, das zwölf Nächte dauerte; da wurden weiße Pferde geopfert. An die Stelle des Julfestes ist un)er Wechnachtsfest getreten. — Wodans gewaltigster Sohn hieß Donar. Von ihm hat der Donnerstag seinen Namen. Donars Bart war feuerrot, seine Waffe ein gewaltiger Hammer; blies er in den Bart, so sprühten Blitze heraus; schlug er mit dem Hammer gegen den Schild der Riesen, so grollte Donner durch die Luft, der Regen rauschte nieder und machte das Land fruchtbar. Zu Ehren Donars loderten in der Sommerzeit auf den Bergen Holzstöße; Ziegenböcke oder bekränzte Ochsen wurden durch die Fluren nach dem Opfersteine geführt, dort geschlachtet und beim Opfermahle verzehrt. Mit dem Blute wurde die geschmückte Donarselche besprengt. Glimmende Scheite wurden aus dem Feuer gezogen, um durch sie die Hauser vor Gewitterschaden zu schützen. — Donars Schwester war die Frühlingsgöttin Ostara. Der Name des Osterfestes erinnert noch an sie. — Ziu wurde als Kriegsgott verehrt. Sein Tag war der Dienstag. Die Krieger stimmten ihm zu Ehren Kriegsgesänge an. — Neben Ostara wurde auch Freia verehrt. Bon der Freia hat der Freitag seinen Namen. Weil sie hold und freundlich war, nannte man sic auch Frau Holda oder Holle.2) Sie belohnte die fleißigen und bestrafte die faulen Spinnerinnen und machte die Betten, daß die Schneeflocken in der Luft umherflogen. — Schrecklich war Hela, die Göttin der Unterwelt und des Todes. Ihr Reich war das, was wir noch jetzt unter dem Namen Hölle kennen. 3. Die alte« Deutschen im Kampfe. 1. Die Völkerbünde. Die stete Kriegsgefahr zwang die alten Deutschen zu Bündnissen untereinander. Auf diese Weise entstanden zuerst ans benachbarten Gaugenossenschaften Völkerschaften. Die bekanntesten Völkerschaften waren die Sigambrer, Friesen, Chauken, Lougobarden, Cimbern, Angeln, Cherusker, Thüringer, Chatten, Markomannen, Goten und Burgunder. 2. Der Heerbann. Die freien Männer jeder Völkerschaft bildeten in Kriegszeiten den Heerbann. Jeder Krieger trug die Kleider und Waffen, die er auch sonst hatte; manche hingen auch Bären- und Ochsenfelle über, um noch schrecklicher zu erscheinen. — Drohte dem Volke Gefahr, oder sollte ein Zug in Feindes Land unternommen werden, so rief der He er Pfeil oder das Landges chrei den Heerbann zusammen. Die Krieger sammelten sich dann an der Walstatt und erwählten einen der 1) .Der getreue Eckart" von Goethe. 2) »Frau Holle" von Gebr. Grimm.

12. Teil 3 = 6. u. 7. Schulj - S. 373

1911 - Breslau : Hirt
373 — bezeichnete den Lagerraum mit Stäben. Dort wurden die Zugtiere abgeschirrt, die Wagen zu einer Burg zusammengestoßen und im Ringe herum die Nachtfeuer auf zusammengetragenen Steinen ent- zündet. Während die Haustiere weideten, von bewaffneten Jüng- lingen und von den Hunden gehütet, bereiteten die Frauen die Abend- kost. Die Männer aber schlugen aus Stangenholz den nächtlichen Pferch für die Herde, verteilten die Wachen und holten aus den Wagen, was sie von kräftigem Trunk mitgebracht hatten. Dann lagerten sie und sprachen bedächtig von dem guten Weideland, das sie am Idisbache158 zu finden hofften, und von dem endlosen Walde im Süden der Berge, wie steinig der Baugrund, wie steil die Gelände, und wie darum dieses Bergland spärlich bewohnt sei. Als das Mahl beendet war, wurden die wertvollsten Rosse und Rinder im Wagen- ringe gesammelt und die schlaftrunkenen Kinder unter dem Leder- dach geborgen. Nach ihnen stiegen die Frauen in das enge Ge- mach; nur die Männer saßen noch eine Weile beim Trinkhorn ge- sellt, bis auch ihnen die Augen schwer wurden und die kalte Nacht- luft ihre Fröhlichkeit hemmte. Da hüllten sie sich in Pelze und Decken und legten sich an die Feuer oder unter die Wagen. Es wurde stiller, nur der Wind blies von den Bergen. Die Wächter umschritten den Wagenring und den Pferch und warfen zuweilen Holzscheite in die lodernden Feuer. Aber unablässig bellten die Hunde; denn aus der Ferne klang heiseres Geheul, und um den Flammenring trabten gleich Schatten im aufsteigenden Nebel die begehrlichen Raubtiere. 4. In solcher Weise zogen die Wanderer drei Tage langsam durch den Bergwald; der Regen rann auf sie nieder, und der Wind trocknete ihnen die durchnäßten Kleider. Am vierten Morgen zogen sie bei dem hölzernen Turmgerüst vorüber, das an der Landes- mark der Thüringe gezimmert war. Erstaunt sah der Wächter, der im Hofe daneben wohnte und sonst wenig um reisende Haufen zu sorgen hatte, auf die Fahrenden; diese aber riefen ihm laute Grüße zu, denn er war, obgleich nur ein einsamer Waldmann, der Letzte ihres Volkes. Von da durchfuhren sie eine Stunde die Grenz- wildnis, unfruchtbare Kieshöhen'mit knorrigen Kiefern, wo niemals ein Siedler einen Hof gebaut hatte und selten der Schlag einer Axt erklungen war. Unheimlich lag der Strich, und schädliche Geister fuhren, wie man sagte, die Grenze entlang, weil sie ausgeschlossen waren von dem Boden, den gute Volksgötter für die seßhaften Männer

13. Deutsches Lesebuch für Mittelschulen - S. 397

1867 - München : Königl. Central-Schulbücher-Verl.
27. Der Postillon. 28. Des Knaben Berglied. 397 27. Der Postillon. Von Nik. Lenau. 1. Lieblich war die Maiennacht, Silberwölkchen flogen, Ob der holden Frühlingspracht Freudig hingezogen. 2. Schlummernd lagen Wies'^ und Hain, Jeder Pfad verlasfen; Niemand, als der Mondenschein, Wachte auf der Straßen. 3. Leise nur das Lüftchen sprach, Und es zog gelinder Durch das stille Schlafgemach All' der Frühlingskinder. 4. Heimlich nur das Bächlein schlich, Denn der Blüthen Träume Dufteten gar wonniglich Durch die stillen Räume. 5. Rauher war mein Postillon, Ließ die Geißel knallen, Ueber Berg und Thal davon Frisch sein Horn erschallen. 6. Und von stinken Rossen vier Scholl der Hufe Schlagen, Die durch's blühende Revier Trabten mit Behagen. 7. Wald und Flur im schnellen Flug Kaum gegrüßt — gemieden; Und vorbei, wie Tranmesflug, Schwand der Dörfer Frieden. 8. Mitten in dem Maienglück Lag ein Kirchhof innen. Der den raschen Wanderblick Hielt zu ernstem Sinnen. 9. Hingelehnt an Bergesrand War die bleiche Mauer, Und das Kreuzbild Gottes stand Hoch, in stummer Trauer. 10. Schwager ritt aus seiner Bahn Stiller jetzt und trüber; Und die Rosse hielt er an Sah zum Kreuz hinüber: 11. „Halten niuß hier Roß und Rad, Mag's euch nicht gefährden: Drüben liegt mein Kamerad In der kühlen Erden! 12. Ein gar herzlieber Gesell! f err 's ist ewig Schade! einer blies das Horn so hell, Wie mein Kamerade. 13. Hier ich innen halten muß. Dem dort unterm Rasen Zum getreuen Brudergruß Sein Leiblied zu blasen!" 14. Und dem Kirchhof sandt' er zu Frohe Wandersänge, Daß es in die Grabcsruh Seinem Bruder dränge. 15. Und des Hornes heller Ton Klang vom Berge wieder. Ob der todte Postillon Stimmt in seine Lieder? — 16. Weiter ging's durch Feld und Hag Mit verhängtem Zügel! Lang mir noch im Ohre lag Jener Klang vom Hügel. 28. Des Knaben Berglied. Von Ludw. Uhland. 1. Ich bin vom Berg der Hirtenknab', Seh' auf die Schlösser all' herab. Die Sonne strahlt am ersten hier, Am längsten weilet sie bei mir. Ich bin der Knab' vom Berge! 2. Hier ist des Stromes Mutterhaus, Ich trink ihn frisch vom Stein heraus; Er kauft vom Fels in wildem Lauf, Ich fang' ihn mit den Armen auf. Ich bin der Knab' vom Berge! 3. Der Berg, der ist mein Eigenthum, Da zieh'n die Stürme rings herum; Und heulen sie von Nord und Süd, So überschallt sie doch mein Lied: Ich bin der Knab' vom Berge! 4. Sind Blitz und Donner unter mir, So steh' ich hoch im Blauen hier; Ich kenne sie und rufe zu: Laßt meines Vaters Haus in Ruh! Ich bin der Knab' vom Berge! 5. Und wann die Sturmglock' einst erschallt, Manch Feuer auf den Bergen wallt. Dann steig' ich nieder, tret' in's Glied, Und schwing' mein Schwert und sing' mein Lied: Ich bin der Knab' vom Berge!

14. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 80

1859 - Essen : Bädeker
80 Wo die Waldungen gelichtet sind, da wächst wohl auch Getreide und etwas Obst, aber freilich nicht so gut und reichlich, wie unten in den warmen Thälern und Ebenen, wo hie und da selbst Wein gebaut wird. Doch hat der Thüringer seine Kartoffeln, die auf den höchsten Bergen fortkommen. Auch hat der Wald wieder manche Frucht, die man in den Ebenen nicht findet, so zur Herbstzeit in den Wäldern den unendlichen Reichthum von Erdbeeren, Heidelbeeren und Preiselbeeren; das ist ein Tisch, von dem jeder kecklich zu- langen kann, und der Wirth fordert keine andere Bezahlung, als ein frommes: Gott sei gedankt! Aber wem gehört denn der Wald? — Ei nun, wo nicht hier und da ein reicher Mann ein Stückchen gekauft hat, gehört aller Wald dem Fürsten. Der Fürst läßt die Bäume pflanzen und pflegen und sorgt auch, daß du unangefochten durch den dichtesten -Wald gehen kannst. Darum ist's auch Diebstahl und Sünde, wenn einer im Walde Holz haut, das ihm nicht vom Förster angewiesen ist. 88. Die Burgen. Im und am thüringer Wald und noch weiter in der thüringischen Ebene hin haben sonst auf manchen Bergspitzen hohe und starke Burgen gestanden; die sahen kühn und stolz in die Gegend hinaus. Manche solche Burg kannst du noch jetzt mit ihren Fenstern und Dächern im Sonnenschein einer schönen Landschaft blinken sehen; aber die meisten stehen trüb und traurig als Ruinen da; ihre glänzenden Gemächer sind zerschlagen oder zerfallen, die Thore mit Schutt oder Gesträuch verwahrt, die Fensterhöhlen offen, die hohen Thürme schwanken im Winde; manche sind auch ganz von der Erde verschwunden, und die Tannen wurzeln auf ihrem Grunde. ^ Auf den Burgen wohnten einst mächtige Ritter, da tönte Sang und Klang in den hohen Sälen, in den Ställen scharrten die Roffe, Waffer floß in den Burggräben, Thore und Zugbrücken öffneten und schlossen sich. Ha, was für ein Leben war da! Wenn der Wärtel auf dem Thurme ins Horn stößt! Feinde kommen! schreit es in der Burg. Da schmetterte die Trompete, die Knappen reißen die Gäule aus dem Stalle, auf dem Burghofe stampft's und wiehert's, die Ritter klirren daher mit schweren Sporen und mächtigem Schwert, in Eisen gekleidet von Kopf bis Fuß. Zu Roß! ruft der Burgherr, und Ritter und Knappen springen raffelnd in die Sättel; Schwert, Speer und Schild blitzen im Sonnenschein, Helmbüsche und Fahnen flattern in der Luft; die Zugbrücke sinkt, schnaubend und stampfend donnert die Schaar hinüber, den Schloßberg hinab, dem Feinde entgegen. — Wie da die Schwerter hauen! Speere zersplittern, Schilder springen, das Blut fließt, die Rosse bäumen sich, und mancher Reiter sinkt in den Sand. Und Abends, wenn die siegreiche Schaar heimkehrt mit gefangenen Feinden, erbeuteten Roffen, wie ist da Jubel, in der Burg. Abends

15. Lehr- und Lesebuch oder die Vaterlands- und Weltkunde - S. 60

1873 - Essen : Bädeker
60 gebaut wird. Doch hat der Thüringer sà Kartoffeln, die auf den höchsten Bergen fortkommen. Auch hat der Wald wieder manche Frucht, die man in den Ebenen nicht findet, so zur Herbstzeit in den Wäldern den unendlichen Reichthum von Erdbeeren, Heidelbeeren und Preiselbeeren; das ist ein Tisch, von dem jeder kecklich zu- langen kann, und der Wirth fordert keine andere Bezahlung, als ein frommes: Gott sei gedankt! Aber wem gehört denn der Wald? — Ei nun, wo nicht hier und da ein reicher Mann ein Stückchen gekauft hat, gehört aller Wald dem Fürsten. Der Fürst läßt die Bäume pflanzen und pflegen und sorgt auch, daß du unangefochten durch den dichtesten Wald gehen kannst. Darum ist's auch Diebstahl und Sünde, wenn einer im Walde Holz haut, das ihm nicht vom Förster angewiesen ist. 415. Die Burgen. Im und am thüringer Wald und noch weiter in der thüringischen Ebene hin haben sonst auf manchen Bergspitzen hohe und starke Burgen gestanden; die sahen kühn und stolz in die Gegend hinaus. Manche solche Burg kannst du noch jetzt mit ihren Fenstern und Dächern im Sonnenschein einer schönen Landschaft blinken sehen; aber die meisten stehen trüb und traurig als Ruinen da; ihre glänzenden Gemächer sind zerschlagen oder zerfallen, die Thore mit Schutt oder Gesträuch verwahrt, die Fensterhöhlen offen, die hohen Thürme schwanken im Winde; manche sind auch ganz von der Erde verschwunden, und die Tannen wurzeln auf ihrem Grunde. Auf den Burgen wohnten einst mächtige Ritter, da tönte Sang und Klang in den hohen Sälen, in den Ställen scharrten die Rosse, Wasser floß in den Burggräben, Thore und Zugbrücken öffneten und schlossen sich. Ha, was für ein Leben war da! Wenn der Wärtel auf dem Thurme ins Horn stößt! Feinde kommen! schreit es in der Burg. Da schmetterte die Trompete, die Knappen reißen die Gäule aus dem Stalle, auf dem Burghofe stampft's und wiehert's, die Ritter klirren daher mit schweren Sporen und mächtigem Schwert, in Eisen gekleidet von Kopf und Fuß. Zu Roß! ruft der Burgherr, und Ritter und Knappen springen rasselnd in die Sättel; Schwert, Speer und Schild blitzen im Sonnenschein, Helmbüsche und Fahnen flattern in der Luft; die Zugbrücke sinkt, schnaubend und stampfend donnert die Schaar hin- über, den Schloßberg hinab, dem Feinde entgegen. — Wie da die Schwerter hauen! Speere zersplittern, Schilder springen, das Blut fließt, die Rosse bäumen sich, und mancher Reiter sinkt in den Sand. Und Abends, wenn die siegreiche Schaar heimkehrt mit gefangenen Feinden, erbeuteten Rossen, wie ist da Jubel in der Burg. Abends bei dem Mahle werden dann schaurige Geschichten erzählt von dem Kampfe, und der Wein perlt dabei aus großen Bechern, und die Knaben lauschen aufmerksam hinter den Sitzen der Ritter.

16. Deutsche Geschichte für Schule und Haus - S. 9

1898 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 9 — gehegt und durch Wächter geschützt, die zugleich die weißen Pferde hüteten, welche als Opfer bestimmt waren. Auch Kriegsgefangene wurden hier den Göttern dargebracht und ihre Köpfe, gleich denen der Opfertiere, an die Bäume um den Altar genagelt. Fremde halten nur selten Zutritt zu dieser Stätte. War die Gemeinde versammelt, so wurde das Feuer auf dem Altare angezündet, vom Priester das Opfertier geschlachtet, ein Teil des Fleisches verbrannt und das andere verzehrt. Die ganze Nacht wurde dann im Dienste der Götter und beim Schmause zugebracht. In der Nähe des Altars ließ sich darum auch der ulte, müde Kämpfer am liebsten zur letzten Ruhe betten. Ein Scheiterhaufen verzehrte seine sterbliche Hülle, eine Urne nahm die Asche auf, ein Erdhügel deckte sie und wurde zum Hünencsrabe, das Jahrhunderte hindurch Kunde von dem verstorbenen Helden gab. Der Heerbann und das Gefolge. 1. Die stete Kriegsgefahr und der Andrang mächtiger Nachbarn zwangen unsere Väter, sich immer enger aneinander zu schließen. Auf diese Weise entstanden aus benachbarten und stammesverwandten Gaugenoffenschaften allmählich größere Bündnisse, die man als Völkerschaften bezeichnete. Die Völkerschaften, die in der Geschichte _ am meisten hervortreten, waren die Sigambrer an der Sieg, die Friesen und Bataver an der 'Nordsee, die Chauken an der untern Weser, die Longobarden an der untern Elbe, die Cimbern und Angeln auf der Halbinsel Jütland, die Cherusker in der Gegend des Harzes, die Thüringer um den Thüringer Wald, die Chatten an der Fulda, Werra und Eder, die Markomannen im heutigen Böhmen, die Rugier, Goten und Burgunder östlich der Elbe an den Ufern der Ostsee. In Süddeutschland hatte römischer Einfluß die alten Einrichtungen frühe zerstört. Jede Völkerschaft bildete in Kriegszeiten ein einheitliches Heer. — Ein stehendes Heer in Uniform und mit Waffen gleich den unsern, gab es in der alten Zeit noch nicht. Nur wenn Krieg ausbrach, wurden die Männer zu den Waffen gerufen. Unfreie und Hörige, Schwächlinge und solche Freie, die durch schmähliche Handlungen ehrlos geworden waren, gehörten nicht zum Heere. Die Gesamtheit der Krieger bildete den Heerbann. Jeder trug die Kleider und Waffen, die er auch sonst zu tragen pflegte. Die zum Waffen-gebrauche herangereiften Jünglinge wurden regelmäßig in feierlicher Volksversammlung auf der Mahlstatt in das Heer aufgenommen. Der junge Krieger mußte vorher die Waffenprobe ablegen und erhielt alsdann aus der Hand seines Vaters oder des Edelings Schwert und Lanze. 2. Drohte dem Volke Gefahr, oder sollte ein Zug in Feindes Land unternommen werden, so wurde zu den Waffen gerufen. Ein Bote trug dann den Heerpfeil als Zeichen des Aufgebots von Hof zu Hof. In Fällen dringender Gefahr rief das Landgeschrei unmittelbar

17. Teil 3 - S. 94

1907 - Halle a.S. : Schroedel
94 52. Der Postillon. 1. Lieblich war die Maiennacht, Silberwölklein flogen, ob der holden Frühlingspracht freudig hingezogen. 2. Schlummernd lagen Wies’ und Hain, jeder Pfad verlassen; niemand als der Mondenschein wachte auf der Straßen. 3. Leise nur das Lüftchen sprach, und es zog gelinder durch das stille Schlafgemach all der Frühlingskinder. 4. Heimlich nur das Bächlein schlich; denn der Blüten Träume dufteten gar wonniglich durch die stillen Räume. 5. Rauher war mein Postillon, ließ die Geißel knallen, über Berg und Tal davon frisch sein Horn erschallen. 6. Und von flinken Rossen vier scholl der Hufe Schlagen, die durchs blühende Revier trabten mit Behagen. 7. Wald und Flur im schnellen Zug kaum gegrüßt —- gemieden; und vorbei wie Traumesflug schwand der Dörfer Frieden. 8. Mitten in dem Maienglück lag ein Kirchhof innen, der den raschen Wanderblick hielt zu ernstem Sinnen. 9. Hingelehnt an Bergesrand war die bleiche Mauer, und das Kreuzbild Gottes stand hoch, in stummer Trauer. 10. Schwager ritt auf seiner Bahn stiller jetzt und trüber; und die Rosse hielt er an, sah zum Kreuz hinüber: 11. „Halten muß hier Roß und Rad, mag’s euch nicht gefährden; drüben liegt mein Kamerad in der kühlen Erden! 12. Ein gar herzheber Gesell! Herr, ’s ist ewig schade! Keiner blies das Horn so hell wie mein Kamerade! 13. Hier ich immer halten muß, dem dort unterm Rasen zum getreuen Brudergruß sein Leiblied zu blasen!" 14. Und dem Kirchhof sandt’ er zu frohe Wandersänge, daß es in die Grabesruh seinem Bruder dränge. 15. Und des Hornes heller Ton klang vom Berge wieder, ob der tote Postillon stimmt in seine Lieder. — 16. Weiter ging’s durch Feld und Hag mit verhängtem Zügel; lang’ mir noch im Ohre lag jener Klang vom Hügel. Nicolaus Lenau. 53. Die Bürgschaft. 1. Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich Dämon, den Dolch im Gewände; ihn schlugen die Häscher in Bande. „Was wolltest du mit dem Dolche? sprich!" entgegnet ihm finster der Wüterich. „Die Stadt vom Tyrannen befreien!" „Das sollst du am Kreuze bereuen!" 2. „Ich bin," spricht jener, „zu sterben bereit und bitte nicht um mein Leben;

18. Die weite Welt - S. 340

1882 - Leipzig : Klinkhardt
340 187. Der 1. Lieblich war die Maiennacht, Silberwölklein flogen, ob der holden Frühlingspracht freudig hingezogen. 2. Schlummernd lagen Wies und jeder Pfad verlassen; shain, niemand als der Mondenschein wachte auf den Straßen. 3. Leise nur das Lüftchen sprach, und es zog gelinder durch das stille Schlasgemach all der Frühlingskinder. 4. Heimlich nur das Bächlein schlich, denn der Blüten Träume dufteten gar wonniglich durch die stillen Räume. 5. Rauher war mein Postillon, . ließ die Geißel knallen, über Berg und Thal davon frisch sein Horn erschallen. 6. Und von flinken Rossen vier scholl der Hufe Schlagen, die durchs blühende Revier trabten mit Behagen. 7. Wald und Flur im schnellen Zug kaum gegrüßt — gemieden; und vorbei, wie Trauniesflug, schwand der Dörfer Frieden. 8. Mitten in dem Maienglück lag ein Kirchhof innen, der den raschen Wanderblick hielt zu ernstem Sinnen. 9. Hingelehnt an Bergesrand war die bleiche Mauer, und das Kreuzbild Gottes stand hoch, in stummer Trauer. 10. Schwager ritt aus seiner Bahn stiller jetzt und trüber; und die Rosse hielt er an sah zum Kreuz hinüber: 11. „Halten muß hier Roß und Rad, mag's Euch nicht gefährden; drüben liegt mein Kamerad in der kühlen Erden! 12. Ein gar herzlieber Gesell! Herr, 's ist ewig schade! Keiner blies das Horn so hell wie mein Kamerade! 13. Hier ich immer halten nniß, dem dort unterm Rasen zum getreuen Brudergruß sein Leiblied zu blasen!" 14. Und dem Kirchhof sandt' er zu frohe Wandersänge, daß es in die Grabesruh' seinem Bruder dränge. 15. Und des Hornes heller Ton klang vom Berge wieder; ob der tote Postillon stimmt' in seine Lieder? — 16. Weiter ging's durch Feld und mit verhängtem Zügel; shag lang mir noch im Ohre lag jener Klang vom Hügel. N- Lenau. 188. Die Freunde des Toten. 1. Sie hatten den Freund zur Ruh' gebracht und gingen nun alle nach Haus. „Der ist jetzt daheim", hat der eine gedacht; der zweite: „Sein Leben ist aus." 2. Der dritte sprach: „Es macht doch Schmerz, verlieren so früh schon den Freund!" Der vierte: „Nun, wackres Bruderherz, bist du mit den Deinen vereint!"

19. Die weite Welt - S. 402

1905 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
402 20. Und blicket sie lange verwundert an; drauf spricht er: „Es ist euch gelungen, ihr habt das Herz mir bezwungen, — und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn! So nehmet auch mich zum Genossen an! Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurem Bunde der dritte!" Friedrich v. Schiller. 297. Der Postillon. 1. Lieblich war die Maiennacht, Silberwölklein flogen, ob der holden Frühlingspracht freudig hingezogen. 2. Schlummernd lagen Wies' und jeder Pfad verlassen; shain, niemand als der Mondenschein wachte auf der Straßen. 3. Leise nur das Lüftchen sprach, und es zog gelinder durch das stille Schlafgemach all der Frühlingskindcr. 4. Heimlich nur das Bächlein schlich, denn der Blüten Träume dufteten gar wonniglich durch die stillen Räume. 5. Rauher war mein Postillon, ließ die Geißel knallen, über Berg und Tal davon frisch sein Horn erschallen. 6. Und von flinken Rossen vier scholl der Hufe Schlagen, die durchs blühende Revier trabten mit Behagen. 7. Wald und Flur im schnellen Zug kaum gegrüßt — gemieden; und vorbei wie Traumesflug schwand der Dörfer Frieden. 8. Mitten in dem Maienglück lag ein Kirchhof innen, der den raschen Wanderblick dielt zu ernstem Sinnen. 9. Hingelehnt an Bergesrand war die bleiche Mauer, und das Kreuzbild Gottes stand hoch in stummer Trauer. 10. Schwager ritt auf seiner Bahn stiller jetzt und trüber; und die Rosse hielt er an, sah zum Kreuz hinüber: 11. „Halten muß hier Roß und Rad, mag's Euch nicht gefährden; drüben liegt mein Kamerad in der kühlen Erden! 12. Ein gar herzlieber Gesell! Herr, 's ist ewig schade! Keiner blies das Horn so hell wie mein Kamerade! 13. Hier ich immer halten muß, dem dort unterm Rasen zum getreuen Brudergruß sein Leiblied zu blasen!" 14. Und dem Kirchhof sandt' er zu frohe Wandersänge, daß es in die Grabesruh' feinem Bruder dränge. 15. Und des Hornes heller Ton klang vom Berge wieder, ob der tote Postillon stimmt' in seine Lieder. — 16. Weiter ging's durch Feld und mit verhängtem Zügel; shag lang mir noch im Ohre lag jener Klang vom Hügel. Nikolaus Lenau.

20. Siebentes und achtes Schuljahr - S. 48

1910 - Halle a.S. : Schroedel
48 32. Der Postillon. 1. Lieblich war die Maiennacht, Silberwölklein flogen, ob der holden Frühlingspracht freudig hingezogen. 2. Schlummernd lagen Wies’ und Hain, jeder Pfad verlassen; niemand als der Mondenschein wachte auf der Straßen. 3. Leise nur das Lüftchen sprach, und es zog gelinder durch das stille Schlafgemach all der Frühlingskinder. 4. Heimlich nur das Bächlein schlich; denn der Blüten Träume dufteten gar wonniglich durch die stillen Räume. 5. Rauher war mein Postillon, ließ die Geißel knallen, über Berg und Tal davon frisch sein Horn erschallen. 6. Und von flinken Rossen vier scholl der Hufe Schlagen, die durchs blühende Revier trabten mit Behagen. 7. Wald und Flur im schnellen Zug kaum gegrüßt — gemieden; und vorbei wie Traumesflug, schwand der Dörfer Frieden. 8. Mitten in dem Maienglück lag ein Kirchhof innen, der den raschen Wanderblick hielt zu ernstem Sinnen. 9. Hingelehnt an Bergesrand war die bleiche Mauer, und das Kreuzbild Gottes stand hoch, in stummer Trauer. 10. Schwager ritt auf seiner Bahn stiller jetzt und trüber; und die Rosse hielt er an, sah zum Kreuz hinüber: 11. „Halten muß hier Roß und Rad, mag's euch nicht gefährden; drüben liegt mein Kamerad in der kühlen Erden! 12. Ein gar herzlieber Gesell! Herr, 's ist ewig schade! Keiner blies das Horn so hell wie mein Kamerade! 13. Hier ich immer halten muß, dem dort unterm Rasen zum getreuen Brudergruß sein Leiblied zu blasen!" 14. Und dem Kirchhof sandt' er zu frohe Wandersänge, daß es in die Grabesruh seinem Bruder dränge. 15. Und des Hornes heller Ton klang vom Berge wieder, ob der tote Postillon stimmt in seine Lieder. — 16. Weiter ging's durch Feld und Hag mit verhängtem Zügel; lang’ mir noch im Ohre lag jener Klang vom Hügel. Nicolaus Lenau. 33. Die Bürgschaft. 1. Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich Dämon, den Dolch im Gewände; ihn schlugen die Häscher in Bande. „Was wolltest du mit dem Dolche? sprich!*' entgegnet ihm finster der Wüterich. „Die Stadt vom Tyrannen befreien!" „Das sollst du am Kreuze bereuen!" 2. „Ich bin,“ spricht jener, „zu sterben bereit und bitte nicht um mein Leben;