145
Der dreißigjährige Krieg.
ihre Abgeordneten drangen in die Kaiserburg und forderten drohend Gleich-
stellung beider Religionsparteien und andere wichtige Zugeständnisse. Fer-
dinands beharrlicher Widerstand hatte ihm leicht Gefahr bringen können,
wären nicht in demselben Augenblick Dampierresche Reiter auf den Burghof
gesprengt und hätten ihn aus der Bedrängniß befreit. Ungünstige Witterung
und Mangel an Geld und Lebensmitteln nöthigten Thurn zum Abzug. —
Bald nachher wurde Ferdinand in Frankfurt zum d eutsch en Kaiser
gewählt; aber noch ehe die Krönung vollzogen war, fielen die Stände von
Böhmen, Mähren und Schlesien von dem Hause Oestreich ab und wählten
(in Folge eines alten ihnen von Ferdinand I. nach der Mühlberger Schlacht
entrissenen Wahlrechts [§. 489.]) das Haupt der protestantischen
Union, den Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zum König. Um-
sonst warnten die Kurfürsten, die Könige von England und Frankreich und
selbst Friedrichs eigene Mutter, eine Tochter Wilhelms von Dramen, vor
der Annahme dieses gefahrdrohenden Geschenkes — die Stimme seiner stol-
zen Gemahlin Elisabeth, einer englischen Fürstentochter, die Ermahnun-
gen seines Hofpredigers Scultetus, das Zureden Christians von
Anhalt, eines der einflußreichsten Mitglieder der Union, und sein eigenes
Gelüsten gaben den Ausschlag. — Der eitle, schwache Mann nahm die ver-
hängnißvolle Krone an und eilte zur Krönung und Huldigung nach Prag.
tz. 566. F ri e d ri ch V. u n d M a xi mi l i an. Wahrend aber Friedrich in
Böhmen mit leerem Schaugeprange die Zeit vergeudete, sich sorglos seinem Hang
zum Wohlleben hingab und durch seinen calvinifchen Eifer, der ihn bis zur
kirchenschanderischen Zerstörung der Bilder und heiligen Gegenstände trieb, die
böhmischen Utraquisten und Lutheraner beleidigte und die evangelischen Glieder
der Union verstimmte, schloß Ferdinand einen Vertrag mit der wohlgerüsteten und
durch Eintracht starken Liga (indem er deren Oberhaupt Maximilian, der sein
Freund und Studiengenosse in Ingolstadt gewesen und die Sache des Katholicis-
mus klug mit seinem Vortheil zu verbinden wußte, durch die Aussicht auf die
Kurwürde und auf Landererwerb gewann), trat mit Spanien in ein Bündniß
und brachte den lutherischen, von seinem Hofprediger (Hoe v. Hohenegg) ge-
leiteten Kurfürsten I o h. Georg von Sachsen, der den calvinifchenpsalzgrafen
um seine Stellung in der Union und die Königskrone beneidete, durch die Zusiche-
rung der Lausitz auf östreichische Seite. Umsonst näherte sich Thurn, im Bunde
mit dem siebenbürgischen Fürsten Bethlen Gabor, der nach der Krone von
Ungarn strebte, zum zweitenmale den Mauern Wiens; er mußte abermals un-
verrichteter Sache abziehen und Ferdinand konnte nunmehr die ungehorsamen
Stande Oestreichs zur Unterwerfung zwingen, indeß Spinola mit einem spani-
schen Kriegsheer sich der Pfalz näherte. Sorglos ließ sich diezwietrachtige Union
durch einen Vertrag mit der Liga die Hände binden und entzog dem Böhmen-
könig ihren Beistand.
Jetzt rückte Maximilian, in dessendienften der kriegskundige Nieder-
länder Tilly stand, mit einem wohlgerüsteten ligistischen Heere in Böhmen
ein und zog, von Ferdinands Truppen verstärkt, gerade auf Prag los, ohne
Weber, Geschichte. Ii. 6. Äufl. 10
Nvbr.
1619.
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Extrahierte Personennamen: Ferdinand Oestreich Ferdinand_I. Friedrich_V. Friedrich_V. Friedrichs Wilhelms Wilhelms Elisabeth Christians Friedrich Friedrich Ferdinand Maximilian Maximilian Georg_von_Sachsen Gabor Ferdinand Maximilian Maximilian Tilly Ferdinands
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt England Frankreich Friedrichs Prag Ingolstadt Spanien Ungarn Wiens Ferdinands Prag
7. Nov.
1620.
146 Das siebenzehnte Jahrhundert.
sich auf Unterhandlungen einzulassen. Bald ereignete sich die Schlacht am
weißen Berg, wo Friedrichs ermüdete, von Christian von Anhalt und
Thurn geführten Streiter der feindlichen Uebermacht erlagen und ihr Heil in
wilder Flucht suchten. Eine einzige Stunde entschied Böhmens Schicksal.
Friedrich verlor so sehr alle Besonnenheit und allen Muth, daß er am näch-
sten Morgen in größter Eile nach Schlesien entfloh, obwohl Mansfeld
und Bethlen Gabor mit bedeutenden Streitkraften in der Nähe standen, und
die Prager Bürgerschaft zu seiner Vertheidigung gerüstet war. In unauf-
haltsamer Flucht eilte er von Breslau nach Berlin und von da in die Nieder-
lande, verfolgt von der kaiserlichen Achtserklärung, die ihn seiner pfälzischen
Erbländer beraubte. In wenigen Monaten war Böhmen, Mähren und
Schlesien dem östreichischen Hause aufs Neue unterworfen.
Ferdinand zerschnitt mit eigener Hand den Maj esta ts b r i es; 27 der vor-
nehmsten protestantischen Edelleute bluteten auf dem Schaffet; Hunderte büßten
ihre Schuld mit dem Verlust ihres Vermögens; die eingezogenen Güter wurden
den 'wieder zurückgekehrten Jesuiten verliehen, die lutherischen Geistlichen mußten
Mönchen und katholischen Priestern weichen. Lamm ermann, Ferdinands Ii.
fanatischer Beichtvater, hielt eine reiche Ernte. Zwang, Druck und Verführung
verschaffte in einigen Jahrzehnten der katholischen Religion einen vollständigen
Sieg, nachdem über 30,000 Familien das Land verlaßen. Die Künste der
Jesuiten waren wirksamere Bekehrungsmittel als das Schwert, dem die Utraqui-
sten so lange getrotzt. Von dem an war Böhmens Flor und politische Bedeutung
für immer dahin. Bald daraus löste sich die Union unter dem Hohn der Völker
auf und selbst Bethlen Gabor reichte die Hand zum Frieden.
3. Der Krieg in der Rheinpfalz.
tz. 567. Tilly und Mans selb. Jndeß der Kaiser auf Mittel sann^
der katholischen Kirche allenthalben die Herrschaft zu verschaffen, seine
Freunde zu belohnen und sich an den Gegnern zu rächen, wagten drei
Männer für die Sache des geächteten Kurfürsten und für den bedrohten
Protestantismus ins Feld zu ziehen — Herzog Christian von Braun-
schweig, Ernst von Mansfeld und Markgraf Georg Friedrich
von Baden-Durlach.
Christian von Br aun schweig, ein rauher Kriegsmann, trat theils
aus angeborner Waffenlust, theils aus Besorgniß, der Kaiser möchte ihm das
Bisthum H a l b e rsta d t, dessen Verwalter er war, entreißen, als Kampfer für
die unglückliche Böhmenkönigin Elisabeth auf, deren Handschuh er mit ritterlicher
Galanterie an seinem Hute trug. Wahrend er mit einem geworbenen Heerhaufen
in Westfalen echsiel, seine Raublust an Klöstern und geistlichen Stiftern aus-
ließ und die zerstörende Kriegsfackel bis an den Main trug, zog der tapfere,
waffenkundige Mansfeld aus der Oberpfalz (die sofort Maximilian in Besitz
nahm und durch Jesuiten bekehren ließ) durch Franken nach der Rhcinpfalz.
Sein Kriegsruhm führte ihm beutelustige Streiter aus allen Gauen zu; Plünde-
rungen und Brandschatzungen gaben ihm die Mittel zum Unterhalt. Die Bis-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs Christian_von_Anhalt Friedrich Friedrich Gabor Ferdinand Ferdinands Gabor Tilly Christian_von_Braun- Ernst_von_Mansfeld Ernst Georg_Friedrich
von_Baden-Durlach Friedrich Christian_von_Br Elisabeth Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Mansfeld Breslau Berlin Ferdinands Rheinpfalz Westfalen Main Oberpfalz
147
Der dreißigjährige Krieg.
thümer und Stifter am Main und Rhein und die Klöster im Elsaß fühlten
besonders den Druck seiner Kriegsschaaren. In Kurzem war Mansfelds Macht
so angewachsen, daß der flüchtige Pfalzgraf es wagte, unter dessen Schutze in
seine Erbstaaten zurückzukehren.
In Verbindung mit Georg Friedrich von Baden lieferte Mans-
feld dem in die Pfalz eingerückten Lilly bei Wiesloch (Mingolsheim) ein29^ J^ri(
siegreiches Treffen. Als sich aber die Sieger bald nachher trennten, verlor
Georg Friedrich schon im nächsten Monat die Schlacht bei Wimpfen wider 6. Mai.
Lilly und wäre selbst in die Hände der Feinde gerathen, hätten nicht 400
Pforzheimer Bürger durch ihren Heldentod seinen Rückzug erkämpft.
Einige Wochen später erlag auch Christian von Braunschweig bei
Höchst den kriegsgeübten Truppen des ligistischen Feldherrn. Mit dem 11^22ni
Reste seiner geschlagenen Armee gesellte er sich zu Mansfeld, und da um die-
selbe Zeit der durch leere Verheißungen von Frieden und Versöhnung hin-
gehaltene Kurfürst die beiden Heerführer aus seinem Dienste entließ und sich
nach Holland zurückbegab, zogen jene mit ihren Söldnerschaaren nach
Lothringen und von da in die Niederlande, indeß Lilly Heidel-
berg, Mannheim und Frankenthal erstürmte und durch Raub und Mord
hart mitnahm.
Bei dieser Gelegenheit wurde die berühmte, aus den kostbarsten Manuscriptcn
bestehende Heidelberger Bibliothek auf Maximilians Befehl weggeführt und als Ersatz
für geleistete Hülfe dem römischen Hof überschickt. Erst nach dem Pariser Frieden wurde
ein kleiner Theil der geraubten Schätze von der vatikanischen Bibliothek zurückerstattet.
Nachdem sich Lilly durch Besatzungen der Pfalz versichert, rückte er in
Westfalen ein, wo der aus den Niederlanden zurückgekehrte Christian
von Braunschweig von Neuem einen verheerenden Krieg begonnen
hatte. Die blutige Schlacht von Stadtlohn, zu der Christian vora. August
seiner beabsichtigten Vereinigung mit dem in Ostfriesland weilenden Mans- 162,i‘
feld gezwungen ward, vernichtete die letzte Hoffnung der Protestanten. Die
beiden mit der Acht belegten Heerführer begaben sich ins Ausland. Bereits
hatte der Kaiser auf dem Fürsten tage zu Regens bürg, allen Vorstel-
lungen zum Trotz, die pfälzische Kurwürde an Maximilian von
Baiern übertragen und die Verfolgungen, die in den östreichischen Erb-
staaten und anderwärts über die Protestanten verhängt wurden, zeugten von
dem tiefen Ernste des Kaisers, seine Siege zur Wiederherstellung der katho-
lischen Kirche zu benutzen. Durchdrungen von der Ueberzeugung, daß die
Welt nur in dem von Rom gelehrten Glauben zur Seligkeit gelangen könnte,
schauderte er nicht vor dem Gedanken, über Leichenhügeln die Einheit der
Kirche zurückzuführen.
10
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Extrahierte Personennamen: Mansfelds Georg_Friedrich_von_Baden Friedrich Georg_Friedrich Friedrich Christian_von_Braunschweig Lilly_Heidel- Maximilians Lilly Christian
von_Braunschweig_von_Neuem Christian_vora August Maximilian_von
Baiern Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Main Rhein Wiesloch Mingolsheim Mansfeld Holland Lothringen Niederlande Mannheim Frankenthal Maximilians Westfalen Stadtlohn Ostfriesland Rom
148
Das siebenzehnte Jahrhundert.
4. Der niederdeutsche — dänische Krieg.
§. 568. Wallenstein. Oestreichs steigende Macht, die auch auf die
Spanier zurückwirkte, machte den von dem klugen Staatsmann Richelieu ge-
leiteten französischen Hof und die niederländischen Freistaaten eben so besorgt, als
die Fortschritte des Katholicismus im Westfälischen, wo Tilly die von den Pro-
testanten lange besessenen geistlichen Stifter den Katholiken überwies, die evange-
lischen Stände Niederdeutschlands. König Jakob von England, der sich bisher
durch die Aussicht auf ein Ehebündniß seines Sohnes mit einer spanischen In-
fantin von einer kräftigen Unterstützung seines bedrängten Schwiegersohnes hatte
abhalten lasten (§. 591. 2.), änderte jetzt seine Gesinnung und setzte den unter-
nehmenden Ernst von Mansfeld durch Unterstützung an Truppen und Geld
in Stand, aufs Neue ins Feld zu rücken. Auch Christian von Braun-
schweig fand Hülfe und seine wilde Kriegsweise lockte die tollkühne, beutelustige
Jugend.
Bald trat auch noch ein neuer Vertheidiger der protestantischen Sache
auf, König Christian Iv. von Dänemark, ein Verwandter Friedrichsv.
Religionseifer und die Hoffnung auf Landererwerb im nördlichen Deutsch-
land führten ihn ins Feld. England und Holland schlossen Verträge mit
ihm und Richelieu versprach Hülfsgelder. Ein neuer Kriegssturm erhob sich.
Da beschloß der Kaiser, dem die Abhängigkeit von der Liga und das hohe
Ansehen Maximilians, in dessen Hände er die Lenkung der Geschicke Deutsch-
lands immer mehr übergehen sah, bedenklich wurde, ein eigenes Heer aufzu-
stellen. Hierzu bot ihm Albrecht von Wallenstein (Waldstein), ein böh-
mischer Edelmann, der im Kriege wider die Böhmen und Türken sein
Feldherrntalent und seine Gabe, die Soldaten zu beherrschen und an sich zu
fesseln, an den Tag gelegt, seine Dienste an. Im Besiß eines großen Ver-
mögens, das er erheirathet, trat Wallenstein mit der Erklärung vor Ferdi-
nand, er wolle ein Heer von 50,000 Mann auf eigene Kosten unterhalten,
wenn man ihm den unbeschränkten Oberbefehl geben und ihn einst durch
eroberte Länder entschädigen wolle. Nach einigem Bedenken ging Ferdinand
auf den Vorschlag des kühnen Abenteurers ein, verlieh ihm die Herrschaft
Fried lan d an der Nordgrenze von Böhmen, erhob ihn in den Reichs -
fürstenstand und ertheilte ihm später die Würde eines Herzogs.
Allenthalben wurde die Werbetrommel gerührt; Wattensteins Name und die
lockenden Verheißungen führten Schaaren handfester Streiter unter seine Fahne.
In einem Kriege, wo Raub und Brandschatzung ungescheut geübt ward, fand der
Soldat Lebensgenüsse und Reichthümer, während der Bürger und Bauer hun-
gerte und seines Lebens und Eigenthums nicht sicher war. — Und was ließ sich
für den Kriegsmann unter einem Feldherrn erwarten, der kein Herz für die Leiden
des Volks aber eine freigebige Hand für den Soldaten hatte?
§. 569. Wahlenfteins und Tilly's Siege. Im Frühjahr
eröffnete der von den niederdeutschen Ständen zum Kreisobersten gewählte
Christian Iv. an der Weser den Krieg gegen Tilly, ohne etwas Nam-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T155: [Soldat Krieg Heer Land Mann Truppe König Waffe Geld Feind], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland]]
Extrahierte Personennamen: Richelieu Tilly Jakob_von_England Ernst_von_Mansfeld Ernst Christian_von_Braun- Christian_Iv Maximilians Albrecht_von_Wallenstein_(Waldstein Albrecht Ferdinand Christian_Iv Tilly
Extrahierte Ortsnamen: Westfälischen Niederdeutschlands England Holland Maximilians
6. Febr.
1631.
10. Mai
1631.
152 Das siebenzehnte Jahrhundert.
Pommerns Küste. Der alte Herzog dieses von den kaiserlichen Truppen
grausenhast verheerten und mißhandelten Landes schloß mit den Schweden
einen Vertrag, worauf diese Stettin einnahmen, die Feinde vertrieben
und ganz Pommern mit Rügen besetzten. Gustavs Frömmigkeit und die
strenge Mannszucht seiner Soldaten, die sich zweimal täglich zu Andacht
um ihre Feldprediger sammelten, bildete einen auffallenden Contrast gegen
die länderverwüstende Kriegsweise Tilly's und Wallensteins; daher das Volk
die Schweden und ihren hochsinnigen König überall als Retter und Befreier
begrüßte. Nicht so die Fürsten, die, aus Furcht vor des Kaisers Rache, das
angebotene Bündniß zurückwiescn und auf dem Leipziger Fürstentag
den Beschluß faßten, eine neutrale Stellung zu beobachten, dagegen die
Vollziehung des Restitutionsedikts mit Waffengewalt zu hindern ; nur Mag-
deburg, die Herzoge von Lüneburg, Sachsen-Weimar und Lauen-
burg und der Landgraf von Hessen-Cassel schloffen sich dem Könige an.
§. 573. Magdeburgs Zerstörung und die Leipziger
Schlacht. Während die Schweden an der Oder heraufzogen und Frank-
furt erstürmten, rückte Tilly, dem nunmehr auch der Oberbefehl über die
kaiserlichen Truppen übergeben war, vor Magdeburg, wo der in
schwedischen Diensten stehende Oberst Falkenberg die Vertheidigungs-
anstalten leitete. Gustav Adolf versprach der Stadt baldige Hülse. Um aber
im Rücken gedeckt zu sein, mußte er den ihm verschwägerten Kurfürsten
von Brandenburg, der bisher mit dem Kaiser in Frieden gewesen, sowie
Sachsen zu einem Vertrag bringen. Der crstere räumte nach einigem Zö-
gern den Schweden Spandau als Waffenplatz ein; da aber der Kur-
fürst von Sachsen hartnäckig den Durchzug durch sein Land verweigerte
und sich daher der Schwedenkönig mit Unterhandlungen aufhielt, wurde
Magdeburg nach wiederholten Stürmen von Tilly und Pappen heim
erobert und zerstört. Von Raubsucht und Rachgier getrieben stürmten die
entmenschten Kriegsschaaren, denen eine dreitägige Plünderung zugesagt
war, in die unglückliche Stadt, die nunmehr der Schauplatz entsetzlicher
Gräuel ward , bis eine, von allen Seiten unaufhaltsam sich fortwälzende
Feuersbrunst sie zuletzt in einen Aschenhaufen verwandelte. Die Domkirche,
wo der Sieger ein Te Deum singen ließ, das Licbfrauenkloster und einige
Fischerhütten waren die einzigen Reste der blühenden Reichsstadt. Falkenberg
war unter den Erschlagenen. Während sich hierauf Gustav Adolf des Landes
zwischen der Oder und Elbe bemächtigte und die Herzoge von Mecklenburg
wieder in ihre Staaten einsetzte, wendete sich Tilly gegen Hessen und
Weimar, um diese Fürsten wegen ihres Bündnisses mit Schweden zu
züchtigen und kehrte dann seine Waffen gegen Kursachsen, das Haupt
des Leipziger Bundes. Schon waren Halle, Merseburg, Naum-
burg und andere Orte in den Händen der Kaiserlichen, als der Kurfürst in
seiner Bedrängniß mit Gustav Adolf ein Bündniß schloß und dessen Bei-
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
TM Hauptwörter (100): [T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein], T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht]]
Extrahierte Personennamen: Gustavs Tilly Falkenberg Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Falkenberg Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf
Die englische Thronumwälzung. 185
die Regierung des brittischen Gemeinwesens anfangs eine Verbindung. Als
aber der englische Gesandte im Haag von flüchtigen Royalisten ermordet und
sein Nachfolger schwer beleidigt ward, ohne daß man die Thater auswies,
erfolgte ein Bruch zwischen Großbritannien und Holland. Die von dem
Parlamente erlassene Schisfahrts (Navigations)-Akte, wornach
„bei Strafe der Consiscation von Schiff und Ladung, Auswärtige fortan
keine andern Maaren als selbst erzeugte, auf eigenen Schiffen nach England
bringen dürften," versetzte dem holländischen Zwischenhandel einen furcht-
baren Schlag. Als die geforderte Zurücknahme verweigert wurde, brach der
Krieg aus, den Cromwell eben so sehr wünschte als ihn die Generalstaaten
gern vermieden hätten. Anfangs behaupteten die Holländer ihren Ruhm im
Seekriege; große Schlachten wurden gewonnen und die holländischen See-
helden Tro mp und Ruyter befuhren die Themse und verwüsteten die Ge-
stade; aber bald nahm das unter den Stuarts vernachlässigte Seewesen einen
mächtigen Aufschwung; die Tage der Armada kehrten wieder und der eng-
lische Admiral Blake, ein Mann von altem Republikanersinn und rauher
Tugend, trug in einer dreitägigen Seeschlacht über Tromp und Ruyter
den Sieg davon. Monk,im Land- und Seekrieg gleich erfahren, und gleich
glücklich, vermehrte Englands Ruhm durch neue Seesiege. Holland mußte
einen nachtheiligen Frieden schließen, die Stuarts aus seinem Lande entfer-
nen und den minderjährigen Prinzen Wilhelm von Oranien, einen
Verwandten der englischen Konigsfamilie, von der Statthalterwürde aus-
schließen. Die Schiffahrtsakte aber blieb bestehen. Auch ein Krieg mit
Spanien nahm für England einen glücklichen Ausgang. Der Hafen von
Dünkirchen und oie fruchtbare Insel Jamaica wurden dem auswärtigen
Gebiet der Republik beigefügt. Die Corsaren von Nordafrika züchtigte
Cromwell mit starker Hand und machte England zu Land und zur See ge-
fürchtet und geachtet.
tz. 603. Die Verfassungskämpfe. Diese Erfolge weckten das Selbst-
gefühl des Parlaments; es suchte die Seemacht auf Kosten des Landheers zu
heben und dachte auf Vermehrung seiner Mitglieder durch Einberufung ausge-
stoßencr Presbyterianer. Von diesen Entwürfen fürchtete Cromwell Gefahr für
seine Macht; daher beschloß er die Auflösung des langen Parlaments.
Nachdem er das Haus mit Truppen umstellt, trat er in seiner schwarzen Purita-
nertracht in den Saal, hielt eine mit Schmähungen angesüllte Rede und trieb
dann die Anwesenden mit Hülfe der eingetretenen Soldaten hinaus, indem er
dem Einen zurief: „Du bist ein Trunkenbold!" dem Andern: „Du bist ein Ehe-
brecher!" dem Dritten: „Du bist ein Hurer!" Ein neuer, größtentheils aus Offi-
zieren zusammengesetzter Staatsrath übernahm nunmehr unter Cromwell's
Vorsitz die Bildung eines andern Parlaments. Hiezu ließ man in allen Bezirken
Listen von frommen, gottesfürchtigen Leuten ansertigen, und wählte dann aus
den „Heiligsten" die Passendsten als Vertreter der drei Reiche aus. Diese, nach
dem Lederhändler Preisegottba reboñe spottweise das B a re b on e (T o d-
tenknochen)- Parlament genannte Versammlung gab schon durch die bibli-
Oktbr.
1651.
Februar
1653.
15. April
1654.
19. April
1653.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister]]
TM Hauptwörter (100): [T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre]]
Extrahierte Personennamen: Admiral_Blake Monk Wilhelm Cromwell Cromwell
Extrahierte Ortsnamen: Holland England Englands Holland Spanien England Jamaica Nordafrika England
159
Der dreißigjährige Krieg.
Als daher Bernhard kurz nachher in der Blüthe der Jahre plötzlich
starb, argwohnten Viele eine Vergiftung. Wenigstens wußte Frankreich die
Umstande zu seinem Vortheil zu benutzen, indem es sich rasch des Elsasses
bemächtigte und Bernhards Heer durch große Versprechungen an sick lockte
und in Sold nahm. Mit französischen Truppen vereinigt setzte dasselbe unter
dem Marschall Guebriant, dem dann der Herzog von Enghien (nach-
mals Prinz Conde) und Türenne im Commando folgten, den Krieg im
südlichen Deutschland gegen die kaiserlichen und bayerischen Truppen fort,
indeß im Norden der kühne Ban er mit Glück die Feinde bekämpfte und
über das unglückliche Böhmen nochmals die furchtbarsten Drangsale ver-
hängte. Baners verwegener Plan, aus den Winterquartieren plötzlich nach
dem Süden aufzubrechen und in Verbindung mit der französischen Armee
die auf einem Reichstag in Regensburg versammelten Reichsfürsten
mit dem Kaiser aufzuheben, hatte nicht den erwarteten Erfolg. Thauwetter
und die Ankunft der Feinde nöthigten den schwedischen General zum Rück-
zug, auf dem er an den Folgen der Anstrengung und eines unmäßigen Lebens
im kräftigsten Mannesalter starb. — Zu gleicher Zeit machten die Franzosen
unter Conde's Anführung glückliche Feldzüge in den spanischen Niederlan-
den und gewannen die Schlacht von Roeroy.
§. 582. Torstenson und Wrangel. Baners Nachfolger war
Torstenson, der talentvollste Zögling aus Gustavs Schule, der seiner Gicht-
schmerzen wegen sich meistens in einer Senfte tragen ließ und dennoch durch
die Schnelligkeit seiner Bewegungen die Welt in Erstaunen setzte. Er eroberte
Schlesien, trug dann den Krieg in die östreichischen Erbftaaten, gewann über
den ihn beim Rückzug verfolgenden Piccolomini den glorreichen Sieg
bei Leipzig, zog, nachdem sich seine Soldaten in dieser Stadt erholt,
von Neuem nach Mähren (wo er-die Bibliothek von Olmütz wegführte) und
machte den Kaiser in seiner Hauptstadt erzittern. Plötzlich erschien er an der
Niederelbe, besetzte Holstein und Schleswig und zwang den König Chri-
stian Iv., der eine feindselige Haltung gegen Schweden angenommen, zu
dem nachtheiligen Frieden von Brömsebro, wodurch Schweden einige
Landschaften und Inseln (Gothland) und für alle seine Unterthanen Be-
freiung von dem lästigen Sundzoll erhielt. Einem solchen Feind gegenüber
vermochte der kaiserliche Heerführer das Feld nicht zu behaupten. Nach
einem Siege am Berg Tabor in Böhmen drang Torstenson zum dritten-
mal nach Mähren vor, belagerte Brünn und bedrohte das Herz der östreichi-
schen Staaten mit einem Einfall; aber Mangel an Truppensendungen nö-
thigte ihn zum Rückzug nach Böhmen, wo er von Krankheit erschöpft und
voll Unmuth den Befehlshaberstab niederlegte. Der tapfere Wrang el
wurde sein würdiger Nachfolger. Dieser brachte zuerst Sachsen und
Brandenburg zum Abschluß eines Waffenstillstandes, und trug dann,
vereint mit Türenne, der sich indessen der meisten Festungen am Rhein bis
8. Juli
1639.
Januar
1641.
Mai
1643.
2. Nov,
1642.
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T34: [Schweden König Gustav Dänemark Preußen Krieg Polen Adolf Frieden Holstein]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht]]
Extrahierte Personennamen: Bernhard Roeroy Gustavs Brömsebro
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Elsasses Bernhards Deutschland Regensburg Niederlan- Leipzig Niederelbe Holstein Schweden Berg_Tabor Sachsen Brandenburg Rhein
2. Mai
'1068.
198 Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts.
Heerwesens, dessen Einrichtungen bald von allen europäischen Fürsten nach-
geahmt wurden, als durch seine grausame und verwüstende Kriegsweise. Auch
Colberts Sohn, der Marquis von Seignelai (-s 1690) erwarb sich als
Minister hohe Achtung. Dieselbe Ueberlegenheit der Talente, die Ludwig in sei-
nem Cabinet vereinigte, zeigte sich auch im Heerwesen und in der Flotte. Die
kriegsgeübten und wohlgerüfteten Armeen standen unter Feldherren wie Tü-
ren ne, Eon de und Luxembourg; Vauban, der berühmteste Kriegs-
Ingenieur, verwandelte die eroberten Grenzstädte in uneinnehmbare Festungen;
Düquesne und Tourville brachten das französische Seewesen zu hohem
Ansehen. In den Künsten der Diplomatie waren die französischen Gesandten
allen andern ebenso überlegen, wie Ludwig Xiv. an Herrschergaben, gebieterischem
Wesen und königlichem Anstand die meisten Fürsten seiner Zeit übertraf.
£. Die zwei ersten Kriege.
§. 612. Der spanische Krieg (1667 —1668). Nachdem Lud-
wig Xiv. die ersten Jahre seiner Selbstherrschaft angewendet, um Frank-
reichs Vorrang über England (das sich bequemte den Seegruß zu bieten),
über Spanien (das dem französischen Gesandten den Vortritt gestattete)
und den Papst (der für den Ungestüm seiner Corsen demüthige Abbitte thun
mußte) zu begründen, benutzte er den Tod seines Schwiegervaters, Phi-
lipps Iv. von Spanien, um im Namen seiner Gemahlin die spanischen Nie-
derlande für Frankreich anzusprechen. Zwar hatte die Infantin bei ihrer
Vermahlung mit Ludwig allen Erbansprüchen entsagt; dies hinderte aber
den französischen König nicht, eine Bestimmung des in den Niederlanden
gültigen Civilerbrechts, Devolutions-Recht genannt, durch eine ge-
zwungene Deutung auf die Krone auszudehnen und seiner Forderung mit
zwei wohlgerüsteten Heeren Nachdruck zu geben. Ludwig selbst unterwarf
ohne Mühe die burgun disch e Freigrafschaft (Franche Comte), indeß
seine Feldherren rasche und leichte Eroberungen in Flandern machten. Die
Ohnmacht der spanischen Regierung wahrend Karls Ii. Minderjährigkeit
(§. 607.) und der Hader der oranischen und republikanischen Partei in den
Niederlanden begünstigten das Unternehmen. Aber die reißenden Fortschritte
des eroberungssüchtigen Königs machten diehollander besorgt. Sie schlossen
daher unter Vermittelung des britischen Gesandten Will. Temple im
Haag mit England einen Vertrag, der nach dem Beitritt Schwedens der
Dreimächtebund (Tripleallianz) hieß, und die Erhaltung der spanischen
Herrschaft in Flandern und Brabant zum Zweck hatte. Dadurch sah sich
Ludwig Xiv. genöthigt, den Frieden von Aachen einzugehen, wornach
die eroberten niederländischen Städte bei Frankreich verblieben (und durch
Vauban zu unüberwindlichen Festungen umgeschaffen wurden), die Frei -
grafschaft aber den Spaniern zurückgegeben ward.
§. 613. Einleitung zum Krieg wider Holland. Holland hatte
gewagt, den Siegeslauf des großen Königs zu hemmen. Für diese Vermessenheit
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Extrahierte Ortsnamen: England Spanien Spanien Frankreich Niederlanden Flandern Karls Niederlanden England Flandern Aachen Frankreich Holland Holland
Das Zeitalter Ludwigs Xív.
199
sollte es bestraft werden. Man machte in Paris geltend, welcher Zuwachs an
Macht für Frankreich entstehen würde, wenn es gelange, die reiche Republik mit
ibrer Seemacht, ihren Kolonien und ihrem Handel dem französischen Scepter zu
unterwerfen. Würden dann nicht die spanischen Niederlande von selbst dem fran-
zösischen Reiche zufallen? und wer wollte den großen Ludwig hindern, den Rhein
zur Grenze seiner Herrschaft zu machen? Die Zustande der wichtigsten euro-
päischen Staaten waren dem Unternehmen günstig. Der deutsche Kaiser Leo-
pold I. besaß zu wenig Staatsklugheit und war zu sehr im Osten seines Reichs
beschäftigt, als daß er der schlauen Politik Ludwigs, der mit dem Kurfürsten von
Köln, dem Bischof von Münster und mehreren andern Reichsftanden einen Bund
geschlossen und den ersten Minister des Kaisers, Lobkowitz, durch Bestechung
gewonnen hatte, einen kräftigen Widerstand hatte bieten können; Schweden,
wo wahrend Karls Xi. Minderjährigkeit eine selbstsüchtige Aristokratenpartei die
Herrschaft besaß, wurde leicht von der Tripleallianz abgelöst und in Frankreichs
Interesse gezogen. Noch leichter geschah dies in England, wo der leichtfertige,
charakterlose Karl Ii. mit Freuden einen Bund mit Ludwig Xiv. einging, als
dieser ihm einen Jahrgehalt zusicherte und seine Schwägerin Henriette-von Or-
leans, Karls Schwester, in Begleitung einer schönen französischen Hofdame nach
London schickte, wo letztere als Herzogin von Portsmouth bald großen Ein-
fluß erlangte und im Interesse Frankreichs wirkte. Der Beistand der englischen
Kriegsflotte schien den Ausgang des Unternehmens zu sichern. So von allen
Seiten gerüstet und gedeckt erklärte Ludwig Xiv. den uneinigen Generalstaaten
den Krieg.
Seit dem Frieden mit Cromwell und während der Minderjährigkeit Wilhelms Iii.
von Oranien (§. 602.) stand der holländische Staat ganz unter der Leitung der Repu-
blikaner. Die Häupter dieser Aristokraten-Partei, besonders der Großpensionär Joh.
de Witt, gehörten zu den edelsten Männern und uneigennützigsten Patrioten, die Holland
je besessen. Der blühende Handel und der treffliche Zustand der Seemacht (wodurch sich
die Republik zum Schiedsrichter des dänisch-schwedischen Kriegs (§. 588.) aufwerfen
konnte) zeugten von der Thätigkeit und dem vaterländischen Sinne dieser Republikaner.
Als aber Karl Ii., der mütterliche Oheim des jungen Oranien und derfewd der holländi-
schen Aristokraten, die ihn einst aus ihrem Land gewiesen, den englischen Thron bestieg,
hob die in Seeland, Ober-Pssel und Groningen mächtige oranische Partei ihr Haupt
kühner empor. Bald entstand Krieg zwischen England und Holland. Streitigkeiten der
englischen und holländischen Ansiedler aus der afrikanischen Westküste (Guinea) und in
Amerika gaben dem Londoner Hofe, der den Krieg wünschte, eine willkommene Veranlas-
sung. In einem schlachtenreichen Seekrieg maßen die beiden nach der Herrschaft des Mee-
res strebenden Nationen ihre Kräfte; Ehrgefühl, Nationalstolz und Ruhmbegierde, ver-
bunden mit Eroberungslust, Gewinnsucht und Handelsinteressen, trieben sie zu Großtha-
ten. Der Herzog von Zlvrk (Karls Bruder), als Groß-Admiral der englischen Flotte,
und der zum Herzog von Albemarle erhobene Monk (§. 604.) kämpften anfangs mit
Glück und Erfolg gegen die holländischen Seehelden deruyter und den jüngcrntromp.
Aber de Witt's Energie und de Ruyter's Ueberlegcnheit trugen endlich den Sieg davon.
Der letztere fuhr siegreich die Themse hinauf, vernichtete die englische Flotte und blokirte
die Hafen. Dies bewog die englische Regierung in dem Frieden von Breda die Navi-
gationsakte (§. 602. c) zum Vortheile der Holländer zu mildern und Surinam derrepublik
zu überlassen. Die erwähnte Triple-Allianz gegen Frankreich, mit dem die republika-
nische Partei bisher in gutem Vernehmen gestanden, war die nächste Folge dieses Friedens-
schlusses. — Die Republikaner, die sich während des englischen Kriegs genöthigt gesehen
Hatten, aus Rücksicht für die oranische Partei nicht nur die Ausschließungsakte
1672.
1664 —
1667.
1667.
1668.
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Extrahierte Ortsnamen: Paris Frankreich Rhein Lobkowitz Schweden Karls Frankreichs England Karls London Portsmouth Frankreichs Wilhelms_Iii Holland Seeland Ober-Pssel Groningen England Holland Guinea Amerika Karls Breda Surinam Frankreich
200 Ausgang des siebenzehnten Jahrhunderts.
(§. 602. c) wieder aufzuheben, sondern auch dem jungen Oranien ein Staatsgehalt anzu-
weisen, beschlossen jetzt, das Ansehen, das ihnen der vortheilhaste Friedensschluß gewährte,
zur Sicherstellung der republikanischen Verfassung in Holland anzuwenden. Das von den
1667. holländischen Ständen beschlossene ewige Edikt bestimmte, daß in Zukunft der Ober-
befehl über die Land- und Seemacht von der Statthalterschaft getrennt sein sollte; nur
unter dieser Bedingung dürfe die Statthalterschaft wieder ins Leben treten. Diesem Be-
schluß traten allmählich alle Provinzen bei.
tz. 614. Der holländische Krieg 1672—1679. Noch ehe die
Kriegserklärung an die Generalstaaten erlassen worden, hatte Ludwig Xiv.
das günstig gelegene Lothringen, dessen Herzog mit den Holländern im
Bunde war, in Besitz genommen, ohne Rücksicht auf Kaiser und Reich,
unter deren Schutz derselbe stand. Jetzt rückte der König selbst an der Spitze
eines wohlgerüsteten, von den trefflichsten Feldherrn (Condü, Türenne,
Bauban) geführten Heeres von 120,000 Mann durch das Gebiet des Kur-
fürsten von Köln (der sich von dem französisch gesinnten Domherrn Für-
stend er g zu einem Bündniß mit dem Reichsfeinde hatte verleiten lassen)
an den Rhein, erzwang, durch kölnische und m ünst er sch e Truppen ver-
stärkt, den berühmten Uebergang über den Rhein bei Tolhuis
(Zollhaus) und drang im reißenden Siegeszug in das Herz der General-
staaten. Da war Holland in Noth. Die Republikaner, die bisher den
Staat geleitet, waren mehr auf Hebung der Seemacht als auf Erhaltung
und Mehrung der Landheere bedacht gewesen, und wenn gleich der große
Kurfürst von Brandenburg, der Oheim des jungen Wilhelm von
Oranien, aus Besorgniß für seine clevischen Länder sich der bedrängten
Holländer annahm, mit richtigem Blick die Gefahr ermessend, die von Frank-
reichs Uebergewicht dem zerrissenen Deutschland drohte, so waren doch weder
seine noch die holländischen Truppen vermögend, die überlegene Streitmacht
der Feinde aufzuhalten. Lüttich, Utrecht und Ober-Pssel kamen in
die Gewalt der Feinde; französische Dragoner streiften bereits in der Provinz
Holland und näherten sich der Hauptstadt auf zwei Meilen; die erschreckten
Republikaner baten um Frieden, wurden aber nicht erhört. Hätte der Kö-
nig Conde's Vorschlag, sogleich auf Amsterdam loszugehen, angenom-
men, so wäre Holland verloren gewesen; Louvois' Rath, zuvor die Festun-
gen einzunehmen und durch Besatzungen zu sichern, schwächte die französische
Streitmacht und gab den Holländern Zeit sich zu fassen. Ludwig Xiv., der
nur nach dem Ruhm und Gewinn, nicht nach den Beschwerden eines Feld-
zugs Verlangen trug, eilte bald zu seinen Hoffesten, Schmeichlern und Buh-
lerinnen zurück, während in Holland die oranischepartei, nachdem sie
auf blutigem Wege zur Herrschaft gelangt, mit Energie zur Rettung des
Vaterlandes schritt.
Die Anhänger des Prinzen schoben die ganze Schuld des Unglücks auf die
Republikaner, klagten den Großpensionar de Witt des Einverständnisses mit
Frankreich an und erzeugten eine solche Aufregung unter dem Volk, daß dieses
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