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1841 -
Gütersloh Erfurt
: Martinsstift Bertelsmann
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
es reut dich wieder, und willst, wie man sagt, auf den»
trocknen Lande ertrinken: guter Freund, dann ist „schlecht
gewagt ganz verloren!"
Hcbel. !
463. .
Es ist nicht alles Gold, was glanzt. Mancher,
der nicht an dieses Sprichwort denkt, wird betrogen. Aber
eine andere Erfahrung wird noch öfter vergessen: „Ma^
ches glänzt nicht, und ist doch Gold," und rost
das nicht glaubt, und nicht daran denkt, der ist noch schliß
mer daran. In einem wohlbestellten Acker, in einem gut
eingerichteten Gewerbe ist viel Gold verborgen, und eure
fleißige Hand weiß es ;u finden, und ein ruhiges Hm
dazu; und ein gutes Gewissen glänzt aujh^iicht, nah ist
noch mehr als Goldes werth. Oft ist da am wenigsten ®olm
wo der Glanz und die Prahlerei am größten ist. Wer viel
Lärm macht, hat wenig Muth. Wer viel von seinen Tha-
ton redet, hat nicht viel. Einer prahlte, er habe ein gan-
zes Scheffel Dukaten daheim. Als er sie zeigen sollte, wollte
er lange nicht daran. Endlich brachte er ein kleines rundes
Schächtelein zum Vorschein, das man mit der Hand decken
konnte. Doch half er sich mit einer guten Ausrede: Das
Dukatenmaaß, sagte er, sei kleiner als da6 Fruchtmaaß.
, - Hebel.
464.
Wenn man den Teufel an die Wand malt,
so kommt er. Das sagt Mancher, und versteht's nicht.
Den bösen Geist kann man eigentlich nicht an die Wand
malen, sonst wäre er kein Geist. Auch kann er nicht kom-
men. Denn er ist m-'t Ketten der Finsterniß in die Hölle
gebunden. Was will denn das Sprichwort sagen? Wenn
man viel an das Böse denkt, und sich dasselbe in Gedanken
vorstellt, oder lang davon spricht: so kommt zuletzt die Be-
gierde zu dem Bösen in das Herz, und man tbut's. Soll
der böse Aeind nicht kommen, so mal' ihn nicht an die
Wand! Willst du das Böse nicht thun, so denke nicht daran,
wo du gehst und stehst, und sprich nicht davon, als wenn
es etwas Angenehmes und Lustiges wäre.
v - Hebel.
1901 -
Kiel
: Lipsius & Tischer
- Autor: Lund, Heinrich, Suhr, Wilhelm
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
358
Vi. Aus dem Menschenleben.
Kinder und Kindeskinder standen um ihre beiden Särge und weinten,
und als eins von ihnen den Ring abziehen und aufheben wollte, sagte der
älteste Sohn:
„Laßt den Vater seinen Ring mit ins Grab nehmen. Er hat sein Leb-
tag seine Heimlichkeit mit ihm gehabt. Es ist wohl ein liebes Andenken.
Und die Mutter besah sich den Ring auch so oft; am Ende hat sie ihn dem
Vater in ihren jungen Tagen geschenkt."
So wurde denn der alte Bauer mit dem Ringe begraben, der ein
Wunschring sein sollte und keiner war und doch soviel Glück ins Haus ge-
bracht hatte, als ein Mensch sich nur wünschen kann. Denn es ist eine eigene
Sache mit dem, was richtig und was falsch ist, und schlecht Ding in guter
Hand ist immer noci) sehr viel mehr wert als gut Ding in schlechter.
Mancher, der nicht an dieses Sprichwort denkt, wird betrogen. Aber eine
andere Erfahrung wird noch öfter vergessen: „Manches glänzt nicht
und ist doch Gold,“ und wer das nicht glaubt und nicht daran denkt, der
ist noch schlimmer daran. In einem wohlbestellten Acker, in einem gut
eingerichteten Gewerbe ist viel Gold verborgen, und eine klecksige Hand
weiss es zu finden; und ein ruhiges Herz und ein gutes Gewissen glänzt
auch nicht und ist noch mehr als Goldes wert. Oft ist gerade da am
wenigsten Gold, wo der Glanz und die Prahlerei am grössten ist. Wer
viel Lärm macht, hat wenig Mut. Wer viel von seinen Thalern redet, hat
nicht viel. Einer prahlte, er habe einen ganzen Scheffel Dukaten daheim.
Als er sie zeigen sollte, wollte er lange nicht daran. Endlich brachte er
ein kleines, rundes Schächtelchen zum Vorschein, das man mit der Hand
bedecken konnte. Doch half er sich mit einer guten Ausrede. Das Dukaten-
mass, sagte er, sei kleiner als das Fruchtmass. Johann Peter Hebel.
in Mann hatte einen trefflichen Bogen von Ebenholz, mit dem er sehr
weit und sehr sicher schoß und den er ungemein wert hielt, ©inst
aber, als er ihn aufmerksam betrachtete, sprach er: „Ein wenig zu plump bist
du doch; alle deine Zierde ist die Glätte. Schade!" — „Doch dem ist ab-
zuhelfen!" siel ihm ein. „Ich will hingehen und den besten Künstler Bilder in
den Bogen schnitzen lassen." — Er ging hin, und der Künstler schnitzte eine
ganze Jagd auf deu Bogen, — und was hätte sich besser auf einen Bogen
geschickt als eine Jagd? Der Mann war voller Freuden. „Du verdienst
diese Zieraten, mein lieber Bogen!" — Indem will er ihn versuchen; er
spannt, und der Bogen — zerbricht. Gotthold Ephraim Lessing.
Richard Volkmann.
206. E8 ist nicht alles Gold, was glänzt.
207. Der Besitzer des Bogens.
1873 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Simultanschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Simultanschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
180
ltert." Was muß also den Ausschlag geben?, Prüfung, ob man die
Kräfte habe zu dem, was man wagen will, Überlegung, wie es anzu-
fangen sei, Benutzung der günstigen Zeit und Umstände, und hinten-
nach, wenn man sein wüthiges A gesagt hat, ein besonnenes B und
ein bescheidenes C. Aber so viel muß wahr bleiben: Wenn etwas
Gewagtes soll unternommen werden und kann nicht anders sein, so ist
ein frischer Muth zur Sache der Meister, und der muß dich durch-
reißen. Aber wenn du immer willst und fängst nie an, oder hast du
schon angefangen, und es reut dich wieder und willst, wie man sagt,
auf dem trocknen Lande ertrinken, guter Freund, dann ist „schlecht ge-
wagt, ganz verloren".
4. Rom ist nicht in einem Tage erbaut worden.
Damit entschuldigen sich viele fahrlässige und träge Menschen, welche
ihr Geschäft nicht treiben und vollenden mögen und schon müde sind,
ehe sie recht anfangen. Mit dem Rom ist es aber eigentlich so zuge-
gangen: Es haben viele fleißige Hände viele Tage lang vom frühen
Morgen bis zum späten Abend unverdrossen daran gearbeitet und nicht
abgelassen, bis es fertig war und der Hahn auf dem Kirchthurm stand.
So ist Rom entstanden. Was du zu thun hast, mach's auch so!
5. Ende gut, alles gut.
Das ist nicht so zu verstehen: Wenn du ein Jahr lang in einem
Hause zu bleiben hast, so führe dich drei hundert vier und sechzig Tage
lang bengelhaft auf und am 31. December werde manierlich. Sondern
es giebt Leute, die manierlich sein können bis ans Ende, und wenn's
nimmer lang währt, so werden sie imgezogen, trotzig, sagen: Ich bin
froh, daß es nimmer lang währt, und die andern denken's auch. Für
diese ist das Sprüchwort.
Item, es giebt Dinge, ob sie gut oder bös' sind, kann erst das
Ende lehren. Z. B. du bist krank, möchtest gern essen, was dir der
Arzt verbietet, gern auf die Gaffe gießen, was du trinken mußt, aber
du wirst gesund; — oder du bist in der Lehre und meinst manchmal,
der Lehrherr sei wunderlich, aber du wirst durch seine Wunderlichkell
ein geschickter Weißgerber oder Orgelmacher; — oder du bist im Zucht-
hause, der Zuchtmeister könnte dir wohl die Suppe fetter machen, aber
du wirst durch Wasser und Brod nicht nur gesättigt, sondem auch ge-
bessert. Dann lehrt das Ende, daß alles gut war.
6. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Mancher, der nicht an dieses Sprüchwort denkt, wird betrogen.
Aber eine andere Erfahrung wird noch öfter vergessen: „Manches glänzt
nicht und ist doch Gold," und wer das nicht glaubt, und nicht daran
denkt, der ist noch schlimmer daran. In einem wohl bestellten Acker,
in einem gut eingerichteten Gewerbe ist viel Gold verborgen, und eine
fleißige Hand weiß es zu finden und ein ruhig Herz dazu, und ein gutes
Gewissen glanzt auch nicht und ist dock mehr als Goldes werth.
1900 -
Essen
: Baedeker
- Autor: Heinecke, August
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
57
dingung leihen, daß er sie einst auf dieselbe weise abtrage. Ich darf wob!
annehmen, daß sie so in viele Hände kommen, ehe sie in die Hände eines
Schurken geraten. . Das ist eine Erfindung-von mir, um mit wenig Geld
viel Gutes zu thun. Ich bin nicht reich genug, um viel auf wohlthaten
verwenden zu können; daher suche ich meine geringen Mittel so gut als
möglich auszunützen.
Ihr ergebener freund Benj. Franklin.
*63. Mittel zum Wohlstand.
1. Unlängst ritt ich durch einen Ort, wo sich einer Versteigerung wegen
eine Menge Menschen versammelt hatte. Ich hielt mein Pferd an. Die
Leute sprachen von den schlechten Zeiten, und einer sagte zu einem anscheinend
wohlhabenden Mann mit grauen Haaren: „Nun, Vater Abraham, was haltet
Ihr von der jetzigen Zeit? Müssen die schweren Abgaben das Land nicht
zu Grunde richten? Wie sollen wir sie noch erschwingen?" Vater Abraham
dachte eine Weile nach und erwiderte sodann: „Mein guter Rat steht euch
zu Diensten." Alle drangen in ihn, er möchte sprechen. Sie schlossen einen
Kreis um ihn, und er sagte: „Freunde und Nachbarn! Die Abgaben sind
allerdings schwer; allein wenn wir sonst keine als die an die Obrigkeit zu
zahlen Hütten, so wollten wir wohl fertig werden. Wir haben aber noch
ganz andere Abgaben zu entrichten, die uns viel schwerer drücken. Unsere
Faulheit nimmt uns zweimal mehr ab, als die Obrigkeit, unsere Eitelkeit
dreimal und unsere Thorheit viermal mehr.
Rechnet einmal die Zeit, die ihr mit Nichtsthun oder in unnützen Zer-
streuungen zubringt, und ihr werdet finden, daß ich recht habe! Der Müßig-
gang ist ein Rost, der weit mehr angreift als die Arbeit selber; er verkürzt
unser Leben, weil er uns schwächlich macht. Liebst du das Leben, so ver-
geude die Zeit nicht; denn sie ist das Zeug, aus dem das Leben gemacht ist.
Wieviel verlieren wir nicht allein dadurch, daß wir länger schlafen als nötig
märe! Ist die Zeit das kostbarste unter allen Dingen, so ist Verschwendung
der Zeit die größte unter allen Verschwendungen. Wohlan denn, laßt uns
die Hände regen, solange wir noch Kräfte haben!
Was hilft es, bessere Zeiten zu wünschen? Ändert euch nur selbst, so
werden sich die Zeiten auch ändern! Dem Fleißigen guckt der Hunger wohl
in das Haus, aber hinein darf er nicht. Arbeite heute; denn du kannst nicht
wissen, was dich morgen davon abhält! Wenn du bei einem guten Herrn
dienest, würdest du dich nicht schämen, wenn er dich müßig anträfe? Nun
bist du aber dein eigener Herr; so schäme dich also vor dir selbst, müßig zu
gehen, da es so viel für dich, dein Haus und dein Vaterland zu thun giebt!
Fleiß allein thut es aber auch nicht; wir müssen auch stetig bei unserer
Arbeit sein und uns nicht zu viel auf andere verlassen. Ein Baum, der oft
umgesetzt wird, und eine Familie die oft umzieht, gedeihen weniger als die,
welche auf ihrem Platze bleiben. Dreimal ausziehen ist so schlimm wie ein-
mal abbrennen. Verlaß deine Werkstatt nicht, so wird sie dich auch nicht
verlassen! Willst du eine Sache gut ausgerichtet haben, so gehe selbst!
Willst du einen treuen und angenehmen Diener haben, so diene dir selbst!
2. Willst du wohlhabend werden, so lerne nicht allein erwerben, sondern
auch sparen! Schränkt euren thörichten Aufwand ein, so werdet ihr nicht
über schlechte Zeiten und drückende Abgaben zu klagen haben! Ihr denkt
1893 -
Trier
: Schaar & Dathe
- Autor: Koepper, Gustav
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
81
34. Nützliche Lehren.
„Ein Narr fragt viel, worauf kein Weiser antwortet." Das
muß zweimal wahr sein. Fürs erste kann gar wohl der einfältigste
Mensch eine Frage tun, worauf auch der weiseste keinen Bescheid
zu geben weiß. Denn Fragen ist leichter als Antworten, wie Fordern
oft leichter ist als Geben, Rufen leichter als Kommen. Fürs andere
könnte manchmal der Weise wohl eine Antwort geben, aber er will
nicht, weil die Frage einfältig ist, oder vorwitzig, oder weil sie zur
Unzeit kommt. Gar oft erkennt man ohne Mühe den einfältigen
Menschen am Fragen und den verständigen am Schweigen. „Keine
Antwort ist auch eine Antwort." Von dem Doktor Luther ver-
langte einst jemand zu wissen, was wohl Gott vor Erschaffung
der Welt die lange, lange Ewigkeit hindurch getan habe. Dem er-
widerte der fromme und witzige Mann: In einem Birkenwalde sei
der liebe Gott gesessen und habe Zur Bestrafung für solche Leute
die unnütze Fragen tun, Ruten geschnitten. ^ ^ §e6e(
„Rom ist nicht in einem Tage erbaut morden." Damit ent-
schuldigen sich viele fahrlässige und träge Menschen, welche ihr
Geschäft nicht treiben und vollenden mögen und schon müde sind,
ehe sie recht anfangen. Mit dem Rom ist es aber eigentlich so
zugegangen. Es haben viele fleißige Hände viele Tage lang vom
frühen Morgen bis zum späten Abend unverdrossen daran gearbeitet
und nicht abgelassen, bis es fertig war, und der Hahn auf dem
Kirchturm stand. So ist Rom entstanden. Was du zu tun hast,
mach's auch so! J.p.hebe,.
»^Frisch gewagt ist halb gewonnen." Daraus folgt: Frisch gewagt
ist auch halb verloren. Das kann nicht fehlen. Deswegen sagt
man auch: Wagen gewinnt, Wagen verliert. Was muß also den
Ausschlag geben? Prüfung, ob man die Kräfte habe zu dem, was
man wagen will, Überlegung, wie es anzufangen sei, Benutzung der
günstigen Zeit und Umstände, und hintennach, wenn man sein mutiges
A gesagt hat, ein besonnenes V und ein bescheidenes C. Aber soviel
muß wahr bleiben: Wenn etwas Gewagtes soll unternommen werden
und kann nicht anders sein, so ist ein frischer Mut zur Sache der
Meister, und der muß sich durchreißen. Aber wenn du immer willst und
fängst nicht an, oder du hast schon angefangen, und es reut dich wieder
und willst, wie man sagt, auf dem trockenen Lande ertrinken, guter
Freund, dann ist schlecht gewagt ganz verloren. ^ ^ §e6e(
„Es ist nicht alles Gold, was glänzt." Mancher, der nicht
an dieses Sprüchwort denkt, wird betrogen. Aber eine andere Er-
fahrung wird noch öfter vergessen: Manches glänzt nicht und ist
6
1906 -
München
: Oldenbourg
- Hrsg.: Lehrerinnen-Verein München
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Feiertagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): Mädchen
108. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. — 109. Von Versicherungen. 165
Unter Karl V. drang der Ruf der Fuggerschen Reichtümer bis in das
ferne Spanien, wo das Sprichwort entstand: Er ist so reich wie ein Fugger. —
Ja, der Kaiser selbst soll, in gerechtem Stolze auf solche Untertanen, als
man chm den königlichen Schatz zu Paris zeigte, ausgerufen haben: „In
Augsburg habe ich einen Leineweber, der das alles mit Gold bezahlt." Hatte
ihm doch auch, wie eine Sage erzählt, dieser Leineweber, der Gras Anton,
einen großartigen Beweis seines Reichtums gegeben. Als Karl V. von seinem
Zuge nach Tunis im Jahre 1535 zurückkehrte, beehrte er den Grafen Anton
mit seinem Besuche. Da ließ der reiche Fugger den Kamin in des Kaisers
Zimmer mit Zimtholz heizen und warf selbst eine bedeutende Schuld-
verschreibung seines hohen Gastes in das kostbare Feuer.
„Und dieses Feuerlein dünkte dem Kaiser gar lustig", bemerkt der
Chronist.
108. Ks ist nicht altes Gold, was glänzt.
Mancher, der nicht an dieses Sprichwort denkt, wird betrogen.
Aber eine andere Erfahrung wird noch öfter vergessen: Manches glänzt
nicht und ist doch Gold, und wer das nicht glaubt und nicht daran
denkt, der ist noch schlimmer daran. In einem wohlbestellten Acker, in
einem gut eingerichteten Gewerbe ist viel Gold verborgen und eine
fleißige Hand weiß es zu finden; ein ruhiges Herz und ein gut Gewissen
glänzen auch nicht und sind noch mehr als Goldes wert. Oft ist gerade
da am wenigsten Gold, wo der Glanz und die Prahlerei am größten
ist. Wer viel Lärm macht, hat wenig Mut. Wer viel von seinen
Talern redet, hat nicht viel. Einer prahlte, er habe einen ganzen
Scheffel Dukaten daheim. Als er sie zeigen sollte, wollte er lange nicht
daran. Endlich brachte er ein kleines, rundes Schüchtelchen zum Vor-
schein, das man mit der Hand bedecken konnte. Doch half er sich mit
einer guten Ausrede. „Das Dukatenmaß," sagte er, „ist kleiner als das
Fruchtmaß." Hebel.
109. Won Werstcherungen.
Ein großer Mangel an Einsicht und Vorsicht der Menschen drückt
sich darin aus, daß die Möglichkeit sich gegen die vielen Unfälle, welche
die Quelle des Erwerbs treffen können, zu sichern, in ungenügender
Weise ausgenutzt wird. Tausende von sonst wirtschaftlich tüchtigen
Menschen büßen diesen Leichtsinn mit ihrem Verderben.
Ein Brand kann in wenigen Stunden das ganze im Laufe von
Jahrzehnten mühsam angesammelte Vermögen, die wesentlichste Erwerbs-
quelle ganzer Familien zerstören. Man kann sich mit kleinen, leicht auf-
zubringenden Zahlungen an eine Feuerversicherungsgesellschaft
gegen diese Gefahr sichern und doch tun es viele Leute nicht Sie
sorgen schlecht für sich und die Ihrigen, wenn sie das kleine Opfer der
1914 -
Nürnberg
: Korn
- Auflagennummer (WdK): 25
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Literatur
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
192
i
flgo. Rom ist nicht in einem Tage erbaut worden.
„Rom ist nicht in einem Tage erbaut worden." Damit
entschuldigen sich viele fahrlässige und träge Menschen, welche ihr
Geschäft nicht treiben und vollenden mögen und schon müde sind,
ehe sie recht anfangen. Mit Rom ist es aber eigentlich so zu-
gegangen: Es haben viele fleißige Hände viele Tage lang, vom
frühen Morgen bis zum späten Abend, unverdrossen daran ge-
arbeitet und nicht abgelassen, bis es fertig war.
So ist Rom entstanden. Was du zu tun hast, mach's
auch so! Hebel.
161. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
„Es ist nicht alles Gold, was glänzt." 'Mancher, der
nicht an dieses Sprichwort denkt, wird betrogen.
Aber eine andere Erfahrung wird noch öfter vergessen:
„Manches glänzt nicht und ist doch Gold;" und wer das nicht
glaubt und nicht daran denkt, der ist noch schlimmer daran. In
einem wohlbestellten Acker, in einem gut eingerichteten Gewerbe
ist viel Gold verborgen und eine steißige Hand weiß es zu fin-
den. Ein ruhiges Herz und ein gutes Gewissen glänzen auch
nicht und sind noch mehr als Goldes wert. Oft ist gerade da
am wenigsten Gold, wo der Glanz und die Prahlerei am größ-
ten ist. Wer viel Lärm macht, hat wenig Mut. Wer viel von
seinen Talern redet, hat nicht viel. Einer prahlte, er habe ein
ganzes Scheffel Dukaten daheim. Als er sie zeigen sollte, wollte
er lange nicht daran. Endlich brachte er ein kleines, rundes
Schächtelchen zum Vorschein, das man mit der Hand decken konnte.
Doch half er sich mit einer guten Ausrede. Das Dukatenmaß,
sagte er, sei kleiner als das Fruchtmaß. Hà
162. Der Alpenjäger.
Willst du nicht daslämmlein hüten?
Lämmlein ist so fromm und sanft,
Nährt sich von des Grases Blüten,
Spielend an des Baches Nanft.
„Mutter, Mutter, laß mich gehen,
Jagen nach des Berges Höhen!"
Willst du nicht die Herde locken
Mit deshornes munterm Klang?
Lieblich tönt der Schall der Glocken
In des Waldes Lustgesang.
„Mutter, Mutter, laß mich gehen,
Schweifen auf den wilden Höhen!"
Willstdunichtderblümlein warten,
Die im Beete freundlich stehn?
Draußen ladet dich kein Garten;
Wild ist's auf den wilden Höh'nl
„Laß die Blümlein, laß sie blühen!
Mutter, Mutter, laß mich ziehen!"
1853 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Haesters, Albert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 178 —
Leute Schafe fressen, sonst kommt zuletzt der Jäger, und du wirst mit
ihnen erschossen.
3. Frisch gewagt ist halb gewonnen.
Daraus folgt: Frisch gewagt ist auch halb verloren. Das kann
nicht fehlen. Deswegen sagt man auch: „Wagen gewinnt, wagen ver-
liert." Was muß also den Ausschlag geben? Prüfung, ob man die
Kräfte habe zu dem, was man wagen will, Überlegung, wie es anzu-
fangen sei, Benutzung der günstigen Zeit und Umstände, und hiuten-
nach, wenn mail sein muthiges A gesagt hat, ein besonnenes V und
ein bescheidenes C. Aber so viel muß wahr bleiben: Wenn etwas
Gewagtes soll unternommen werden und kann nicht anders sein, so ist
ein frischer Muth zur Sache der Meister, und der muß dich durch-
reißen. Aber wenn du immer willst und fängst nie an, oder hast du
schon angefangen, und es reut dich wieder und willst, wie man sagt,
auf dem trocknen Lande ertrinken, guter Freund, dann ist „schlecht ge-
wagt, ganz verloren".
4. Rom ist nicht in einem Tage erbaut worden. .
Damit entschuldigen sich viele fahrlässige und träge Menschen, welche
ihr Geschäft nicht treiben und vollenden mögen und schon müde sind,
ehe sie recht anfangen. Mit dem Rom ist es aber eigentlich so zu-
gegangen: Es haben viele steißige Hände viele Tage lang vom frühen
Morgen bis zum späten Abend unverdrossen daran gearbeitet und nicht
abgelassen, bis es fertig war und der Hahn auf dem Kirchthurm stand.
So ist Rom entstanden. Was du zu thun hast, mach's auch so!
5. Ende gut, alles gut.
Das ist nicht so zu verstehen: Wenn du ein Jahr lang in einem
Hause zu bleiben hast, so führe dich drei hundert vier und sechzig Tage
lang bengelhaft auf und am 31. December werde manierlich. Son-
dern es giebt Leute, die manierlich sein können bis ans Ende, und
wenn's nimmer lang währt, so werden sie ungezogen, trotzig, sagen:
Ich bin froh, daß es nimmer lang währt, und die andern denken's
auch. Für diese ist das Sprüchwort.
Item, es giebt Dinge, ob sie gut oder bös' sind, kann erst das
Ende lehren. Z. B. du bist krank, möchtest gern essen, was dir der
Arzt verbietet, gern auf die Gasse gießen, was du trinken mußt, aber
du wirst gesund; — oder du bist in der Lehre und meinst manchmal,
der Lehrherr sei wunderlich, aber du wirst durch seine Wunderlichkeit
ein geschickter Weißgerber oder Orgelmacher; — oder du bist im Zucht-
hause, der Zuchtmeister könnte dir wohl die Suppe fetter machen, aber
du wirst durch Wasser und Brod nicht nur gesättigt, sondern auch ge-
bessert. Dann lehrt das Ende, daß alles gut war.
6. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Mancher, der nicht an dieses Sprichwort denkt, wird betrogen.
Aber eine andere Erfahrung wird noch öfter vergessen: „Manches glänzt
1908 -
Wittenberg
: Herrosé
- Autor: Wüster, Karl, Bodesohn, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
Werk nur beginnen kann. Maurer, Zimmerleute und Handwerker
aller Art müssen ihm das Haus herstellen, in welchem der Mühlen-
bauer das eigentliche Mahlwerk anlegt. Soll die Mühle aber
klappern, so müssen in den dazu geeigneten Steinbrüchen fleißige
Leute die Mühlsteine brechen und bearbeiten. Der Weber muh
vielemale das Schiffchen hin und her werfen, bevor die Leinwand
für den Beutel und die Säcke fertig ist, und dann darf auch der
Siebmacher mit den Sieben nicht ausbleiben. Das fertige Mehl
kommt endlich zum Bäcker. Dieser hat sich rechtzeitig vom Tischler
hölzerne Tröge anfertigen lassen. Der Ziegelstreicher und der
Steinbrecher haben ihm die Steine geliefert, aus denen der
Maurer den Backofen gebaut hat. Der Bergmann fördert oft
unter Lebensgefahr die Kohle an das Tageslicht, und der Holz-
hauer schlägt das Holz im Walde, damit der Ofen geheizt werden
kann, und wir dürfen auch den Salzsieder nicht vergessen, der die
unvermeidliche Würze liefert.
Wer sich das alles so recht überlegt, der bekommt Respekt.
Die Arbeit von Hunderten geschickter Menschen war nötig, ehe ich
mir das Brötchen schmecken lassen konnte. Und alle diese Leute
muhten fleihig ihre Pflicht erfüllen; denn wollte der Müller seine
Mühle stehen lassen, so könnte der Bäcker mit dem besten Willen
kein Brot liefern. Die Leute müssen ihre Tätigkeit auch gut ver-
richten. Ein schlecht gearbeiteter Pflug, ein mangelhaft herge-
stellter Mühlstein, ein nicht richtig gebauter Backofen hindern das
Gelingen des Werkes und lassen das Brot nicht gedeihen. Wie es
beim Brote ist, verhält es sich bei jedem anderen mensch-
lichen Werke. Dieses Bewuhtsein erhebt uns. Denn wir
fühlen uns da inmitten einer gewaltig grohen Gemeinschaft,
in der jeder seine Hände rührt und seinen Geist anstrengt,
um etwas Brauchbares fertig zu stellen, nicht für sich, sondern für
andere, die der von ihm hergestellten Güter bedürfen. Es ist ein
großer Zug. der durch diese gewaltige Arbeitsgemeinde geht. Denn
wer da fleihig schafft, der denkt nicht an sich selbst, sondern er ist
bestrebt, Dinge herzustellen, die seiner Mitmenschen Bedürf-
nisse in bestmöglicher Weise befriedigen können. Und jeber ist
bestrebt, dem Nächsten für sein Leben oder seine Arbeit die besten
Produkte zu liefern. Eine ungeheuere Summe von geistiger An-
strengung und körperlicher Kraft kommt da jede Stunde auf dein
Erdenrunde zur Anwendung, und wir selbst sind Glieder dieser
gewaltig grohen Gemeinschaft.
Dieses Bewußtsein muh uns freilich auch mit Bescheidenheit
erfüllen. Denn das Stückchen Arbeit, welches wir zum Gelingen
des grohen Werkes beitragen können, ist verschwindend klein im
Verhältnisse zu dem Arbeitsergebnisse der Gesamtheit. Und die
Geringfügigkeit der eigenen Arbeitsleistung führt uns recht
lebendig vor die Augen, wie wir in jedem Dinge von der Arbeit
unserer Mitmenschen abhängig sind. Es gibt nichts, gar nichts,
was wir allein herzustellen vermöchten, und selbst in den kleinsten
1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
13. Du ctinb so lieb, du Kind so gut,
Das allen Menschen Gutes tut,
Komm bald einmal nun auch zu mir
Und meiner kleinen Schwester hier!
14. Nimm von uns Angst und Weh und Schmerz,
Gib uns ein frohes, frommes Herz,
Laß uns auf Erden gut und rein
Und einst im Himmel bei dir sein!
175. Neujahr.
Wilhelm Hey.
1. Ein neues Jahr hat angefangen,
Der liebe Gott hat's uns geschenkt;
Viel hundert Jahr' sind hingegangen,
Seit er an seine Menschen denkt,
Und hört nicht auf, für uns zu sorgen,
Und wird nicht müde, was er tut,
Und weckt und stärkt uns alle Morgen
Und gibt so viel und ist so gut.
2. Und sieht auch heut' vom Himmel nieder
Auf mich und jedes kleine Kind;
Und hilft auch dieses Jahr uns wieder,
Solang' wir gut und folgsam sind.
Du, lieber Gott, kannst alles machen;
Willst du mich machen treu und gut,
Willst du mich dieses Jahr bewachen,
Daß nie dein Kind was Böses tut?
176. Neujahrswunsch.
Karl Enslin.
1. Ich hätte dir viel zu sagen,
O gute Mutter, heut';
Ich wüßte dir viel zu wünschen,
Was dich und mich erfreut!
2. Ja, könnt' ich es dir nur sagen,
Wie's um das Herz mir ist!
Du weißt's ja aber viel besser,
Wie teuer du mir bist!
3. Und wenn du mich immer liebest!
Und ich lieb' immer dich:
Nichts Schöneres kann ich wünschen,
Nichts Bess'res für dich — und mich!
1891 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Lehrerinnen-Verein München
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten, Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Feiertagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): Mädchen
43. Es ist nicht alles Gold, was glanzt. 44. Von Versicherungen. 165
Unter Karl V. drang der Ruf der Fugger'schen Reichtümer bis in das
ferne Spanien, wo das Sprichwort entstand: Er ist so reich, wie ein Fugger. —
Ja, der Kaiser selbst soll, in gerechtem Stolze ans solche Unterthanen, als
man ihm den königlichen Schatz zu Paris zeigte, ausgerufen haben: „In
Augsburg habe ich einen Leineweber, der das alles mit Gold bezahlt." Hatte
ihm doch auch, wie eine Sage erzählt, dieser Leineweber, der Graf Anton,
einen großartigen Beweis seines Reichtums gegeben. Als Karl V. von seinem
Zuge nach Tunis im Jahre 1535 zurückkehrte, beehrte er den Grafen Anton
mit seinem Besuche. Da ließ der reiche Fugger den Kamin in des Kaisers
Zimmer mit Zimmtholz Heizen und warf selbst eine bedeutende Schuld-
verschreibung seines hohen Gastes in das kostbare Feuer.
„Und dieses Feuerlein dünkte dem Kaiser gar lustig", bemerkt der
Chronist.
43. Ks ist nicht altes chokd, was gkänzt.
Mancher, der nicht an dieses Sprichwort denkt, wird betrogen.
Aber eine andere Erfahrung wird noch öfter vergessen: Manches glänzt
nicht, und ist doch Gold, und wer das nicht glaubt und nicht daran
denkt, der ist noch schlimmer daran. In einem wohlbestellten Acker, in
einem gut eingerichteten Gewerbe ist viel Gold verborgen, und eine
fleißige Hand weiß es zu finden; ein ruhiges Herz und ein gut Gewissen
glänzen auch nicht und sind noch mehr als Goldes wert. Ost ist gerade
da am wenigsten Gold, wo der Glanz und die Prahlerei am größten
ist. Wer viel Lärm macht, hat wenig Mut. Wer viel von seinen
Thalern redet, hat nicht viel. Einer prahlte, er habe einen ganzen
Scheffel Dukaten daheim. Als er sie zeigen sollte, wollte er lange nicht
daran. Endlich brachte er ein kleines, rundes Schächtelchen zum Vor-
schein, das man mit der Hand bedecken konnte. Doch half er sich mit
einer guten Ausrede. „Das Dukatenmaß," sagte er, „ist kleiner als das
Fruchtmaß." Hebel.
44. Won Versicherungen.
Ein großer Mangel an Einsicht und Vorsicht der Menschen drückt
sich darin aus, daß die Möglichkeit, sich gegen die vielen Unfälle, welche
die Quelle des Erwerbs treffen können, zu sichern, in ungenügender
Weise ausgenutzt wird. Tausende von sonst wirtschaftlich tüchtigen
Menschen büßen diesen Leichtsinn mit ihrem Verderben.
Ein Brand kann in wenigen Stunden das ganze im Laufe von
Jahrzehnten mühsam angesammelte Vermögen, die wesentlichste Erwerbs-
quelle ganzer Familien zerstören. Man kann sich mit kleinen, leicht auf-
zubringenden Zahlungen an eine Feuerversicherungsgesellschast
gegen diese Gefahr sichern, und doch thun es viele Leute nicht. Sie
sorgen schlecht für sich und die Ihrigen, wenn sie das kleine Opfer der
1856 -
Darmstadt
: Diehl
- Autor: Curtman, Wilhelm Jakob Georg
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
384
wird noch öfter vergessen: „Manches glänzt nicht und ist doch Gold,"
und Wer Das nicht glaubt und nicht daran denkt, der ist noch schlimmer
daran. In einem wohkbestellten Acker, in einem gut eingerichteten Ge-
werbe ist viel Gold verborgen, und eine fleißige Hand weiß es zu finden,
und ein ruhiges Herz dazu und ein gutes Gewissen glänzt auch nicht,
und ist noch mehr als Goldes werth. Ost ist gerade da am wenigsten
Gold, wo der Glanz und die Prahlerei am größten ist. Wer viel Lärm
macht, hat wenig Muth. Wer Viel von seinen Thaten redet, hat nicht
Viel gethan. Einer prahlte, er habe ein ganzes Simmer Dukaten daheim.
Als er ste zeigen sollte, wollte er lange nicht daran. Endlich brachte
er ein kleines rundes Schächtelchen zum Vorschein, das man mit der
Hand decken konnte. Doch half er sich mit einer guten Ausrede: „Das
Dukatenmaaß," sagte er, „sei kleiner als das Fruchtmaaß."
Es sagt ein altes Sprüchwort: „Selber Essen macht fett." Ich
will noch ein paar dazu setzen: „Selber Achtung-Geben macht verstän-
diger. Und selber Arbeiten macht reich. Wer nicht mit eignen Augen
sieht, sondern sich auf Andere verläßt, und Wer nicht selber Hand anlegt
wo es nöthig ist, sondern Andere thun läßt, Was er selber thun soll,
der bringts nicht weit, und mit dem fett-Werden hat es bald ein Ende."
9.
Ein anderes Sprüchwort heißt so: „Wenn man den Teufel an die
Wand mahlt, so kommt er." Das sagt Mancher und versteht's nicht.
Den bösen Geist kann man eigentlich nicht an die Wand mahlen, sonst
wäre es kein Geist. Auch kann er nicht kommen, denn er ist mit Ket-
ten der Finsterniß an die Hölle gebunden. Was will denn das Sprüch-
wort sagen? Wenn man viel an das Böse denkt, und sich dasselbe in
Gedanken vorstellt, oder lang davon spricht, so kommt zuletzt die Be-
gierde zu dem Bösen in das Herz, und man thut's. Soll der böse Feind
nicht kommen, so mahl' ihn nicht an die Wand! Willst du das Böse
nicht thun, so denke nicht daran, wo du gehst und stehst, und sprich
nicht davon, als wenn es etwas Angenehmes und Lustiges wäre.
10.
„Einmal ist keinmal." Dies ist das erlogenste und schlimmste
unter allen Sprüchwörtern, und Wer es gemacht hat, der war ein
schlechter Rechenmeister oder ein Boshafter. Einmal ist wenigstens ein-
mal, und daran läßt sich Nichts abmarkten. Wer einmal gestohlen hat,
der kann sein Leben lang nimmer mit Wahrheit und mir frohem Herzen
sagen: „Gottlob, ich habe mich nie an fremdem Gut vergriffen," und
wenn der Dieb erhascht und gehenkt wird, alsdann ist einmal nicht kein-
mal. Aber Das ist noch nicht Alles, sondern man kann meistens mit
Wahrheit sagen: „Einmal ist zehnmal, und hundert und tausendmal."
Denn Wer das Böse einmal angefangen hat, der setzt es gemeiniglich
auch fort. Wer A gesagt hat, der sagt auch gern B, und alsdann
tritt zuletzt ein anderes Sprüchwort ein, daß der Krug so lange zum
Brunnen geht, bis er bricht.
1912 -
Straßburg
: Bull
- Autor: Hauptmann, Emil
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule, Volksschule, Mittelschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Elsaß-Lothringen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
51
besser kann die Gemeinde z. B. ihre Schulen unterhalten, eine Aufgabe, die
für arme Gemeinden der Staat selber übernehmen muß.
Aber auch die Sorge für das Wohl des ganzen Landes zwingt
die Regierung, den Wald zu schützen und seine Besitzer zu beaufsichtigen.
Wenn das grüne Blätterdach und unter ihm der weiche Moosrasen nicht
unsere Berglehnen deckten, würden wohl die Klagen über Überschwemmungen
nicht mehr verstummen. Gerade die waldarmen Länder Europas haben es
bitter erfahren müssen und erfahren es immer aufs neue, wie waldlose Berg-
hänge den Regen rasch ablaufen und Wildbäche entstehen lassen, die drunten
im Tal und in der Ebene gewaltige Verwüstungen anrichten.
Und noch ein anderer Grund ist da, warum der Staat besser sorgen
wird und sorgen muß als die Gemeinde. Er hat ein besseres Gedächtnis
wie sie und schaut weiter in die Zukunft. Die jetzt lebenden Bürger einer
Gemeinde wissen z. B. gewöhnlich nichts davon, was vor 100 Jahren die
Bürger derselben Gemeinde für den Wald getan haben. Vielleicht haben
ihre Vorfahren schon einmal einen schweren Kampf zu bestehen gehabt, um
ihrer Gemeinde den Waldbesitz zu erhalten. Das ist jetzt vergessen, und es
müßte doch alle Nachkommenden, auch in den fernsten Zeiten noch, dankbar
machen, denn ihnen allen fließt der Segen jenes Kampfes zu. Das jetzt
lebende Geschlecht denkt aber auch nicht an die Zukunft. „Die nach uns
kommen, sollen sehen, wie sie fertig werden", so heißt gar oft die vielge-
brauchte Redensart. So steht jedes Geschlecht für sich und denkt nur an sich.
Anders ist es im Staate. Die Beamten des Staates sind gezwungen,
fortwährend an die Zukunft zu denken. Sie können bei ihrer Arbeit gar
nicht an sich denken wie die Gemeinde. Ihnen bringt es ja keinen Gewinn,
ob der Wald erhalten oder verwüstet wird. Sie denken daher nur an die
Sache, eben an den Wald. Ihren Stolz und ihren Ehrgeiz suchen sie
darin, daß man einmal in späteren Zeiten von ihnen sagt: Die haben den
Wald gut gepflegt, denen sind wir Dank schuldig. Zwar werden sie selber
nichts von diesem Lobe hören, doch streben sie danach, es einstens zu ver-
dienen. Durch die Staatsbeamten, die so denken, die rückwärts schauen in
die Vergangenheit und arbeiten für die Zukunft, wird der Staat wie ein
Mensch, der nicht stirbt. Sein Gedächtnis scheint immer gleich gut und
gleich frisch zu sein, und seine Sorge für die Zukunft erlahmt nicht und
läßt nie nach. Die Menschen sterben dahin, sie werden von den Nach-
kommenden vergessen, wie sie selber nicht an diese Nachkommenden gedacht
haben. Nur der Staat scheint ein Stückchen Unsterblichkeit zu besitzen. An
unsern Wäldern und ihrer Geschichte kann man das sehr gut erkennen.
Und nun müssen wir zum Schluß noch einmal den Blick über die
4*
1826 -
Berlin
: Dümmler
- Autor: Baumgarten, Johann Christoph Fr.
- Hrsg.: Wilmsen, Friedrich Philipp
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule
- Geschlecht (WdK): Mädchen
144
vernünftiges Denken und Handeln seine Bestimmung zu
erreichen sucht, der denkt und handelt weise. Verständig
und weise werden, das ist mithin unsere Bestimmung. Wer
daher seine Vernunft nicht ausbildet, wer nichts lernt, über
nichts nachdenkt, wer ein einfältiger und unwissender Mensch
bleibt, und durch Unwissenheit, Aberglauben und Irr-
thum gehindert wird, ein verständigerund weiser Mensch
zu werden, der kann seine Bestimmung nicht erreichen.
Gott gab uns freien Willen, und verband damit ein
inneres Gefühl von dem, was Recht oder Unrecht ist, oder
das Gewissen. Wozu gab uns Gott^ freien Willen und
das Gewissen? Damit wir nach vernünftiger Überlegung
und aus freier Entschließung, das Gute wählen und das
Böse verwerfen sotten. Wer das thut, den nennen wir
einen guten Menschen. Ein guter Mensch kann und
soll ein Jeder sein; da aber Keiner ganz und vollkommen
gut ist, so sollen wir immer besser zu werden suchen. Im-
mer besser und endlich gut oder tugendhaft zu werden, das
ist also unsere Bestimmung. Sunden und Thorheiten,
Fehler und Lasten entfernen den Menschen von seiner Be-
stimmung.
Weisheit und Tugend machen daher die wahre Würde
des Menschen aus, und sind der Maaßstab, nach welchem
wir unsern eigenen und den Werth Anderer bestimmen.
Nur der gute und rechtschaffene Mensch fühlt, daß er in-
nern Werth habe, und ist mit sich selbst zufrieden. Der"
Böse und Lasterhafte kann sich selbst nicht achten, und muß
sich seiner schlechten Gesinnungen und Handlungen schä-
men. Nur dem guten und rechtschaffenen Menschen kön-
nen wir Achtung, Liebe und Zutrauen schenken, wir wer-
den ihn ehren, wenn er auch arm und unglücklich ist. Den
Bösen und Lasterhaften können wir nie unserer Achtung
und Liebe werth halten, mag er auch noch so vornehm,
reich, mächtig und glücklich sein. Dadurch, daß der
Mensch verständig , weise und gut zu werden sucht, beför-
dert erzwar nicht immer sein äußeres Gluck; aber erwacht
sich der innern Glückseligkeit, welche in Gemüthsruhe und
Selbstzufriedenheit besteht, theilhaftig. Diese Glückselig-
keit ^fließt aus dem Bewußtsein der Tugend, und ist un-
abhängig von unserm äußeren Schicksale, oder von zufal-
1899 -
Langensalza
: Schulbuchh.
- Autor: Seidel, L. E.
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Politikschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
148
fingen ihrer Werke nicht nötig zu haben? Gottes Hilfe. — Viele
Menschen bauen auf ihre Weisheit und verachten deshalb
Gott und ihre Mitmenschen.
In dem Lesestück „Die vier Gesellen" haben wir auch von einem
Zimmergesellen gehört. Worauf verließ sich derselbe, als er sein Glück
iu der Welt machen wollte? Körperkraft und Stärke. Wer ist aber
der Herr über alle Vermögen unseres Leibes? Gott. Ohne seine
Hilfe und seinen Beistand ist auch der stärkste Mensch hilflos. In
einer biblischen Geschichte habt ihr die Wahrheit dieser Worte genau
kennen gelernt; wer weiß, welche Geschichte ich meine? David und
Goliath. Wodurch glaubten auch die Menschen vor der Zerstreuung
Gottes Willen widerstehen zu können? Durch ihre Macht. So sind
heute noch viele Menschen hochmütig, weil sie sich auf ihre
eigene Kraft verlassen.
Außer Weisheit und Stärke ist es oft ein drittes Gut, wovon die
Menschen gar viel Rühmens machen. Jeder strebt und trachtet nach
Glück und Wohlergehn. Welches Mittels glauben dazu viele Men-
schen unbedingt nötig zu haben? Des Geldes. Worauf richtet sich
darum hauptsächlich ihr Streben? Reichtum. Doch die tägliche Er-
fahrung lehrt, daß es gar viel unglückliche Reiche in der Welt giebt,
denen es trotz ihres Reichtums an Zufriedenheit und Glück mangelt.
Wodurch können auch reiche Menschen unglücklich werden? Krankheit,
Verlust. Wessen soll sich ein Mensch also auch nicht rühmen? Des Reich-
tums. Wem haben wir alles irdische Hab und Gut zu verdanken?
Gott. Viele Menschen aber vergessen gerade im Reichtum
den Geber aller guten Gaben und glauben, seine Hilfe
nicht mehr nötig zu haben; auch solche Menschen sind hoch-
mütig. Fasse zusammen: Wessen sollen wir uns nicht rühmen? Der
Weisheit, der Stärke, des Reichtums. Diese weltlichen Güter und
Gaben verleiten uns zum Hochmut, wodurch wir Gottes Mißfallen
erregen. Was aber sollen wir uns bei Gott zu erwerben suchen?
Sein Wohlgefallen. Wodurch erlangen wir dasselbe? Durch ein
Leben nach Gottes Willen. Darum wollen wir Gott immerdar vor
Augen haben, stets daran denken, daß er der Herr über alle Dinge
der Welt ist und für Recht und Gerechtigkeit auf Erden sorgt,
dann werden wir vor Hochmut bewahrt bleiben und bei Gott in
Gnaden stehen. Darum prägen wir heute die Mahnung des Pro-
pheten Jeremias in unser Gedächtnis und Herz ein:
I
1791 -
Erlangen
: Bibelanst.
- Autor: Seiler, Georg Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
tig mich bessern. Ein aufrichtiges Kind saget auch si i-
nen Lehrern und Eltern alles ohne Verstellung, was
man dasselbe fragt; sollten auch gleich andere Leute und
Kinder darüber zürnen; denn es denkt bey sich selbst :
Gott will, daß wir dre Wahrheit sagen sollen; ich muß
meinen Eltern, Lehrern und Vorgesetzten gehorchen.
> Der allmächtige Gott kann mich schon beschützen, wenn
etwa Menschen mir darüber feind werden und mich ver-
folgen wollten. Gott sieht das Herz an und Aufnch-
tigkeit ist ihm angenehm. Kann mir es Gott mcht be-
lohnen, wenn ich um der Aufrichtigkeit willen etwas
leiden sollte? Auch fromme und rechtschaffene Men-
schen haben die gerne, die aufrichtig sind; aber denen,
die sich listig verstellen, traut man nicht lange. Wer
seinen Fehler aufrichtig gesteht, dem pflegen gute Men-
schen gerne zu vergeben'und liebreich zu bessern.
Kindrrfreund. Das aufrichtige Kind.
15) Die Lügnerin.
Eine Mutter hatte eine kleine Tochter, die sie
sehr liebte. Da sie einst einen Krug zerbrochen hatte
und befürchtete, sie mochte vom Vater geschlagen wer,
den, sprach die Mutter: sage du nur: es hat lhn die
Katze heruntergeworfen. So half sich das Kind mit
Lügen durch, so oft es Strafe verdient halte. Als
das Madgen groß wurde, trieb sie heimlich manche
Sünden. Sie naschte aus der Speisekammer ; sie ver-
kaufte heimlich etwas Getraide und kaufte sich Bänder
dafür^) sie trieb verbotenen Umgang mit jungen Bur-
schen. Alles, was sie böses thar, wußte sie zu laug,
nen. Als sie aber durch Unzucht sich vergangen hatte,
dachte sie; sie wollte durch Laugnen sich auch helfen,
brach-
1857 -
Leipzig
: Wöller
- Autor: Winter, Georg Andreas
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Landschule, Stadtschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
412
men, sonst wirst du nicht auf diesen Gipfel kommen! Steig' leer
und steig' beherzt, und gib dir alle Müh', denn unser Glück ver-
dienet sie!" Gr steigt und sieht empor, wie hoch er steigen müßte.
Ach Himmel! ach, es ist noch weit! Er ruht' und aß zu gleicher
Zeit von seiner Frucht, damit er sich die Müh' versüßte. Er sah
bald in das Thal und bald den Berg hinan: Hier traf er Schwie-
rigkeit und dort Vergnügen an. Er sinnt; er will sich's reiflich
überlegen. Steig'! sagt sein Jnn'res ihm, bemüh' dich um
dein Glück! Nein, spricht die Lust, kehr' in das Thal zurück; du
steigst sonst über dein Vermögen. Ruh' etwas aus und iß dich satt
und warte, bis dein Fuß die rechten Kräfte hat! — Dieß that er auch:
er pflegte sich im Thäte, entschloß sich oft, zu geh'n, und schien
sich stets zu matt. Das erste Hinderniß galt auch die andern Male.
Kurz, er vergaß sein Glück und kam nie in die Stadt.
Dem Jüngling gleichen viele Christen: Sie wagen aus der Bahn
der Tugend einen Schritt und seh'n darauf nach ihren Lüsten und
nehmen ihre Lüste mit. Beschwert mit diesen Hindernissen, weicht
bald ihr träger Geist zurück, und, auf ein sinnlich Glück beflissen,
vergessen sie die Müh' um ihr unendlich Glück. ®cacrt.
* 34. Wer sterbende Vater.
345 (298). „Sohn," — hob der Vater an, indem er ster-
den wollte — „wie ruhig schliefe ich jetzt ein, wenn ich — nach
meinem Tod' — dich glücklich wissen sollte! Du bist es werth und
wirst es sein. Hier hast du meinen letzten Willen; sobald du mich
ins Grab gebracht, so brich ihn auf -und such' ihn zu erfüllen,
dann ist dein Glück gewiß gemacht. Versprich mir dieß, so will
ich freudig sterben." — Der Vater starb, und kurz darauf brach
auch der Sohn das Testament schon auf und las: „Mein Sohn,
du wirst von mir sehr wenig erben, als etwa ein gut' Buch und
meinen Lebenslauf, den setz' ich dir zu deinem Beispiel auf. Mein
Wunsch war meine Pflicht. Bei tausend Hindernissen befliß ich
stets mich auf ein gut Gewissen. Verstrich ein Tag, so fing ich
zu mir an: der Tag ist hin; hast du was Nützliches gethan, und
bist du weiser, als aln Morgen? — Dieß, lieber Sohn, dieß waren
meine Sorgen. So fand ich denn von Zeit zu Zeit zu meinem
täglichen Geschäfte mehr Eifer und zugleich mehr Kräfte, und in
der Pflicht stets mehr Zufriedenheit. So lernt' ich, mich mit We-
nigem begnügen, und steckte meinem Wunsch ein Ziel. Hast du
genug — dacht' ich — so hast du viel, und hast du nicht genug,
so wird's dein Herr Gott fügen; was folgt dir, wenn du heute
stirbst? Die Würden, die dir Menschen gaben? Der Reichthum? —
Nein! Das Glück, der Welt genützt zu haben. Drum sei vergnügt.
1819 -
München
: Königl. Zentral-Schulbücher-Verl.
- Autor: Maier, Aloys
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
folgt oft Traurigkeit. —' Sündliche Freuden bringen Lei-
den. — Wenn auf Lust nicht Unlust folgt, so ist es gute
*Lust. —
15. Menschenliebe.
Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. Z.
Mos. — Haben wir nicht einen Later? hat uns nicht
alle ein Gott- erschaffen? Mal. Wenn ich alle Men-,
scheu-und Engelsprachen redete, hätte aber die Liebe nicht,
so wäre ich nur ein tönendes Er; und eine klingende Schelle.
Besäße ich auch die Gabe der Weissagung; wüßte ich auch
alle Geheimnisse; hätte ich auch alle Wissenschaft, und
wäre mein Glaube so groß, daß ich Verge versetzen könnte,
und hätte ich die Liebe nicht, so wär' ich nichts. Die
Liebe ist geduldig und gütig. Die Liebe ist nicht eifersüch-
tig; sie handelt nicht aufgeblasen, sie ist nicht hochmüthig;
sie sucht keinen Eigennutz; sie wird nicht leicht aufgebracht;
sie denkt nicht Arges; sie freut sich über das Unrecht nicht,
wohl aber über die Wahrheit; sie erträgt alles, glaubt al-
les, hofft alles, duldet alles. 1. Kor. — Alles, was
ihr wollet, daß euch die Leute-thun füllen, das thut ihr ih-
nen. Matth. Freuet euch mit dem Fröhlichen, und wei-
net mit dem Weinenden. Röm. —• Freue dich des Falls
deines Feindes nicht, und dein Herz sey nicht froh überfein
Unglück. Sprichw. Seyd barmherzig, wie auch euer
Vater barmherzig ist. Luk.
Jeder Mensch ist des andern Bruder, und sie folien
sich als solche lieben. — Die Menschen sind dazu in der
Welt, daß einer dem andern Gutes thue. —1 Die echte
Liebe sagt nicht: Zch bin das und das nicht schuldig! Sie
thut es ohne Gesetz und Befehl, und fragt nicht lange:
Was wird mir dafür? —- Aus Ton, Kleid und Gebehrde
sprich über die Menschen nicht ab. Unter der st.einigten
Erde liegt oft Gold, unter rohen Manieren ein edles
Herz. Das Geläute ist oft schlecht; aber die Kirche, zu
der es einladet, schön gebaut. Bezeige deinem Feinde
1873 -
Berlin
: Stubenrauch
- Autor: Wetzel, Friedrich, Richter, Carl, Menges, Heinrich, Menzel, J.
- Auflagennummer (WdK): 32
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Zusammengesetzte Sätze.
I. Satzgefüge.
(A. mit Subjektivsätzen.)
a. 1. Wer nicht hören will, muß fühlen. 2. Wer nicht
arbeitet, soll auch nicht essen. 3. Wer den Kern haben will^
muß die Schale beißen. 4. Wer des Wolfes schont, bringt
den Schafen Gefahr. 5. Wer langsam geht, geht sicher. 6. Wer
Gott vertraut, hat wohl gebaut. 7. Wer bauet an der
Straßen, der muß sich meistern lasten. 8. Wer sich nicht
bückt, ackert schlecht. 9. Wer sucht, der findet. 10. Wer den
Kern will, muß die Nuß beißen. 11. Wer sich aus Menschen
verläßt, ist verlassen genug. 12. Wer nicht fortgeht, geht
zurück. 13. Wer viel fragt, kriegt viel Antwort. 14. Wer
im Zorn handelt, geht im Sturm unter Segel. 15. Wer
säet, der mähet. 16. Wer im Frieden will walten, muß
leiden und still halten. 17. Wer die Augen nicht aufthut,
muß den Beutel aufthun. 18. Wer seine Schulden bezahlt,
verbessert seine Güter. 19. Nichts behält, wer allzuviel auf
einmal ergreifen will. 20. Wer wohl sitzt, der rücke nicht.
21. Wer A sagt, der muß auch B sagen.
d. 1. Was lange währt, wird gut. 2. Was sein soll,
schickt sich. 3. Was ein Häkchen werden will, krümmt sich
bei Zeiten. 4. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
5. Was hundert Jahr Unrecht ist, das ist nicht ein Jahr
Recht. 6. Was keine Sünde ist, ist keine Schande. 7. Was
nicht ist, kann werden. 8. Was nicht im Anfang ward be-
dacht, wird nicht zu gutem End' gebracht. 9. Vom Faste quillt,
was eingefüllt. 10. Es ist bald geendet, was lange schändet.
Li Mir genügt, wie Gott es fügt. 12. Es ist für den Men-
schen nicht einerlei, ob er links oder rechts geht. 13. Was
vom Himmel fällt, schadet Niemandem.
e. 1. Daß ihn Viele gehn, macht den Weg nicht schön.
2. Es ist ein großer Gewinn, gute Eltern zu haben. 3. Es
ist vergeblich, einen Mohren weiß waschen zu wollen.
4. Es ist die Schuld der Menschen, wenn sie ungebessert blei-
den. 5. Womit ein Feind zu schaden denkt, wird oft von
Gott zum Heil gelenkt. 6. Bester, man esse die Milch, als die
Kuh. 7. Bester, zweimal gemessen, als einmal das Rechte
vergessen.
(B. mit Objektivsätzen.)
, a. 1. Man thut geschwind, was lang' gereut. 2. Was
mich nicht brennt, das blase ich nicht. 3. Was Hänschen
1873 -
Harburg
: Elkan
- Hrsg.: Backhaus, Johann Christian Nikolaus, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
486
(Konjunktiv der bezüglichen Zeiten) bezeichnet die Aussage auch als eine
gedachte, aber zugleich als eine mit der Wirklichkeit nicht überein-
stimmende oder doch unwahrscheinliche, z. B. Er geht einher, als
wäre der König nur sein erster Diener.
3. Der Konjunktiv wird zuerst in manchen Hauptsätzen angewandt.
3,. Der milde Befehl und der erfüllbare Wunsch werden
durch das Präsens, die unerfüllbaren Wünsche durch das Präteritum
ausgedrückt, z. B. Jetzt gehe jeder seines Wegs! Zum Feste schmücke
sich die ganze Stadt! Man bind'ihn an die Linde dort! Des rühme
der blutge Tyrann sich nicht, daß der Freund dem Freunde gebrochen die
Pflicht! Er schlachte der Opfer zweie und glaube an Liebe und Treue!
Der Mensch versuche die Götter nicht und begehre nimmer und nimmer
zu schauen, was sie gnädig bedeckten mit Nacht und mit Grauen! Der
edle Mensch sei hülsreich und gut; unermüdet schaff' er das Nützliche,
Rechte! Gott grüß' Euch, edle Frauen! Der Herr segne dich und behüte
dich! — Der Knecht wär selber ein Ritter gern. Hätt ich nimmer diesen
Tag gesehen! Dächten doch alle wie Ihr und ich! Eilende Wolken,
Segler der Lüfte, wer mit Euch wanderte, wer mit Euch schiffte! From-
mer Stab, o hätt ich nimmer mit dem Schwerte dich vertauscht! Hätt
es nie in deinen Zweigen, heilge Eiche, mir gerauscht! Wärst du nimmer
mir erschienen, hohe Himmelskönigin! (Jungfr. v. O.)
b. Im Präteritum stehen Sätze, durch die man in bescheidener
Weise sein Urtheil aussprechen will. z. B. Ich möchte das nicht behaupten.
Alles könnte zuletzt nur falsches Spiel sein. Sollte etwas mehr Beharrlich-
keit nicht zumziel führen? Etwas mehr Fleiß würde wohl nicht schaden.
o. Sätze durch die man überhaupt etwas Entgegengesetztes oder
Aehnliches hervorheben will, stehen im Präteritum, z. B. Ich hätte
mich so weit vergessen können? Ihr wäret wirklich keine Zauberin? Ich
hätt es längst erfahren können, wer der fremde Herr ist; aber ich mag
nicht. Nie hätte mir ein solches Wort entschlüpfen sollen! Fast wär ich
in den Strom gesunken. Wie elend hättet Ihr werden können!
d. Bedingte Sätze, d. h. solche Sätze, deren Wirklichkeit von einem
(nicht vorhandenen) Umstande abhängt, stehen im Präteritum oder
im Konditionalis. Ich käme (würde kommen), wenn man mich riefe.
Hättest Du von Menschen besser stets gedacht, Du hätte st besser auch
gehandelt (würdest b. geh. h.). Wärest Du wahr gewesen und gerade,
alles stünde anders: er hätte nicht das Schreckliche gethan; die Guten
hätten Kraft bei ihm behalten; nicht in der Schlechten Garn wär er ge-
fallen.
4. Häufiger steht der Konjunktiv in Nebensätzen, jedoch immer
nur dann, wenn die Aussage nicht als etwas Wirkliches oder sicher zu
Erwartendes, sondern als jemandes Meinung oder Wunsch hingestellt
werden soll.
a. Objektssätze. 1) Akkusativ-Objekt. Zeitwörter des
Denkens und Sagens. z. B. Denkt nicht, daß sein Verlust mich
schmerze. Sie sagen, er lese auch in den Sternen. Glaubst Du wohl,
was dieser da, Dein Schwager, in Deinem Namen unterhandelt,