Anfrage in Hauptansicht öffnen

Änliche Dokumente zu folgendem Trefferdokument

Basierend auf den Feldern Volltext

Sortiert nach: Ähnlichkeit zu Dokument

1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 85

1911 - Erfurt : Keyser
— 85 - besaß. Nachdem er geschickt die Gemüter ausgereizt und die Gemeinde bereit gefunden hatte, sich der verhaßten Allerwellsgläubiger durch einen vernichtenden Schlag zu entledigen, suchte er auch den Rat für seine Absicht zu gewinnen. Anfangs scheint sich dieser aber gegen das Ansinnen gesträubt zu haben, da die Juden dem Erzbischof, der nicht unbedeutende Abgaben von ihnen erhob, gehörten. Später jedoch beschloß der Rat, ein Auge zuzudrücken und den Ausruhr erst dann zu dämpsen, wenn sein Zweck erreicht wäre. In den ersten Morgenstunden des 21. März 1349 versammelten sich die Mitglieder verschiedener Zünfte, namentlich der Löber (Lohgerber), Weißgerber, Ziechener und Fleischer, und andere Bürger an den vorherbestimmten Sammelplätzen bei der Allerbeiligenkirche, auf dem Fischmarkt, an der Lohbank und anderwärts. Auf das Zeichen des Anführers drangen sie dann mit Waffen aller Art in die Judenhäuser ein und fchlngen gleich im ersten Anlauf an Hundert der unglücklichen Bewohner nieder. Jetzt erst ermannten sich die übrigen Juden, verschlossen ihre Häuser und verteidigten sich, so lange sie konnten. Als alles verloren war, steckten einzelne der Unglücklichen ihre Häuser an und suchten mit den Ihren den Tod in den Flammen. Der Uebersall mag 4—500 Opser gefordert haben, die am dritten Tage aus den Trümmern ausgegraben und wagenweife nach dem Judengrab vor dem Moritztor geschafft wurden. — Der Rat rührte sich nicht eher, als bis alles fast vorüber war. Doch ließ er einige Plünderer ergreifen und nach dem Rathause bringen, wo ein Verhör angestellt wurde. Auf Grund der Untersuchung wurden drei der Eingezogenen hingerichtet. Außerdem mußten mehrere angesehene Bürger die Stadt auf kürzere oder längere Zeit räumen. Trotz der schweren Heimsuchung waren die Juden nicht vertilgt. Viele hatten sich versteckt, andere waren aufs Land geflüchtet. Schon 1351 war eine neue Gemeinde beisammen, die über 100 Jahre bestand. 1458 wurde sie aus demselben Grunde, aus welchem das große Judenschlagen ausgeführt worden war, vertrieben, nachdem der Rat an den Erzbischos 7000 Gulden bezahlt hatte, damit er auf seine Rechte und Ansprüche an die Judenschaft verzichte. (Nach Prof. Dr. Carl Beyer.) 28. Aufenthalt Karls Iv. in Erfurt. (Sage.) Bevor der Kaiser von Erfurt aufbrach, wünschte die Kaiserin Anna, die mit im Lager war, die große und gedächtniswürdige Stadt Erfurt zu besichtigen. So zog denn das kaiserliche Paar mit ansehnlichem Gefolge ein und wurde von den Erfurtern freudig begrüßt. Wie wunderten sich aber die hohen Gäste, daß die Volk-

Ähnliche Ergebnisse

Ähnliche Dokumente basierend auf den Feldern Volltext

1. Charakterbilder aus der Geschichte der christlichen Reiche - S. 359

1909 - Regensburg : Manz
Die Juden gefoltert, vertrieben, getötet. 359 durch die Vermittlung des Papstes Benedikt Xii. beruhigt, der den Bischof von Passau mit Untersuchung der Klagen beauftragte. Jetzt aber erneuerte er sich mit verdoppelter Wut. Es entstand nämlich unter dem Volke das Gerücht und verbreitete sich mit reißender Schnelle, die Juden seien die Urheber der Pest, indem sie in ihrem Hasse gegen das Christentum die Brunnen und Flüsse vergiftet oder die Luft mit Zaubersprüchen und ausgeworfenen Samen verpestet hätten. Da die Bande der bürgerlichen Ordnung ohnehin durch das allgemeine Elend gelockert waren, griff das Volk an allen Orten zu den Waffen des Judenhasses. In Bern, in der Grafschaft Freiburg und anderwärts wurdeu zuerst einige Judeu gefoltert und auf ihr Bekenntnis, nachdem man auch zu Zofingen Gift gefunden hatte, getötet und darüber an die Obrigkeiten in Basel, Freiburg und Straßburg berichtet. Als diese aber die Juden in Schntz nahmen und zu Basel sogar einige hervorragende Persönlichkeiten, die sich an den Judeu vergriffen hatten, aus der Stadt verbauut wurden, erschien eines Tages das Volk mit den Stadtsahnen vor dem Rathause und verlangte die Rückberufung der Verbannten und die Austreibung der Juden. Der erschrockene Rat mußte einwilligen und einen Vertrag beschwören, daß binnen 200 Jahren keine Juden in der Stadt wohnen dursteu. Umsonst suchten die Vornehmen dieser drei Städte durch gegenseitige Botschaften die Juden zu erhalten; sie mußten dem Geschrei des Volkes nachgeben und alle tn diesen Gegenden wohnhaften Juden verhaften lassen. Darauf wurde zu Benfeld im Elsaß zwischen den Landherren und den Abgeordneten der Straßburger über das Schicksal der Juden beratschlagt. Die Straßburger versuchten es, sie zu verteidigen, wurden aber gefragt, was wohl die Töpfe bedeuteten, die man aus den Brunnen gezogen habe? Auf diesen Fund gründete sich das Volksgeschrei über Vergiftung. Der Ausgang war, daß der Bischof von Straßburg, die Landherren im Elsaß und die Reichsstädte einen Beschluß faßten, ferner keine Juden zu halten, und die Gefangenen erst an einem, dann an den andern Orten verbrennen ließen. Anderswo wurden sie bloß vertrieben, diejenigen aber, welche dem Volke in die Hände sielen, teils verbrannt teils in Sümpfen erstickt. So wurden zu Basel alle Juden auf einer Rheininsel in ein neugebautes Haus gesperrt und mit demselben dem Feuer übergeben; dasselbe geschah zu Freiburg, nur die zwölf reichsten ließ man leben. Als die Juden zu ©Peter, Worms, Oppenheim und Mainz dieses erfuhren, vergruben viele ihre Schätze und verbrannten sich selbst in ihren Häusern. Die andern wurden vom Volke erschlagen, daß man die Leichen, die auf den Straßen lagen, zuletzt um des Modergeruches willen in Weinfässer stecken und in den Rhein werfen mußte. Der Rat verbot, in den Häusern der Juden Rachsitchung nach den Schätzen anzustellen, und ließ dieselben, wie man erzählte, für sich selbst ausspüren und einziehen. Unter den Martern hatten einige der Unglücklichen wirklich bekannt, daß von ihren Glaubensgenossen in Spanien über die Vergiftung der Christenheit ein großer Rat gehalten worden sei; desgleichen hatten sie Ermordung vieler Knaben, Fälschung von Urkunden, von Münzen, Diebstähle und andere Verbrechen gestanden, deren sie von der allgemeinen Stimme mit oder ohne Grund bezichtigt wurden. Darum mußte der Magistrat von Straßburg, um das Geschrei des Volkes zu stillen, einige derselben rädern lassen; weil er sie aber aus Menschlichkeit alsbald töten und nicht lebendig aufs Rad legen ließ, hieß es, dies sei darum geschehen, damit sie nicht von der Mitwissenschaft der hohen Obrigkeit zeugen könnten. Einige der Verhafteten waren in ein Haus gebracht worden, als ob sie heimlich hinweggeführt werden sollten. Statt dessen brachte man sie auf ihren Kirchhof in ein dafür bereitetes Haus und verbrannte sie darin. Diejenigen, die sich aus Furcht taufen ließen, ebenso viele Jüdinnen und Knaben, die von gutherzigen Menschen säst wider ihren Willen zur Taufe gezogen wurden, retteten ihr Leben, während andere, die aus den Flammen entsprangen, gewöhnlich vom Pöbel erschlagen wurden. Diese

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 84

1911 - Erfurt : Keyser
— 84 — Ablaß gewährt, die an den Gräbern Gebete sprechen würden. Auch stiftete der Rat eine Prozession, die jährlich am Markuslage {25. April) die Gräber besuchte und an der zuletzt die gesamte Geistlichkeit Erfurts teilnahm. b) Die Geißler, jene Schwärmer, die durch Geißelung des eigenen Leibes Gott versöhnen wollten, daß er die Pest wieder wegnehme, erschienen um dieselbe Zeit in Thüringen. Sie erregten durch ihr Tun und Reden das größte Aussehen. Sie trugen mit roten Kreuzen versehene Hüte, die säst das ganze Gesicht bedeckten, hatten die Oberkörper bis an die Hüften entblößt und bearbeiteten sich bis aufs Blut mit mehrschnurigeu Peitschen, in die kleine eiserne Haken eingeflochten waren. Dabei machten sie die wunderlichsten Bewegungen, warfen sich der Länge nach aus die Erde und sangen: „Tret herzu, wer buszen woeile, Luczeber ist eine bösse geselle.“ Wiederholt lagerten ihrer an 3000 und mehr bei Ilversgehofen und verlangten, in Erfurt eingelassen zu werden. Aber der Rat schloß die Tore und ließ die Mauern bewachen. Er traute den Brüdern nicht recht, die unter der Maske der Büßer auf Raub und Diebstahl ausgingen, wie es die Erfahrung an manchen Orten gelehrt hatte. (Nach Prof. Dr. Carl Beyer.) 27. Der 3udenmord in Erfurt. Nachdem die Pest um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Deutschland ausgebrochen war, entstand bald das Gerücht, die Juden hätten die Brunnen und die Heringe vergiftet, weil nach dem Genusse des Wassers und der Fische die Erkrankung sofort einzutreten pflegte. Daraufhin wurden an vielen Orten die Juden von ihren Mitbürgern erschlagen. In Thüringen begannen die Verfolgungen am 2. Januar 1349, an welchem Tage viele Juden in Gotha, Eisenach, Arnstadt n. a. Orten ohne Gnade getötet und ihre Häuser rein ausgeplündert wurden. In Erfurt fand das große „Judenschlagen" am 21. März desselben Jahres statt. Hier sprach man nicht bloß von vergifteten Brunnen und Heringen, auch die Gera sollte Gift enthalten, weshalb man lange Zeit hindurch gar nicht mehr mit Wasser kochte. Die einsichtsvolleren aber unter den Geistlichen und Bürgern wußten es besser. Sie waren eingeweiht in die von langer Hand her vorbereitete Bewegung, die den Mord nur darum ins Werk setzte, um die Schulden los zu werden, die viele Edle, Bürger und Bauern gemacht hatten, aber zu bezahlen nicht in der Lage waren. Die Schuldenmenge lastete schwer aus allen Ständen. Der hohe Zinsfuß, der oft zwölf oder mehr vom Hundert betrug, machte die Rückzahlung des Kapitals fast zur Unmöglichkeit. An der Spitze der Verschwörung stand ein Mitglied der Gefrunden, Hugo der Lange, der ein Jahr lang Ratsmeister gewesen war und großen Einfluß ans die Bürgerschaft

3. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 28

1916 - Erfurt : Keyser
— 28 — vom Kaiser und von den Erfurtern erobert und dem Erdboden gleich- gemacht. Der Ritter aber wurde gefangen genommen und hingerichtet. Sein unglückliches Weib und seine beiden unmündigen Kinder flehten den Kaiser um Gnade an. Er schenkte ihnen das Leben und ließ sie zu Pferde nach Erfurt bringen. Niemand aber weiß, wo die Dienstburg im Steiger gestanden hat. e) Die Gründung der Universität. Die Stadt war durch ihren Handel zu großem Reichtum gelangt und gründete darum 1392 aus eigenen Mitteln eine Hochschule. Es war die fünfte in Deutschland. Sie gelangte wegen der Tüchtigkeit ihrer Lehrer bald zu großem Ruhme. An ihre Glanzzeit zu Eude des Mittelalters erinnert das Bild im Rathanssaal. Es zeigt die vier bedeutendsten Männer der Universität. Es sind Luther, der Gottesgelehrte, Amplonius, der Heilkundige, Henning Goede, der Rechtsgelehrte, und Eoban Hesse, der Weltweise. Sie ver- treten die vier Hauptabteilungen einer Hochschule und huldigen der Universität, d. i. der Gesamtheit der Wissenschaften. Sie hat der Künstler dargestellt als sitzende Frauengestalt mit dem für jedermann offenen Buche des Wissens im Schöße. Ein Spruchband wird von schwebenden Engels- gestalten gehalten und trägt die Inschrift: „Epistolae obscurorum virorum", d. h, Briefe der Dunkelmänner. Diese Streitschrift der Humanisten gegen die Vertreter der Scholastik^) erschien 1515 und hat wohl den Erfurter Gelehrten Erotus Rubianus zum Verfasser. k) Das tolle Jahr. Gegen Ende des Mittelalters war Erfurt in großer Geldnot. Die Schuldenlast der Stadt betrug rund eine halbe Million Gulden. Die Zinsen hierfür verschlangen fast die ganze Ein- nähme der Stadt. Wohl versuchte der Rat, Hilfe zu schaffen, doch es war vergebens. In der größten Not versetzte er sogar an Kursachsen ein Stück aus dem freien Landbesitz der Stadt, das Amt Kapellendorf. Als die Bürger das erfuhren, kam es zur Empörung. Schon lange waren sie von Mainz aufgestachelt worden und mit der Wirtschaft des Rates unzufrieden. Mit dem vom Rate auf das Rathaus bestellten Vormunden drangen die von der Gemeinde „Erwählten" ein. Es kam zu eiuer stürmischen Auseinandersetzung. Die Erwählten verlangten von dem stolzen Obervierherrn Heinrich Kellner Rechenschaft. Auch beschuldigten sie ihn, ohne Wissen des Rates und der Gemeine Kapellendorf verkauft zu haben. Das war für den Stolzen doch zu viel. Im höchsten Zorne » sprang er auf und rief laut: „Hie stehet die Gemeine!" gl Kurfürst Johann Philipp zieht in Erfurt ein. _ Erfurt war es im Westfälischen Frieden nicht gelungen, freie Reichsstadt zu werden. Darum brachen bald neue Streitigkeiten mit Mainz aus, und die Stadt wurde mit der Reichsacht belegt. Erzbischof Johann Philipp Scholastik — streng wissenschaftliche Gottesgelehrtheit des Mittelalters. Humanismus — Pflege des altklasstschen Schrifttums.

4. Hilfsbuch für den Unterricht in der Geschichte - S. 61

1897 - Breslau : Handel
8. Die Kaiserzeit. 61 b) Pflanzung und Ausbreitung des Ghristentums. Gründung der Kirche und Verfolgung derselben durch die Juden. Auf die Predigt des heiligen Petrus am ersten Pfingstfeste traten 3000 der Zuhörer durch den Empfang der heiligen Taufe der christlichen Gemeinde bei. Diese trugen den Samen des Evangeliums in ihre oft weit entfernte Heimat und bereiteten dadurch der späteren Wirksamkeit der Apostel den Weg vor. Kaum hatte das Christentum in Jerusalem Wurzel gefaßt, so veranlaßte der Haß der Juden eine Verfolgung, welcher der heilige Stephanus zum Opfer fiel. Viele Christen verließen damals die Stadt und legten den Grund zu neuen Gemeinden in Palästina, Phönizien und Syrien. Die Apostel aber fuhren trotz des Verbotes des hohen Rates fort, im Tempel und in den Häusern zu predigen, und die Zahl derer, die sich taufen ließen, wuchs von Tag zu Tag. Selbst Saulus, nachher Paulus genannt, der grimmigste Feind und Verfolger der Christen, wurde durch» die Gnade Gottes bekehrt und zum Apostel berufen und entfaltete als solcher eine großartige Wirksamkeit (die drei Bekehrungsreisen). Durch eine Erscheinung wurde Petrus belehrt, daß nun auch der Zeitpunkt gekommen sei, die Heiden in die Kirche aufzunehmen. Nun verbreitete sich das Christentum rasch unter den Heiden. Neben der nur aus Judenchristen bestehenden Gemeinde zu Jerusalem entstand zu Antiochia eine große Gemeinde aus Heidenchristen. Zwischen diesen beiden Gemeinden drohten Zwistigkeiten auszubrechen, da die Jnden-christen von den Heiden vor dem Übertritt zum Christentum die Annahme des mosaischen Gesetzes forderten. Darum versammelten sich die Apostel (um 51) in Jerusalem zur Beratung und entschieden zu Gunsten der Heidenchristen. Das war das sogenannte Apostelkonzil. Ausbreitung des Christentums im römischen Reiche. Die Apostel und ihre Schüler richteten bei der Ausbreitung des Christentums ihre Thätigkeit vorzüglich auf die Hauptstädte und suchten in diesen Gemeinden zu gründen. Von den Hauptstädten aus, welche Sitz eines Bischofs wurden, verbreitete sich das Christentum in die umliegenden Städte und Dörfer. So entstanden die großen apostolischen Stammkirchen oder Mutterkirchen (Patriarchate) zu Jerusalem, Antiochia, Alexandrien und Rom. In Palästina waren die wichtigsten Gemeinden die zu Jerusalem und Cäsarea, in Phönizien die zu Tyrus, in Syrien die zu Antiochia. In letzterer Stadt bestand auch eine blühende Katechetenschule. — In Kleinasien entstanden schon zur apostolischen Zeit Gemeinden in Tarsus, Ephesus, Nikomedia und Smyrna. Von Syrien aus verbreitete sich das Christentum nach den Euphratländern und nach Persien. — In Ägypten gründete der heilige Markus die Gemeinde von Alexandrien. Hier befand sich später ebenfalls eine berühmte Katechetenschule, deren ausgezeichnetste Lehrer Klemens Alexandrinus und Origines waren. Nach Nordafrika kam das Christentum von Rom aus und verbreitete

5. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 187

1916 - Erfurt : Keyser
— 187 — Seine Truppen sperrten die Erfurter Straßen. Dadurch brach bald eine Teuerung aus. Die Lebensmittelpreise erreichten wieder die alte Höhe. Wohl hatte der nene Rat die Steuerlast erniedrigt, damit aber der Stadt auch die hauptsächlichsten Einnahmequellen abgeschnitten. So verschlechterte sich ihre Lage immer mehr. Bald sah die Gemeinde ein, daß sie „durch Abgünstige und ihren Unverstand in das Unglück geraten sei". Es wurde Friede geschlossen, und der alte Rat trat wieder in seine frühere Stellung. Was man gehofft, hatte sich nicht erfüllt. Die Lage der Erfurter Bürger und des Landvolkes hatte sich nicht verbessert, eher verschlechtert. So blieb denn die Gärung bestehen. Der Unwille des Volkes wandte sich jetzt gegen die, die früher geschürt hatten, gegen die Mainzer Beamten und gegen die Geistlichen, die von altersher große Rechte vor den übrigen Bürgern besaßen. Der offene Streit sollte bald kommen. 1501 bezog Luther die Erfurter Universität und trat 1505 in das Augustinerkloster ein. 1508 verließ er das Kloster als „ein fertiger Mann". Ju harten Seelenkämpfen hatte er im Kloster die Jahre seiner Entwicklung durchgemacht. Am 11. November 1517 wurden Luthers Thesen iu Erfurt bekannt. Luther war viel daran gelegen, die Professoren der Hochschule auf seiner Seite zu habeu. Sein Wunsch erfüllte sich zu- nächst nicht. Doch wurde die Stimmung für ihn bald günstiger, denn die Professoren lehnten das Verlangen Ecks ab, die Bannbulle zu ver- öffentlichen. Den geringen Erfolg verdankte Luther den Humanisten, die theologische Vorlesungen an der Universität hielten. Der Streit, der wegen der Nichtveröffentlichung der Bulle zwischen den Anhängern der alten Kirche und den lutherisch Gesinnten ausgebrochen war, kam nicht wieder zur Ruhe. Er wurde fortgeführt und endete mit dem Siege der An- Hänger Luthers durch die Einführung der Reformation in Erfurt. Als erster trat Dr. Johannes Lang, der beste Freund Luthers, offen für das Evangelium in Erfurt ein. Um ihn scharte sich bald eine größere Zahl von Professoren. Auch im Rate waren viele lutherisch gesinnt. Der Oberratsmeister Adolarius Huttener wandte sich begeistert der neuen Lehre zu. So kam es, daß Lang ungehindert das Evangelium predigen konnte und neben ihm noch andere. Fast die ganze Stadt schien dem Evangelium zufallen zu wollen. Bald fand sich auch Gelegenheit für die Erfurter, ihre Anhänglichkeit an Luther öffentlich zu zeigen. Auf seiner Reise nach Worms kam er am Sonnabend der Osterwoche, am 6. April 1521, nach Erfurt (s. S. 26). Auf die glänzenden Tage des Aufenthaltes folgten aber schlimme Zeiten. Zwei Lehrer der Universität und Stiftsherren von St. Sever, Johannes Drako und Justus Jonas, hatten sich an den Festen zu Ehren Luthers beteiligt. Jonas war Luther sogar nachgefolgt. Als nun Drako allein ins Stift zurückkehrte, wurde er streng bestraft. Er wurde gebannt und als Ketzer aus der Kirche gewiesen. Als das in der Stadt bekannt wurde, scharten sich die Studenten vor dem Hause des Stiftsvorstehers zusammen. Sie zwangen ihn, Drako loszusprechen. Bald folgten noch schlimmere Auftritte. Nach Luthers Ächtung wurde Dr. Lang als Professor abgesetzt. Darüber kam es zu einem großen

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 116

1911 - Erfurt : Keyser
— 116 — Toben verlangten sie von dem zumeist gehaßten Mitgliede des Rates, von dem stolzen Obervierherrn Heinrich Kellner, Rechenschaft. Auch beschuldigten sie ihn, ohne Wissen des Rats und der Gemeine das Schloß und Amt Kapellendorf verkauft zu haben. Das war für den Stolzen zu viel. Im höchsten Zorn sprang er auf, schlug an seine Brust und rief mit lauter Stimme: „Hie stehet die Gemeine!" (Rathaussaalbild). Das Wort entfesselte einen wahren Sturm von Raserei. Selbst die Gemäßigten forderten seine augenblickliche Verhaftung, und den Vierherren blieb nichts anderes übrig, als den Volkswillen auszuführen. Von Stadtknechten geleitet, wankte der eben noch so Gewaltige als gebrochener Mann seinem Hause (Regierungsstraße 64) zu, nachdem er zuvor alle Schlüssel abgegeben hatte. Damit hatte die Erfurter Revolution ihren Anfang ge- nommen. In den nun folgenden Wirren des „tollen Jahres" versuchten Mainz und Sachsen der aufrührerischen Bewegung eine Wendung zu geben, die ihnen günstig war. Dabei hielt es der Kirchenfürst mit den Unzufriedenen aus dem niederen Volk, während Sachsen durch den Rat sein Ziel zu erreichen suchte. — Gegen Ende des Jahres vollzog das Volk den Bruch mit der Vergangenheit. Die alte Verfassung wurde abgeschasst und eine neue angenommen. Auch wurde ein völlig mainzifch gesinnter Rat gewählt, von dessen Mitgliedern nicht ein einziges mit den alten etwas zu tun hatte. Dieser neue Rat mußte alle den Bürgern lästigen Abgaben aufheben, wodurch man sich freilich der Mittel zur Bezahlung der Schulden beraubte. Selbst der Kaiser erließ, gewonnen vom Erzbischos, am 28. Januar 1510 aus Innsbruck einen Auftrag, in dem die Erfurter angehalten wurden, Mainz unbedingt Rechnung von der bisherigen Stadtverwaltung zu legen; außerdem untersagte er alle Vergewaltigungen der Stadt und entbot die Beteiligten auf den Reichstag nach Augsburg. Auch eine neue Eidesformel^) für die Huldigung wurde durch Mainz festgesetzt. In ihr wurde der Erzbischof als „rechter Erb-herr" (schon Bedingung des Friedens von Amorbach 1483) anerkannt, während der Rat versprach, den „Bürgern, reichen und armen, getreu und hold sein zu sollen und zu wollen." So hatte Mainz wohl alles erreicht, was es wollte; aber seine Erfolge hatten Sachsens Unzufriedenheit aufs höchste gesteigert. Infolgedessen nahm die Fehde, die sich um Erfurts willen allmählich zwischen den beiden entwickelt hatte, eine immer größere Ausdehnung an. Ungeachtet des Friedensgebotes des Augsburger Reichstagsabschiedes vom 23. Mai 1510 wurden säch l) Wir globen und sweren, dass wir vnserm gnedigsten Herrn, dem Erzbischof zu Mentz, vnserm rechten Erbherrn, vnserm Herrn dem Greuen unserm Herrn dem Vitzthum, der Stadt Erfurt und den Burgern, reichen und armen, getrewe und holt sein sollen und wollen, Ire recht behalten, ohne alle vbel list, also ferre als wir das wissen und vermögen und den Rat helen (geheim halten), als wir zv recht sollen das vns gott helff und alle heiligen.

7. Handbuch der Israelitischen Geschichte von der Zeit des Bibel-Abschlusses bis zur Gegenwart - S. 85

1888 - Leipzig : Engel
- 85 - Arzt und Gelehrter in hoher Achtung stand, nach Venedig, wo er nach sechs Jahren sein thatenreiches Leben beschloss (1508); in Padua wurde er bestattet. Sein Bibel-Commentar ist von Juden und Christen sehr geschätzt, oft gedruckt und zum Theil ins Lateinische übersetzt. Gleich Abravanel begaben sich viele der Verbannten nach Italien und nach den griechischen Inseln, viele suchten in Nordafrika und in der Türkei eine neue Heimat. Haarsträubend sind die Leiden, welche die Unglücklichen auf ihren Wanderungen zu dulden hatten. Tausende rafften Hunger und Pest weg, Tausende kamen durch grausame Menschen um oder tödteten aus Verzweiflung sich selbst. Gegen 12000, die in Castilien wohnten, wandten sich nach dem nahegelegenen Navarra, von wo aber schon 1498 alle Juden ebenfalls vertrieben wurden. Gleiches Schicksal ereilte in demselben Jahre die Juden der Provence. Etwa 120000 der spanischen Exulanten zogen nach Portugal. §. 16. Die Juden in Portugal. In Portugal, wo die Juden seit uralter Zeit wohnten und unter den Avest-gothen wie später unter den christlichen Königen gleiches Schicksal mit ihren spanischen Glaubensgenossen theilten, nimmt die Geschichte der Juden erst mit dem 12. Jahrhundert ihren Anfang. Hier lebte die Familie Jachia-Negro, deren Urahn Jachia Ibn Jaisch, ein weiser, tapferer und reicher Mann, bei dem ersten König von Portugal als Hausminister und Reiteranführer in grosser Gunst stand. In keinem Lande waren die inneren Verhältnisse der Juden so früh vom Staate geordnet als in Portugal. Schon der duldsame und strenggerechte König Affonso H3. (1248—1279), der die Juden gegen die fanatische Geistlichkeit in Schutz nahm, regelte das Rabbinatswesen. An der Spitze der portugiesischen Juden stand ein vom König ernannter Oberrabbiner, der die von der Gemeinde gewählten Local- und Provinzialrabbiner bestätigte, in Begleitung eines Oberrichters, eines Kanzlers, Secretärs und Executors alljährlich sämmtliche Gemeinden des Landes bereiste, die Verwaltung der Legate und Waisengelder beaufsichtigte und in die Rechenschaftsberichte der Gemeinden Einsicht nahm. Auch das Gemeinde- und Steuerwesen der Juden war durch das Gesetz geregelt. Sie wohnten in besondern Judengassen, deren es in Lissabon, der grössten jüdischen Gemeinde des Landes, mehrere gab; dieselben wurden allabendlich geschlossen und von zwei königlichen Wächtern bewacht. Sie beschäftigten sich mit Wein- und Landbau, betrieben die verschiedensten Handwerke und einen ausgebreiteten Handel mit Landsproducten und Waaren. Sie waren gesellschaftlich von den Christen getrennt und mussten viele sehr drückende Steuern zahlen, wie: Kopfsteuer, Rabbinatssteuer, Flottensteuer, d. h., sie mussten zu jedem neuen Schiffe, das der König ausrüstete, einen Anker und ein neues 60 Ellen langes Tau liefern, Personalsteuer, Steuer von Wein, Fischen, Geflügel und Getreide. Trotz dieser drückenden Steuern hatten die Juden Portugals allen Grund mit ihrer Lage zufrieden zu sein. Sie waren von den Königen geschützt und

8. Handbuch der Israelitischen Geschichte von der Zeit des Bibel-Abschlusses bis zur Gegenwart - S. 93

1888 - Leipzig : Engel
— 93 - Schweiz und die Gemeinden am Bodensee: in Bern, Zürich, Winterthur, Schaffhausen, in St. Gallen, Lindau, Ueberlingen, Constanz wurden die Juden durch Scheiterhaufen, Taufe oder Vertreibung aufgerieben. In Basel wurden sie in ein hölzernes Haus auf einer Rheininsel gebracht und dann zusammen mit dem Hause verbrannt. In Constanz (Costnitz), wo man demjenigen das Leben schenkte, der zum Christenthum übertrat, zündete ein so Begnadigter sein Haus an und rief aus der brennenden Wohnung: „Ich sterbe als Jude“. Am grausamsten wurde die Judenverfolgung in Deutschland betrieben. Zu allem Unglück regten ganze Scharen herumziehender Religionsschwärmer, welche mit Geissein, an denen eiserne Nägel befestigt waren, angesichts des Volkes den entblössten Leib zerfleischten und daher Geissler oder Flagellanten genannt wurden, überall das ohnedies fanatisirte Volk gegen die Juden noch mehr auf; aller Orten mordete es in frommer Raserei. Zu Tausenden wurden die Juden erschlagen, verbrannt, ersäuft, zu Tausenden starben sie auf der Flucht vor Hunger. Wer kann alle die Gemeinden aufzählen, die dem Aberglauben und der Volkswuth zum Opfer fielen! In Strassburg, wo wie in Köln der Rath sich der Juden vergebens annahm wurde die ganze Gemeinde, 1800 Menschen, am Sabbat, 14. Februar 1349, auf einem hölzernen Gerüste auf dem jüdischen Begräbnissplatze verbrannt. Mütter rannten mit ihren Kindern ins Feuer, dass man sie ihnen nicht entreisse und taufe. In W o r m s, wo die Bürger einer Schenkung Kaiser Karl Iv. gemäss mit den Juden nach Lust und Willkür schalten konnten, hatte der Rath beschlossen, sämmtliche Juden zu verbrennen; sie kamen ihnen jedoch zuvor: sämmtliche Juden der Stadt steckten ihre Häuser in Brand und starben so den Flammentod. Dasselbe thaten die Juden zu Frankfurt, Oppenheim, Offenburg, Krems, Erfurt, wo von 3000 keine Seele übrig blieb, Esslingen, wo sich alle in der Synagoge verbrannten, u. a. m. In Mainz und Köln setzten sie sich zur Wehr und vertheidigten sich tapfer, bis sie endlich der Uebermacht unterlagen, worauf sie ihre Häuser anzündeten und in den Flammen umkamen (23. August 1349). Auch in Baiern, Oesterreich und im Norden Deutschlands fehlte es nicht an Opfern. In Wien entleibte sich auf Anrathen des Rabbiners die ganze Gemeinde in der Synagoge. Die alten Gemeinden Augsburg, Würzburg, München und nahezu 80 andere wurden gänzlich vertilgt; in Nürnberg wurde die ganze Gemeinde auf dem Judenbühl, 6.December 1349, verbrannt. Nur Regensburg zeichnete sich vor allen Städten aus: es beschirmte die Juden, welche innerhalb seiner Mauern wohnten und hielt die blutdürstige Menge vom Morde ab. In Magdeburg, Quedlinburg, Halberstadt, Hannover, Osnabrück, in Stuttgart, Ulm, Reutlingen, in Metz, Colmar, Schlettstadt, kurz wo Juden waren, wiederholte sich überall dasselbe Trauerspiel. Das Gemetzel erstreckte sich bis nach Brabant: in Brüssel und in Löwen wurden die Juden erschlagen oder verbrannt. Die Juden waren somit in den meisten Gegenden Deutschlands vernichtet; die Städte und die Landesherren theilten sich in die ihnen abgenommene Beute, und für Alles was geschehen war, verhiess der Kaiser Verzeihung. Die Städte, von denen viele infolge der Verheerungen zerstört oder verarmt waren, und die

9. Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Präparandenanstalten - S. 113

1896 - Breslau : Hirt
Die christliche Kirche zur Zeit der Apostel. Hz gründet. Durch Briefe suchten die Apostel die Gemeinden zu stärken und zu belehren. v. Ende der Apostel. Fast alle großen Apostel haben den Märtyrertod erlitten. Am frühesten starb Jakobus, der Bruder des Apostels Johannes; König Herodes, der Sohn Herodes' des Großen, ließ ihn enthaupten, um den Juden einen Gefallen zu thun. Paulus und Petrus fanden wahrscheinlich ihren Tod durch den römischen Kaiser Nero. Dieser war ein grausamer Tyrann, der außer vielen anderen sogar seine Mutter, seine Gemahlin und seinen Lehrer ermorden ließ. Um sich das Schauspiel eines großen Brandes zu verschaffen, soll er Rom angezündet haben. Fast die halbe Stadt brannte ab, und das Volk hielt den Kaiser für den Urheber des Unglücks. Da schob dieser die Ursache des Brandes den in Rom wohnenden Christen zu, die nun aufs grausamste verfolgt wurden; sie wurden gekreuzigt oder den wilden Tieren als Speise vorgeworfen; andere wurden mit Werg umwickelt, mit Pech begossen, an Pfähle gebunden und lebendig angezündet, damit sie bei Volksfesten als Fackeln den Garten Neros erhellten. Bei dieser Verfolgung soll auch Paulus mit dem Schwerte hingerichtet worden sein; er war als Gefangener nach Rom gekommen und hatte hier noch zwei Jahre das Evangelium gepredigt. Petrus hatte zuerst in Palästina das Wort Gottes verkündet, danach in Syrien und Kleinasien und war dann auch nach Rom gekommen, wo er ebenfalls gekreuzigt worden sein soll, und zwar mit dem Kopfe nach unten hängend; denn er selber soll darum gebeten haben, ihn so zu kreuzigen, weil er sich nicht für würdig halte, ebenso am Kreuze zu hängen wie sein Herr und Heiland. — Diese Verfolgung von Nero wurde auch auf die anderen Städte Italiens ausgedehnt und endete erst mit seinem Tode. Der jüngere Jakobus, ein Bruder des Herrn, war in Jerusalem geblieben und leitete die dortige christliche Gemeinde. Lange Zeit blieb er von Verfolgungen verschont; denn er lebte so streng nach dem jüdischen Gesetze, daß selbst die Juden ihn einen Gerechten nannten. Aber zuletzt führten sie auch ihn vor ihren hohen Rat, und da sie ihn keines Verbrechens beschuldigen konnten, verlangten sie von ihm, daß er am Osterfeste vor dem ganzen Volke von der Zinne des Tempels herab ein Zeugnis gegen Jesum ablegen solle. Allein der treue Jünger legte mit lauter Stimme ein Zeugnis für feinen Herrn ab; da stießen ihn die erbitterten Juden von der Zinne des Tempels herab und steinigten ihn. Noch einmal erhob der Sterbende feine Hände gen Himmel und bat: „Vater, vergieb ihnen; denn sie wissen nicht, was sie thun." Dies Wort ergriff das Herz eines jüdischen Priesters; er rief: „Haltet ein! Was macht ihr? Dieser Gerechte betet für euch!" — Aber ein Wütender spaltete dem sterbenden Märtyrer mit einer Keule das Haupt. Der Apostel Johannes wirkte, nachdem er Jerusalem verlassen hatte, lange Jahre als Bischof der Gemeinde zu Ephesus in Kleinasien. Hoffmeher und Hering, Hilfsbuch. 8. Aufl. g

10. Geschichte der neueren Zeit - S. 4

1868 - Mainz : Kunze
4 Erste Periode der neueren Geschichte. U.dteuniver-war. Schon im 18. Jahre bezog Martin Luther die Universität sltät Erfurt. Erfurt, um dem Wunsche des Vaters gemäß Rechtswissenschaft zu studiren. Seine große Schüchternheit, seine Neigung zur Zurückge- zogenheit und seine Gottergebenheit regten in ihm den Gedanken an, sein Leben Gott in stiller Andacht zu weihen und seine ganze Jugend- kraft dem Studium der Theologie zu widmen. Die Achtung vor dem Willen des Vaters machte ihn eine Zeit lang schwankend. Er studirte zunächst Philosophie und die griechischen und römischen Classiker, bis er einst auf der Bibliothek eine sehr bestaubte Bibel fand, welche ihrer Seltenheit wegen an einer Kette lag. Durch seinen rastlosen Eifer im Studium der heiligen und profanen Schriften zog sich Luther eine schwere Krankheit zu; man war um sein Leben besorgt. Ein Priester tröstete ihn damals und sprach: „Seid getrost, Ihr werdet dieses Lagers nicht sterben; unser Vater im Himmel wird noch einen großen, berühmten Mann aus Euch machen, der viele Leute wieder trösten wird." Luther genas und widmete jetzt seine Kräfte ausschließlich dem Studium der Theologie. Dies fügte sich also. Aus einer Reise von Mansfeld nach Erfurt sammelte sich über ihm ein schweres Gewitter. Ein Blitzstrahl streckte ihn selbst betäubt zu Boden und erschlug seinen Freund Alexius dicht neben ihm*); dieses unglückliche Ereigniß machte ihn so ernst und nachdenkend, daß er der Welt zu entsagen beschloß. Nachdem er seine Freunde zu einem Abschiedsmahle eingeladen und be- Luther geht wirthet hatte, begab er sich noch in derselben Nacht, am 17. Juli 1505, ins Augusti- 0jjne seine Absicht verrathen zu haben, in das Kloster der Augustiner nerkloster, ^ Erfurt, wo er alsbald eingekleidet wurde. Am folgenden Tage über- sandte er seinem Vater seinen Magisterring und seine weltlichen Kleider nebst einem zärtlichen Schreiben, worin er ihm die Gründe dieses wichtigen Schrittes mittheilte. Am 2. Mai 1507 empfing Luther die Priester- weihe und hielt seine erste Messe. Zwei Jahre vorher wurde ihm die akademische Würde eines Doktors der Philosophie verliehen, verrichtet die Im Kloster verrichtete Luther die niedrigen Dienste eines Bettel- niedrigsten Mönchs; er reinigte die Zellen der Mönche, öffnete und schloß die Kirche, zog die Thurmuhr auf, forderte mit dem Bettelsacke auf dem Rücken von den Bürgern der Stadt Brod, Eier, Fleisch und Geld, und brachte die Geschenke ins Kloster. Dabei versank er in tiefe Schwermuth und suchte in der Augst seines Herzens seine sinnliche Natur durch Fasten, Beten und schwere Kasteiungen zu unterdrücken. *) Nach anderen Mittheilungen fiel Luthers Freund Alexius unter den Streichen von Meuchelinördern.

11. Bd. 3, Abt. 2 - S. 229

1891 - Cöthen : Schulze
— 229 — und machte fein Wort wahr. Schließlich gewannen die Juden Herrn Gottfried von Hohenlohe für 400 Pfund Heller. Der fing ihn, . . . und ließ ihn in Kitzingen enthaupten. Des Ritters Leiche wurde nach dessen Dorfe Ussinkeim gebracht und in der Kirche beigesetzt, wo sie durch unzählige Mirakel glänzte. Chron. Sampetr. ad. a. 1343. Mencken Iii p. 338 seq. 199. (1349) . . . wurden die Juden in allen Städten, Burg-fleckeu (castellis) und Dörfern Thüringens, in Gotha, Eisenach, Arnstadt, Ilmenau u. s. w. u. s. w. erschlagen, weil sie die Quellen und Bruunen vergiftet haben, wie denn damals öffentlich gesagt wurde, daß man in Quellen und Brunnen viele Säcke mit Gift fände. Im selben Jahre . . . töteten zu Erfurt die gemeinen Bürger wider des Rates Willen hundert und mehr Juden. Als nun die anderen, an Zahl über 3000, sahen, daß sie den Händen der Christen nicht entrinnen könnten, verbrannten sie sich, einem gewissen feierlichen Brauche gemäß (pro quadam sanetitate), in ihren eigenen Häusern. Drei Tage später wurden sie auf Lastwagen nach ihrem Gottesacker vor dem S. Moritzthore geschafft und dort begraben. Mögen sie in der Hölle ruhen (requiescant in inferno)! Auch sollen sie in Erfurt die Bruunen und die Gera vergiftet haben, und nicht minder die Heringe, weshalb niemand solche während der Fastenzeit essen wollte und kein wohlhabender Bürger die Speisen mit Wasser kochen ließ. Ob wahr ist, was man (von der Brunnenvergiftung) erzählt, weiß ich nicht. Ich glaube mehr, daß der Anlaß zu diesen (Vorgängen) darin lag, daß Herren und Ritter, Bürger und Bauern ihnen (den Juden) viel, ja unerschwinglich viel Geld schuldig waren. . . . Im gleichen Jahre und am selben Tage wurden (die Inden) in Mühlhausen wie in Erfurt und fast in ganz Deutschland ermordet oder verbrannten sich selber. Chron. Sampetr. ad a. 1349. Mencken Iii p. 341. 200. (1453.) In Schlesien nahe bei Breslau stahl ein von den Juden dazu angestifteter Bauer eine Büchse mit vielen kleinen geweihten Hostien und übergab sie den Inden. . . . Einige von ihnen vergriffen sich an der Hostie mit Stöcken, andere mit Geißeln, noch andere mit Messern oder mit Feuer. . . . Deshalb wurden sie gefangen gesetzt . . . samt Weib und Kind und nacheinander verbrannt. . . . Matth. Doering. Mencken Iii p. 20. 201. (1510) raubte der Pommer Paul From, ein schlechter Christ, zwei Hostien . . . samt der Monstranz und verkaufte die

12. Teil 1 - S. 419

1882 - Leipzig : Brandstetter
der deutschen Juden im Mittelalter. 419 werde, man sperrte die Juden in ihren eigenen Häusern ein oder schleppte sie ins Gefängnis und bemerkte dann ganz unschuldig in den Urkunden, in denen man über die Zahlung quittierte, daß die „lieben Kammerknechte" sich ans freiem Willen zu einer Zahlung verstanden hätten. Gern suchte man Vorwände von Schuld oder Verbrechen, um die Summe als Strafgeld erscheinen zu lasseu. Der Vorwand eines Verbrechens gegen das Leben oder die Religion der Christen war leicht beschafft, wenn auch nicht bewiesen. Dann begnügte man sich nicht, denjenigen, welcher das Verbrechen begangen haben sollte, oder seine Familie mit einer Geldbuße zu strafen, sondern es wurde die Gelegenheit benutzt, um die ganze Gemeinde, welcher er angehörte, oder auch benachbarte Gemeinden mit einer solchen Steuer zu belegen. Kaiser Sigismund war den Bürgern von Znaim 905 Gulden schuldig; er wies dieselben 1421 an, diese Summe von des Königs Kammerknechten zu Znaim, Olmütz und Brünn zu erheben und nötigenfalls die Inden „mit Beschwerung Leibs und Guts dazu zu halten und zu bringen". Derselbe Kaiser suchte den Juden die Kosten des Konstanzer Konzils aufzubürden. Die Juden Nürnbergs mußten 12 000 Gulden, ebensoviel die Kölns, drei Juden zu Heilbrornt 1200 Gulden, ein Jude zu Wiusheim 2400 Gulden zahlen; einer zu Schwäbisch-Hall entrichtete 2000 Gulden. Auch während der Hussitenkriege zog man die Juden zu außerordentlichen Steuern heran. Man sieht, über welche Summen die Juden geboten, aber auch, mit welcher Rücksichtslosigkeit die Kaiser ihre schutzlose Lage ausbeuteten. In einzelnen Reichsstädten hatten die Juden auch bei besonderen Veranlassungen Leistungen an den königlichen Hof zu übernehmen. So waren sie um die Mitte des 14. Jahrhunderts zu Frankfurt verpflichtet, bei Anwesenheit des Kaisers das Pergament für die Kanzlei zu liefern, den Hof mit Bettzeug, die Küche mit Kesseln rc. zu versehen. Ähnliche Lieferungen lagen bei gleicher Gelegenheit den Juden Nürnbergs ob. Beim Abzüge des Königs pflegten die Geräte, das Bettzeug u. s. w. den königlichen Hofbeamten zuzufallen. Über das Recht der Bürger, die Juden auch zu städtischen Steuern heranzuziehen, gab es sehr verschiedene Vorschriften. Besonders häufig war bestimmt, daß sie zu der Befestigung der Stadt beisteuern sollten, bisweilen auch in der Art, daß sie eine bestimmte Strecke der Stadtbefestigung zu bauen hatten. Der Schutz, welchen der Jude mit schweren Abgaben erkaufen mußte, erstreckte sich aber zunächst nur auf den Ort, in welchem er ansässig war. Bei Reisen kamen noch andere Verhältnisse in Betracht. Es war natürlich, daß die Juden nicht minder als die Christen durch Zahlung des Geleitgeldes sich sicheres Geleit zu verschaffen suchten, da sie auf ihren Reisen noch größeren Gefahren ausgesetzt waren. Aber während der Christ, wenn er es wagen wollte, auch reisen konnte, ohne Geleit erworben zu haben, erhielt der Jude erst durch Erlegung des Geleitgeldes die Erlaubnis zum Reisen. 27*

13. Teil 3b = 9. Schulj - S. 339

1912 - Halle a.S. : Schroedel
339 — den ein Hannoverscher Landesteil), wo das Ansehen des Bischofs und einer reich begüterten Geistlichkeit galt, stellte der Reformation mäch- tige Hindernisse entgegen, so daß noch 1530, als 150 Bürger im Dom und in der Andreaskirche vor der Vesper lutherische Lieder sangen, der Besitz der Schriften Luthers aufs strengste untersagt werden konnte, und einzelne Eiferer für die neue Lehre nur mit Mühe vor groben Miß- handlungen geschützt wurden. Im Jahre 1531 hatte der vom Land- grafen von Hessen aus Kassel geschickte Prädikant Kulemann Engel kaum die Kanzel der Andreaskirche bestiegen, als der Rat erschien, über die Neuerungen eiferte, den Prediger von der Kanzel reißen ließ und mehrere seiner Anhänger aus der Stadt verbannte. Der Unglück- liche konnte nur dadurch dem Tode entzogen werden, daß der Bürger- meister Hennig Könerding, derselbe, welcher Peine im Stiftskriege so mutig verteidigt hatte, ihn unter seinem Mantel barg. Sodann mußte er auf dem Rathause die Stadt auf fünf Meilen verschwören. Behutsamer trat Urban Rhegius auf. Von Celle aus sandte er seine Trostbriefe an die kleine lutherische Gemeinde in Hildesheim und suchte durch gründ- liche Beweisführung Rat und Bürgerschaft von der Wahrheit seiner Lehre zu überzeugen. Bedeutend hatte sich indes insgeheim die Zahl der evangelischen Bürger gemehrt; denn als in dem nämlichen 'Jahre ein wandernder ehemaliger Franziskaner vom Abte zu St. Michael die Erlaubnis erhielt, in der dortigen Klosterkirche zu predigen, und er gegen das Ende seiner Rede die Zuhörer aufforderte, den „päpstlichen Greuel" abzutun, stimmten diese plötzlich das hohe lutherische Lied „Erhalt’ uns Herr, bei deinem Wort" an; aber auch in größter Eile mußte sich der kühne Franziskaner aus der Stadt entfernen. Trotz dieser Härte gegen die Prädikanten neigte sich jedoch der größere Teil der Bürgerschaft dem neuen Glauben zu. Als natürliche Folge hiervon ergab sich ein Zerwürfnis zwischen der Gemeinde und dem dem Bischof zugetanenen Rat, bis 1542 Anhänger des Luthertums zu Vorstehern der Stadt erwählt wurden, an deren Spitze der Bürgermeister Heinrich Sprenger stand. Doch konnte die Einführung der Reformation noch nicht gleich erwirkt werden. Da ritten am 6. August 1542 Abgeordnete von Magdeburg, Braunschweig und Goslar in die Stadt ein. Bei ihrem Antrage dem Schmalkaldischen Bunde beizutreten, mußte der Rat dem Willen der Bürgerschaft nachgeben. Weinend trug auf seinen Befehl Burkard von Oberg, nachmaliger Bischof, aus der den Lutheranern einzuräumenden Andreaskirche das heilige Öl und die Hostien. Zwei von Braunschweig kommende Prädikanten, Johann Bugenhagen and Johann Winkel, wurden in feierlichem Aufzuge vom Bürgermeister eingeholt. Sie waren es, welche zuerst die lutherische Gemeinde frei vor sich ver- sammeln durften. Als Bugenhagen am 1. September 1542 seine erste 90 *

14. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 86

1916 - Erfurt : Keyser
— 86 — zum äußern Andreastor. Von hier bis zurück zum Wassertor blieb die alte Befestigung. Das Brühl lag auch diesmal außerhalb der Mauer. Doch wurden zu seinem Schutze zwei besondere Türme errichtet, die man später durch einen Wall verband. Der eine Turm ist uoch manchem Erfurter als „Pförtchen" bekannt. Der andere stand am Fuße des Cyriaksberges. Es war eiu dreistöckiges Bauwerk und beherrschte die Stadt und den Cyriaksberg. Die neue Stadtmauer wurde von den Bürgern nicht mehr in ihrer ganzen Länge besetzt, wenn der Feind angriff. Die Verteidigung beschränkte sich jetzt auf die 14 mehrstöckigen Türme, die man auf der Mauer errichtet hatte. Später wurde der Cyriaksberg befestigt und zu einer Burg umgewandelt (nach 1480). Sie war nun der Hauptpunkt der ganzen Befestigungsanlage. Zn dieser Zeit hatte sich das Stadtbild gegen früher wesentlich geändert. Wohl waren die meisten Bürgerhäuser aus Fachwerk gebaut, aber viele reiche Kaufherren besaßen feste Stein- Häuser. Die gotische Bauweise hatte ihren Einzug gehalten, Einzelne bezeichnende Bauten jener Zeit sind uns Gottseidauk erhalten geblieben. Im Kloster- und Kirchenbau war die gotische Bauweise schon lange ein- geführt. Schon damals thronte hoch über der Stadt der Dom. Auch die Bettelorden Erfnrts, die Dominikaner und Franziskaner, hatten ihre prächtigen Kirchen vollendet. Noch heute sind die Barfüßer- und Prediger- kirche Zierdeu unserer Stadt. Das alte Rathaus, von dem leider nichts erhalten geblieben ist, war bei der raschen Entwicklung der Stadt er- weitert worden. Vor allem hatte man zuerst ein neues Kaufhaus gebaut, die Wage (Ecke der Wagegasse). Trotzdem reichten die Räume des Rat- Hauses bei festlichen Gelegenheiten nicht aus. Das war z. B. der Fall beim „großen Turnier" 1496. Da blieb dem Rate nichts anderes übrig, als das gegenüberliegende Hans „zu den Wölfen" als „Tauzhaus" zu benutzen. — Auch das geistige Leben blühte. Die Universität, die der Rat 1392 aus eigenen Mitteln errichtet hatte, entwickelte sich herrlich. Lnther, wohl ihr berühmtester Schüler, bezeichnet alle übrigen Hochschulen im Vergleich mit ihr als Schützenschnlen. — Erfurt zählte damals zu den Großstädten Deutschlands. Es hatte gegen Ende des 15. Jahrhunderts 18680 Einwohner, und außer Erfurt selbst waren dem Rate noch die Stadt Sömmerda und 83 Dörfer Untertan, die Mainzer Küchendörfer eingerechnet. Diesen Höhepunkt hat die Stadt nicht mehr überschritten. Es kam zuerst zu einem Stillstand und dann zu einem vollständigen Rückgang. Ursache zu beiden waren die mancherlei Unruhen, die in der Stadt ans- brachen. Unzufrieden mit der Geldwirtschaft des Rates und aufgereizt von Mainz, erhoben sich vor allem die Handwerker, die unter einer großen Steuerlast seufzten, gegen den Rat. Es kam zu dem Aufruhr, den man das „Tolle Jahr" nennt (f. Anh.). Ihm folgten noch das „Pfaffen- stürmen" und der Bauernaufstand (s. Anh.). Dazn kam, daß Erfurt nach deu großen Entdeckungen abseits der nenen Handelswege zu liegen kam. An die Stelle von Erfurt, das bis dahin der Mittelpunkt des Handels in Mitteldeutschland gewesen war, trat Leipzig. Auch die Ein-

15. Heimatkundliches Lesebuch - S. 442

1912 - Danzig : Kasemann
442 Zunächst hatte Thorn keinen Grund, die Änderung der Oberherrschaft zu bedauern, denn König Kasimir kam seinen Versprechungen, wenn auch erst nach langen Verhandlungen und großen Geldvpfern nach, bestätigte die früheren Privilegien, zu denen er neue weitgehende Rechte hinzufügte, gab der Stadt ein großes Landgebiet mit einer Anzahl von Dörfern und verlegte, ans Bitten der Bürger, die beim Schlosse Dybow angelegte Niederlassung Nessau, die dem Handel Thorns Abbruch tat, stromaufwärts nach dem heutigen Nieszawa. Thorn war wie Danzig gewissermaßen eine freie Stadt unter der Schutzherrschaft Polens geworden mit vollständiger Selbstverwaltung, mit eigener Gerichtsbarkeit und dem Recht, Münzen zu prägen. Ein neuer Beamter, der die Stelle des Königs zu vertreten hatte, der Königliche Burg- graf, wurde eingesetzt und ans den vom Rat vorgeschlagenen Ratsmitgliedern vom König ernannt. Kasimir blieb während seiner ganzen Regierungszeit für das Wohl der Stadt bemüht, bestätigte ihr auch das Niederlagsrecht und gewährte ihr außerdem vom Jahre 1478 ab auf 20 Jahre Zollfreiheit in seinem ganzen Reiche. Im Jahre 1477 faßte der Rat den Beschluß, fortan Thorn zu schreiben an Stelle des polnisch anklingenden Thorun. Auch die Nachfolger Kasimirs aus dem Hause der Jagellonen waren der Stadt verhältnismäßig günstig gesinnt, wenn sie auch das Stapelrecht nicht immer achteten; sie tasteten die sonstigen Rechte der Stadt nicht an und erweiterten das Landgebiet derselben. So verlieh der König Sigismund I. (1506—1546) der Stadt das Gebiet von Alt-Thorn (1514) und das Schloß Birglau mit seinen Gütern (1520) gegen Abtretung der Burg Schwetz, welche die Stadt seit Anfang des Städtekrieges (1454—1466) besetzt und unter mancherlei Opfern in verteidigungsfähigem Zustande erhalten hatte, um den Verkehr auf der Weichsel zu sichern. Infolge von Streitigkeiten mit der Gemeinde, die, durch einen entlassenen Stadtschreiber Seifrid auf- gehetzt, Anteil an der Verwaltung beanspruchte und dem Rat schlechte Ver- waltung vorwarf, mußte sich der Rat, sehr gegen seinen Willen, an den König wenden, der der Stadt am 24. August 1523 eine neue Verfassung gab, die mit geringen Änderungen bis zum Aufhören der polnischen Herr- schaft galt. Hiernach sollten Brüder und Vettern nicht zusammen im Rate sitzen. Aus der der Gemeinde von ihm bewilligten Vertretung bildete sich allmählich die dritte Ordnung heraus, die später aus 50—60 Vertretern der Bürgerschaft, Kaufleuten und Handwerkern, gleichberechtigt neben der ersten Ordnung, dem Rat, und der zweiten Ordnung, den Schöffen, bestand. Auf verschiedenen Reichstagen zu Radom und Petrikau wurde auf den Antrag Danzigs und der Polen wegen Aufhebung des Thorner Stapelrechts ver- handelt, bis dasselbe im Jahre 1529 auf dem Reichstage zu Krakau der Stadt endgültig abgesprochen wurde. Immerhin ist es wunderbar, daß eine solche den freien Verkehr hemmende Einrichtung über 150 Jahre bestehen konnte. In den Jahren 1530—1559 vollzog sich in Thorn ohne viel Lärm die Reformation, indem Rat und Bürgerschaft zur lutherischen Kirche übergingen. Die heute noch vorhandenen Kirchen ans alter Zeit, die St. Marienkirche, die St. Jakobskirche und die St. Johanniskirche kamen in den Besitz der Protestanten, nur in der St Johanniskirche wurde seit 1583—1596 ab- wechselnd katholischer und protestantischer Gottesdienst abgehalten. Das

16. Geschichte der Provinz Sachsen - S. 88

1906 - Hannover-List [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
88 30. Die Einfhrung der Reformation in der Provinz Sachsen. 6. Erfurt gehrt zu den Stdten, die am ersten von der katholischen Kirche abfielen; 1521 war der grte Teil der Brger schon evangelisch. Die Klster und viele Pfarrkirchen standen leer, während in andern ausgetretene Mnche den Gottesdienst in lutherischer Weise hielten. Der Rat, obgleich fast ganz aus Katholiken bestehend, lie diese Prediger gewhren; er hoffte durch den Abfall von der katholischen Kirche zugleich von der Herrschaft des Mainzer Erzbischofs befreit zu werden. Als 1525 die Bauern des Erfurter Gebietes sich erhoben und Einla in die Stadt begehrten, wurden ihnen die Tore geffnet, der Stadthauptmann fhrte sie gegen die Huser der katholischen Stiftsgeistlichen und gegen die mainzischen Amts- und Gerichtshuser, um sie zu zerstren. Doch machten diese Gewaltttig-feiten viele Brger stutzig, und die katholische Partei gewann wieder an Einflu. Auch hatte der Erzbischof Klage erhoben, und es kam zu langen Verhandlungen, die damit endigten, da der Stadt Religionsfreiheit zugesichert wurde. Doch blieb sie unter mainzischer Herrschaft. 7. In den freien Reichsstdten Nordhausen und Mhl* hausen fand Luthers Lehre ebenfalls viele Anhnger. In Nord-hausen verbreitete sie sich still und ohne Aussehen; Luther hatte hier unter den einflureichen Brgern persnliche Freunde, wie den sptem Brgermeister Meienburg und den Ratsapotheker Michel; er selbst ist in der Stadt gewesen, und sein Mitarbeiter Justus Jonas war hier geboren. 1522 ward in Nordhausen zuerst evangelisch gepredigt, und der Prediger Spangenberg, der vorher in den Stolbergischen Landen das Kirchenwesen geordnet hatte, fhrte die neue Ordnung auch hier ein. 8. Eine andere Aufnahme fand Luthers Lehre in Mhlhausen. Der aristokratische Rat der Stadt frchtete schdliche Neuerung von ihr und suchte sie zu hemmen. Das weckte Erbitterung in der Brgerschaft; sie warf sich dem Aufrhrer Thomas Mnz er in die Arme und strzte das Alte gewaltsam um, während anderswo die Umwandlung langsam vor sich ging. 9. Fr die Reformation in der Grafschaft Hohenstein ist das Kloster Walkenried von Bedeutung geworden. 1546 berief der Graf Ernst V. den Nordhuser Prediger Spangenberg, den Propst vom Kloster Mnchenlohra und andere Rte nach Walkenried, nm den Gottesdienst im Kloster evangelisch einzurichten. Im brigen blieb in der Grafschaft noch das katholische Bekenntnis bestehen. Der Graf selbst starb 1552 als Katholik. Seine Shne aber waren der Reformation zugetan. Im Jahre 1556 versammelten sie die Ritterschaft und die Geistlichen nach Walkenried, und hier wurde nun das evangelische Bekenntnis als Glaubensregel fr die Untertanen angenommen. Am darauffolgenden Sonntage, es war der Palmsonntags wurde in den Kirchen der Grafschaft zum erstenmal evangelisch ge predigt und das Abendmahl in evangelischer Weise gefeiert. Da sich aber die Gemeinden sehr schwer von den einmal gewohnten Gebruchen

17. Mecklenburgische Geschichte für Volks- und Bürgerschulen - S. 18

1908 - Berlin : Süsserott
— 18 — 7. Schulen. — Schulen für die Jugend des gemeinen Volkes kannte das Mittelalter nicht. Deshalb herrschte weühin gröbste Unwissenheit und finsterer Aberglaube. In den Städten waren alle Schulen-Lateinschulen. Die erste deutsche Schule, in welcher Lesen, Schreiben und Rechnen gelehrt wurde, gründeten erst 1480 die „Brüder vom gemeinsamen Leben" in Rostock. Für die höchste wissenschaftliche Ausbildung sorgte die Uni« versität Rostock, welche am 1‘2. November 1419 eröffnet wurde. Ihr Kanzler war der Bischof von Schwerin. 8. Judenverfolgungen. — Auch in Mecklenburg waren die Juden schweren Verfolgungen ausgesetzt. Die größte Judenverfolgung fand 1492 Zu Sternberg statt. 27 Juden, 25 Männer und 2 Frauen, wurden auf dem Berge vor der Stadt, seitdem der Judenberg genannt, dem Flammentode übergeben. Alle Juden wurden des Landes verwiesen. Erst nach 200 Jahren durften wieder Juden in Mecklenburg einwandern. Iv. Die Reformationszeit. 14. Joachim Stüter. 1. Slüters Herkommen. — Joachim Slüter war 1490 zu Dömitz als eines Fährmanns Sohn geboren und mü seinem rechten Namen Kutzker geheißen. Der Knabe widmete sich dem geistlichen Stande und studierte in Rostock und Wittenberg; an letzterem Orte wurde er durch Luther und Melanchthon der Reformation gewonnen. Als ihr begeisterter Anhänger kehrte er 1521 nach Mecklenburg zurück, wo er an Herzog Heinrich dem Friedfertigen einen Gönner fand. Nachdem Slüter zwei Jahre als Lehrer an der Schule des Kirchspiels von St. Peter in Rostock gewirkt hatte, verlieh ihm Herzog Heinrich 1523 eine Predigerstelle an dieser Kirche. 2. Slüters Predigt. — Klar und vernehmlich verkündigte jetzt Slüter die freie Gnade Gottes in Christo. Die Zahl seiner Zuhörer war eine so große, daß die Menge nicht mehr Raum in der Kirche fand. Slüter mußte unter freiern Himmel predigen und schlug seine Kanzel an der Nordseite der Kirche unter einer Linde auf. 3. Slüters Leiden. — Je mehr der Anhang der katholischen Priester und Mönche abnahm, desto größer wurde ihr Haß gegen Slüter. Dieser war des Nachts in seinem Hause nicht mehr sicher; oft irrte er bis an den Morgen vor dem Tore umher. Man verspottete feine Anhänger und verweigerte den Mitgliedern seiner Gemeinde das kirchliche Begräbnis. Ihn selbst suchte man auf einem Abendessen, welches in der Herberge der Franziskanermönche bereitet war, zu vergiften; ein kleines Mädchen aber warnte und rettete den Reformator. 4. Slüters Heirat. — 1528 verheiratete sich Slüter mit Katharina Gele, der Tochter eines Schmiedes in der Altschmiedestraße. Den Spiel« leuten der Stadt war verboten worden, den Hochzeitszug mit Musik zu begleiten, aber die lutherischen Bürger ersetzten diesen Mangel durch Psalmengesang und das Geläute aller Glocken der Petrikirche.

18. Die Provinz Hannover - S. 138

1882 - Hannover : Carl Meyer (Gustav Prior)
138 die Berufung eines lutherischen Predigers und die Zurückkunft der Ausgewiesenen zu erzwingen. Bnrmefter ward später, im Jahre 1533, Prediger auf Philipps des Älteren Schlosse zu Katlenburg; auch trat der Herzog selbst ein Jahr darauf zum Luthertum über. Die Reformation aller Kirchen, Klöster und Stifter des Fürstentums ward nun ohne große Mühe und mit wenig Widerstand vollzogen. — Das Bistum Hildes heim, wo das Ansehen des Bischofs und einer reich begüterten Geistlichkeit galt, stellte der Reformation mächtigere Hindernisse ent- gegen, so daß noch 1530, als 150 Bürger im Dom und in der Andreaskirche vor der Vesper lutherische Lieder sangen, der Besitz der Schriften Luthers aufs strengste untersagt werden konnte, und einzelne Eiferer für die neue Lehre nur mit Mühe vor groben Mißhandlungen geschützt wurden. Im Jahre 1531 hatte der vom Landgrafen von Hessen aus Kassel geschickte Prädikant Kulemann Engel kaum die Kanzel der Andreaskirche bestiegen, als der Rat erschien, über die Neuerungen eiferte, den Prediger von der Kanzel reißen ließ und mehrere seiner Anhänger aus der Stadt verbannte. Der Unglückliche konnte nur dadurch dem Tode entzogen werden, daß der Bürgermeister Henning Könerding, derselbe, welcher Peine im Stiftskriege so mutig verteidigt hatte, ihn unter seinem Mantel barg. Sodann mußte er auf dem Rathause die Stadt auf 5 Meilen verschwören. Behutsamer trat Urban Regius auf. Von Celle aus saudte er seine Trostbriefe an die kleine lutherische Gemeinde in Hildesheim und suchte durch gründliche Beweisführung Rat und Bürgerschaft von der Wahrheit seiner Lehre zu über- zeugen. Bedeutend hatte sich indes insgeheim die Zahl der evangelischen Bürger gemehrt; denn als in dem nämlichen Jahre ein wandernder ehemaliger Franziskaner vom Abte zu St. Michael die Erlaubnis erhielt, in der dortigen Klosterkirche zu predigen, und gegen das Ende seiner Rede die Zuhörer aufforderte, den „päpstlichen Gräuel" abzuthun, stimmten diese plötzlich das hohe lutherische Lied: „Erhalt' uns Herr, bei deinem Wort" an; aber auch in größter Eile mußte sich der kühne Franziskaner aus der Stadt entfernen. Trotz dieser Härte gegen die Prädikanten neigte sich jedoch der größere Teil der Bürgerschaft dem neuen Glauben zu. Als natürliche Folge hiervon ergab sich ein Zerwürfnis zwischen der Gemeinde und dem dem Bischof zugethanm Rat, bis 1542 Anhänger des Luthertums zu Vorstehern der Stadt erwählt wurden, an deren Spitze der Bürgermeister Heinrich Sprenger stand. Doch konnte die Einführung der Reformation noch nicht gleich erwirkt werden. Da ritten am 6. August 1542 Abgeordnete von Magdeburg, Braunschweig und Goslar in die Stadt ein. Bei ihrem Antrage, dem Schmalkaldischen Bunde beizutreten, mußte dem Willen der Bürgerschaft der Rat nachgeben. Weinend trug auf seinen Befehl Burkard von Oberg, nachmaliger Bischof, aus der den Lutheranern einzuräumenden Andreaskirche das heilige Ol und die Hostien. Zwei von Braunschweig kommende Prädikanten, Johann Bugenhagen und Johann Winkel, wurden im feierlichen Aufzuge von: Bürgermeister eingeholt. Sie waren es, welche zuerst die lutherische Gemeinde frei vor sich versammeln durften. Als Bugenhagen am 1. September 1542 feine erste Predigt hielt und man Luthers Lieder sang, konnten sich die Zuhörer der heißen Thränen nicht enthalten, und voll Verwunderung hörte der Prediger, wie die ganze Gemeinde bereits mit den Melodien bekannt war. Kaum aber, daß die Protestanten auf solche Weise den Sieg errungen hatten,

19. Heimatkunde des Stadt- und Landkreises Erfurt - S. 189

1916 - Erfurt : Keyser
— 189 — das Messelesen, überhaupt den katholischen Gottesdienst in allen Klöstern und Stiftern. Die 24 Pfarreien wurden in 10 zusammengefaßt. Die kleineren Kirchen wurden ganz geschlossen, die größeren aber zu Gemeinde- Pfarrkirchen bestimmt. Zu ihnen gehörten außer den acht, die noch heute in den Händen der Evangelischen sind, die Marienstiftskirche (der Dom) und die° Schottenkirche. Ein einziger Pfarrherr, der Barsüßer-Prior Dr. Klinge, kehrte sich nicht an das Gebot des Rates. Er las in der Hospitalkirche die Messe eifrig fort. Die „getreue Tochter von Mainz" wählte sich auch ein neues Stadtwappen, den Weltenrichter auf dem Regenbogen. Die Umschrift lautete: „Recte iudicate hominum, ut non iudicemini"=„Richtet recht Menschenkinder, daß ihr nicht gerichtet werdet!" Selbstverständlich ließ der Erzbischos nichts unversucht, die Herrschaft zurückzuerlangen. Schon Ende 1525 mußte der Rat den katholischen Gottesdienst in mehreren geräumten und geschlossenen Kirchen genehmigen. Im Dome wurde der Gottesdienst für beide Lehren zugelassen. Die Katholiken mußten bis um 9 Uhr ihren Gottesdienst abhalten. Dann hielt der evangelische Geistliche Dr. Lang Gottesdienst und Predigt. Im Jahre 1530 kamen die Verhandlungen zwischen dem Rat und dem Erz- bischos Albrecht Ii. zum Abschluß in Hammelburg in Unterfranken. Die erzbischöflichen Hoheitsrechte wurden wieder hergestellt. Der Erzbischos aber versprach jeglichen Straferlaß. Die Marienstifts- und Severikirche wurden dem alten Glauben zurückgegeben, ebenso die Peterskirche. Der Erzbischos aber erkannte stillschweigend die Lossagnng des größeren Teils der Stadt von der geistlichen Rechtspflege und seiner Oberhoheit an und gewährte in einer Anzahl von Kirchen den neuen gottesdienstlichen Ge- brauch. Dr. Lang wurde Geistlicher der Michaelisgemeinde und Nonarins (9 Uhr-Prediger) in der Predigerkirche. Dorthin hatte man den 9 Uhr- Gottesdienst aus dem Dome verlegt, und „Nonarins" ist jetzt der Früh- Prediger. Die Hospitalkirche wurde den Evangelischen eingeräumt, Dr. Klinge wurde Domgeistlicher. In dieser Ordnung haben sich die kirchlichen Verhältnisse bis ans den heutigen Tag erhalten. Es folgte nnn eine längere Friedenszeit. Der Wohlstand der Bürger und der Stadt fing an, sich wieder zu heben. Doch die Besserung hielt nicht an. Die reichen Einnahmen aus dem Stapelrecht und dem Straßen- zwang (s. S. 44) blieben aus, denn die Stadt hatte die Rechte verloren. Vollständig trocknete aber die „Schmergrube", so hatte Luther einst Erfurt genannt, im 30jährigen Kriege aus. Er brachte der Stadt große Leiden und ungeheure Lasten. Die erste Einquartierung im Erfurter Gebiet erlaubte sich der Kurfürst Johann Georg von Sachsen, der sich als Schutzherr der Stadt fühlte. Der Schutz war aber unnütz, denn nirgends war ein Feind zu sehen. Noch schlimmer wurde es, als der Herzog Friedrich von Altenburg seine Scharen in die Erfurter Dörfer legte (1622). Uber seine Horden konnte niemand Herr werden. Die furchtbare Plage hörte erst im nächsten Jahre auf, als dem Herzog der Sold ausblieb. Da lief die zuchtlose Baude unter Absingen von Spottliedern

20. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 78

1911 - Erfurt : Keyser
— 78 - Uebergabe der Burg: Es währte nicht lange, so wurden die bis auf das Gerippe zerschmetterten Torflügel ausgetan, und die Besatzung zog langsam über die Brücke. Ein trauriger Abzug! Kaum zwanzig Mann noch und alle verwundet; sie grüßten den Rat und das wallende Banner der Erfurter. Diese hatten sich natürlich recht nahe an die Brücke herangedrängt, damit ihnen nichts von dem Schauspiel entgehe. Tie Gefangenen schritten einzeln am Rat vorüber, und, nachdem sie das Schwert abgegeben hatten, wurde jeder von zwei Zuustleuteu in die Mitte genommen und abseits geführt. — Für die Erfurter war es noch ein heißer Tag. In der Burg sah es gar übel aus, und Tote und Verwundete lagen überall umher. Die wurden hinausgeschafft und, soweit es gehen mochte, versorgt. Inzwischen schleppte man aus der brennenden Burg, was sich noch erreichen ließ und des Mitnehmens wert schien, und solange ein Dach noch hielt, solange wurde auch jeder Raum durchsucht. Bald aber brach ein Dach nach dem anderen ein, und da es nichts mehr zu erbeuten gab, ging man zu Hunderten hinter dem Feuer her, um einzureihen, was etwa dem Feuer noch widerstanden hatte. Die sinkende Nacht sah nur noch einen von geborstenen Mauern umhegten, schwelenden Trümmerhaufen an der Stelle, wo vordem die stolze Bnrg Andisleben gestanden hatte. Ringsumher aber streuten volle Hände winzigen Samen in die Lust.1) „Heia! Es wachse der Waid, und er künde es allen Zeiten: Das hat Erfurt getan!" L. Rohmann. 24. Schlacht bei Egifedf im ühüringer Grafenkriege. 1344. Johannes Rothe, der Chronist, weiß über die Veranlassung zu der verheerenden Fehde und über ein Gesecht, das bei Arnstadt und Egstedt am Steiger stattfand, allerlei zu berichten. Nach ihm hatte Graf Hermann von Weimar und Orlamünde im großen Saale des Erfurter Rathauses einen Tanz mit den vornehmen Bürgerfrauen veranstaltet, als der Landgraf Friedrich Ii. zufällig vorbeiritt und nach Fürstenart Pfeifen und Posannen vor seinem Zuge ertönen ließ. Alles eilte an die Fenster, und voll Uebermuts rief ihm der Graf entgegen: „Woher, Fritz? Wohin- aus, Fritz?" Der Landgraf aber warf den Kopf in den Nacken und erwiderte: „Ich will nicht ruhig sterben, ich bringe es denn dahin, daß du mich einen Herren heißest!" — Alsosort nahm der Krieg seinen Anfang. — Gras Günther von Schwarzburg, der Verbündete Hermanns, tat den Erfurtern und dem Landgrafen vielen Schaden. Da be- i) Das Ausstreuen des Waidsamens auf erobertem Grund und Boden war damals ein von den Erfurtern gern geübter Brauch.