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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 330

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
330 Raum geben. Den großen Bäumen schält man nur ringsum die Rinde ab, damit sie absterben; die kleinen aber werden gefällt, in Stücke zerschlagen und, was nicht als Nutzholz gebraucht werden kann, wird verbrannt. In kurzer Zeit wird ein kleines Feld „klar gemacht", und die Maissaat kann beginnen. Jahre lang genügt dem Amerikaner seine bescheidene Hütte. An dem breiten Kamine wird gekocht, an den Wänden hin stehen die Betten, über diesen hängt die Kleidung der Familie auf Pflöcken, die zwischen die Stämme eingetrieben sind, auf darüber hingelegten Brettern ruht die Wäsche, und über der Thüre liegt die treue Büchse. Oben am Kamin ist gewöhnlich nach innen eine Oefsnung ange- bracht, aus welcher der Rauch aufgehangene Schinken und Speckseiten umweht. In- und auswendig am Hause hängen aufgespannte Felle von allen möglichen Thieren. So ist jedes Plätzchen benutzt, und selbst noch über den innern Raum des Hauses sind Stöcke oder Rohrstücke gelegt, die gedörrtes Hirschfleisch oder auch in Ringe geschnittene Kürbisse, das Wintergemüse, tragen. 63. Die Sahara. Die Sahara, die größte aller Wüsten — sie umfaßt an 150,000 Hjmeilen, ist also 2/s von Europa oder beinahe 3inal so groß als das Mittelmeer — erstreckt sich vom Südabhange des Atlasgcbirgcs und von dem Hochlande von Barka bis zum Niger und bis gegen den Tschadsee, und dehnt sich vom atlantischen Meere bis zum arabischen Meere aus, im Osten nur durch den Nilstrom unterbrochen.' Der größte Theil der Sahara ist eine vollkommene Ebene. Der Wanderer sicht nur die flache Erde und die Himmelswölbung, so wie der Seefahrende auf dem Welt- meere nur Meer und Himmel sieht. Keine Berge, keine Hügel, ja weder Wald noch Gebüsch, keine menschliche Wohnung unterbricht die Aussicht auf diese ungeheure Fläche. Trifft man einen Gegenstand, z. B. ein Thier, einen Reisenden, so wird das Äuge hinsichtlich der Größe der Entfernung, so wie auf dem Meere, getäuscht. Eine tiefe Stille ruht über der Wüste; man hört den geringsten Laut in einer für den Un- gewohnten unbegreiflichen Entfernung; und auch für den Sinn des Gehörs hält cs hier schwer, Entfernungen zu schätzen. Ungeachtet also eine vollkommene Gleichheit der Hauptcharaktcr ist, so giebt cs doch, besonders im östlichen Theile, Ausnahmen, indem sich der Erdboden hier zu Hügeln unddergflächcn erhebt, welche jedoch ge- wöhnlich von so großer Ausdehnung sind, daß man das Aufsteigen und die Senkung wenig bemerkt. In der Nähe der Stadt Ghat hat man indessen neuerdings auch große Felsengruppen und Klippen entdeckt, desgleichen sogar auch Granitbcrge, überhaupt Berge von etwa 4000 Fuß Höhe, deren cs weiter westlich noch mehrere geben soll. Man stellt sich die Wüste oft als ein ununterbrochenes Sandmecr vor, in welchem der Reisende im tiefen Sande waten muß. Dies gilt freilich von einem Theile, aber keineswegs von dem ganzen Gebiete, ja vielleicht nicht einmal von dem größeren Theile der Wüste. An einzelnen Stellen ist die Oberfläche fester Klippen- grund; derselbe liegt entweder ganz nackt, oder er wird nur von einer dünnen Sand- lage bedeckt. Der Sand entsteht theils dadurch, daß der Klippcngrund durch Ein- wirkung der Atmosphäre zersetzt wird, theils dadurch, daß die an den Küsten des Mittelmeercs herrschenden nördlichen Winde den Meercssand an die Ufer werfen, von wo aus er später durch dieselben Winde tiefer in's Land hineingeführt wird. In den Vertiefungen, in den kleinen Thalwegen, oder wo der Klippengrund etwas hervor- ragt, dort sammelt sich der Sand in Haufen, wie der Schnee auf unsern Feldern, und in solchen Anhäufungen kann der Sand eine bedeutende Tiefe haben und Reisenden mit Kamcelcn und Pferden gefährlich werden; aber an den meisten Stellen scheint die Sandlage nicht bedeutend zu sein. Die Erzählungen, daß Karavanen unter den Sand begraben worden seien, scheinen größtentheils unbegründet. In den meisten Fällen sind die Menschen und Thiere der Karavanen vor Hunger umgekommen, und ihre Uebcrrcste wurden später vom Sande bedeckt. Aber der Sand wird dennoch bei

2. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 331

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
331 den heftigen Stürmen, welche hier ebenso wie auf dem wilden Meere ungehindert wirken, schädlich, indem, wenn die Luft davon angefüllt wird, die Aussicht fehlt und sowohl die Haut, als die Augen leiden. Das ist der so berüchtigte Wind Samum. Die Hitze des Samum ist manchmal so ausnehmend groß, daß es schwer ist, sich eine Vorstellung' von ihrer Heftigkeit zu machen, ohne sie wirklich erfahren zu haben; aber sie kann mit der Hitze eines großen Backofens verglichen werden in dem Augen- blick, wo man das Brot herausnimmt. Wenn er zu wehen beginnt, so nimmt die Atmosphäre ein beunruhigendes Aussehen an. Der in diesem Klima sonst so klare Himmel wird düster und trüb, die Sonne verliert ihren Glanz und erscheint mit violetter Farbe. Die Luft ist nicht wolkig, aber grau und dick und in der That mit einem ausnehmend feinen Staube angefüllt, welcher überall hineindringt. Dieser Wind, immer leicht und reißend, ist anfangs nicht auffallend heiß, aber seine Hitze nimmt zu in dem Maße, als er anhält. Das Eigenthümliche der Sahara, das ihr eben den Namen Wüste gegeben hat, ist der beinahe vollkommene Mangel an Pflanzen. Weder Wald noch Gebüsch, noch eine Graslage bedeckt den Erdboden. Die Sahara ist das Bild des Todes, denn in ihr giebt es keine Bewegung, kein Leben. Keine Löwen und Ga- zellen durchstreifen sie, denn diese wohnen im Walde und an Quellen; kein Adler kreiset über den regungslosen Sandflächen, denn hier findet er keinebeute, daselbst das gefallene Vieh sich sofort auflöst. Tage lang wandert die Karavane, ohne ein grünes, stacheliges Pflänzchen zu sehen. Lautlose Stille, ewiges Einerlei webt über der Wüste und füllt das Herz mit allen Schrecken der tiefsten Einsamkeit. Wohl wechseln nach Tagereisen Felsriffe, Kieselgeröll mit Flugsand, Hügeln und Thal- senkungen: aber selbst diese Abwechselung ist einförmig. Eineameise oder Eidechse, die von der Sonnenglut zu leben scheint, zu sehen, ist ein wichtiges Ereigniß für die Reisenden, von dem sie sich Tage lang unterhalten. Nur wo die Wüste vom Meere begrenzt wird oder an demselben liegt, findet man einige Salzpflanzen, und in der Nähe der übrigen Grenzen der Wüste einige dornige Büsche. Eine Ausnahme machen die Oasen, welche man mit Inseln im Sandmeere oder mit Flecken auf einem Parderfell verglichen hat. Der erstgenannte Vergleich ist indessen nicht ganz richtig, indem die Oasen nicht wie die Inseln über ihre Umgebung sich erheben, sondern sich unter dieselbe hinabsenken. Sie entstehen nämlich dort, wo sich in den Vertiefungen eine kleine Aue oder ein See aus dem Regenwasser ansammelt, oder wo Quellen unterhalb einer der Hochflächen entspringen. 64. Der Sinai. In seltsamen Umrissen, düster und drohend steigen die Vorgebirge des Sinai in die Höhe, steil und wild durcheinander geworfen, als wollten sic jeden Zutritt zu dem innern Heiligthum verwehren. Von der Glut der Sonne geschwärzt, von dem An- prall der Gewitterstürme zerrissen, bald überhängend, bald senkrecht aufgerichtet, neh- men die Felsen immer wundersamere Formen an. Ueber die rothbrauncn Flächen der Granitwände sieht man hier und dort wilde Streifen von dunkelblauer Stahlfarbe gezogen, gleich als hätte der Blitz darin seine Feucrbahn durchlaufen, als hätte der Finger Gottes auf diese Felsen seinen Namen geschrieben. Die Thäler des Sinai sind zum Theil wüst und öde, mit ungeheuren Steinblöckcu und Felsengeröll über- lagert oder mit Triebsand bedeckt; andere dagegen sind fruchtbar und wohlbcwässert. In den Betten der Winterströme wächst Gebüsch und Weide genug für die Herden eines wandernden Hirtenvolkes. Ein Thal besonders, welches sich durch die Berg- strecken windet, ist lieblich. Dort blüht die vaterländische Königskerze auf sonnigen Hügeln. Hochstämmige Dattelpalmen treten am Quell gesellig zusammen. Pracht- volle Schmetterlinge gaukeln durch die klare Luft, und während das freigelassene Kameel des Pilgers am Ginster rupft, lockt ihn selber ein Honiggeruch in das baum- hohe Tamariskengebüsch, an dessen Zweigen das Manna wie geronnene Thautropfen, wie wcißglänzende Perlen hängt. Von hier aus tritt man in das Scheikthal, welches

3. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 333

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
333 Höhlen findet) beruhte Palästinas Schutz gegen Syrien. Es enthielt eine große Menge Städte, von denen noch zahlreiche Neberrreste zu finden sind. Sie ver- dankten einen großen Theil ihrer Macht und ihres Reichthums dem Karavanen- handel, der im Alterthum so wichtig war; noch jetzt gehen hier nicht selten Kara- vanen hindurch. ' 2. Der Jordan hat, wie gesagt, das Eigenthümliche, daß sein ganzer Lauf durch eine große Einsenkung in das Land bestimmt wird. Diese Einsenkung ist sehr breit, selbst bis zu einer Tagereise, und der Strom selbst hat eine im Vergleich damit unbedeutende Breite. Auf beiden Seiten wird diese Einsenkung von hohen und steilen Klippen begrenzt. Der Boden ist nicht mit fruchtbarer Erde bedeckt, sondern besteht aus kahlem Kalkfelsen, woraus die seltene Erscheinung hervorgeht, daß der Fluß in einer unfruchtbaren Wüste läuft. Wir verstehen nun, wie Jo- hannes in der Wüste predigen und zugleich im Jordan taufen konnte, was sonst, wenn der Jordan wie andere Flüsse wäre, schwer zu begreifen sein müßte. Der noch junge Strom ergießt sich bald in einen kleinen See mit Namen Merom. Wenn der Schnee auf den Bergen schmilzt, schwillt dieser See hoch an; aber in der trockenen Zeit ist er ein Schilfboden. Hier war es, wo Josua einen großen Sieg über viele Bergfürsten gewann, wodurch das Quellenland des Jordan in die Hände der Israeliten kam. Von lhier fließt er in den See G e n e z a r e t h, welcher nach der Provinz auch das Galiläische Meer und nach der daran liegenden Stadt Liberias genannt worden ist. Die größte Länge desselben folgt der Richtung des Flusses und beträgt 2 Meilen, die Breite ungefähr ^/4 Meile. Auf der westlichen Seite liegt das schöne galiläische Bergland, auf der östlichen vas wüste Felsengebirge der Gadarener. Er ist von einer Alpennatur umgeben, welche ihm Aehnlichkeit mit dem Genfer See giebt. Von dem westlichen Hoch- land sieht der Betrachter auf das fruchtbare Küstenland des Sees nieder und die majestätischen Bergketten der Ostseite hinan. Gen Norden erblickt er des Liba- nons schneebedeckte Kuppen und tiefer hinab den Libanonwald. Näber gegen den See zeigt sich im Norden Naphthalim und Sebulons Berglandschaft, und im Südwesten, nur 2'/? Meilen vom See, erhebt sich der kegelförmige Tabor. Der See ist klar, das Wasser oben warm, am Boden sehr kalt durch das von den Bergen zuströmende Wasser. !Das häufig gestörte Gleichgewicht zwischen der kalten Luft der Berge und der warmen der Thäler verursacht, daß dieser See so oft von Stürmen heimgesucht wird, daß man ihn in unserer Zeit nur ganz nahe an den Küsten befährt. Er ist reich an trefflichen Fischen. Die Fruchtbarkeit des ihn umgebenden Thales ist berühmt. Die Bergumgebung bietet so große Wärmever- schiedenheiten dar, daß das mannigfaltigste Pflanzenleben sich hier auf einem kleinen Raum entwickeln kann. Die Dattelpalme, welche Hitze verlangt, und der Wal- nußbaum, welcher Kühlung bedarf, gedeihen dort, ebenso deroel- undderfeigen- baum; die Weinrebe bringt hier einen außerordentlichen Reichthum an Trauben. 3. Vom Genezareth an hat der Jordan ein bedeutendes Gefälle, aber je weiter er sich entfernt, desto langsamer fließt er. In der Nähe des Sees ist das Thal noch grasreich, aber weiter hinab zeigt es sich als nackte Felseinöde. Weiter süd- lich von Jericho ist dies Thal mit einem salzhaltigen, sandartigen und so weichen Lehm bedeckt, daß Pferde bis an die Knie einsinken. Jericho bildet eine Oase am Jordan. Es ist von Bergen umgeben und war im Alterthum, als die Quellen eingefriedigt und reingehalten wurden, ein reich bewässerter Garten in einer heißen Landschaft, beinahe >/2 Meile breit und dreimal so lang. Hier standen Palmen mit den süßesten Datteln, Reben mit den köstlichsten Trauben und der berühmte Balsambusch. Bei Jericho ist von Osten her einer der natürlichen Eingänge in das eigentliche Palästina; hier war es auch, wo die Israeliten eindrangen.

4. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 334

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
334 Von Jericho geht ein Weg nach Jerusalem hinauf, ungefähr 2 Meilen lang; aber er geht durch so gefährliche Klüfte und Pässe in dem öden Kalkstein, daß er zu den schrecklichsten gehört und stets durch Räuberanfälle berüchtigt war. Man sieht also, daß Christi Gleichniß von dem Mann, der unter die Räuber fiel, als er nach Jerusalem ging, sich an bekannte Naturverhältnisse gehalten hat. Endlich fällt der Jordan in das Todte Meer. Die größte Länge desselben liegt auch in der Richtung des Flusses. Der See ist 11 Meilen lang, und seine größte Breite beträgt 1 Meilen. Er ist eine Salzlake, die bedeutend schwerer ist, als reines Wasser. Man kann deswegen darin nicht untersinken; aber sich in diesem Wasser zu baden ist doch nicht rathsam, da die Schärfe desselben die Haut angreift. Die Oberfläche ist von Bergöl überzogen, wodurch die Beweglichkeit des Wassers noch mehr vermindert wird; die Wellen plätschern daher nicht, wie in leicht beweglichen Gewässern. Keine Pflanze wächst in demselben oder >in seiner Nähe, auch enthält er nicht Thiere wie andere Seen. Bisweilen steigen heiße Rauchwolken daraus hervor, die gefährlich sein können. Auf der östlichen Seite, wohin die herrschenden Winde streichen, wird alles mit einer Salzrinde überzogen, sodaß sogar die Kleider der Wanderer von Salz durchdrungen werden. Die ganze Gegend um ihn ist öde, sodaß er nicht Menschen, Kunstfleiß und Handel heranzieht. Keine größeren Gegensätze kann es geben, als die paradiesische Gegend um den Genezareth und die unfruchtbare Einöde um das Todte Meer. Es ist durch ein Erdbeben gebildet, und die ganze Gegend ist vulkanisch. Ungeachtet der Jordan und einige kleinere Flüsse sich in das Todte Meer er- gießen, ohne daß dieses einen Abfluß hat, wächst es doch nicht; die Verdampfung schafft alles zuströmende Wasser fort. Denn die Lust über dem See ist um soviel wärmer, da dieoberfläche desselben gegen 1000 Fuß unter dem Spiegel des nahen Mittelmeeres liegt. In der Mitte der Westküste des Sees ist die Einsenkung Eng ad di, deren Höhle durch David's Edelmuth gegen Saul berühmt ist. Hier scheinen die Weinberge gewesen zu sein, welche Salomo besingt, und die Burg und der Palmenhain. Es ist eine Oase wie Jericho. 4. Das Land westlich vom Jordan wird zumeist durch einen großen Bergbezirk gebil- det, der als eine Fortsetzung des Libanon betrachtet werden kann und etwa 15 Meilen breit ist. Er erstreckt sich von Dan bis Bxrseba; jenes liegt dem Libanon am nächsten, dieses am südlichen Eingang, wo Abraham und Isaak Brunnen gegraben hatten. Die Juden theilten diesen Bezirk ein in Galiläa, Samaria und Judäa. Das erstere ist ein Bergland mit den herrlichsten Grastriften, zum Theil auch vortrefflich zum Kornbau, namentlich an dem östlichen und dem west- lichen Abhange. Verbindung mit dem Meere hat es durch Akr e, ehemals Akko', einen der besten, vielleicht den besten Hafen an der Küste dieses Landes, welcher auch stets zu den wichtigsten Kriegsunteruehmungen in jener Gegend benutzt ward. Von dort aus steigt man im Thäte des Flusses Kison aufwärts und gelangt nach einer halben Tagereise an die erste Stufe des Hochlandes. Dann windet sich der Weg zu fruchtbaren und waldreichen Thälern hinauf, bis man endlich nach Na- zareth gelangt, das jetzt ein Dorf auf einem öden Kalkfelsen ist. Von da führt der Weg weiter nach Kana, Turón und Liberias oder nördlicher nach Kä- st er na um. Dieser Weg ward besonders dadurch wichtig, daß Galiläa auf ihm nicht bloß seine Zufuhr vom Meere erhielt, sondern daß der berühmteste Kara- vanenweg von Damaskus hierüber führte; dadurch ward Kapernaum eine wichtige Zollstelle. Um vongaliläa nach dem südlich daran grenzenden Sa maria zu gelangen, muß man erst von der Hochebene Jesreel nieder- und dann zu Samaria's Berg- stadt emporsteigen. Das Land ist bergig, hat Hochebenen, wenig fließendes Wasser, aber häufige Regenschauer, gute Brunnen, kein undankbares Erdreich; es trägt Kornarten, ist reich an Früchten, voll von Grastriften, und das Rindvieh giebt

5. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 335

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
335 ungewöhnlich viel Milch. Die Stadt Samaria, welche nach der Theilung des jü- dischen Reiches die Hauptstadt des Reiches Israel wurde, war zugleich eine bedeutende Festung. Nicht weit von hier liegt das alte Sichern, schon von der Zeit der Patriarchen an berühmt. Die Gegend umher gehört zu den lieblichsten, frucht- barsten und am besten angebauten in ganz Palästina, abwechselnd mit Bergen und Thälern, reich an Brunnen und Quellen, mit einträglichem Boden, reichlichem Regen, gesunder Luftkühle. Diese herrliche Landschaft erstreckt sich bis in die Nähe von Jerusalem. Kaum irgend ein Winkel eines Thales ist hier unbenutzt; alles ist bevölkert. An den steilsten Felsenwänden steigen Mauerterrassen empor, welche von Feigen, Oelbäumen und reichen Weingärten von oben bis unten beschattet werden. Die Felder sind mit Baumwolle, Hwse, Hülsenfrüchten, Flachs und Korn besetzt. — Von allen Seiten sind diewege nach Samaria unbeschreiblich schwierig; daher liegt es sehr abgeschlossen. Bevor aber Jerusalem stand, gingen doch bis- weilen die Handelskaravanen durch Samaria; an eine solche ward Joseph von seinen Brüdern verkauft. — Als-Scrlmanassar Samaria eingenommen batte, wurden heidnische Völker dahin versetzt und hierdurch ein Mischliugsvolk gebildet, das meistens in einem feindlichen Verhältnisse zu Juda stand und sich bald mehr dem heidnischen, bald mehr dem jüdischen Gottesdienste näherte, wodurch es sich mit Recht den Vorwurf zweideutiger Denkweise zuzog. Der südlichste Theil von Palästina ist Judä,a. Um seine Lage richtig zu beurtheilen, ist es gut, den Zugang dahin von der Küstenstadt Joppe (jetzt Jaffa) her zu betrachten. Ihr Hasen ist schlecht, und Korallenriffe, welche die Ankertaue leicht durchschneiden, ziehen sich der Länge nach an ihm hin; aber er ist doch wichtig als Judäa's einziger Hafen. Durch ihn standen David und Salomo mit den Königen von Tyrus und Aegppten in Verbindung; hierhin ließ Hierum das Cedern- holz zum Tempelbau flößen; hierdurch erhielt Jerusalem Zufuhr von Korn aus Aegypten. Dieser Hafen war und ist der Eingang aller friedlichen Pilgerzüge von den Westländern nach Jerusalem. Aber der Weg dahin steigt schließlich durch die unwegsamsten Klüfte und Felssteige empor. Allmählich überwindet man vier gewaltige Stufen, welche durch nackte, oft gleich Mauern steil emporgerichtete Felsenketten geschieden werden. Diese sind auf mancherlei Weise zerklüftet und bieten daher zwar Durchgänge, aber dieselben sind doch beschwerlich und werden leicht durch Räuber gesperrt. 5. Die Hauptstadt Judäa's und des heiligen Landes ist Jerusalem. Diese Stadt hat eine höchst eigenthümliche Lage. Sie liegt an keiner der großen Ver- kehrsstraßen, sondern hat eine wunderbar geschützte Abgeschlossenheit. Gegen Osten hat sie die Wüstendes todten Meers, im Norden und Westen die beschwerlichen Felsenwege, gegen Süden die Wüsten jenseits Hebron. Sie steht auf Felsengrund, ohne Umgebung vonackerland, ohne Grastriften, ohnefluß, ja fast ohne Quellen und Erdkrume. Aber welche Erinnerungen knüpfen sich an diesen feierlich stillen Platz, von welchem das Heil der Welt ausgegangen ist! Die Stadt ist auf vier Hügeln erbaut, von denen der Zion mit der Burg David's und der Morijah mit dem Tempeljehovahs die wichtigsten sind. Nach drei Seiten hin ist Jerusalem von schroffen Thälern umschlossen, im Westen vom Gihon-, im Süden vom Hinnom-, im Osten vom Josaphatthal; nur die Nordseite entbehrt einer solchen natürlichen Befestigung. Von der Herrlichkeit des alten Jerusalem, von der Pracht seines Tempels, seiner Paläste und Burgen ist keine Spur mehr vorhanden. Selbst die Hügel und Thäler der Vorzeit sind verschwunden; die Zerstörungswuth hat sie geebnet; der seit Jahrtausenden sich häufende Schutt hat sie ausgefüllt. Das schönste Haus in ganz Jerusalem ist jetzt das Hospital der Protestanten, in welchem Diakonissinnen aus Kaiserswerth am Rhein die Krankenpflege besorgen. Durch den König Friedrich Wilhelm Iv. ist im Verein mit der Königin Viktoria von England 1842 in Jerusalem ein protestantischer Bischof eingesetzt und eine Kirche erbaut worden. Sie hat die schönste Lage, die

6. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 336

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336 gewählt werden konnte; auf Zions Höhe ragt sie über alle Kuppeln und Thürme der Stadt empor. Auf dem Rücken des Hügels Akra erhebt sich die Kirche des heiligen Grabes. Türkische Wächter lassen sich von den Christen ein Eintrittsgeld zahlen. Nach dem Eintritte in das Innere steht man in einem Borraume, aus welchem man zur Rechten auf achtzehn Stufen zur Kapelle des Calvarienberges aufsteigt. Dies ist der Sage nach der Fels von Golgatha. In ihm selber, also unterhalb der Kreu- zigungsstätte, zur ebenen Erde, befindet sich eine Grotte, genannt die Kapelle des Evangelisten Johannes. Nach Abend zu tritt man von hier aus in die Kirche des heiligen Grabes. — Sie bildet eine 50 Fuß hohe und 7 2 Fuß weite Rotunde. Zwei Säulengänge, der eine über dem andern, lausen längs der runden Wände derselben. Ueber ihr wölbt sich eine Bleikuppel mit einer großen Oeffnung in ihrem Gipfel, durch welche das Tageslicht hineinströmt. Senkrecht darunter, also mitten in der Rotunde, steht wie eine kleine Kirche das heilige Grab. Das Innere desselben be- steht aus zwei in Kreidefelsen gehauenen und mit Marmor bekleideten Gemächern. Durch eine niedere Thür tritt man in das eine, die sogenannte Engelskapelle; aus dieser gelangt man in die enge Todtenkammer, in der der Leib des Herrn gelegen haben soll. Oefllich von der Grabeskirche beginnt der Schm erzen sw eg, eine steil ab- schüssige, enge Straße, auf tvelcher der Heiland sein Kreuz gen Golgatha trug. Sie führt zur Burg Antonia, in welcher Christus vor Pilatus stand. Dicht daneben erhebt sich der Tempelberg. Kein anderer Ort Jerusalems hat so unverkennbar sein ursprüngliches Gepräge bewahrt, als der durch Menschenhand geebnete Felsen- rücken Moryahs. Noch findet man Überreste jener gewaltigen Tempelmauern, welche im jüdischen Kriege zerstört wurden, und von denen nach des Herrn Wort kein Stein auf dem andern geblieben ist. Im Osten der Stadt zieht sich das Thal Josaphat hin. Zwischen der heiligen Stadt und den Höhen des Oelbergs ge- staltet es sich zu einer engen, dunklen Schlucht. Bon der Abendseite her werfen die finstern Stadtmauern ihre riesenhaften Schatten vom Tempelberg abwärts in's Thal. Jenseits neigt sich der Oelberg mit seinen Olivenbäumen trauernd in die Tiefe. An seinem Fuße springt eine schwarze Steinwand hervor mit den Grabes- grotten des Josaphat, Jakobus und Zacharias; nahe dabei ist das thurmartige Denkmal Absalom's. Durch das ganze Thal windet sich über Felsgeröll hinweg der schwarze Kidron. Zwei steinerne Brücken führen über denselben nach dem Oelberg. Die oberwärts gelegene führt in die Stille des Olivengartens von Gethsemane, wo der Herr verrathen ward. Der Oelberg überragt alle Berge, welche die heilige Stadt umschließen. Er hat drei Gipfel, von denen der mittlere der höchste ist. Heut stehen etwa noch fünfzig Oelbaume auf seinem Abhange. Auf diesem Berge weilte der Heiland oft und gern. Vom Gipfel dieses Berges sah er die Stadt an und weinte über sie (Luc. 19, 41); hier, dem Tempel gegenüber, weissagte er den Untergang derstadt. Am jenseitigen Abhange des Berges lag das freunäiche Beth ani en, wo Martha und Maria wohnten und der Herr den Lazarus erweckte. — Geht man von hier aus in das Josaphatthal zurück, so liegt dem Wanderer zur Linken der Berg des Aerger- nisses, wo der greise Salomo dem Moloch opferte (1. Kön. 11, 7—8). An seinem Abhange liegt, dem Berge Zion gegenüber, die berühmte Quelle Silo ah, in der sich der Blinde wusch, den der Herr heilete. Jerusalem löscht seinendurst aus dem Regenwasser der hier zahlreich angebrachten Cisternen. Die Südseite Jerusalems bildet das Thal Ben Hinnom oder Gehenna. Dies Thal war im Alterthum verabscheut; denn hier haben die Bürger Jerusa- lems unter Trommelschall ihre Kindlein in den glühenden Armen der Molochs- bilder geopfert. Zu Christi Zeiten wurde dieses Thal für unrein gehalten; die Leich- name von gefallenen Thieren und von Verbrechern wurden hier verbrannt, und dazu ward ein fortwährendes Feuer unterhalten. Die Höhen,, welche dieses Thal begleiten, nennt man den Berg des bösenrathes und zeigt daselbst ein Land- haus des Caiphas, wo sie„Rath hielten, wie sie Jesum mit List griffen und tödteten".

7. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 337

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
337 Wunderbar ist es, wie Jerusalem, das so viele Zerstörungen erlebte, sich immer wieder aus dem Schutt erhoben hat. Wer Judäa durchwandert, weiß kaum, ob er es das Land der Verheißung oder des Fluches nennen soll. In keinem Lande treten so wie hier die Güte und der Ernst Gottes ergreifend vor die mensch- liche Seele. 6. Betrachten wir nun noch die Weltlage des heiligen Landes, so tritt uns immer klarer der Gedanke entgegen, daß keine Stätte geeigneter war zur Anzündung des Lichtes, das die Welt erleuchten sollte. Palästina liegt nicht nur im Mittelpunkt der Altenwelt, sondern auch in einer Gegend, wo vieleder großen Verkehrsstraßen der Völker zusammentrafen und theilweise noch zusammentreffen, Straßen, die in allen Richtungen bis in die entferntesten Länder führen. Außerdem lag es zur Zeit des Heidenthums ui der Mitte der Nationen, welche am frühesten menschliche Bildung angenommen hatten und zur höchsten Macht und Blüte gelangt waren: ringsherum wohnten die Aegypter, die Babylonier und Assyrier, die Phönizier und Syrer, die Griechen und die Römer und die Araber. So ist es denn wahr, was Hes. 5, 5 geschrieben steht: „Das ist Jerusalem, die ich unter die Heiden gesetzt habe und rings um sie her Länder." So war es diesen Völkern leicht, den Gott Israels kennen zu lernen und seine Herrlichkeit zu sehen; und als nachher die Apostel ausgingen, fanden sie gebahnte Wege, welche zu den entferntesten Gegenden der bekannten Welt führten. Diese Straßen aber berührten das heilige Land selbst nicht, sondern entweder im Norden die phönizischen oder im Süden die ägyptischen Städte. Das heilige Land ist eine Friedensinsel mitten im Ocean der Welt. Sie kann allem, was sie umgiebt, fremd bleiben, aber die ganze Erde ist ihren Bewohnern offen. In heiliger Einsamkeit und Stille reifte hier der Same des göttlichen Wortes, um dann mit wunderbarer Schnelligkeit unter alle Völker getragen zu werden. 66. Blick in s Weltall. Jes. 40, 20: Hebet eure Augen in die Höhe und sehet! Wer hat solche Dinge geschaffen und führet ihr Heer bei der Zahl heraus, der sie alle mit Namen rufet? 1. Die Erde und die Sonne. Nach dem Augenscheine und nach dem allgemeinen Glauben wäre die Erde mit allen ihren Bergen und Thälern eine große, runde Fläche, gleich einer unge- heuren, großen Scheibe. Am Rande derselben weiter hinaus kommt nichts mehr, dort ist gleichsam der Himmel an sie angefügt, der wie eine große, hohle Halbkugel über ihr steht und sie bedeckt. Dort geht am Tage die Sonne auf und unter, bald früher, bald später, bald links an einem gewissen bekannten Berg oder Haus, bald rechts, und bringt Tag und Nacht, Sommer und Winter, und bei Nacht der Mond und die Sterne, und sie scheinen nicht gar entsetzlich hoch über unsern Häuptern zu stehen. Das wäre nun alles gut, wenn's niemand besser wüßte; aber die Sternseher wissen's besser. Denn erstlich, wenn einer daheim weggeht und will reisen bis an's Ende der Erde, an den Rand, wo man einen aufgehenden Stern mit der Hand weghaschen und in die Tasche stecken kann, und er geht am ersten April vom Haus aus, so hat er den rechten Tag gewählt. Denn er kann reisen, wohin er will, durch Deutschland, durch Polen, durch Rußland, nach Asien hinein, durch die Mohamedaner und Heiden, vom Land auf's Wasser, und vom Wasser wieder auf's Land, und immer weiter. Aber endlich, wenn er ein Pfeiflein Taback ein- füllt und will daran denken, wie lang' er schon von den Seinigen weg ist, und wie weit er noch zu reisen hat an's Ende der Erde und wieder zurück, auf einmal wird's ihm heimlich in seinem Gemüth, es wird nach und nach alles, wie es da- Voterländisches Lesebuch. 22

8. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 338

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
338 heim war; er hört seine Landessprache wieder sprechen; zuletzt erblickt er von weitem einen Kirchthurm, den er auch schon gesehen hat, und wenn er auf ihn zugeht, kommt er in ein wohlbekanntes Dorf und hat nur noch zwei Stunden oder drei, so ist er wieder daheim und hat das Ende der Erde noch nie gesehen. Nämlich er reist um die Erde, wie man einen Strich mit Kreide um eine Kugel herumzieht, und kommt zuletzt wieder auf den alten Fleck, von dem er ausging. Es sind schon viele solcher Reisen um die Erde nach verschiedenen Richtungen ge- macht worden. In zwei bis vier Jahren, je nachdem, ist alles geschehen. Ist nicht der englische Seekapitän Cook in seinem Leben zweimal um die ganze Erde herumgereist und von der andern Seite wieder heimgekommen? Aber das dritte Mal haben ihn die Wilden auf der Insel Owai todtgeschlagen (1779). Daraus und ans mehreren sichern Anzeichen erkennen die Gelehrten Fol- gendes: Die Erde ist nicht bloß eine ausgebreitete, rund abgeschnittene Fläche, nein, sie ist eine ungeheure Kugel. Weiteres: Sie hängt und schwebt frei, ohne Unterstützung, wie die Sonne und der Mond, in dem unermeßlichen Raume des Weltalls, unten und oben zwischen lauter himmlischen Sternen. Weiteres: Sie ist rings um und um, wo sie Land hat und wo die Hitze oder der bittere Frost es erlaubt, mit Pflanzen ohne Zahl besetzt und von Thieren und vernünftigen Menschen belebt. Man muß nicht glauben, daß auf diese Art ein Theil der Ge- schöpfe abwärts hänge und in Gefahr stehe, von der Erde weg in die Luft herab- zufallen. Dies ist lächerlich. Ueberall werden die Körper durch ihre Schwere an die Erde angezogen und können ihr nicht mehr entlaufen. Ueberall nennt man unten, was man unter den Füßen hat, und oben, was über dem Haupte hinaus ist. Niemand merkt oder kann sagen, daß er unten sei. Alle sind oben, so lange sie die Erde unter den Füßen und den Himmel voll Licht oder Sterne über dem Haupte haben. Aber der Leser wird nicht wenig erstaunen, wenn er's zum ersten Male hören sollte, wie groß diese Kugel sei; denn der Durchmesser der Erde beträgt in gerader Linie von einem Punkt der Oberfläche durch den Mittelpunkt hindurch zum andern Punkt eintausend siebenhundert und zwanzig deutsche Meilen. Der Umkreis der Kugel beträgt fünftausend vierhundert deutsche Meilen, und eine Meile hat zwei Stunden. Ihre Oberfläche aber enthält neun Millionen Meilen in's Gevierte, und davon sind fast drei Viertel Wasser und ein Viertel Land. Ihre ganze Masse aber beträgt mehr als zweitausend fünfhundert Millionen Meilen im Klaftermaß. Das haben die Gelehrten mit großer Genauigkeit ansgemessen und ausgerechnet und sprechen davon wie von 'einer gemeinen Sache. Aber niemand kann die göttliche Allmacht begreifen, die dieseungehener große Kugel schwebend in einer un- sichtbaren Hand trägt, und jedem Pflänzlein darauf seinen Thau und sein Gedeihen giebt und dem Kindlein, das geboren wird, einen lebendigen Odem in die Nase. Man rechnet, daß tausend Millionen Menschen zu gleicher Zeit auf der Erde leben und bei dem lieben Gott in die Kost gehen, ohne das Gethier. Aber es kommt noch besser. Denn zweitens: Die Sonne, so nahe sie zu sein scheint, wenn sie früh hinter denbergenin die frische Morgenluft hinaufschaut, so ist sie doch über zwanzig Millionen Meilen weit von der Erde entfernt. Weil aber eine solche Zahlsich geschwinder aussprechen, als erwägen und ausdenken läßt, so merke: wenn auf der Sonne eine scharf geladene Kanone stände und der Kanonier, der hinten steht und sie richtet, zielte auf keinen andern Menschen, als auf dich, so dürftest du deswegen in dem nämlichen Augenblicke, als sie abgebrannt wird, noch herzhaft anfangen, ein neues Haus zubauen, und könntest darin essen, trinken und schlafen. Denn wenn auch die Kugel in schnurgrader Richtung und immer in gleicher Geschwindigkeit immer fort und fort flöge, so könnte sie doch erst nach Verfluß von ungefähr fünfundzwanzig Jahren von der Sonne hinweg auf der Erde anlangen, so doch eine Kanonenkugel einen scharfen Flug hat und zu einer Weite von sechshundert Fuß nicht mehr als den sechzigsten Theil einer Minute be- darf, nämlich eine Sekunde. Daß nun ferner die Sonne auch nicht bloß eine glänzende Fensterscheibe des

9. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 339

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
339 Himmels, sondern, wie unser Erdkörper, eine schwebende Kugel sei, begreift man schon leichter. Aber wer vermag mit feinen Gedanken ihre Größe zu umfassen, nachdem sie aus einer so entsetzlichen Ferne solche Kraft des Lichts und derwärme noch auf die Erde ausübt und alles segnet, was ihr Antlitz bescheint? Der Durch- messer der Sonne ist einhundertzwölfmal größer, als der Durchmesser der Erde. Wenn sie hohl wäre inwendig, so hätte nicht nur unsere Erde in ihr Raum, auch der Mond, der doch fünfzigtansend Meilen von uns absteht, könnte darin ohne Anstoß auf - und untergehen; ja, er könnte noch einmal so weit von uns entfernt sein, als er ist, und doch ohne Anstoß um die Erde herumspazieren, wenn er wollte. So groß ist die Sonne und geht ans der nämlichen, allmächtigen Hand hervor, die auf der Erde das Mohnsamenkörnlein in seiner Schale bildet und zur Reife bringt, eins so unbegreiflich wie das andere. Die Erde dreht sich in vierundzwanzig Stunden um sich selber. Nämlich man stelle sich vor, wie wenn von einem Punkt der Erdkugel durch ihre Mitte bis zum entgegengesetzten Punkt eine lange Axe gezogen wäre. Diese zwei Punkte nennt man Pole. Gleichsam um diese Axe herum dreht sich die Erde in vierund- zwanzig Stunden, nicht nach der Sonne, sondern gegen die Sonne; und der Morgen und Mittag und Abend, das heilige Osterfest und sein Glockengeläute wandeln in vierundzwanzig Stunden um die Erde herum und erscheinen nie an allen Orten zu gleicher Zeit, sondern in Wien zum Beispiel sechsundfünfzig Mi- nuten früher, als in Paris. Während die Erde den Morgen und den Abend, und zu seiner Zeit das heilige Osterfest in vierundzwanzig Stunden gleichsam um sich hcrumspinnt, bleibt sie nickt an dem nämlichen Ort im unermeßlichen Weltraum stehen, sondern sie bewegt sich unaufhörlich und mit unbegreiflicher Geschwindig- keit in einer großen Kreislinie in dreihundertfünfundsechzig Tagen und ungefähr sechs Stunden um die Sonne herum und wieder auf den alten Ort. Deswegen und weil alsdann nach dreihundertfünfundsechzig Tagen und ungefähr sechs Stunden alles wieder so wird und alles wieder so steht, wie es vor eben so viel Zeit auch gestanden hat, so rechnet man dreihundertfünfundsechzig Tage zu einem Jahre und spart die sechs Stunden vier Jahre lang zusammen, bis sie auch vier- undzwanzig Stunden ausmachen; denn man darf nichts von der kostbaren Zeit verloren gehen lassen, .deshalb rechnet man üuf je vjer Jahre einen Tag mehr und nennt es das Schaltjahr. Der Frühling beginnt um den einundzwan- zigsten März; die Sonne steht gleich weit von beiden Polen über der Erde, Tag und Nacht sind gleich. Die Sonne scheint immer näher zu kommen und immer höher am Himmel aufzusteigen, der Tag imd die Wärme nehmen zu, die Nacht und die Kälte nehmen ab. Der Sommer beginnt am einundzwanzigsten Juni. Alsdann steht die Sonne am höchsten über unserm Haupte, und dieser Tag ist der längste. Von da an kommt die Sonne immer schiefer gegen uns zu stehen, und die Tage werden kürzer. Der Herbst beginnt am einundzwanzigsten Sep- tember. Tag und Nacht sind wieder gleich, die Tage und die Wärme nehmen immer mehr ab, die Nächte und die Kühle nehmen zu. Der Winter beginnt am einundzwanzigsten December. Der Leser verschläft alsdann die längste Nacht, und die Sonne steht so tief, daß sie ihm noch früh um nenn Uhr durch des Nach- bars Kaminhut in das Stüblein schauen kann, wenn die Fensterscheiben nicht ge- froren sind. — Hieraus ist zu gleicher Zeit zu erkennen, daß nie auf der ganzen Erde die nämliche Jahreszeit herrscht. Denn zu gleicher Zeit und in gleichem Maße, wie sich die Sonne von unserem Scheitelpunkt entfernt, oder wir von der Sonne, kommt sie höher über diejenigen zu stehen, welche gegen den anderen Pol hinaus wohnen, und umgekehrt ebenso. 2. Der Mond. Der Leser wird nun recht begierig sein, auch etwas Neues von dem Mond zu erfahren, der ihm nachts so oft in die Fenster scheint. Erstlich: Der Mond ist auch eine große Kugel, die im unermeßlichen Welträume schwebt, nicht anders, 22*

10. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 340

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340 als die Erde und die Sonne; aber in seiner körperlichen Masse fünfzigmal kleiner, als die Erde, und nicht viel über 50,000 Meilen von ihr entfernt. Zweitens: Der Mond, wie die Sonne, scheint sich in vierundzwanzig Stunden um die Erde herumzudrehen. Erscheint nur so, und in Wahrheit kommt das Erscheinen und Verschwinden des Mondes, wie der Sonne, nur von der Umdrehung der Erde um ihre Axe her. Drittens: Der Mond muß auch sein Licht und Gedeihen von der Sonne empfangen. Eine Hälfte seiner Kugel ist erhellt, die gegen die Sonne gekehrt ist, die andere ist finster. Damit nun nicht immer die nämliche Hälfte hell und die nämliche finster bleibe, so dreht sich der Mond, wie die Erde, um sich selber oder um seine Axe, und zwar in neuuundzwauzig und einem halben Tag. Daraus folgt, daß in dieser langen Zeit der Tag und die Nacht nur einmal um den Mond herumwandeln. Der Tag dauert dort an einem Ort so lange, als ungefähr zwei von unsern Wochen, und eben so lange die Nacht; und ein Nacht- wächter muß sich dort schon sehr in Acht nehmen, daß er in den Stunden nicht irre wird, wenn es anfängt, zweihundertdreiuudzwauzig zu schlagen, oder dreihundert- ueun. — Aber viertens: Der Mond bewegt sich in der nämlichen Zeit auch um die Erde. Dies sieht man an den Sternen. Wenn mau einen langsam gehenden Postwagen aus weiter Ferne beobachtet, meint man, er stehe still; wenn man aber bemerkt, wie er doch nicht immer neben dem nämlichen Baum an der Straße sich befindet, sondern nach ein paar Minuten neben einem andern, so erkennt man, daß er nicht still steht, sondern langsam der Station zufährt. Wenn er aber in einem großen Kreis um den Leser herumführe, so müßte er doch zuletzt wieder zu dem nämlichen Baum kommen, bei welchem er zuerst stand, und daran müßte man erkennen, daß er jetzt seinen Kreislauf vollendet hat. Also auch der Mond. Er hält sich nicht jede Nacht bei dem nämlichen Sternlein auf, sondern er rückt weiter von einem zum andern. Am andern Abend um die nämliche Zeit ist er schon um ein Beträchtliches vorgerückt, aber ungefähr in oben benannter Zeit, etwas früher, kommt er wieder zu dem nämlichen Stern, bei dem er zuerst stand, und hat seinen Kreislauf um die Erde vollendet. Fünftens: Da sich der Mond also um die Erde bewegt, so ist daraus leicht abzunehmen, was es mit dem Mond- • Wechsel für eine Bewaudtniß hat. Der Neumond ist, wenn der Mond zwischen der Sonne und der Erde steht, aber etwas höher oder tiefer. Alsdann ist seine ganze erleuchtete Hälfte, oder sein Tag, gegen die Sonne gekehrt, und seine Nacht schaut herab gegen uns. Vom Neumond an, wenn der Mond auf semem Umlauf zwischen der Sonne und der Erde heraustritt und sich gleichsam mit ihnen in's Dreieck stellt, erblicken wir zuerst einen schmalen Streif von der erhellten Mond- kugel, der immer größer wird, bis zum ersten Viertel. Das erste Viertel ist, wenn der Mond so steht, daß gerade die Hälfte der erleuchteten Halbkugel oder der vierte Theil von dem Monde gegen uns im Licht ist, und die Hälfte von der verfinsterten Halbkugel im Schatten. Der Vollmond ist, wenn der Mond auf seinem Kreis- lauf um die Erde hinter der Erde steht, also daß die Erde zwischen ihm und der Sonne schwebt, aber etwas tiefer oder höher. Alsdann können wir seine ganze erleuchtete Hälfte sehen, wie sie von der Sonne erleuchtet wird, und aus unserer Nacht hinaufschaueu in seinen Tag. Vom Vollmond an, wenn der Mond sich wieder auf der andern Seite herumbiegt um die Erde, kommt wieder etwas von seiner finstern Hälfte zum Vorschein, und immer mehr bis zum letzten Viertel. Dies tritt ein, wenn wieder die eine Hälfte der Halbkugel, die gegen uns steht, erleuchtet, die andere verfinstert ist. Sechstens aber, wenn der Mond und die Erde einmal in schnurgerader Linie von der Sonne stehen, so geschehen noch ganz andere Sachen, die man nicht alle Tage sehen kann, nämlich die Finsternisse. Wenn der dunkle Neumond je zuweilen in seinem Lauf gerade zwischen die Erde und die Sonne hineinrückt, nicht höher und nicht tiefer, so können wir vor ihm am hellen Tag die Sonne eine Zeit lang nimmer sehen, oder doch nicht ganz und das ist alsdann eine Sonnenfinsterniß. Die Sonnenfinsterniß kann nur im Neumond stattfinden. Wenn aber im Vollmond die Erde gerade zwischen die Sonne und den Mond hineintritt, nicht höher und nicht tiefer, so kann die
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