145
Der dreißigjährige Krieg.
ihre Abgeordneten drangen in die Kaiserburg und forderten drohend Gleich-
stellung beider Religionsparteien und andere wichtige Zugeständnisse. Fer-
dinands beharrlicher Widerstand hatte ihm leicht Gefahr bringen können,
wären nicht in demselben Augenblick Dampierresche Reiter auf den Burghof
gesprengt und hätten ihn aus der Bedrängniß befreit. Ungünstige Witterung
und Mangel an Geld und Lebensmitteln nöthigten Thurn zum Abzug. —
Bald nachher wurde Ferdinand in Frankfurt zum d eutsch en Kaiser
gewählt; aber noch ehe die Krönung vollzogen war, fielen die Stände von
Böhmen, Mähren und Schlesien von dem Hause Oestreich ab und wählten
(in Folge eines alten ihnen von Ferdinand I. nach der Mühlberger Schlacht
entrissenen Wahlrechts [§. 489.]) das Haupt der protestantischen
Union, den Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zum König. Um-
sonst warnten die Kurfürsten, die Könige von England und Frankreich und
selbst Friedrichs eigene Mutter, eine Tochter Wilhelms von Dramen, vor
der Annahme dieses gefahrdrohenden Geschenkes — die Stimme seiner stol-
zen Gemahlin Elisabeth, einer englischen Fürstentochter, die Ermahnun-
gen seines Hofpredigers Scultetus, das Zureden Christians von
Anhalt, eines der einflußreichsten Mitglieder der Union, und sein eigenes
Gelüsten gaben den Ausschlag. — Der eitle, schwache Mann nahm die ver-
hängnißvolle Krone an und eilte zur Krönung und Huldigung nach Prag.
tz. 566. F ri e d ri ch V. u n d M a xi mi l i an. Wahrend aber Friedrich in
Böhmen mit leerem Schaugeprange die Zeit vergeudete, sich sorglos seinem Hang
zum Wohlleben hingab und durch seinen calvinifchen Eifer, der ihn bis zur
kirchenschanderischen Zerstörung der Bilder und heiligen Gegenstände trieb, die
böhmischen Utraquisten und Lutheraner beleidigte und die evangelischen Glieder
der Union verstimmte, schloß Ferdinand einen Vertrag mit der wohlgerüsteten und
durch Eintracht starken Liga (indem er deren Oberhaupt Maximilian, der sein
Freund und Studiengenosse in Ingolstadt gewesen und die Sache des Katholicis-
mus klug mit seinem Vortheil zu verbinden wußte, durch die Aussicht auf die
Kurwürde und auf Landererwerb gewann), trat mit Spanien in ein Bündniß
und brachte den lutherischen, von seinem Hofprediger (Hoe v. Hohenegg) ge-
leiteten Kurfürsten I o h. Georg von Sachsen, der den calvinifchenpsalzgrafen
um seine Stellung in der Union und die Königskrone beneidete, durch die Zusiche-
rung der Lausitz auf östreichische Seite. Umsonst näherte sich Thurn, im Bunde
mit dem siebenbürgischen Fürsten Bethlen Gabor, der nach der Krone von
Ungarn strebte, zum zweitenmale den Mauern Wiens; er mußte abermals un-
verrichteter Sache abziehen und Ferdinand konnte nunmehr die ungehorsamen
Stande Oestreichs zur Unterwerfung zwingen, indeß Spinola mit einem spani-
schen Kriegsheer sich der Pfalz näherte. Sorglos ließ sich diezwietrachtige Union
durch einen Vertrag mit der Liga die Hände binden und entzog dem Böhmen-
könig ihren Beistand.
Jetzt rückte Maximilian, in dessendienften der kriegskundige Nieder-
länder Tilly stand, mit einem wohlgerüsteten ligistischen Heere in Böhmen
ein und zog, von Ferdinands Truppen verstärkt, gerade auf Prag los, ohne
Weber, Geschichte. Ii. 6. Äufl. 10
Nvbr.
1619.
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser]]
Extrahierte Personennamen: Ferdinand Oestreich Ferdinand_I. Friedrich_V. Friedrich_V. Friedrichs Wilhelms Wilhelms Elisabeth Christians Friedrich Friedrich Ferdinand Maximilian Maximilian Georg_von_Sachsen Gabor Ferdinand Maximilian Maximilian Tilly Ferdinands
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt England Frankreich Friedrichs Prag Ingolstadt Spanien Ungarn Wiens Ferdinands Prag
7. Nov.
1620.
146 Das siebenzehnte Jahrhundert.
sich auf Unterhandlungen einzulassen. Bald ereignete sich die Schlacht am
weißen Berg, wo Friedrichs ermüdete, von Christian von Anhalt und
Thurn geführten Streiter der feindlichen Uebermacht erlagen und ihr Heil in
wilder Flucht suchten. Eine einzige Stunde entschied Böhmens Schicksal.
Friedrich verlor so sehr alle Besonnenheit und allen Muth, daß er am näch-
sten Morgen in größter Eile nach Schlesien entfloh, obwohl Mansfeld
und Bethlen Gabor mit bedeutenden Streitkraften in der Nähe standen, und
die Prager Bürgerschaft zu seiner Vertheidigung gerüstet war. In unauf-
haltsamer Flucht eilte er von Breslau nach Berlin und von da in die Nieder-
lande, verfolgt von der kaiserlichen Achtserklärung, die ihn seiner pfälzischen
Erbländer beraubte. In wenigen Monaten war Böhmen, Mähren und
Schlesien dem östreichischen Hause aufs Neue unterworfen.
Ferdinand zerschnitt mit eigener Hand den Maj esta ts b r i es; 27 der vor-
nehmsten protestantischen Edelleute bluteten auf dem Schaffet; Hunderte büßten
ihre Schuld mit dem Verlust ihres Vermögens; die eingezogenen Güter wurden
den 'wieder zurückgekehrten Jesuiten verliehen, die lutherischen Geistlichen mußten
Mönchen und katholischen Priestern weichen. Lamm ermann, Ferdinands Ii.
fanatischer Beichtvater, hielt eine reiche Ernte. Zwang, Druck und Verführung
verschaffte in einigen Jahrzehnten der katholischen Religion einen vollständigen
Sieg, nachdem über 30,000 Familien das Land verlaßen. Die Künste der
Jesuiten waren wirksamere Bekehrungsmittel als das Schwert, dem die Utraqui-
sten so lange getrotzt. Von dem an war Böhmens Flor und politische Bedeutung
für immer dahin. Bald daraus löste sich die Union unter dem Hohn der Völker
auf und selbst Bethlen Gabor reichte die Hand zum Frieden.
3. Der Krieg in der Rheinpfalz.
tz. 567. Tilly und Mans selb. Jndeß der Kaiser auf Mittel sann^
der katholischen Kirche allenthalben die Herrschaft zu verschaffen, seine
Freunde zu belohnen und sich an den Gegnern zu rächen, wagten drei
Männer für die Sache des geächteten Kurfürsten und für den bedrohten
Protestantismus ins Feld zu ziehen — Herzog Christian von Braun-
schweig, Ernst von Mansfeld und Markgraf Georg Friedrich
von Baden-Durlach.
Christian von Br aun schweig, ein rauher Kriegsmann, trat theils
aus angeborner Waffenlust, theils aus Besorgniß, der Kaiser möchte ihm das
Bisthum H a l b e rsta d t, dessen Verwalter er war, entreißen, als Kampfer für
die unglückliche Böhmenkönigin Elisabeth auf, deren Handschuh er mit ritterlicher
Galanterie an seinem Hute trug. Wahrend er mit einem geworbenen Heerhaufen
in Westfalen echsiel, seine Raublust an Klöstern und geistlichen Stiftern aus-
ließ und die zerstörende Kriegsfackel bis an den Main trug, zog der tapfere,
waffenkundige Mansfeld aus der Oberpfalz (die sofort Maximilian in Besitz
nahm und durch Jesuiten bekehren ließ) durch Franken nach der Rhcinpfalz.
Sein Kriegsruhm führte ihm beutelustige Streiter aus allen Gauen zu; Plünde-
rungen und Brandschatzungen gaben ihm die Mittel zum Unterhalt. Die Bis-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Christian_von_Anhalt Friedrich Friedrich Gabor Ferdinand Ferdinands Gabor Tilly Christian_von_Braun- Ernst_von_Mansfeld Ernst Georg_Friedrich
von_Baden-Durlach Friedrich Christian_von_Br Elisabeth Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Mansfeld Breslau Berlin Ferdinands Rheinpfalz Westfalen Main Oberpfalz
147
Der dreißigjährige Krieg.
thümer und Stifter am Main und Rhein und die Klöster im Elsaß fühlten
besonders den Druck seiner Kriegsschaaren. In Kurzem war Mansfelds Macht
so angewachsen, daß der flüchtige Pfalzgraf es wagte, unter dessen Schutze in
seine Erbstaaten zurückzukehren.
In Verbindung mit Georg Friedrich von Baden lieferte Mans-
feld dem in die Pfalz eingerückten Lilly bei Wiesloch (Mingolsheim) ein29^ J^ri(
siegreiches Treffen. Als sich aber die Sieger bald nachher trennten, verlor
Georg Friedrich schon im nächsten Monat die Schlacht bei Wimpfen wider 6. Mai.
Lilly und wäre selbst in die Hände der Feinde gerathen, hätten nicht 400
Pforzheimer Bürger durch ihren Heldentod seinen Rückzug erkämpft.
Einige Wochen später erlag auch Christian von Braunschweig bei
Höchst den kriegsgeübten Truppen des ligistischen Feldherrn. Mit dem 11^22ni
Reste seiner geschlagenen Armee gesellte er sich zu Mansfeld, und da um die-
selbe Zeit der durch leere Verheißungen von Frieden und Versöhnung hin-
gehaltene Kurfürst die beiden Heerführer aus seinem Dienste entließ und sich
nach Holland zurückbegab, zogen jene mit ihren Söldnerschaaren nach
Lothringen und von da in die Niederlande, indeß Lilly Heidel-
berg, Mannheim und Frankenthal erstürmte und durch Raub und Mord
hart mitnahm.
Bei dieser Gelegenheit wurde die berühmte, aus den kostbarsten Manuscriptcn
bestehende Heidelberger Bibliothek auf Maximilians Befehl weggeführt und als Ersatz
für geleistete Hülfe dem römischen Hof überschickt. Erst nach dem Pariser Frieden wurde
ein kleiner Theil der geraubten Schätze von der vatikanischen Bibliothek zurückerstattet.
Nachdem sich Lilly durch Besatzungen der Pfalz versichert, rückte er in
Westfalen ein, wo der aus den Niederlanden zurückgekehrte Christian
von Braunschweig von Neuem einen verheerenden Krieg begonnen
hatte. Die blutige Schlacht von Stadtlohn, zu der Christian vora. August
seiner beabsichtigten Vereinigung mit dem in Ostfriesland weilenden Mans- 162,i‘
feld gezwungen ward, vernichtete die letzte Hoffnung der Protestanten. Die
beiden mit der Acht belegten Heerführer begaben sich ins Ausland. Bereits
hatte der Kaiser auf dem Fürsten tage zu Regens bürg, allen Vorstel-
lungen zum Trotz, die pfälzische Kurwürde an Maximilian von
Baiern übertragen und die Verfolgungen, die in den östreichischen Erb-
staaten und anderwärts über die Protestanten verhängt wurden, zeugten von
dem tiefen Ernste des Kaisers, seine Siege zur Wiederherstellung der katho-
lischen Kirche zu benutzen. Durchdrungen von der Ueberzeugung, daß die
Welt nur in dem von Rom gelehrten Glauben zur Seligkeit gelangen könnte,
schauderte er nicht vor dem Gedanken, über Leichenhügeln die Einheit der
Kirche zurückzuführen.
10
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: Mansfelds Georg_Friedrich_von_Baden Friedrich Georg_Friedrich Friedrich Christian_von_Braunschweig Lilly_Heidel- Maximilians Lilly Christian
von_Braunschweig_von_Neuem Christian_vora August Maximilian_von
Baiern Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Main Rhein Wiesloch Mingolsheim Mansfeld Holland Lothringen Niederlande Mannheim Frankenthal Maximilians Westfalen Stadtlohn Ostfriesland Rom
148
Das siebenzehnte Jahrhundert.
4. Der niederdeutsche — dänische Krieg.
§. 568. Wallenstein. Oestreichs steigende Macht, die auch auf die
Spanier zurückwirkte, machte den von dem klugen Staatsmann Richelieu ge-
leiteten französischen Hof und die niederländischen Freistaaten eben so besorgt, als
die Fortschritte des Katholicismus im Westfälischen, wo Tilly die von den Pro-
testanten lange besessenen geistlichen Stifter den Katholiken überwies, die evange-
lischen Stände Niederdeutschlands. König Jakob von England, der sich bisher
durch die Aussicht auf ein Ehebündniß seines Sohnes mit einer spanischen In-
fantin von einer kräftigen Unterstützung seines bedrängten Schwiegersohnes hatte
abhalten lasten (§. 591. 2.), änderte jetzt seine Gesinnung und setzte den unter-
nehmenden Ernst von Mansfeld durch Unterstützung an Truppen und Geld
in Stand, aufs Neue ins Feld zu rücken. Auch Christian von Braun-
schweig fand Hülfe und seine wilde Kriegsweise lockte die tollkühne, beutelustige
Jugend.
Bald trat auch noch ein neuer Vertheidiger der protestantischen Sache
auf, König Christian Iv. von Dänemark, ein Verwandter Friedrichsv.
Religionseifer und die Hoffnung auf Landererwerb im nördlichen Deutsch-
land führten ihn ins Feld. England und Holland schlossen Verträge mit
ihm und Richelieu versprach Hülfsgelder. Ein neuer Kriegssturm erhob sich.
Da beschloß der Kaiser, dem die Abhängigkeit von der Liga und das hohe
Ansehen Maximilians, in dessen Hände er die Lenkung der Geschicke Deutsch-
lands immer mehr übergehen sah, bedenklich wurde, ein eigenes Heer aufzu-
stellen. Hierzu bot ihm Albrecht von Wallenstein (Waldstein), ein böh-
mischer Edelmann, der im Kriege wider die Böhmen und Türken sein
Feldherrntalent und seine Gabe, die Soldaten zu beherrschen und an sich zu
fesseln, an den Tag gelegt, seine Dienste an. Im Besiß eines großen Ver-
mögens, das er erheirathet, trat Wallenstein mit der Erklärung vor Ferdi-
nand, er wolle ein Heer von 50,000 Mann auf eigene Kosten unterhalten,
wenn man ihm den unbeschränkten Oberbefehl geben und ihn einst durch
eroberte Länder entschädigen wolle. Nach einigem Bedenken ging Ferdinand
auf den Vorschlag des kühnen Abenteurers ein, verlieh ihm die Herrschaft
Fried lan d an der Nordgrenze von Böhmen, erhob ihn in den Reichs -
fürstenstand und ertheilte ihm später die Würde eines Herzogs.
Allenthalben wurde die Werbetrommel gerührt; Wattensteins Name und die
lockenden Verheißungen führten Schaaren handfester Streiter unter seine Fahne.
In einem Kriege, wo Raub und Brandschatzung ungescheut geübt ward, fand der
Soldat Lebensgenüsse und Reichthümer, während der Bürger und Bauer hun-
gerte und seines Lebens und Eigenthums nicht sicher war. — Und was ließ sich
für den Kriegsmann unter einem Feldherrn erwarten, der kein Herz für die Leiden
des Volks aber eine freigebige Hand für den Soldaten hatte?
§. 569. Wahlenfteins und Tilly's Siege. Im Frühjahr
eröffnete der von den niederdeutschen Ständen zum Kreisobersten gewählte
Christian Iv. an der Weser den Krieg gegen Tilly, ohne etwas Nam-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland]]
Extrahierte Personennamen: Richelieu Tilly Jakob_von_England Ernst_von_Mansfeld Ernst Christian_von_Braun- Christian_Iv Maximilians Albrecht_von_Wallenstein_(Waldstein Albrecht Ferdinand Christian_Iv Tilly
Extrahierte Ortsnamen: Westfälischen Niederdeutschlands England Holland Maximilians
122
Zustand der Cultur und Literatur.
Tvcho de
Brahe
1-1601.
Kevler
1571—
1631.
Galilei
156-1—
1642.
Grundlage beruhe. In seiner Wohnung am Dom zu Frauenburg betrachtete er
die Höhen der Planeten, des Mondes, der Sonne und der Fixsterne mit sehr
unzulänglichen Instrumenten und kam durch genaue Beobachtung und Berech-
nung der Erscheinungen und Bewegungen an der Himmelskugel zu der Ueberzeu-
gung, daß die Sonne im Mittelpunkt des Planetensystems ruhe und sich nur um
ihre Axe drehe, die Erde aber, gleich den übrigen Planeten, außer der Axendre-
hung auch noch eine höchst regelmäßige Kreisbewegung um die Sonne habe und
den Mond zum Trabanten. Aufs Gewaltigste durchbrach Copernicus die Welt
des Scheins und war dabei so weit von Ruhmsucht und Ehrbegierde entfernt,
daß er lange seine Ideen nur mündlich vortrug und sich erst kurz vor seinem Tode
durch einen seiner Schüler bewegen ließ, seine Entdeckung schriftlich bekannt zu
machen. Sein System setzte die Welt in Erstaunen und führte mehrere begabte
Männer auf dieselbe Bahn. Unter diesen hat der dänische Edelmann Tycho
de Brahe, den Kaiser Rudolf Ii. nach Prag berief, den größten Ruhm erlangt
und die glänzendste Laufbahn gemacht, aber der arme Kepler, der ihm als
Rechner und Gehülfe beigegeben ward, war ihm an Talent, Genialität und
Wissen weit überlegen. Jener setzte der von Copernicus entdeckten wahren Welt-
ordnung ein fabelhaftes, auf Schein und Aderglauben beruhendes System ent-
gegen, und wurde der Begründer oder Erneuerer der astro logischen Träu-
mereien, die aus der Stellung der Gestirne (Constellation) die Schicksale des
Menschen errathen zu können vermeinten, eine Ansicht, der die größten Fürsten
und Staatsmänner jener Zeit huldigten. Rur durch seine genauen, in den Ru-
dolsinischen Tafeln niedergelegten Beobachtungen und Berechnungen der Erschei-
nungen am Himmelsgebäude förderte er die astronomische Wissenschaft, die jedoch
erst durch Kepler einen höhern Schwung und eine philosophische Grundlage erhielt.
Unter drückenden Nahrungssorgen und mechanischen Rechnungsarbeiten für Lo-
garithmen und Sonnentafeln erforschte Kepler die Gesetze des Planetenlaufs und
suchte in Platons Geist seine astronomischen Entdeckungen und Demonstra-
tionen mit den Gebilden einer schaffenden Phantasie zu verbinden. Dieß geschah
besonders in seiner „W elrharmonie" und in „Keplers Traum," wo seine
dichterische Seele und sein bildender Geist Ideen aufsteute, die, wenn sie auch
nicht alle von Jrrthum und Schwärmerei frei waren, immerhin den größten und
erhabensten Schöpfungen des menschlichen Geistes beigezahlt werden müssen.
Kepler, „der lieber hungern wollte als abfallen von der augsburgischen Confession,
wurde als ein ungesundes Schaaf von der Heerde des Herrn weggewiesen, weil
er sich weigerte, die Verdammung der Calvinisten zu unterschreiben und die All-
gegenwart des Leibes Christi bezweifelte. Seine Mutter starb, als Hexe ange-
klagt, in Ketten." Keplers Zeitgenosse Ga lilei aus Pisa war einer der erfin-
dungsreichsten Köpfe im Gebiete der Physik, Mathematik und Astronomie. Ec
entdeckte die Gesetze der P en d elschw ingung en und des Falls, erfand oder
verbesserte das Thermometer und war einer der ersten Begründer der wissen-
schaftlichen Physik. Mit Hülfe des kurz zuvor in Holland erfundenen Fern-
rohrs, das er zuerst gen Himmel richtete, entdeckte er die Trabanten des Jupiter
und andere noch unbekannte Erscheinungen; da er aber in einer in Gesprächsform
abgefaßten Schrift dem copernicanischen System den Vorzug vor dem ptolemäi-
schen zuerkannte, gab er den von Neid erfüllten Anhängern des Alten, die ihn
schon wegen seiner Bekämpfung der aristotelisch-scholastischen Philosophie anfein-
deten, Gelegenheit zur Klage. Von der Inquisition zur Verantwortung gezogen,
mußte Galilei knieend seine Ansicht von der Bewegung der Erde als irrig und
schriftwidrig abschwören, wäbrend diese mit ihm und seinen Richtern im Fluge
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T30: [Periode Abschnitt erster zweiter Zeitraum dritter Jahr Kapitel Sonne Planet], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde]]
TM Hauptwörter (200): [T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T164: [Sonne Erde Mond Tag Stern Planet Zeit Himmel Jahr Bewegung], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Copernicus Rudolf_Ii Rudolf Copernicus Schaaf
150
Das siebenzehnte Jahrhundert.
gewesen als je. Aber Ferdinands religiöse Befangenheit stand einer großartigen
Politik im Wege. Sein Sieg sollte zugleich der Triumph des Katholicismus über
die ausgeschiedenen Confessionen sein, darum wurden in Böhmen und Obstreich
die Gewaltschritte gegen die Ketzer immer harter und nur schleunige Flucht mit
Verlust der Habe vermochte den standhaften Protestanten vor dem Besuche der
Messe zu retten. Aehnlich verfuhr Maximilian in der ihm vom Kaiser zuerst
als Lehn, dann erb- und eigenthümlich überwiesenen Oberpfalz, und selbst in
demtheil der Unterpfalz, der als Kostenersatz ihm einstweilen zugetheilt wor-
den, trieben die Jesuiten ihr Bekehrungswerk. Dem Norden drohte ein ähnliches
Verfahren, seitdem Wallenstcin durch kaiserliche Belehnung das Herzog-
thum Mecklenburg erhalten und dasselbe nun durch Eroberung der p om-
ni er sch en Ostküste zu erweitern trachtete. Das Beispiel des Herzogs von
Pommern, der sein Land den verheerenden Truppen des Friedlanders einrau-
men mußte und des dem Kaiser bisher treuergebenen Kurfürsten von Branden-
burg, in dessen Staaten ebenfalls kaiserliche Besatzung gelegt wurde, schreckte
alle protestantischen Fürsten. Und als nun gar Wallen stein Anstalten traf, an
dem baltischen Meer eine deutsche Seemacht zu gründen, um die Feinde des
Kaisers vom Ostseehandel auszuschließen, da geriethen nicht nur die Hanseaten
und alle Ostsee - Staaten, sondern auch die Niederländer und Engländer in die
größte Besorgniß.
§. 571. Das Restitutionsedikt und Wallensteins Ab-
setzung. In dieser Noth gab Stralsund ein erhebendes Beispiel von
Vaterlandsliebe und Heldenmuth. Standhaft weigerte sich die Bürgerschaft,
friedländische Besatzung in ihre Mauern aufzunehmen. Da rückte Wallen-
stein mit seinen furchtbaren Kriegsschaaren vor die Stadt und schwur, sie zu
erobern, wäre sie auch mit Ketten an den Himmel gebunden. Aber alle
Stürme scheiterten an der festen Lage und an dem Heldenmuth der Bürger-
schaft, die geschworen hatte, Gut und Blut hinzugeben für die Erhaltung
der Religion und der alten Rechte und Freiheiten. Von Dänemark und
Schweden unterstützt, trotzte Stralsund zehn Wochen lang allen Stürmen;
12,000 Menschen opferte der kaiserliche Feldherr umsonst. Das Beispiel
Stralsunds wirkte ermuthigend auf Magdeburg. Im März erließ der
1629^ Kasser auf Antrieb der geistlichen Kurfürsten und im Vertrauen auf die
errungene Uebermacht das Restitutionsedikt, kraft dessen alle seit dem
Passauer Vertrag (§. 494.) ungezogenen Stiftungen und geistlichen Güter
der katholischen Kirche zurückgestellt, die Calvinisten vom Religionsfrieden
ausgeschlossen und katholische Stande an der Bekehrung ihrer Unterthanen
nicht gehindert werden sollten. Dieses Edikt, das drei Erzbisthümer,
15 Bisthümer und fast alle norddeutschen Stifter und Abteien ihren derma-
ligen Besitzern zu entreißen drohte, verlängerte den unseligen Krieg, indem
es den Kaiser nöthigte, die Heere unter den Waffen zu halten, um der Voll-
streckung Nachdruck zu geben. Die Beschwerden der Stände blieben unbeach-
tet; wo die Katholischen die Oberhand hatten, nahmen sie Besitz von den
geistlichen Gütern; ein betäubender Schrecken erfaßte das protestantische
Deutschland. Da widersetzte sich Magdeburg, dessen Bürgerschaft einst
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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TM Hauptwörter (200): [T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose]]
Extrahierte Personennamen: Ferdinands Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Herzog-
thum_Mecklenburg Pommern Stralsund Schweden Magdeburg Deutschland Magdeburg
124
Zustand der (Suitur und Literatur
informatorischen Sinn eine zerstörende Bahn ein. Sein tiefer, sinnvoller und mit
seltenen Kenntnissen ausgerüsteter Geist gerieth auf phantastische und schwärme-
rische Ideen, die in eine wilde, geschraubte, mit Naturbildern und alchymistischen
Kunstausdrücken angefüllte Sprache gekleidet wurden. Erst als der Wittenberger
Professor Cornarius den Text des Hippokrates hergestellt und überseht hatte,
schritt man auf der Bahn der Alten zur wissenschaftlichen Medicin fort, zog die
Anato- Anatomie herbei, zu der Karls V. Leibarzt Besalius durch sein Werk über
Botanik, den Bau des menschlichen Köpers den Grund gelegt hatte und benutzte
sthickic^^ Kenntnisse der Botanik, die der Begründer der Naturgeschichte,
Conrad Geßner u. A. aus den alten Autoren geschöpft und durch eigene
Minera- Beobachtungen erweitert hatten. Ein strebsamer deutscher Arzt, Georg Agri-
logie. cola, der bei den Bergleuten von Joachimsthal verweilte, wurde der Begründer
der wissenschaftlichen Mineralogie.
Ge- Auch die Geschichte, bei der man sich, wie bei allen wissenschaftlichen
ícíncí,te* Werken, der lateinischen Sprache bediente, erhielt nach dem Muster der
Alten eine neue Gestalt. Die Reformationsgeschichte fand einen trefflichen
Bearbeiter in dem Straßburgerrechtsgelehrten und Geschichtschreiber des schmal-
Sleidan kaldischen Bundes, I o h. S leid an, und ein Jahrhundert nachher an dem ge-
^Thuan lehrten Staatsmann Seckendorf (ff 1692). Der Franzose Thuanus (de
ios:! — Thou) schrieb nach Livius' Vorbild eine ausführliche, die zweite Halste des 16. Jahr-
hunderts umfassende Historie seiner Zeit; die Freiheitskriege der Nieder-
Hugo lande fanden etwas spater einen patriotischen Bearbeiter in Hugo Grotius
1583— (§.531.), der sich Tacitus' Styl und Form zum Muster nahm. In der Kirchen-
1645- geschichte zündeten die Magdeburger Centuri atoren zuerst die Leuchte der
Kritik an, während der Italiener B a r o n ius (ff 1607) seine großen Kir chen-
^ annalen im päpstlichen Sinne abfaßte. — Einige Jahrzehnte spater schrieb
leiqh^ der geistreiche, freisinnige und weitblickende Engländer Sir Walter Ra l e i g h
^i(U8 (§* 5^7.), unter Elisabeths glorreicher Regierung als Kriegsheld, als Beförderer
der Ansiedelungen in Nordamerika und als Entdecker ferner Lander weit berühmt,
wahrend einer 15jährigen Gefangenschaft, in die ihn eine mysteriöse Verschwö-
rung gegen Jacob I. gebracht, die erste Weltgeschichte in der Landessprache.
Später führte ihn eine fehlgeschlagene Entdeckungsreise in Guiana, wobei er eine
spanische Stadt beschießen ließ, aufs Schaffot, indem man das früher über ihn
gefällte Todesurtheil nachträglich an ihm vollziehen ließ.
Ueber deutsche Dichtkunst s. Anhang.
4. Philosophie.
§.552. a) Erneuerung alter Systeme. Kampf gegen die
Scholastik war der Grundzug der Philosophie des 16. Jahrhunderts. Doch
begnügte man sich anfangs mit Wiederholung und Weiterbildung der alten Sy-
steme, bis Baco von Verulam der Schöpfer eines auf Erfahrung ge-
gründeten Systems der empirischen Philosophie und Cartesius (Des-
cartes) der Begründer der unabhängigen Speculation wurde. — Der
trockenen Verftandesphilosophie der Scholastiker stellte man zuerst den
idealen Platonismus und den Realismus der aristotelischen P e -
ripatetiker entgegen. Bei dem jugendlichen Enthusiasmus für Wissenschaft
und Wahrheit und bei dem herrschenden Glauben an Geheimlehren, wodurch der
Zusammenhang der Natur und Welt mit dem Geisterreich erfaßt werden könnte,
kam man bald zur orientalischen Philosophie, als der vermeintlichen
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung]]
TM Hauptwörter (200): [T74: [Zeit Wissenschaft Philosophie Geschichte Philosoph Werk Lehrer Schrift Sokrat Schüler], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende]]
6. Febr.
1631.
10. Mai
1631.
152 Das siebenzehnte Jahrhundert.
Pommerns Küste. Der alte Herzog dieses von den kaiserlichen Truppen
grausenhast verheerten und mißhandelten Landes schloß mit den Schweden
einen Vertrag, worauf diese Stettin einnahmen, die Feinde vertrieben
und ganz Pommern mit Rügen besetzten. Gustavs Frömmigkeit und die
strenge Mannszucht seiner Soldaten, die sich zweimal täglich zu Andacht
um ihre Feldprediger sammelten, bildete einen auffallenden Contrast gegen
die länderverwüstende Kriegsweise Tilly's und Wallensteins; daher das Volk
die Schweden und ihren hochsinnigen König überall als Retter und Befreier
begrüßte. Nicht so die Fürsten, die, aus Furcht vor des Kaisers Rache, das
angebotene Bündniß zurückwiescn und auf dem Leipziger Fürstentag
den Beschluß faßten, eine neutrale Stellung zu beobachten, dagegen die
Vollziehung des Restitutionsedikts mit Waffengewalt zu hindern ; nur Mag-
deburg, die Herzoge von Lüneburg, Sachsen-Weimar und Lauen-
burg und der Landgraf von Hessen-Cassel schloffen sich dem Könige an.
§. 573. Magdeburgs Zerstörung und die Leipziger
Schlacht. Während die Schweden an der Oder heraufzogen und Frank-
furt erstürmten, rückte Tilly, dem nunmehr auch der Oberbefehl über die
kaiserlichen Truppen übergeben war, vor Magdeburg, wo der in
schwedischen Diensten stehende Oberst Falkenberg die Vertheidigungs-
anstalten leitete. Gustav Adolf versprach der Stadt baldige Hülse. Um aber
im Rücken gedeckt zu sein, mußte er den ihm verschwägerten Kurfürsten
von Brandenburg, der bisher mit dem Kaiser in Frieden gewesen, sowie
Sachsen zu einem Vertrag bringen. Der crstere räumte nach einigem Zö-
gern den Schweden Spandau als Waffenplatz ein; da aber der Kur-
fürst von Sachsen hartnäckig den Durchzug durch sein Land verweigerte
und sich daher der Schwedenkönig mit Unterhandlungen aufhielt, wurde
Magdeburg nach wiederholten Stürmen von Tilly und Pappen heim
erobert und zerstört. Von Raubsucht und Rachgier getrieben stürmten die
entmenschten Kriegsschaaren, denen eine dreitägige Plünderung zugesagt
war, in die unglückliche Stadt, die nunmehr der Schauplatz entsetzlicher
Gräuel ward , bis eine, von allen Seiten unaufhaltsam sich fortwälzende
Feuersbrunst sie zuletzt in einen Aschenhaufen verwandelte. Die Domkirche,
wo der Sieger ein Te Deum singen ließ, das Licbfrauenkloster und einige
Fischerhütten waren die einzigen Reste der blühenden Reichsstadt. Falkenberg
war unter den Erschlagenen. Während sich hierauf Gustav Adolf des Landes
zwischen der Oder und Elbe bemächtigte und die Herzoge von Mecklenburg
wieder in ihre Staaten einsetzte, wendete sich Tilly gegen Hessen und
Weimar, um diese Fürsten wegen ihres Bündnisses mit Schweden zu
züchtigen und kehrte dann seine Waffen gegen Kursachsen, das Haupt
des Leipziger Bundes. Schon waren Halle, Merseburg, Naum-
burg und andere Orte in den Händen der Kaiserlichen, als der Kurfürst in
seiner Bedrängniß mit Gustav Adolf ein Bündniß schloß und dessen Bei-
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Extrahierte Personennamen: Gustavs Tilly Falkenberg Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Falkenberg Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf
Die englische Thronumwälzung. 185
die Regierung des brittischen Gemeinwesens anfangs eine Verbindung. Als
aber der englische Gesandte im Haag von flüchtigen Royalisten ermordet und
sein Nachfolger schwer beleidigt ward, ohne daß man die Thater auswies,
erfolgte ein Bruch zwischen Großbritannien und Holland. Die von dem
Parlamente erlassene Schisfahrts (Navigations)-Akte, wornach
„bei Strafe der Consiscation von Schiff und Ladung, Auswärtige fortan
keine andern Maaren als selbst erzeugte, auf eigenen Schiffen nach England
bringen dürften," versetzte dem holländischen Zwischenhandel einen furcht-
baren Schlag. Als die geforderte Zurücknahme verweigert wurde, brach der
Krieg aus, den Cromwell eben so sehr wünschte als ihn die Generalstaaten
gern vermieden hätten. Anfangs behaupteten die Holländer ihren Ruhm im
Seekriege; große Schlachten wurden gewonnen und die holländischen See-
helden Tro mp und Ruyter befuhren die Themse und verwüsteten die Ge-
stade; aber bald nahm das unter den Stuarts vernachlässigte Seewesen einen
mächtigen Aufschwung; die Tage der Armada kehrten wieder und der eng-
lische Admiral Blake, ein Mann von altem Republikanersinn und rauher
Tugend, trug in einer dreitägigen Seeschlacht über Tromp und Ruyter
den Sieg davon. Monk,im Land- und Seekrieg gleich erfahren, und gleich
glücklich, vermehrte Englands Ruhm durch neue Seesiege. Holland mußte
einen nachtheiligen Frieden schließen, die Stuarts aus seinem Lande entfer-
nen und den minderjährigen Prinzen Wilhelm von Oranien, einen
Verwandten der englischen Konigsfamilie, von der Statthalterwürde aus-
schließen. Die Schiffahrtsakte aber blieb bestehen. Auch ein Krieg mit
Spanien nahm für England einen glücklichen Ausgang. Der Hafen von
Dünkirchen und oie fruchtbare Insel Jamaica wurden dem auswärtigen
Gebiet der Republik beigefügt. Die Corsaren von Nordafrika züchtigte
Cromwell mit starker Hand und machte England zu Land und zur See ge-
fürchtet und geachtet.
tz. 603. Die Verfassungskämpfe. Diese Erfolge weckten das Selbst-
gefühl des Parlaments; es suchte die Seemacht auf Kosten des Landheers zu
heben und dachte auf Vermehrung seiner Mitglieder durch Einberufung ausge-
stoßencr Presbyterianer. Von diesen Entwürfen fürchtete Cromwell Gefahr für
seine Macht; daher beschloß er die Auflösung des langen Parlaments.
Nachdem er das Haus mit Truppen umstellt, trat er in seiner schwarzen Purita-
nertracht in den Saal, hielt eine mit Schmähungen angesüllte Rede und trieb
dann die Anwesenden mit Hülfe der eingetretenen Soldaten hinaus, indem er
dem Einen zurief: „Du bist ein Trunkenbold!" dem Andern: „Du bist ein Ehe-
brecher!" dem Dritten: „Du bist ein Hurer!" Ein neuer, größtentheils aus Offi-
zieren zusammengesetzter Staatsrath übernahm nunmehr unter Cromwell's
Vorsitz die Bildung eines andern Parlaments. Hiezu ließ man in allen Bezirken
Listen von frommen, gottesfürchtigen Leuten ansertigen, und wählte dann aus
den „Heiligsten" die Passendsten als Vertreter der drei Reiche aus. Diese, nach
dem Lederhändler Preisegottba reboñe spottweise das B a re b on e (T o d-
tenknochen)- Parlament genannte Versammlung gab schon durch die bibli-
Oktbr.
1651.
Februar
1653.
15. April
1654.
19. April
1653.
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Extrahierte Personennamen: Admiral_Blake Monk Wilhelm Cromwell Cromwell
Extrahierte Ortsnamen: Holland England Englands Holland Spanien England Jamaica Nordafrika England
12. Dec.
1653.
1657.
1658.
Z.sept.
1658.
186 Das siebenzehnte Jahrhundert.
schen Vornamen der meisten Mitglieder (Habakuk, Hestkiel, Tödtediesünde,
Stehfestimglauben u. a.) ihre Richtung und religiöse Gesinnung kund. Dennoch
waren Männer von tiefem Verstand und ernstem politischen Streben darunter;
sie beabsichtigten dem Lande ein einfaches Gesetzbuch zu geben, drangen auf
Abschaffung der kirchlichen Patronatsrechte und Zehnten und wollten den
Gemeinden das Wahlrecht ihrer Geistlichen anheimgeben. Und als deswegen alle
in ihrem Besitze Bedrohten einen gewaltigen Sturm gegen das Parlament erreg-
ten, nahm Cromwell, der mit den wunderlichen Leuten nicht so leicht fertig ward,
als er gehofft hatte, Veranlassung, das Ständehaus abermals durch Soldaten
raumen zu lassen, worauf die meisten Mitglieder freiwillig ihre Gewalt niederleg-
ten. Eine neue, von General Lambert entworfene Verfassung trat hierauf ins
Leben. Nach dieser wurden einem alle drei Jahre einzuberufenden Parlamente
von 400 Mitgliedern für die vereinigten Reiche die gesetzgebende Gewalt und
die Zustimmung bei Besetzung der höhecn Staatsämter verliehen; Cromwell aber
sollte als lebenslänglicher Lord-Protektor im Verein mit einem Staatsrath
die ausübende Gewalt und die Verfügung über Land- und Seemacht und das
Wahlrecht seines Nachfolgers besitzen.
Als Protektor regierte Cromwell mit Glanz und Kraft nach Außen.
Frankreich schloß ein Bündniß mit ihm und trieb die Stuarts aus dem
Reiche; Savoyen sah sich gezwungen die Verfolgung der Waldenser einzu-
stellen, als sich Cromwell, der als Haupt und Schutzherr des protestantischen
Europa galt, nachdrücklich für sie verwendete; Holland demüthigte sich;
die englische Flagge beherrschte den atlantischen Ocean und beeinträchtigte die
Hanseaten in der Nord- und Ostsee. Im Innern dagegen hatte er viele
Widersacher an den Republikanern, gegen deren Kühnheit er stets Gewalt-
maßregeln durch Ausschließung von Einzelnen oder durch Auflösung des Par-
laments anwenden mußte. So sehr man auch seine hohen Regentengaben
gelten ließ, so sehr man seine sparsame, bürgerliche Lebensweise und sein
ehrsames Hauswesen achtete, das gegen Karls Ii. leichtfertige Hofhaltung in
Köln und anderwärts vortheilhaft abstach — die Macht in der Hand eines
Einzigen, der nicht legitimer Thronerbe war, erregte Neid und Widerstand.
Darum strebte Cromwell zuletzt nach dem Königstitel. Schon war das Par-
lament gewonnen, aber der hartnäckige Widerstand der Offiziere und des
Heeres bewog ihn, den Gedanken aufzugeben. Dagegen suchte er durch Ein-
führung eines Oberhauses sich der alten Verfassung wieder zu nähern.
Da aber der stolze Adel sich weigerte, in dieses „andere Haus" einzutreten, so
wurden die neuen erblichen Peers aus den Söhnen und Verwandten des
Protektors, aus Rechtsgelehrten und Militärbeamten zusammengesetzt und
die Macht blieb nach wie vor im Unterhaus. — Verdüstert durch Argwohn
und in steter Furcht vor Nachstellungen, starb Cromwell an seinem Geburts-
tag, der ihm stets ein Glückstag gewesen.
tz. 604. Anarchie un d Restaura ti on. Oliver's Sohn Richard
Cromwell, ein kraftloser, friedfertiger, den Lüsten des Lebens ergebener
Mann, wurde der Nachfolger des Vaters in der Würde eines Lord Pro-
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Extrahierte Personennamen: Habakuk Cromwell General_Lambert Cromwell Cromwell Cromwell Karls Cromwell Cromwell Richard
Cromwell
Extrahierte Ortsnamen: Hestkiel Frankreich Europa Holland Ostsee Karls