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Mehrere 1000 Arbeiter aus der Stadt und ihren Dörfern und aus den angrenzenden Fürstentümern arbeiteten täglich an diesem Werke, mitunter sogar bei Fackelschein. Auch die Bürger selbst mußten aus Besehl mit schanzen. Die Arbeit begann am Peters-berge. Hier wurden die alten Geschützwälle abgetragen und dafür neue errichtet. Die spitzen Dächer der Kasernen und Schutzturme wurden durch ebene ersetzt; auch neue Schanzen und tiefe Laufgräben wurden angelegt. Die Cyriaksburg teilte mit dem Petersberg dasselbe Schicksal. Hierauf kam die Reibe an die Stadtwälle. Diese beliebten Spazierwege, bisher eine große Zierde der Stadt, wurden in kahle Verschanzungen umgewandelt. Ihr herrlicher, alter Baumbestand siel unter den Aerten der französischen
Zerstörer. Die Aussicht von ihnen in das weite Vorland wurde durch eine hohe Brustwehr versperrt. Auch einige Tore samt ihren Brücken riß man nieder und verschanzte sie. Die Stadtgräben'
aber, die man ausgetrocknet und urbar gemacht hatte, wurden wieder verlieft und mit Gerawaffer gefüllt. Dadurch fetzte man die ganze Gegend und die Felder vom Dreienbrunnen bis zum Löbertor und verschiedene Gärten innerhalb des Walles unter Wasser. Selbst in die Keller vieler Bürgerhäuser drang das Wasser, das sich unterirdisch verbreitete, ein, wodurch den Bewohnern großer Schaden erwuchs. In der Stadt wurden mehrere alte Türme und ehemalige, schöne Kasernen bis zum Erdboden abgetragen oder in feste Pulver- und Kugelkammern verwandelt. Zu-
letzt verwüstete man noch die fruchtbaren, rings um die Stadt gelegenen Gärten, Weinberge und Felder.
Zu Anfang Oktober erhielten dann die Bürger den Befehl, sich auf vier Monate mit Lebensmitteln zu versehen oder die Stadt zu verlassen. Die Ausführung dieser neuen Anordnung bereitete den Bürgern großen Verdruß; denn kaum halten sie das Notwendigste eingekauft, so wurden sie aufgefordert, soundsoviel Scheffel Mehl und soundsoviel Pfund Fleisch auf die Festung zu liefern. Wobt oder übel mußte dann mit dem Einkauf wieder von vorn angefangen werden. Auch bares Geld wurde fortwährend verlangt. Wehrten sich aber die Bürger gegen die Zahlung, so wurden einige als Geiseln auf den Petersberg gebracht, und es hieß: Folgt ihr jetzt nicht, so erschießen wir sie. Die beiden Buchhändler Kevser, Pater und Sohn, saßen immer abwechselnd auf der Feste. Man holte sie mit Vorliebe, weil sie ihre Treue und Anhänglichkeit an Preußen wenig verbargen. (Nach Const. Beyer.)
74. Die flrforder Gciifeln.
'S war Anne dräiz'n, da waren die Franzusen noch Härre äbber de Stadt Arford o schräbben Stäiern aus wie verreckt, die hußeu fc Sempeln, on die moßten die Bärger uffbrenge, on nahmen sich dassertwägen a Stockcr viere rächt angesiehne Bärger als Gai-
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Leitern wurden ausgerichtet und mit Eimern, die von Hand zu Hand gingen, der Dachstuhl begossen. Aber die Flammen sprangen bum einem Sparren zum anderen über und einten sich schließlich zu einer mächtigen Brandfackel. Es war, als ob ihr Schein den Geschützen ein neues Ziel verraten hätte. Ein wahrer Regen von Granaten fiel auf die Ebene der Festung nieder. Da flog im feurigen Bogen ein Geschoß in einen Heuschober, der für die französische Reiterei bestimmt war. Eine ungeheure Feuergarbe schoß sprühend zum schwarzen Nachthimmel empor. Die brennenden Heubündel fielen auf das Dach der Hauptwache. Wenige Minuten später züngelten auch dort die ersten Flammenspitzen hervor und leckten gierig am ausgetrockneten Gebälk.
Gegen 10 Uhr abends schwiegen endlich die Kanonen; mit einer kurzen Unterbrechung am Mittag hatten sie ihr Zerstörungswerk vom frühen Morgen bis zum späten Abend fortgesetzt. Ueber-all herrschte Stille wie in einem Totenhause. Sie wurde nur durch die unaufhörlichen Sturmschläge von den Türmen unterbrochen. Ueber dem Flammenmeer, das den „Graden" bedeckte, lagerte eine schwarze Rauchwolke, und über diese hinaus erhoben sich, gegen den dunkeln Himmel abgezeichnet, die brennenden Gebäude des Petersberges. Die Höhlen der Chorfenster leuchteten im Glanze verglimmender Glut. Die Stadt selbst glich einem glühenden See mitten in einem finsteren Talbecken. Nur die grauen Steinmauern des Domes ragten in einsamer Hoheit unversehrt aus den feurigen Wogen hervor.
Nach der Beschießung: In banger Spannung verging die Nacht. Die meisten Augen blieben schlummerlos. Jeder erwartete mit Schrecken den abermaligen Beginn der Kanonade. Zur allgemeinen Beruhigung aber traf schon früh am andern Morgen die Nachricht ein, daß zwischen den Feinden friedliche Unterhandlungen abgehalten würden.
Nun wagte man sich wieder auf die Straße, um das Bild des Jammers und der Verwüstung zu schauen. Den traurigsten Anblick gewährte der Platz vor den Graden. Ueber die rauchende Brandstätte der Gebäude ragte nach dem Berge zu die Festungsruine hervor. Sie schien wie durch ein Wunder auf den Marktplatz vorgerückt zu fein. Bis hinunter zur Andreaskirche war jetzt ein offner, öder Raum; hier waren 121 Häuser ein Raub der Flammen geworden. Der Marktplatz war mit gerettetem Hausrat besetzt. Die Häuser aber auf den beiden vom Feuer verschonten Seiten sahen Ruinen ähnlich. Die Fenster waren teils ausgehoben, teils zersplittert und die Läden feft verschlossen. Auch die Predigerkirche war mit geretteten Sachen gefüllt. Sie bot ein schwaches Bild des Tempels zu Jerusalem, ehe der Herr die Käufer und Verkäufer ausgetrieben hatte. Sogar ein Kasten mit einem Eichhörnchen stand auf dem Altar zur großen Freude der
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besaß. Nachdem er geschickt die Gemüter ausgereizt und die Gemeinde bereit gefunden hatte, sich der verhaßten Allerwellsgläubiger durch einen vernichtenden Schlag zu entledigen, suchte er auch den Rat für seine Absicht zu gewinnen. Anfangs scheint sich dieser aber gegen das Ansinnen gesträubt zu haben, da die Juden dem Erzbischof, der nicht unbedeutende Abgaben von ihnen erhob, gehörten. Später jedoch beschloß der Rat, ein Auge zuzudrücken und den Ausruhr erst dann zu dämpsen, wenn sein Zweck erreicht wäre.
In den ersten Morgenstunden des 21. März 1349 versammelten sich die Mitglieder verschiedener Zünfte, namentlich der Löber (Lohgerber), Weißgerber, Ziechener und Fleischer, und andere Bürger an den vorherbestimmten Sammelplätzen bei der Allerbeiligenkirche, auf dem Fischmarkt, an der Lohbank und anderwärts. Auf das Zeichen des Anführers drangen sie dann mit Waffen aller Art in die Judenhäuser ein und fchlngen gleich im ersten Anlauf an Hundert der unglücklichen Bewohner nieder. Jetzt erst ermannten sich die übrigen Juden, verschlossen ihre Häuser und verteidigten sich, so lange sie konnten. Als alles verloren war, steckten einzelne der Unglücklichen ihre Häuser an und suchten mit den Ihren den Tod in den Flammen.
Der Uebersall mag 4—500 Opser gefordert haben, die am dritten Tage aus den Trümmern ausgegraben und wagenweife nach dem Judengrab vor dem Moritztor geschafft wurden. — Der Rat rührte sich nicht eher, als bis alles fast vorüber war. Doch ließ er einige Plünderer ergreifen und nach dem Rathause bringen, wo ein Verhör angestellt wurde. Auf Grund der Untersuchung wurden drei der Eingezogenen hingerichtet. Außerdem mußten mehrere angesehene Bürger die Stadt auf kürzere oder längere Zeit räumen.
Trotz der schweren Heimsuchung waren die Juden nicht vertilgt. Viele hatten sich versteckt, andere waren aufs Land geflüchtet. Schon 1351 war eine neue Gemeinde beisammen, die über 100 Jahre bestand. 1458 wurde sie aus demselben Grunde, aus welchem das große Judenschlagen ausgeführt worden war, vertrieben, nachdem der Rat an den Erzbischos 7000 Gulden bezahlt hatte, damit er auf seine Rechte und Ansprüche an die Judenschaft verzichte. (Nach Prof. Dr. Carl Beyer.)
28. Aufenthalt Karls Iv. in Erfurt.
(Sage.)
Bevor der Kaiser von Erfurt aufbrach, wünschte die Kaiserin Anna, die mit im Lager war, die große und gedächtniswürdige Stadt Erfurt zu besichtigen. So zog denn das kaiserliche Paar mit ansehnlichem Gefolge ein und wurde von den Erfurtern freudig begrüßt. Wie wunderten sich aber die hohen Gäste, daß die Volk-
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Die 1 Lchreckeusnacht: Die dem Einzug folgende Nacht
war eine der schrecklichsten, welche die Bürger Erfurts erlebten. Kein Schlaf kam in ihre Augen. Die meisten von ihnen halten mit den einquartierten Kriegern, die sich wie die Herren gebärdeten, richtige Kämpfe zu bestehen. Man hörte nichts wie Jammergeschrei und lautes Wehklagen der Hauseigentümer, die von ihren unwillkommenen Güsten gequält und mißhandelt wurden. Der Rat blieb die Nacht über auf dem Rathause versammelt, um die Forderungen, die von den sranzösischenbefehlshabern gestellt wurden, zu erledigen. Zuletzt erschien noch ein General und verlangte binnen 12 Stunden 40 000 Reichstaler, widrigenfalls er die Stadt an allen 4 Ecken anzünden lassen würde. Sogleich wurden die Pfarr-hauptleute (Pfarrgemeindevorstände) und Nachtwächter aufs Rat> haus befohlen und dort beauftragt, die neue Schreckenspost von Haus zu Haus zu verkündigen und jeden aufzufordern, alles bare Geld zusammenzupacken und aufs Rathaus zu schaffen. Mit bleichen, verstörten Gesichtern, in denen die Angst aus allen Zügen blickte, eilten bald darauf aus allen Straßen und Gassen die Bürger mit ihren Geldvorräten anss Rathaus, um damit die Habsucht der übermütigen Sieger zu besriedigen. Jeder erhielt für sein Geld eine Bescheinigung. Mancher Arme brachte schon in dieser Nacht den letzten Notpfennig, den er für schwere Zeilen zurückgelegt hatte, und opferte ihn auf dem Altar des Vaterlandes. Da zugleich eine beträchtliche Anzahl Schuhe und Strümpfe gefordert worden war, so sah man auch die Schuhmacher und Strumpfwirker von allen Seiten mit ihren Vorräten herbeikommen. Am Mittag des folgenden Tages war die verlangte Summe zum größten Teil beisammen: da kam zum Glück sür die Stadt der vom Kaiser Napoleon ernannte Stadtkommandant an und erklärte die Forderung für unstatthaft. Er empsing die Behörden der Stadt äußerst gnädig und versprach, so viel als möglich die unumgänglichen Lasten des Krieges erträglich zu machen.
Erfurt unter französischem Schutze: Am 30. Oktober,
abends gegen 6 Uhr, wurde dann unter Trompeten- und Paukenschall in Gegenwart des neuen Kommandanten und der versammelten französischen Behörden vor dem Rathaus der Bürgerschaft bekannt gemacht, daß der Kaiser die Stadt und das Gebiet Ersurt, sowie das Fürstentum Eichsseld und die Grasschast Hobenstein unter seinen Schutz genommen habe. Zugleich wurde den Untertanen Sicherheit ihrer Person und ihres Eigentums durch das französische Militär verheißen. In der folgenden Nacht wurden alle preußischen Adler von den öffentlichen Gebäuden und Plätzen entfernt. Doch erst ein Jahr später, nach dem Frieden von Tilsit, legte der König von Preußen seine Rechte über die Stadt und ihr Gebiet nieder. Am 30. September 1807 verabschiedete er sich von seinen Erfurtern mit herzbewegenden Worten.
(Nach Eonst. Beyer.)
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nach dem Steiger und den umliegenden Dörfern; verschiedene aber, die nicht bei Zeiten zurückkehrten, wurden ausgeschlossen^ Durch die Zurückkommenden verbreitete sich die Nachricht, daß das Land noch mehr gelitten habe als die Stadt, daß aus den benachbarten Dörfern auch alles ausgezehrt und einige ganz verödet wären. (Nach Coust. Beyer.)
77. Die Beschießung Erfurts durch die Verbündeten, b. riovember 1813.
Beschießung der Stadt: Der 6. November 1813, ein Sonnabend, zog trübe heraus. Ein Schleier undurchsichtigen Herbst-nebels lagerte über dem Tal der Gera. Da rollten gegen 6 Uhr morgens 3 Kanonenschüsse vom Steigerwald zur Stadt herüber. Da seither soviel Schüsse von den Wällen aus die Verbündeten gesenert worden waren, so waren die Bürger daran gewöhnt und befürchteten auch diesmal keine Gefahr. Gleich daraus aber setzte von allen Höhen rings um die Stadt eine fürchterliche Kanonade ein. Sie wurde von der Festung lebhaft beantwortet, doch ohne großen Erfolg, da der Nebel die Stellungen der Artillerie der Verbündeten verdeckte.
Die Wirkung der Bomben war schrecklich. Bald lohten an den verschiedensten Enden der Stadt die Flammen empor, und, von deu grauen Nebelmassen niedergedrückt, lagerte sich ein dichter Qualm über den Plätzen und iu den Straßen. Nun war's um die Ruhe der Bürger geschehen; laut hallte ihr Angstgeschrei durch die Straßen. Alles eilte, sich zu retten. Viele Familien suchten ihre Wertsachen aus den ranchersüllten Häusern in Sicherheit zu bringen, und hatten sie endlich ein sicheres Versteck gesunden, so sielen auch da die Feuergarbeu nieder und zwangen zum Weitereilen. Zwar wurde anfangs der Versuch gemacht, die Brände zu löschen, als aber gegen Mittag das Flugfeuer immer mehr neue Stadtteile eroberte, gab man jede weitere Bemühung auf.
Am schlimmsten wütete der Brand in den Gassen, die den Raum von den Graden nach dem Rnbenmarkte und der Andreasstraße hin deckten. Hier hatte eine Brandgranate in dem Hause eines Krämers gezündet. Ein starker Vorrat von brennbaren Stössen gab dem Feuer Nahrung, und da die dicht sollenden Kugeln jede Annäherung unmöglich machten, so standen bald alle die engen Häuserreihen in Flammen.
Brand der Peterskirche: Gegen Abend tras eine Granate
das Dach der Klosterkirche. Ihr solgte eine zweite und dritte. Ein Geschütz schien auf die Kirche gerichtet zu fein, die von den Franzosen in ein Vorratshaus verwandelt war. Auf dem Festnngs-hof erscholl der Ruf: Feuer! Schnell wurden Anordnungen zur Rettung der Vorräte getroffen. Zunächst galt es, den Schießbe-dars zu bergeu, dann ging es an die Ballen und Säcke. Hohe
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lassen und den Prinzen von Weimar, der nach dem Gasthof „zum römischen Kaiser" reiten wollte, selbst mit dem Degen in den Schenkel gestochen. Außerdem hatte er noch versucht, mit einer Flinte, welche er einem französischen Soldaten aus der Hand gerissen, den Prinzen zu erschießen. Nun stürzten sich die Bürger auf den Offizier. In ihrer Wut warfen sie ihn nieder, traten ihn mit Füßen, und ein Kaufmannsdiener erstach ihn. Auch die Wache, welche gefeuert hatte, wurde mißhandelt. Man zerbrach den Soldaten die Gewehre und zertrat dem Tambour die Trommel. Nur mit großer Mühe gelang es den preußischen Offizieren, die Wut und Erregung der Bürger zu beschwichtigen und weiteres Blutvergießen zu verhindern.
Zerstörung der Napoleonssäule: Unterdessen hatten einige Bürger und Postillone die vor dem „römischen Kaiser" errichtete Napoleonssäule in Brand gesetzt. Ohne sich um die Wache zu kümmern, hatten sie den Gipsüberzug mit Beilen zertrümmert und brennendes Stroh in das Innere geworfen. Ta dieses aber nicht gleich zünden wollte, waren dinige flinke Jungen innen an den Balken der Säule bis zur Spitze emporgeklettert und hatten den schützenden Blechdeckel abgestoßen. Dadurch hatte das Feuer Luft bekommen, und lustig flackerten jetzt die Flammen empor, zumal sie durch die hineingeworfenen Schmiereimer der in der Nähe haltenden Wagen der Fuhrleute reiche Nahrung erhielten. Bald darauf stürzte der Bau unter dem lauten Jubel der Volksmenge krachend zusammen (Bild im Rathaussaal).
Begrüßung der Einziehenden: Nun konnte endlich eine
Anzahl junger Mädchen an den General v. Kleist herankommen und ihm ein Gedicht überreichen. Damit hatte der Einzug fein Ende gefunden. Die preußischen Truppen verteilten sich in der Stadt und hielten die Wachen besetzt. Die Franzosen aber blieben vorläufig noch in den beiden Festen eingeschlossen; der Kommandant d'alton hatte nur die Stadt übergeben. Schon in den nächsten Tagen herrschte in ihr neues, reges Leben. Auf allen Straßen sah man frohe Gesichter, und die frei einwandernden Landleute begrüßten wieder ihre städtischen Bekannten und brachten ihre Vorräte mit.
Abmarsch der Franzosen: Am Abeud des 5. Mai don-
nerten plötzlich die Kanonen auf dem Petersberge und der Eyriaks-burg. Da man die Veranlassung nicht kannte, rannte alles nach dem „Graden". Hier erblickte man auf der Feste die weiße Fahne, das Zeichen der Nebergabe, lustig im Winde flattern. Am Nachmittage war ein Eilbote des Prinzregenten von Frankreich hier eingetroffen. Er hatte die Nachricht von der Wiederaufrichtung des Königreiches überbracht, und jetzt stand die Besatzung auf den Mauern der Festung und rief ein „Vive le roi!“ nach dem andern. Nun war der Abmarsch der französischen Truppen bald zu erwarten.
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Extrahierte Ortsnamen: Weimar Eyriaks-burg Frankreich
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Uebergabe der Burg: Es währte nicht lange, so wurden
die bis auf das Gerippe zerschmetterten Torflügel ausgetan, und die Besatzung zog langsam über die Brücke. Ein trauriger Abzug! Kaum zwanzig Mann noch und alle verwundet; sie grüßten den Rat und das wallende Banner der Erfurter. Diese hatten sich natürlich recht nahe an die Brücke herangedrängt, damit ihnen nichts von dem Schauspiel entgehe. Tie Gefangenen schritten einzeln am Rat vorüber, und, nachdem sie das Schwert abgegeben hatten, wurde jeder von zwei Zuustleuteu in die Mitte genommen und abseits geführt. —
Für die Erfurter war es noch ein heißer Tag. In der Burg sah es gar übel aus, und Tote und Verwundete lagen überall umher. Die wurden hinausgeschafft und, soweit es gehen mochte, versorgt. Inzwischen schleppte man aus der brennenden Burg, was sich noch erreichen ließ und des Mitnehmens wert schien, und solange ein Dach noch hielt, solange wurde auch jeder Raum durchsucht. Bald aber brach ein Dach nach dem anderen ein, und da es nichts mehr zu erbeuten gab, ging man zu Hunderten hinter dem Feuer her, um einzureihen, was etwa dem Feuer noch widerstanden hatte. Die sinkende Nacht sah nur noch einen von geborstenen Mauern umhegten, schwelenden Trümmerhaufen an der Stelle, wo vordem die stolze Bnrg Andisleben gestanden hatte.
Ringsumher aber streuten volle Hände winzigen Samen in die Lust.1) „Heia! Es wachse der Waid, und er künde es allen Zeiten: Das hat Erfurt getan!" L. Rohmann.
24. Schlacht bei Egifedf im ühüringer Grafenkriege.
1344.
Johannes Rothe, der Chronist, weiß über die Veranlassung zu der verheerenden Fehde und über ein Gesecht, das bei Arnstadt und Egstedt am Steiger stattfand, allerlei zu berichten.
Nach ihm hatte Graf Hermann von Weimar und Orlamünde im großen Saale des Erfurter Rathauses einen Tanz mit den vornehmen Bürgerfrauen veranstaltet, als der Landgraf Friedrich Ii. zufällig vorbeiritt und nach Fürstenart Pfeifen und Posannen vor seinem Zuge ertönen ließ. Alles eilte an die Fenster, und voll Uebermuts rief ihm der Graf entgegen: „Woher, Fritz? Wohin-
aus, Fritz?" Der Landgraf aber warf den Kopf in den Nacken und erwiderte: „Ich will nicht ruhig sterben, ich bringe es denn dahin, daß du mich einen Herren heißest!" — Alsosort nahm der Krieg seinen Anfang. —
Gras Günther von Schwarzburg, der Verbündete Hermanns, tat den Erfurtern und dem Landgrafen vielen Schaden. Da be-
i) Das Ausstreuen des Waidsamens auf erobertem Grund und Boden war damals ein von den Erfurtern gern geübter Brauch.
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Extrahierte Personennamen: L. Rohmann Johannes_Rothe Hermann_von_Weimar Friedrich_Ii Friedrich Günther_von_Schwarzburg Günther
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Ablaß gewährt, die an den Gräbern Gebete sprechen würden. Auch stiftete der Rat eine Prozession, die jährlich am Markuslage {25. April) die Gräber besuchte und an der zuletzt die gesamte Geistlichkeit Erfurts teilnahm.
b) Die Geißler, jene Schwärmer, die durch Geißelung des eigenen Leibes Gott versöhnen wollten, daß er die Pest wieder wegnehme, erschienen um dieselbe Zeit in Thüringen. Sie erregten durch ihr Tun und Reden das größte Aussehen. Sie trugen mit roten Kreuzen versehene Hüte, die säst das ganze Gesicht bedeckten, hatten die Oberkörper bis an die Hüften entblößt und bearbeiteten sich bis aufs Blut mit mehrschnurigeu Peitschen, in die kleine eiserne Haken eingeflochten waren. Dabei machten sie die wunderlichsten Bewegungen, warfen sich der Länge nach aus
die Erde und sangen: „Tret herzu, wer buszen woeile, Luczeber
ist eine bösse geselle.“ Wiederholt lagerten ihrer an 3000 und mehr bei Ilversgehofen und verlangten, in Erfurt eingelassen zu werden. Aber der Rat schloß die Tore und ließ die Mauern bewachen. Er traute den Brüdern nicht recht, die unter der Maske der Büßer auf Raub und Diebstahl ausgingen, wie es die Erfahrung an manchen Orten gelehrt hatte. (Nach Prof. Dr. Carl
Beyer.)
27. Der 3udenmord in Erfurt.
Nachdem die Pest um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Deutschland ausgebrochen war, entstand bald das Gerücht, die Juden hätten die Brunnen und die Heringe vergiftet, weil nach dem Genusse des Wassers und der Fische die Erkrankung sofort einzutreten pflegte. Daraufhin wurden an vielen Orten die Juden von ihren Mitbürgern erschlagen. In Thüringen begannen die Verfolgungen am 2. Januar 1349, an welchem Tage viele Juden in Gotha, Eisenach, Arnstadt n. a. Orten ohne Gnade getötet und ihre Häuser rein ausgeplündert wurden. In Erfurt fand das große „Judenschlagen" am 21. März desselben Jahres statt.
Hier sprach man nicht bloß von vergifteten Brunnen und Heringen, auch die Gera sollte Gift enthalten, weshalb man lange Zeit hindurch gar nicht mehr mit Wasser kochte. Die einsichtsvolleren aber unter den Geistlichen und Bürgern wußten es besser. Sie waren eingeweiht in die von langer Hand her vorbereitete Bewegung, die den Mord nur darum ins Werk setzte, um die Schulden los zu werden, die viele Edle, Bürger und Bauern gemacht hatten, aber zu bezahlen nicht in der Lage waren. Die Schuldenmenge lastete schwer aus allen Ständen. Der hohe Zinsfuß, der oft zwölf oder mehr vom Hundert betrug, machte die Rückzahlung des Kapitals fast zur Unmöglichkeit. An der Spitze der Verschwörung stand ein Mitglied der Gefrunden, Hugo der Lange, der ein Jahr lang Ratsmeister gewesen war und großen Einfluß ans die Bürgerschaft
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schöpft, die aus rauher Kieselerde geformt und am offenen Feuer-hart gebrannt sind. Das Mahl schmeckt allen ausgezeichnet. Die Männer trinken dazu Es brauner Trinkschale, die gleich den übrigen Tongeschirren nur mit der Hand und nicht aus der Drehscheibe geformt und geglättet ist, einen Labetrunk aus gebrauter Gerste. Die Kinder verzehren am Schluß des Mahles noch einige Waldfrüchte, wie sie gerade der Herbst bietet: Aepfel, Birnen, Brombeeren, Haselnüsse und dergleichen. Die Speisereste und Abfälle wandern dann hinein in die Herdgrube des Hauses. Durch Zufall muß aber auch manchmal ein gutes Stück des Hausrates mit hineingeraten sein, denn neben Tierknochen fand man bei der Aufdeckung mancherlei wohlerhcütene Dinge. Wenn eine solche Grube sich allmählich zu stark anfüllte, wurde sie wohl ausgeleert und der Inhalt neben dem Hause auf die Erde geschüttet. Daraus erklärt sich, daß man in den Erdschichten zwischen den Wohnungen ebenfalls allerhand Ueberbleibfel fand.
Nach der Mahlzeit: Nach dem Mahle Pflegen die Männer
der Ruhe und erzählen sich von der Jagd. Der Künstler der Sippe aber, ein junger, brauner Bursche, zieht sein scharfes Feuersteinmesser hervor und schnitzt in ein Hirschhorn allerlei Figuren. Neugierig lugen die Kinder über seine Schultern und jubeln laut auf, als sie in dem Bilde ihren Spitz erkennen. Heute ist es überhaupt ein lustiger Tag. Die größeren Knaben brauchen nicht wie sonst unter der Anleitung eines erfahrenen Mannes Steine zu Waffen und Werkzeug zu schleifen, sie dürfen ihre Trommeln Zur Hand nehmen und fleißig rühren; als solche glaubt man in der Mitte eingezogene, oben und unten offene Gefäße deuten zu müssen.
Zur Nachtzeit: Nach und nach ist die Dämmerung über das Flußtal hereingebrochen, und damit ist die Stunde gekommen, zu welcher der Steinzeitmensch seine Schlafstätte aufsuchte. Die Eltern und jüngsten Kinder verbringen die Nacht auf dem Laublager in der Hütte, die andern aber betten sich draußen. Hier wird noch schnell ein Feuer angezündet, und einige gewaltige Scheite geben ihm Nahrung für die Nacht. Es gewährt genügend Schutz gegen herumschleichendes Raubzeug und wärmt auch in der kühlen und feuchten Herbstnacht. Bald herrscht überall tiefe Stille. Kaum aber treffen die ersten Strahlen der ausgehenden Sonne die Schläfer, so erheben sie sich von ihrem Lager, um ihrer Tagesarbeit, Jagd, Viehzucht und Ackerbau, nachzugehen.
So mag es damals am Abhang unserer Gera ausgesehen haben. Und wie hier, so noch an manchen anderen Stellen der heutigen thüringischen Lande. Daraus deuten die Funde, die bald hier, bald da gemacht worden sind, hin. Wann war aber jenes Damals? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Begnügen wir uns mit der ungefähren Zeitangabe: Nicht nach 1500 v. Chr.,
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entzweifeilen oder abnehmen. Der böse Anschlag mißlang, obwohl der Edelmann über dem Essen gern seine Kunst geübt und dem Ratsmeister das Band an den Hals gebracht hätte. Dieser schöpfte Verdacht, und der Abgesandte offenbarte auf Befragen sein Vorhaben.
Dieser Vorgang ist vorbildlich für den Aberglauben jener Zeit. Weiter erwähnt Stolle noch, daß man fest glaubte, Werwölfe (Menschen, in Wölfe verwandelt) gingen umher und fräßen die Menschen auf.
Roheit der Jugend: Mit dem Aberglauben ging die Ro-
heit der Jugend Hand in Hand. Selbst der heilige Ort der Kirche blieb nicht frei von blutigen Handlungen. Ein junger Chorknabe, welcher ungehorsam gegen Eltern und Lehrer war, stach (1476) einen älteren Genossen während des Gottesdienstes im Dom wegen geringfügiger Ursache mit seinem Messer in den Arm. Das Blut floß zur Erde, und die dadurch entweihte Kirche mußte erst von neuem durch den Weihbischof Bertold von Oberg geweiht werden.
Rechtspflege: Entsprechend der Roheit der Zeit waren
Rechtspflege und Bestrafung barbarisch. Stolle erzählt davon ein bezeichnendes Beispiel. Einen Vatermörder in Witterda tras folgende Strafe: Er wurde zum Tode verurteilt und dazu vom Henker zuerst am ganzen Leibe mit glühenden Zangen gezwickt, daß er vor Schmerz starb. Dann wurde dem toten Manne der Kopf abgeschlagen und dieser an eine Säule festgenagelt. Zuletzt wurde der Körper noch gevierteilt und die vier Teile an vier Säulen genagelt, die an den vier Ausgängen des Dorfes standen. Ebenso entsetzlich, als abscheulich! — Die verhängten Freiheitsstrafen mußten die Bürger auf einem der Befestigungstürme verbüßen und sich die Kost von ihren Dienern oder anderen Personen bringen lassen. Der Aufenthalt in den fettster- und herdlosen Räumen war eine sehr empfindliche Strafe. Frauen bekamen Hausarrest von mehreren Wochen, während dessen sie Besuche empfangen, aber keine erwidern durften. Rückfällige Gefetzesverächter mußten auf längere oder kürzere Zeit die Stadt räumen. — Solange das Vergehen noch nicht klar lag, kamen die Verbrecher in das Untersuchungsgefängnis, Paradies genannt, ein ehemaliges Judenhaus in der Rathausgasse. Dann wanderten sie in die Temnitz, das unterirdische Gefängnis unter dem Rathaus, wohin weder Sonne noch Mond gelangten. Dicht dabei war auch die Folterkammer, ein dunkler, unheimlicher Raum mit einer Rolle an der Decke — zum Aufziehen und Dehnen der Rechtsverletzer — und andere Geräte, mit denen der Stockmeister und seine Knechte grausam umzugehen verstanden. Lautete das Urteil aus Tod, dann vollzog es der Scharfrichter noch an demselben oder am nächsten Tage auf dem Rabensteine (Eingang v. I. E. Schmidts Gärtnerei) oder dem Galgenberge, links von dem Kerspleber Weg (östlich der Bahn). Leibesstrafen, wie Ohren- und Nafenabfchneiden, Brandmarken, Aus-
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