Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Länderkunde von Deutschland (Wiederholungskurs), Verkehrskunde, Mathematische Erdkunde und Kartenkunde - S. 35

1912 - Berlin [u.a.] : Oldenbourg
I Photoflrciphie vom Kunstverlag Weser-Krell. werft „Bulla n". den stolzen Handelsschiffen, neben Seglern größtenstils, Leichtern und anderen Schiffstypen werden dort auch Schlachtschiffe ersten Ranges für die deutsche sowie für fremde Marinen hergestellt. Der Fortschritt der deutschen Schiffbautechnik begünstigte in hohem Maß die schnelle Entfaltung des deutschen Seeverkehrs. Samland, Bernsteinküste. Zipfelberg (80 m) bei Groß-Kuhren. 5e,v^teirn^e'n'x'1!. aus dem Tertiär, findet sich in Schichten, die teilweise unter dem Meeresspiegel liegen. Nach heftigen Stürmen wirft ihn das Meer an die Küste, wo er gesammelt wird. Seit 1875 wird er indessen vor- wiegend auf bergmännischem Wege gewonnsn. Der jährliche Ertrag Belauft sich auf 2—3 Mill. Mark.

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 181

1911 - Erfurt : Keyser
— 181 — nutzt, teils als Ruinen ba.1) — Das vor Jahrhunderten berühmte Erfurt war zu einer bescheibenen Mittelstabt herabgesunken. (Nach Dr. Alfreb Overmann n. a.) 63. Schiller in Erfurt. Zugult und September 1791. 1. Aufenthalt in Erfurt: Schon zu Ansang 1791(31. Dez. 1790 bis 11. Jan. 1791) hatte Schiller mit seiner Gemahlin von Jena aus für kurze Zeit in Erfurt geweilt. Leiber knüpften sich für den Dichter an biesen Besuch sehr trübe Erinnerungen, ba ihn ein heftiges Katarrhfieber zwang, für einige Zeit Bett und Zimmer zu hüten. Doch suchten ihm seine Erfurter Frennbe die Lei-benszeit so erträglich wie möglich zu machen, und auch der Koab-jutor Karl Theobor v. Dalberg besuchte ihn mehrmals. Rückkehr nach Jena: Bereits am 11. Januar kehrte Schiller nach Jena zurück, die Tage bebauernb, die er in Erfurt durch feine Krankheit verloren hatte. Gegen Frau v. Stein, die innigen Anteil an feinem Leiben nahm, hat er sich später bcchin geäußert, daß er bei dem Anfall geglaubt Hätte, sterben zu müssen. Die Kräfte stellten sich nur langsam wieber ein, ja, es fehlte sogar nicht an Rückfällen. Schon acht Tage nach feiner Rückkehr erkrankte Schiller von neuem, und ein starkes Fieber entkräftete ihn so, daß die geringste körperliche Anstrengung ihm eine Ohnmacht zuzog. Doch gelang es der liebevollen Pflege seiner Gattin und den sorgsamen Bemühungen zweier Aerzte, das Gespenst des Knochenmannes abermals zu bannen, und mit der erneuten Lebenslust erwachte in Schiller auch von neuem der Wunsch, sür zwei bis brei Monate zu seinen Frennben nach Erfurt zurückzukehren. Vorbereitungen für den 2. Aufenthalt: Er beauftragte darum unterm 21. Mai brieflich den Professor Dominikus, ihm eine passenbe Wohnung von einigen Zimmern und etwa 3 Kammern in einem Privathause zu besorgen, weil ihm ein so langer Ausenthalt im Gasthofe zu teuer käme. Doch bürste das Logis nicht zu weit von der Hofstatt (b. i. der Statthalterei, dem heutigen Re-gieruugsgebäube) entfernt liegen. Als Mietspreis bestimmte Schiller monatlich 7—8 Taler; im ganzen wollte er, wenn er brei Monate bliebe, bafür 4—5 Louisbor (Golbstück = 20 Frank) anlegen. Abermaliger Aufenthalt: Zunächst freilich nutzte Schiller nach Karlsbab zur Kur, so batz er erst im August mit seiner Gemahlin zur Nachkur in Erfurt eintreffen konnte. Beibe haben dann i) Heute ftnb von diesen nur noch die Aegidienkirche und die Türme bet Bartholomäus- (Anger), der Johannis- (Johannesstraße), Nikolai- (Augustiner* strafte', Georgs- (Geotqsgctffe) und Paulskirche (T'aulstraße) vorhanden.

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 150

1911 - Erfurt : Keyser
— 150 - schildert, da der tapfere Streiter Gottes im Jahre 1521 auf der Reife nach Worms begriffen war, wo er sich wegen seiner Schriften und Lehren vor Kaiser und Reich verantworten sollte. Man erkennt, wie ihn die Professoren der Universität, allen voran der Rektor Crotus Rubianus mit seiner Amiskette und der Dichter Eobanus Hessus, mit Verehrung begrüßen, wie sich hinten das Volk herzudräugt, um das bleiche, kühne Angustinermcnchlein zu sehen, das Papst und Kaiser Trotz bieten und Widerspruch leisten will. — Umgebung: Man hat den Ort für das Denkmal mit gutem Bedacht im Norden des belebtesten Platzes der Stadt vor der altersgrauen Kaufmanns-Kirche gewählt, deren schöne Türme sich im Hintergründe erbeben. So steht das Denkmal da in der Nähe ehrwürdiger Kirchenmauern, ihm zur Seite srisches, lebendiges Grün der Bäume und Sträucher, und rings herum eilt der geschäftige Verkehr. Ta schreitet der Wandersmann vorbei, sieht mit Ehrerbietung zu dem ehernen Manne empor und wandert weiter der unbekannten Ferne zu. Der Bauer, welcher zum Markte hereinfährt, wirft dem Standbilde einen grüßenden Blick zu, und fast jeder Vorübergehende nimmt sich ein Weilchen Zeit, das Denkmal zu betrachten. Und auch du, lieber Leser, verweile ein wenig, wenn dich der Weg vorbeiführt, und denke des wackeren Mannes Luther in Treue, gedenke deiner Väter, die für ihn begeistert waren, die sür den Glauben an dieses Mannes lautere Lehren einst gelebt und gelitten haben. K. Lürtzing. 4-ö. Dr. Faust in Erfurt. (Eine Sage.) Zu Anfang des 16. Jahrhunderts, ungefähr bis zum Jahre 1520, hat dieser berübmte und zugleich berüchtigte Mann, der aus Knittlingen in Schwaben stammte, in Ersnrt gelebt. Er wohnte in der Michelsgasse neben dem großen Kollegium und las als ein gelehrter Professor im großen Hörsaale der Universität über griechische Dichter. Namentlich erklärte er seinen Zuhörern, den Studenten, den Homer und beschrieb ihnen die Heldengestalten der unsterblichen Gedichte Ilias und Odyssee so lebendig, daß das Verlangen rege wurde, dieselben mit Augen zu erschauen. Als einem Meister der Magie (Zauberkunst), die in jener Zeit als „dunkle Philosophie" (Weltweisheit) selbst auf deutschen Hochschulen gelehrt wurde, war es dem in allen damals bekannten Künsten der Physik bewanderten Faust leicht möglich, den Studenten die Schattenbilder griechischer Helden leibhaftig vor Augen zu stellen. Zuletzt ließ er den greulichen Riesen Polyphem auftreten, vor dessen über* gewaltiger Erscheinung die ganze Zuhörerschaft bebte ls. Rathausbild).

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 151

1911 - Erfurt : Keyser
— 151 — galtst hielt gute Kameradschaft mit studierenden adeligen ^unfern die Geld hatten, und trieb viele und mancherlei Kurzweil zu' ihrer und des Volkes Belustigung. Durch das engste Gcißchen Ersnrts, dergleichen man nur in Venedig sieht, snhr er mit einem zweispännigen Fuder Heu, wodurch dieses Gaßchen fm alle Seiten den Namen „Doktor Fausts Gäßcheu" erhielt l'^chloiier-straße». Einst kam Faust aus einem Pserde geritten, das sort und fort sratz und nicht zu sättigen war, ein anderes Mal zapfte er allerlei Weine aus einem hölzernen Tische und gaukelte den trunkenen Sechgesellen Trauben vor, die sie abschneiden wollten, uu Faust aber die Blendung schwinden ließ, hatte einer des anderen Nase statt der Weintraube in den Fingern. Ein Han^ in der Schlössergasse soll oben im Dache immer noch eine Oefsnung haben, die nie mit Ziegeln zugelegt werden kann, weil Faust durch dieselbe seine Mantelsahrten zu richten pflegte. Solche Künste weckten freilich manches Mißtrauen. Man witterte etwas teuflischen Schwefelduft um den Magus (Zauberer) und sandte ihm einen gelehrten Mönch, Dr. Klinge genannt, aus den Hals, mit dem er sich unterredete und der ihn so in Harnisch brachte, t,af? er ausrief: „Wenn einem der Teufel das Wort halt, 10 muß man auch dem Teufel das Wort halten!" Da verwünschte Dr. Klinge Fausten und bewog Stadtrat und Universität, den gefährlichen Mann auszuweifen. Bei der Ausweisung selbst spielte Faust aber dem Rat noch einen Streich, indem er sich hartnäckig weigerte, die Stadt zu verlassen. Als man ihn darauf fangen und mit Gewalt aus der Stadt bringen wollte, ritt Faust auf einem feurigen Rappen über die Köpfe feiner Bedränger hinweg und fetzte dabei über das verschlossene Sckmidtstedtertor. Seitdem soll nie wieder zu Erfurt ein Herenmeister aufgekommen W. Bechstein. lern. 47. Das Erfurter liand im Dreißigjährigen Krieg. Wie feiten eine Stadt hat Erfurt unter den Plagen des Großen Krieges zu leiden gehabt. Die Fruchtbarkeit feiner Umgebung, der ausgedehnte Handel feiner Kaufleute, kurz der Ruf feines Reichtums lockte immer wieder neue Kriegsscharen zur Einlagerung herbei. Böhmische Ausreißer im Erfurter Gebiet: Kaum war der böhmische Aufstand vorüber, da erschienen auchjehon Ausreißer und Abgelohnte von dort im Erfurter Gebiet. Sie machten die Landstraßen unsicher, brandschatzten die Wanderer und raubten dem Bauern das Pserd vom Pfluge. Der Rat sah sich daher ge- zwungen, seine Reisigen gegen sie auszusenden. Ltnrmgelänt von den Türmen der Dorskirchen und Notschüsse von weit ins Land schauenden Bergeshöhen mußten ihr Nahen verkünden.

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 84

1911 - Erfurt : Keyser
— 84 — Ablaß gewährt, die an den Gräbern Gebete sprechen würden. Auch stiftete der Rat eine Prozession, die jährlich am Markuslage {25. April) die Gräber besuchte und an der zuletzt die gesamte Geistlichkeit Erfurts teilnahm. b) Die Geißler, jene Schwärmer, die durch Geißelung des eigenen Leibes Gott versöhnen wollten, daß er die Pest wieder wegnehme, erschienen um dieselbe Zeit in Thüringen. Sie erregten durch ihr Tun und Reden das größte Aussehen. Sie trugen mit roten Kreuzen versehene Hüte, die säst das ganze Gesicht bedeckten, hatten die Oberkörper bis an die Hüften entblößt und bearbeiteten sich bis aufs Blut mit mehrschnurigeu Peitschen, in die kleine eiserne Haken eingeflochten waren. Dabei machten sie die wunderlichsten Bewegungen, warfen sich der Länge nach aus die Erde und sangen: „Tret herzu, wer buszen woeile, Luczeber ist eine bösse geselle.“ Wiederholt lagerten ihrer an 3000 und mehr bei Ilversgehofen und verlangten, in Erfurt eingelassen zu werden. Aber der Rat schloß die Tore und ließ die Mauern bewachen. Er traute den Brüdern nicht recht, die unter der Maske der Büßer auf Raub und Diebstahl ausgingen, wie es die Erfahrung an manchen Orten gelehrt hatte. (Nach Prof. Dr. Carl Beyer.) 27. Der 3udenmord in Erfurt. Nachdem die Pest um die Mitte des 14. Jahrhunderts in Deutschland ausgebrochen war, entstand bald das Gerücht, die Juden hätten die Brunnen und die Heringe vergiftet, weil nach dem Genusse des Wassers und der Fische die Erkrankung sofort einzutreten pflegte. Daraufhin wurden an vielen Orten die Juden von ihren Mitbürgern erschlagen. In Thüringen begannen die Verfolgungen am 2. Januar 1349, an welchem Tage viele Juden in Gotha, Eisenach, Arnstadt n. a. Orten ohne Gnade getötet und ihre Häuser rein ausgeplündert wurden. In Erfurt fand das große „Judenschlagen" am 21. März desselben Jahres statt. Hier sprach man nicht bloß von vergifteten Brunnen und Heringen, auch die Gera sollte Gift enthalten, weshalb man lange Zeit hindurch gar nicht mehr mit Wasser kochte. Die einsichtsvolleren aber unter den Geistlichen und Bürgern wußten es besser. Sie waren eingeweiht in die von langer Hand her vorbereitete Bewegung, die den Mord nur darum ins Werk setzte, um die Schulden los zu werden, die viele Edle, Bürger und Bauern gemacht hatten, aber zu bezahlen nicht in der Lage waren. Die Schuldenmenge lastete schwer aus allen Ständen. Der hohe Zinsfuß, der oft zwölf oder mehr vom Hundert betrug, machte die Rückzahlung des Kapitals fast zur Unmöglichkeit. An der Spitze der Verschwörung stand ein Mitglied der Gefrunden, Hugo der Lange, der ein Jahr lang Ratsmeister gewesen war und großen Einfluß ans die Bürgerschaft

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 117

1911 - Erfurt : Keyser
— 117 — fische Untertanen von den Erfurtern und diese wieder von jenen auf alle Weise geschädigt. Besonders die Bewohner des Erfurter Landgebietes schwebten in fortwährender Gefahr. Das erbitterte natürlich die Städter immer mehr; anstatt aber zur Besonnenheit zu kommen, verloren sie sich in sinnloser Wut gegen den vermeintlichen Urheber ihres Unglücks, den Obervierherrn Kellner; ihn traf das ganze Gewicht ihrer Rache. Schon längst hatte man Kellner, nachdem er sich kurze Zeit in der Viti-Kirche (jetzt Rheinischer Hof) verborgen gehalten hatte, gefänglich eingezogen. Nun wurde er gefoltert und ihm dadurch die Zugeständnisse der unglaublichsten Vergehungen und Veruntreuungen abgepreßt. Sobald aber die Folter nachließ, widerrief er seine Aussagen. Trotzdem wurde er zum Tode verurteilt, und das Urteil am 28. Juni 1510 an ihm vollzogen. Noch nicht einmal seine Bitte ums Schwert fand bei seinen unbarmherzigen Richtern Gehör. Auf dem Galgenberge im Osten der Stadt, wo heute der weithin sichtbare Windmotor steht, legte der ungeschickte Henker Hand an ihn. Dreimal zog er den Aermsten vergeblich in die Höhe, ehe die Vollstreckung gelang. — So endete der stolzeste unter jenen stolzen Ratsherren, die das mittelalterliche Erfurt regierten, als ein Opfer der blinden Volkswut, die ihn allein verantwortlich machte für all' das Schlimme, was eine ganze üble Verwaltungseinrichtung über die Stadt heraufbeschworen hatte. Infolge dieser Vorgänge, die in der Erfurter Geschichte den Namen „das tolle Jahr" führen, verließen viele der reichen Waidjunker die Stadt und verpflanzten zum Schaden derselben den damals noch einträglichen Waidbau nach anderen Orten. Und noch ein zweites Unglück traf Erfurt in jenen Tagen. Sonntag, den 4. August 1510, als die Michaelisgemeinde ihre Kirchweihe feierte, brach zwischen den Erfurter Bürgern und Soldaten einerseits und den Studenten anderseits ein Streit aus, der soweit ging, daß beide Teile zu den Waffen griffen. Anfangs im Vorteil, mutzten sich die Studenten zuletzt, als die Bürger das Kollegienhaus (Michaelisstr. 39) mit Kanonen zu beschießen drohten, durch die Gera retten. Bei dem nun folgenden Sturme wurde der Universität unersetzlicher Schade zugefügt; denn Bibliothek und Archiv (Urkundenraum) wurden bis auf geringe Reste zerstört. Niedergang: In den folgenden fünf Jahren blieb Erfurt weiter mit Mainz verbunden und lebte dadurch mit Sachsen in ständiger Fehde, an der sich auch die Erfurter Gläubiger, die nicht zu ihrem Gelde kommen konnten, beteiligten. Der Streit wurde im Erfurter Gebiete ausgefockiteu. Selbstverständlich litt bei diesem kriegerischen Hin und Her der Wohlstand der Stadt unsäglich: außerdem riß große Sittenlosigkeit und Verwilderung unter der Bevölkerung ein. Als man aber erkannte, daß Erfurts Selbstständigkeit durch Mainz ernstlich bedroht sei und daß man dem mainzischen Kurfürsten gar zu viel Rechte eingeräumt habe, ver-

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 118

1911 - Erfurt : Keyser
- 118 — suchte die Stadt, Anschluß an Sachsen zu gewinnen. Durch die vereinten Bemühungen des Oberratsmeisters Adolarins Huttener und des berühmten Rechtslehrers Dr. jnr. Henning Goede, wurde mit Sachsen ein freundschaftlicher Vertrag geschlossen. Durch ihn wurden alle seit 1509 den Mainzern eingeräumten Rechte sür null und nichtig erklärt und der Zustand von diesem Jahre wieder hergestellt. — So hatte Mainz in dem großen Kampfe um Erfurt doch endlich verspielt. Es war der Stadt gelungen, ihre Unabhängigkeit zu behaupten, ob freilich zu ihrem Vorteil, das bleibt dahingestellt. Wenn auch von Sachsen mit Rat und Tat unterstützt, so war Erfurt doch in Wirklichkeit auf sich allein angewiesen und dies zu einer Zeit, in welcher es durch die großen Entdeckungen und die dadurch bedingte Aenderung der Verkehrsstraßen abseits der neuen Handelswege zu liegen kam. Auch wurde der Stadt durch die Einführung des Indigo großer Schaden zugefügt, da der Waidhandel immer geringer wurde. Außerdem erhielt sie in dem von den sächsischen Fürsten begünstigten Leipzig eine gewaltige Wettbewerberin, die allmählich einen großen Teil des Erfurter Binnenhandels an sich riß. Ihr war durch kaiserliche Gunst gleich Erfurt Niederlage und Stapel und noch das Recht geworden, daß „hinfüro" kein Jahrmarkt, keine Messe oder Niederlage fünfzehn Meilen rings um die benannte Staidt aufgerichtet und gehalten werden solle, in keinerlei Weise." Wäre Erfurt damals unter sächsische Herrschaft gekommen, dann wäre ihm sicherlich eine größere Zukunft befchieden gewesen; es wäre an Leip- zigs Stelle getreten. So aber ging es mit ihm in jeder Hinsicht weiter bergab. Auch auf wissenschaftlichem Gebiete ging es rückwärts. Zwar stand die Universität zur Reformationszeit noch auf der Höhe ihres Ruhmes. Eine Zahl junger, tüchtiger Gelehrter, um den hochgefeierten Dichter Eoban Hesse geschart, verbreitete den wissenschaftlichen Ruf der Hochschule im Reich und im Ausland (s. Nr. Ii). Bald aber kehrten viele Studenten wegen der durch die Reformation veranlaßten Streitigkeiten Erfurt den Rücken und wandten sich nach den aufblühenden Universitäten Leipzig und Wittenberg. Zumal die letztere hatte einen starken Zulaus, da Luther an ihr lehrte und wirkte, der vorher als Student und Augustinermönch in Erfurt geweilt hatte (f. Nr. 38a—c, 39, 40, 41, 45 u. 46). Der Bauernaufstand 1525 brachte der Stadt keine große Schädigung. Wohl ließen die Bauern ihre blinde Wut am Mainzer Hof, der damaligen Wohnung des Statthalters, aus und plünderten eine Anzahl Kirchen und Klöster. Als aber die Nachricht von der Niederlage ihrer Gesinnungsgenossen bei Frankenhausen eintraf, verließen sie eilig die Stadt (s. Nr. 42, 43 u. 44). Die Zeit vor dem 3vjährigen Kriege, die Renaissance-zeit: Die nun folgende lange Friedenszeit, die bis zum Beginn des 30jährigen Krieges dauerte, war der Stadt und dem Wohl-

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 123

1911 - Erfurt : Keyser
Staates betroffen, da er von Sachsen bequem zu erreichen war. Das merkwürdigste Ereignis jener sieben Kriegsjahre war der Einzug des großen Königs in Erfurt und sein Aufenthalt in mehreren Dörfern des städtischen Gebietes (s. Nr. 58, 59, 60 u. 61). Dalbergsche Zeit: Nach dieser schlimmen Zeit (seit 1772) war der Statthalter v. Dalberg unserm Erfurt ein treuer Helfer und Berater. Er war besonders ein eifriger Förderer der Künste und Wissenschaften, so daß unter seiner Statthalterschaft sogar die Universität noch einmal für kurze Zeit aufzublühen begann. Hervorragende Männer, die Brüder Humboldt, Schiller und Goethe, weilten damals häufig als Gäste in Erfurt, das die großen Naturforscher Trommsdorff, Bernhardt und Bucholz zu den Seinen zählte. Heute noch gilt die Dalbergsche Zeit als eine für die Stadt reich gesegnete, obwohl gesagt sein muß, daß es auch Dalberg nicht gelungen ist, einen dauernden Aufschwung herbeizuführen (s. Nr. 62 u. 63). Damals umfaßte der erfurtifche Teil des Mainzer Gebietes das Fürstentum Erfurt mit 2 Städten (Erfurt und Sömmerda), drei Marktflecken, 72 Dörfern und 4 Schlössern und die Grafschaft Blankenhain (seit 1794) mit 1 Stadt, 1 Marktflecken, 19 Dörfern und 1 Schloß. Die Landesregierung befand sich in Mainz, während in Ersurt besondere Ortsbehörden errichtet waren. Das Erfurter Gebiet war in folgende neun Aemter geteilt: Vargnla, Azmannsdorf, Tonndorf, Vippach, Großsömmerda und die für den jetzigen Landkreis in Betracht kommenden Aemter Mühlberg, Gispersleben, Alach und endlich das Stadtamt. Die Grafschaft Blankenhain iuntergleichen) mit Wandersleben verwaltete ein Regierungsrat in Erfurt. Der Ortsvorstand der einzelnen Gemeinden bestand aus dem Oberheimbürgen und 5 bis 8 Ortsvormunden, welche durch Stimmenmehrheit von der Gemeinde in der Regel auf Lebenszeit gewühlt und vom Kurfürstlichen Amt bestätigt und vereidigt wurden. Der Oberheimbürge war der erste Vorgesetzte der Gemeinde. Erfurt wird preußisch: Werfen wir nun wieder einen Blick auf die geschichtlichen Ereignisse am Ausgang des 18. Jahrhunderts. In dem wegen der französischen Revolution aufbrechenden ersten Bundeskriege wurde der rheinische Teil des Mainzer Gebietes hart betroffen. Die Hauptstadt Mainz selbst wurde von den Franzosen erobert, und der Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Ehrthal, dem die Erfurter zum Gedächtnis seines Aufenthaltes in ihrer Stadt (1777) den Obelisken vor den Graden (Friedrich Wilhelmsplatz) errichtet hatten, sah sich zur Flucht nach hier gezwungen. Auch viele französische Flüchtlinge fanden in Erfurt ein sicheres Unterkommen (f. Französische Emigranten in Ersurt, Nr. 64). Der dem zweiten Bundeskriege folgende Friede von Lüneville (1801) bestätigte die schon im Frieden von Eampoformio (1797) beschlossene Abtretung des linken Rheinusers. Er gab den Welt-

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 129

1911 - Erfurt : Keyser
— 129 — noch vorhanden. Im 4. Semester (Halbjahr) fand Luther Anf-nahme in der Georgenburse, auf deren Stelle jetzt das Haus Augnstlnerstratze 25 sieht.1) Hier batte er mit anderen Gleichae-flnnten freie Wohnung und Kost. Das war für ibn von besonderem Nutzen; er brauchte nun den Geldbeutel des Vaters nicht allzusehr zu leeren. Als Student: Martin war in Erfurt ein hurtiger und fröhlicher Bursch. Vergessen war all' die bittere Not, und froh verkehrte er im Kreise der Genossen. Nicht nur das Lernen bereitete ii,m Freude, er fand auch Gefallen an Uebungen, die den Körper gesund erhielten, und an Musik. Gleich anderen Studenten schritt er mit dem Degen an der Seite stolz durch die Gassen der Ltadt. Doch versäumte er dabei nie eine Vorlesung, fragte gern seine Lehrer und besprach sich in Ehrerbietung mit ihnen. Er hielt s mit dem Worte: „Fleißig gebetet ist über die Hälfte studiert" und vergalt durch großeu Fleiß alle Liebe und Treue feiner Eltern. Mit dem eigentlichen Rechtsstudium hatte es zunächst noch Zeit, da er sich wie jeder andere Student erst eine allgemeine wissenschaftliche Bildung erwerben mußte. Doch konnte er den Eltern schon nach Jahresfrist melden, daß er die erste Stufe darin erlangt habe (Baccalaureus). Ihre Freude war übergroß, und ihr sehnlichster Wunsch ging dahin, der Sohn möge' auf Besuch in die Heimat kommen. vv11 Gemeinschaft eines Freundes machte er sich um Ostern aus den Weg, ohne jedoch das Ziel zu erreichen. Kaum halten sie Erfurt verlassen, als sie in jugendlichem Uebermut ibre Klingen zu studentischer Fechtübung zogen. Und das Unglück wollte es — unser Martin verwundete sich durch Zerschneiden einer Pulsader lebensgefährlich am Bein. Nur mühsam vermochte er durch Zudrücken der Wunde die Verblutung zu hindern. In großer Angst kam öfter das kurze Stoßgebet: „Maria hilf!" über feine Lippen Endlich, aber noch rechtzeitig, kehrte der Freund mit dem Wundarzt zurück, der die verletzte Stelle verband. Es folgte ein längeres Krankenlager, auf dem oft sich trübe Gedanken einstellten. Um sie zu vertreiben, erlernte Martinns ohne Lehrmeister das Lautenspiel. Nach der Genesung ergriff er von neuem das Studium mit großem Eifer, und der Erfolg blieb auch diesmal nicht aus. Im Jahre 1505 erlangte er als zweiter unter 17 die Magisterwürde, tnirch welche er mit dem eigentlichen Studium der Rechtswissenschaft beginnen konnte. Die Freude des Vaters über den hoffnungsvollen Sohn war übergroß, er schaute ihn schon in Amt und Würden, und um ihm ein Zeichen seiner Zufriedenheit zu geben, opferte er einen be 11 Luthers anfängliche Wohnung ist unbekannt. 9

10. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 135

1911 - Erfurt : Keyser
135 quältes Herz ausschüttete. Er erklärte Luthers eingebildete Sünden für Humpelwerk und Puppensünden, mit denen Gott nichts zu tun haben wolle, und zeigte ihm Christus als wirklichen Heiland. „Wahrlich, zu dir spricht Christus: Du hörst meine Stimme, darum bist du mein Schäslein. das niemand ans meiner Hand reißen wird." Von Stund' an wurde Bruder Martin ruhig. Die schwere Last war von seiner Seele genommen. Mit Freude studierte er nun die theologischen Schriften. Als Staupitz nach Jahresfrist wieder im Kloster erschien, war er erstaunt über die Fortschritte seines Schülers, auf den auch alle Klosterbrüder mit Verwunderung schauten. Durch des ersteren Vermittlung wurde er als Professor an die neugegründete Universität Wittenberg versetzt. Im Alter von 25 Jahren trat Luther aus der engen Klosterzelle in den weiten Hörsaal der Hochschule. (Nach G. Oergel u. ci.) 39. Luther kommt auf feiner Wormser Reife nach Erfurt. 1521. Ladung: Die Bannbulle gebot allen Christgläubigen, den verruchten Ketzer zu sahen und nach Rom zu führen. Daraufhin gingen die Gesandten des Papstes Leo zum Kaiser und forderten von ihm, daß er den Ketzer greise. Am 6. März 1521 unterzeichnete der Kaiser das Schreiben, das den „Ehrsamen, Lieben und Andächtigen", so lautet die Anrede an den Ketzer, nach Worms auf den Reichstag berief. Ende März ritt der kaiserliche Herold Kaspar Sturm in Wittenberg ein und überbrachte Luther die Ladung unter Zusicherung eines freien Geleites von 21 Tagen. Abreise: Am Osterdienstag, den 2. April, brach Luther von Wittenberg in offenem Planwagen, den der Rat der Stadt gestellt Hatte, auf. Es begleitete ihn sein Freund Amsdorf, ein Ordensbruder, wie es die Ordensregel befahl, und ein junger pommerscher Edelmann. Der kaiserliche Herold ritt vor dem Wagen her, an den sich überall die Menschen drängten, um den berühmten Gottesmann zu sehen. Ankunft und Empfang: Am 6. April kam Luther von Weimar aus gen Erfurt gefahren. Die großartigsten Vorbereitungen waren für seinen Empfang getroffen worden (Relief = Hochbild am Luterdenkmal). Die Universität veranstaltete eine seierliche Einholung. Vierzig Mann zu Pserde ritten dem Kommenden bis nach Nohras entgegen. Erotns, der Rektor der Hochschule, ritt an der Spitze; den Reitern solgte eine zahllose Menge zu Fuß. Nachdem der Fuhrmann die Rosse gezügelt und den Wagen gehemmt hatte, begrüßte Crotns den Gottesmann in be- M Dorf No Ina heute zu Weimar gehörig, vamals im Erfurter Gebiet an der Straße nach Weimar gelegen.
   bis 10 von 1084 weiter»  »»
1084 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1084 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 2
1 344
2 8
3 207
4 121
5 117
6 5
7 30
8 47
9 5
10 96
11 1
12 42
13 18
14 0
15 8
16 28
17 5
18 35
19 34
20 1
21 7
22 6
23 0
24 8
25 66
26 72
27 199
28 15
29 56
30 5
31 14
32 9
33 98
34 10
35 12
36 44
37 230
38 21
39 369
40 5
41 14
42 1
43 1
44 9
45 295
46 13
47 96
48 1
49 15

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 1486
1 3488
2 359
3 3372
4 3447
5 1883
6 4137
7 640
8 1303
9 3163
10 855
11 1524
12 3752
13 866
14 463
15 601
16 5712
17 16634
18 707
19 2344
20 654
21 6668
22 470
23 2536
24 2217
25 772
26 675
27 456
28 2867
29 678
30 274
31 417
32 869
33 525
34 707
35 471
36 9529
37 1446
38 2318
39 6148
40 1730
41 2534
42 7573
43 1379
44 604
45 6148
46 1084
47 687
48 1871
49 2804
50 2485
51 472
52 1460
53 335
54 6821
55 624
56 589
57 844
58 898
59 1800
60 1351
61 1451
62 669
63 711
64 1458
65 701
66 1140
67 499
68 2760
69 1201
70 9138
71 2892
72 6143
73 932
74 543
75 4339
76 2852
77 12442
78 439
79 1613
80 399
81 584
82 4300
83 647
84 3468
85 701
86 1133
87 5100
88 323
89 253
90 4045
91 3142
92 13935
93 1129
94 15972
95 1455
96 703
97 556
98 3269
99 348

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 450
1 335
2 13
3 247
4 32
5 172
6 76
7 391
8 464
9 97
10 19
11 124
12 113
13 36
14 58
15 7
16 45
17 28
18 106
19 161
20 8
21 84
22 10
23 7
24 58
25 606
26 43
27 1
28 31
29 2453
30 65
31 94
32 40
33 833
34 37
35 378
36 74
37 3
38 135
39 487
40 230
41 30
42 26
43 157
44 214
45 26
46 23
47 280
48 10
49 113
50 133
51 181
52 738
53 66
54 917
55 364
56 10
57 39
58 286
59 466
60 195
61 622
62 134
63 10
64 107
65 257
66 299
67 482
68 84
69 38
70 221
71 274
72 96
73 210
74 954
75 170
76 108
77 53
78 207
79 85
80 104
81 802
82 335
83 14
84 6
85 4
86 88
87 57
88 47
89 42
90 45
91 690
92 92
93 125
94 493
95 71
96 252
97 119
98 177
99 273
100 526
101 17
102 108
103 169
104 42
105 192
106 498
107 93
108 1
109 80
110 108
111 616
112 30
113 90
114 57
115 66
116 76
117 52
118 19
119 61
120 11
121 44
122 312
123 67
124 95
125 58
126 56
127 226
128 6
129 96
130 262
131 199
132 12
133 153
134 21
135 78
136 1718
137 31
138 5
139 51
140 29
141 28
142 250
143 35
144 116
145 188
146 1
147 284
148 172
149 38
150 86
151 204
152 130
153 78
154 312
155 194
156 64
157 532
158 32
159 63
160 80
161 323
162 4
163 4
164 68
165 1352
166 361
167 38
168 49
169 69
170 185
171 40
172 1532
173 746
174 185
175 394
176 130
177 270
178 31
179 151
180 35
181 5
182 274
183 3053
184 72
185 9
186 19
187 43
188 278
189 10
190 13
191 112
192 7
193 13
194 387
195 17
196 190
197 31
198 38
199 5638