1. Die Familie.
(O. Schulz.)
Ich habe einen Vater und eine Mutter, die nenne ich meine
Eltern. Meine Eltern geben mir Nahrung und sorgen für alles,
was mir fehlt. Sie haben mich lieb. Darum liebe ich sie wieder
und thue, was sie mir befehlen. Kinder müssen ihren Eltern
gehorsam sein. Ungehorsamen Kindern geht es niemals wohl.
Meine Eltern haben noch mehrere Kinder, die sind meine Brüder
und meine Schwestern. Ich habe meine Briider und Schwestern
lieb. Geschwister müssen sich lieben und nicht mit einander
zanken.
Wir haben auch Leute zur Bedienung und zur Hausarbeit,
die nennen wir das Gesinde. Das Gesinde muß treu, fleißig,
folgsam und bescheiden sein; dafür empfängt es von der Herrschaft
Brot und Lohn; die Herrschaft aber muß gegen das Gesinde freund-
lich sein und ihm seinen Lohn zu rechter Zeit auszahlen.
2. Die Rückkehr des Vaters.
(Curtman.)
Ein Kind stand am Fenster und blickte hinaus, ob sein
Vater noch nicht käme. Es war schon Abend und beinahe dunkel,
und es war ein weiter und schlimmer Weg, den der Vater zu
reisen hatte. Die Mutter hatte gesagt, es konnten Räuber im
Walde sein und den armen Vater ausplündern. Er hätte sich
auch verirren können und in einen Sumpf geraten oder in ein
tiefes Wasser, wo er nicht wieder heraus konnte. Da dachte das
Kind: „Ach, wenn doch mein Vater wieder da wäre, wie froh
wollte ich sein!" Aber er kam noch nicht, und es wurde immer
Gabriel u. Supprian. Lesebuch. D. l. 1
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dunkler. Da weinte das Kind und betete zum lieben Gott das
Gebetchen, welches es von seiner Mutter gelernt hatte. Und
alsbald sah es einen Hellen Stern über dem Walde aufgehen,
wo der Vater Herkommen mußte; und es sprach: „Ach schöner
Stern, leuchte doch meinem Vater, daß er den Weg' nach Hause
finde." Und der Stern leuchtete immer heller und kam immer
näher, und bald hörte das Kind seines Vaters Stimme und lief
ihm entgegen und küßte ihn.
3. Großmütterchen.
Groß Mütterchen sitzt im Lehnstuhl gebückt,
im Schoß gefaltet die Hände;
man sieht, daß der Jahre Last sie drückt,
sie denkt wohl ans Lebensende.
Der Schnee des Alters, das weiße Haar,
umrahmet Stirn und Wangen;
es sind ja mehr als siebenzig Jahr
darüb er hinweg g eg ang cn.
Das Auge, das sonst in lichtem Glanz
nur Lust und Freude verkündet,
ist jetzt umnachtet mtb fast ganz
seit Jahren schon erblindet.
Das Herz jedoch, das im Busen sie trügt,
das Herz ist dasselbe geblieben,
mit gleicher Wärme, wie sonst, es schlägt
für alle seine Lieben.
Es zieht mich hin, zu Füßen ihr
tnuß ich mich niederknieen,
mit Küssen bedecken die Hand, die mir
so unendlich viel Gutes verliehen.
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5. Einigkeit.
(Nach Curtman.)
Marie war zwei Jahre älter als ihre Schwester Bertha.
Die ältere Schwester wollte der jüngeren des Morgens beim
Anziehen nie helfen, darum gab es oft Zank und Streit. Da
sagte die Mutter eines Morgens: „Hört, Kinder, ich will euch
einmal ein Märchen erzählen. Aber erst müßt ihr im Zimmer
hübsch aufräumen und einander dabei helfen."
Da ging's flink an die Arbeit, und in kurzer Zeit war
das Zimmer in Ordnung. Darauf erzählte die Mutter: „Der
Zeigefinger hatte einst einen goldenen Ring angesteckt, in welchem
ein Edelstein glänzte. Deshalb wurde der Finger hochmütig und
wollte dem Daumen und dem Mittelfinger nicht mehr schreiben
helfen, obgleich alle drei die Feder halten müssen. Der geschmückte
Zeigefinger hielt sich für besser als die andern. Es war aber
auch ein wenig Faulheit dabei im Spiele. Die andern Finger-
waren erzürnt und dachten: Du wirst uns doch auch noch einmal
nötig haben, und dann helfen wir dir auch nicht.
Nach einigen Tagen wollte der Zeigefinger eine Blume
pflücken; aber weil der Daumen und die andern Finger nicht
behilflich waren, so mußte er die Blrune stehen lassen. So
ging es ihm auch, wenn er Kirschen vom Baume nehmen wollte.
Da sah er endlich ein, daß er ohne die andern Finger nichts
machen konnte, und es war ihn: nun leid, daß er so hochmütig
gegen seine Mitbrüder gewesen war.
6. Was ein Reitersmann haben muß.
(Güll.)
Ein Reitersmann muß haben:
ein Pferdlein, um zu traben,
den Bügel, aufzusteigen,
den Zügel, auszuweichen,
den Sattel, fest zu sitzen,
die Peitsche, um zu flitzen,
die Sporen, um zu wecken,
den Helm, das Haupt zu decken,
die Lanze, um zu spießen,
Pistolen, um zu schießen,
den Säbel an der Seiten;
dann kann er lustig reiten.
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7. Soldatenlied.
(Hoffmann von Fallersleben.)
Ein scheckiges Pferd,
ein blankes Gewehr
und ein hölzernes Schwert,
was braucht man denn mehr?
Ich bin ein Soldat,
man sieht's mir wohl an,
ich marschiere schon grad',
halt' Schritt wie ein Mann.
Mit trotzigem Mut
zieh' morgens ich aus,
kehre freundlich und gut
um Mittag nach Haus.
So wird exerziert
zum Abend noch spat,
bis der Schlaf kommandiert:
„Zu Bett, Kamerad!"
8. Das Kind mit der Schere.
(Geliert.)
Kind, hub die Mutter an, eins mußt du mir versprechen:
Die Messer und die Gabeln stechen;
drum rühre keins von beiden an!
„Allein die Schere, sollt' ich glauben,
die konntest du mir wohl erlauben?"
Nichts weniger; was dich verletzen kann,
sieh niemals als dein Spielwerk an.
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Das Kind gehorcht; doch ein geheimer Trieb
und das Verbot verschönerten die Schere.
„Ja," spricht es zu sich selbst,
„wenn es die Gabel wäre,
die hab' ich lange nicht so lieb,
so ließ ich sie mit Freuden liegen.
Allein die Scher' ist mein Vergnügen,
sie hat ein gar zu schönes Band.
Gesetzt, ich ritzte mich ein wenig in die Hand,
so hätte dies nicht viel zu sagen.
So klein ich bin, so hab' ich ja Verstand,
und also werd' ich's immer wagen,
sobald die Mutter nur die Augen weggewandt.
Doch nein, weil Kinder folgen müssen,
so wär' es ja nicht recht gethan.
Nein, nein, ich sehe dich bloß an;
o schöne Schere, laß dich küssen!
Ich rühre ja kein Messer an,
so werd' ich doch" —- schon griff es nach der Schere.
„Ja, wenn ich unvorsichtig wäre,
da freilich schnitte mich die Schere;
allein ich bin ja schon mit ihr bekannt."
So sprach's — und schnitt sich in die Hand.
Die Mutter kam. O welche harte Lehre!
„Ach," hub das Kind fußfällig an,
„es kränkt mich sehr, daß ich's gethan.
Ich bitte dich, zerbrich du doch die Schere,
damit ich sie nicht mehr begehre
und ohne Zwang gehorchen kann."
Im Brei ein einzig faules Ei
macht, daß man ihn nicht essen kann.
Beim Spiel ein einzig zänkisch Kind
verdirbt die ganze Lust daran.
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10. Die Mütze.
(Schmid.)
Die .Mutter sagte zu Gertrud und Karl: „Kinder, morgen
früh wollen wir mit der Post zur Großmutter fahren; aber ihr
müßt beizeiten aufstehen, denn ihr wißt wohl, der Postwagen
wartet nicht, und wer nicht zur rechten Zeit fertig ist, muß zu
Hause bleiben."
Die Kleinen jubelten, als sie das hörten. Den ganzen Tag
sprachen sie von nichts als von der bevorstehenden Reise und
freuten sich schon im voraus auf alle die Herrlichkeiten, die sie
bei der Großmutter erwarteten.
Nun aber war Karl ein recht unordentlicher Knabe. Sein
Spielzeug, seine Biicher, seine Kleidungsstücke warf er in allen
Winkeln umher, anstatt jedes Ding an den gehörigen Platz zu
legen. Wenn er in die Schule gehen sollte, mußte er gewöhnlich
erst Rechentafel und Schreibbnch suchen, versäumte deshalb öfters
die Zeit und wurde vom Lehrer bestraft. Wenn er mit dem
Vater spazieren gehen sollte, dann war gewiß auch immer seine
Kleidung in unordentlichem Zustande; bald hatte er ein Loch int
Rocke, bald war die Weste beschmutzt. Deshalb war der Vater
häufig gezwungen, ihn zu Hause zu lassen und allein zu gehen.
Weil Gertrud nun Karls Unordentlichkeit kannte, fragte sie ihn
noch am Abend vor der Reise: „Karl, hast du auch alle bcinc
Sachen zurecht gelegt, damit du sie morgen gleich finden kannst?"
— „Freilich, freilich!" erwiderte Karl und legte sich zu Bette.
Am andern Morgen sollte es fort gehen. Schon hörte man
das Posthorn von weitem, und sie sahen den Wagen vor dem
Posthause. Die Mutter und Gertrud eilten hinzu, und Karl
wollte folgen. Da bemerkte die Mutter, daß er keine Mütze
aufgesetzt hatte. „Schnell hole die Mütze!" rief ihm die Mutter
zu. Karl rannte ins Haus, suchte eine'weile, konnte aber die
Mütze nicht finden. „Sie ist nicht da!" rief er, „ich muß ohne
sie fahren." Die Mutter aber litt es nicht. „Nein," sagte sie,
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Extrahierte Personennamen: Schmid Gertrud Karl Karl Karl Karl Gertrud Karls Karl Karl Gertrud Karl Karl Karl Karl
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„wenn du deine Mütze nicht hast, mußt du zu Hause bleiben. Ein
unordentliches Kind darf ich der Großmutter nicht bringen, und
warten können wir nicht mehr."
Damit stiegen sie ein, der Wagen fuhr fort, und Karl
mußte die Strafe für seine Unordentlichkeit ertragen.
11. Besen und Rute.
Der Besen, der Besen!
Was macht man damit?
Man kehrt damit
die Stuben.
Die Rute, die Rute!
Was macht man damit?
Man klopft damit
die Buben.
„Warum nicht die Mäd-
chen?"
Das wär' eine Sch and'!
Die folgen schon von
selber.
12. Rätsel.
Ich trage Borsten wie ein Schwein,
will aber doch nimmer ein solches sein;
wer sagt, daß ich eins wär',
der belügt euch gar sehr;
denn alles, was unrein,
mach' eben ich rein.
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9
13. Rätsel.
Gebunden aus vielen Reisern,
bin ich in allen Hausern,
in Stuben, Kammern, Stallen, auf Böden,
in Kellern, Scheuern, und wo's sonst von nöten.
Ich bringe stets aus den Wegen,
was dort zu viel gelegen.
14. Die Suppe.
(Schmid.)
„Die Mittagssuppe ist doch gar zu wenig geschmalzen, ich kann
sie nicht essen!" sagte die kleine Gertrud und legte den Löffel weg.
„Nun wohl," sagte die Mutter; „ich will dir dafür eine
bessere Abendsuppe vorsetzen."
Die Mutter ging hierauf in den Krautgarten, grub Erd-
äpfel heraus, und Gertrud mußte, bis die Sonne unterging, die
Erdäpfel auflesen und in Säcke sammeln.
Nachdem beide nach Hause gekommen waren, brachte die
Mutter endlich die Abendsuppe. Gertrud kostete sie und sagte:
„Das ist freilich eine andere Suppe; die schmeckt besser." Sie
aß das ganze Schüsselchen voll aus.
Die Mutter aber lächelte und sprach: „Es ist eben die
Suppe, die du heute mittag stehen ließest. Jetzt schmeckt sie
dir aber besser, weil du den Nachmittag hindurch fleißig ge-
arbeitet hast."
Wer seine Arbeit fleißig thut,
dem schmecket jede Suppe gut.
15. Der süße Brei.
(Märchen. — Brüder Grimm.)
Es war einmal ein armes, frommes Mädchen, das lebte
mit seiner Mutter allein, und sie statten nichts mehr zu essen.
Da ging das Kind hinaus in den Wald und begegnete ihm da
eine alte Frau, die wußte seinen Jammer schon und schenkte
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ihm ein Töpfchen, zu dem sollt' es sagen: „Töpfchen koche!" so
kochte es guten süßen Hirsenbrei; und wenn es sagte: „Töpfchen
steh!" so hörte es wieder auf zu kochen. Das Mädchen brachte
den Topf seiner Mutter heim, und nun waren sie ihrer Armut
und ihres Hungers kedig und aßen süßen Brei, so oft sie wollten.
Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen. Da sprach die
Mutter: „Töpfchen koche!" Da kocht es, und sie ißt sich satt;
nun will sie, daß das Töpfchen wieder aufhören soll, aber sie
weiß das Wort nicht. Also kocht es fort, und der Brei steigt
über den Rand hinaus und kocht immer zu, die Küche und das
ganze Haus voll und das zweite Hans und dann die Straße,
als wolllls die ganze Welt satt machen, und ist die größte Not,
und kein Mensch weiß sich da zu helfen. Endlich wie nur noch
ein einziges Hans übrig ist, da kommt das Kind heim und
spricht nur: „Töpfchen steh!" Da steht es und hört auf zu kochen,
und wer wieder in die Stadt wollte, der mußte sich durchessen.
16. Das Brot im Weg.
Im Weg das Krümchen Brot
tritt nicht mit deinem Fuß,
weills in des Hungers Not
ein Tierlein finden muß.
Güll.)
Leg's auf den Stein vorm Hans,
und kannst du, brosel's klein;
still dankt es dir die Maus
und still das Vögelein.
17. Das Haus.
(O. Schulz.)
Wenn ich vor dem Hause meines Vaters stehe, so sehe ich
das Dach, die Mauern, die Thür und die Fenster. Die Mauern
sind von gebrannten Steinen, das Dach ist mit Ziegelsteinen ge-
deckt, die Thür ist von Holz, und die Fenster sind von Glas.
Die Fenster lassen das Sonnenlicht in das Haus hinein;
die Hausthür ist dazu, daß man zum Hause hinein und heraus
kann. Bei Nacht wird die Hausthür verschlossen und verriegelt,
damit nicht Diebe hinein kommen.
Durch die Hausthür gelangen wir auf den Flur des Hauses;
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von dem Flur führen mehrere Thüren zu den Stuben, den
Kamnlern intb der Küche. In der einen Stube wohnen wir bei
Tage, darum heißt sie die Wohnstube; in der andern schlafen
wir, darum heißt sie die Schlafstube.
Auf dem Flur befindet sich auch die Treppe, die führt in
das obere Stockwerk des Hauses. In dem oberen Stockwerk be-
finden sich auch Stuben und Kammern. Von dem obern Stock-
werk führt eine Treppe ans den Boden oder auf den Raum unter
dem Dache. Auf dem Boden sind einige Kammern; der größte
Teil des Bodens wird zum Trocknen der Wäsche gebraucht.
Viele Häuser haben nur das Erdgeschoß und gleich darüber
den Boden. Es giebt auch Häuser, die zwei oder drei obere
Stockwerke haben. Manche Häuser haben auch noch Hintergebäude.
Den Raum zwischen dem Hause und den Hintergebäuden
nennen wir den Hof. Auf dem Hofe ist ein Brunnen, daraus
holen wir Wasser zum Trinken und zum Kochen.
18. Miezchen.
(Hey.)
K. Miezchen, warum wäschst du dich
alle halbe Stunden? Sprich!
M. Weil es gar zu häßlich steht,
wenn man nicht recht sauber geht;
Köpfchen, Pfötchen, alles rein,
anders darf's bei mir nicht sein.
Unser Miezchen, hört' ich dann,
stand in Ehren bei jedermann;
sie ließen es gern in die Stube kommen
und haben's wohl gar auf den Schoß genommen.
Ich denke, das Waschen und das Putzen
hat ihm gebracht so großen Nutzen.
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