Vi. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms Ii.
In dem Augenblicke, in dem der hochselige Kaiser Friedrich zur ewigen Ruhe einging, wurde nach dem preußischen und deutschen Erbrechte sein ältester Sohn Wilhelm Deutscher Kaiser und König von Preußen. Er ist der Schutzherr unsres Volkes in Krieg und Frieden. „Jede obrigkeitliche Gewalt ist von Gott", sagt die Heilige Schrift. Wir sind ihm daher Liebe, Ehrfurcht und Gehorsam schuldig. Kaiser-Wilhelm Ii. ist geboren am 27. Januar 1859.
Vorbildung.
Für seinen hohen Beruf wurde er gründlich und allseitig vorgebildet.
Die wissenschaftliche Vorbildung des Kaisers. Gleich seinem Vater hat Wilhelm Ii. eine hohe wissenschaftliche Vorbildung genossen. Der Unterricht wurde nach dem Lehrpläne des Gymnasiums eingerichtet. Außerdem lernte der Prinz die englische Sprache. Im Herbst 1874 trat er in die Obersekunda des Gymnasiums zu Kassel ein. Dort saß er mit den Söhnen des Volkes auf den nämlichen Schulbänken und zeichnete sich durch Fleiß, Pünktlichkeit und Ordnungsliebe aus. Besondere Vorliebe zeigte er für die Geschichte. Mit seinen Mitschülern verkehrte er sehr freundlich. Im Sommer wohnte er auf dem Schlosse Wilhelms höhe in der Nähe von Kassel. Morgens um 7 Uhr ritt er von Wilhelmshöhe zum Gymnasium. Im Jahre 1877 bestand er die Reifeprüfung. Bei dieser Gelegenheit erhielt er eine Denkmünze zur Anerkennung seines Fleißes. Alljährlich werden am Gymnasium zu Kassel drei Denkmünzen an die drei fleißigsten Schüler verteilt. Vom Herbst 1877 bis zum Herbst 1879 studierte Prinz Wilhelm an der Hochschule zu Bonn am Rhein. Damit hatte die wissenschaftliche Vorbildung ihren äußern Abschluß erreicht.
Durch diese Studien ist der Kaiser in den Stand gesetzt, sich auf jedem Gebiete des Wissens selbständig weiter zu bilden.
Militärische Vorbildung. Nach der Sitte des preußischen Königshauses wurde Prinz Wilhelm mit dem 10. Lebensjahre zum Offizier ernannt. Während seiner Gymnasialstudien beteiligte sich der Prinz an militärischen Übungen nicht. Nachdem er das Gymnasium zu Kassel verlassen hatte, wurde er zum Oberleutnant im ersten Garderegiment zu Potsdam ernannt. Vom Februar bis zum Herbst tat er seinen Dienst wie jeder andre Offizier des Regiments.
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6
I. Die Französische Revolution.
Vermögen, um hohe Zinsen der Staatsverwaltung geliehen, war gefährdet.^ Hier liegt ein Grund der Staatsumwälzung.
Verarmung des Bauernstandes. In der ungünstigsten Lage waren die Kleinbauern, Landarbeiter, Tagelöhner. Der Engländer Artur Joung, der in den beiden letzten Jahren vor Ausbruch der Revolution Frankreich bereiste und besonders dem Ackerbauwesen seine Aufmerksamkeit widmete, meint, daß der Ackerbau damals noch auf der Stufe des 10. Jahrhunderts gestanden habe, ausgenommen in Flandern und im Elsaß. Die Felder blieben in jedem dritten Jahre brach; schlechte Geräte, keine eisernen Pflüge (Fig. 14), wenig Vieh, wenig Dünger, schlechte Wege. Seitdem die adligen Herren am Hofe zu Versailles lebten, hatten sie weder Zeit noch Geld, für die Hebung der Hauptnahrungsquelle des Volkes zu sorgen. In einzelnen Bezirken lebte der Landbewohner nur von Buchweizen, in andern wurde das Getreide halbreis verarbeitet. Man konnte die Reife vor Hunger nicht erwarten. Der Steuerdruck war unerträglich. Von 100 Frcs. Erlös nahm der staatliche Steuereinnehmer 53, 14 erhielt der adlige Herr als Eigentümer von Grund und Boden, 14 die Kirchenverwaltung, den Rest bekamen die Kellerratten, d. h. die Beamten der Getränkesteuer und die Salzsteuererheber.
Wie sehr der Steuerdruck die Tatkraft lähmte, geht aus dem Briefe eines Dorfschulzen aus der Champagne an den König hervor. „Wir könnten einige Weinstöcke an den Abhängen pflanzen, aber wir werden so von den Steuerbeamten gequält, daß wir vielmehr daran denken, die gepflanzten auszuwerfen; der ganze Wein würde für sie sein, und uns bliebe nur die Arbeit." Am härtesten drückte die Salzsteuer. Jede
Familie mußte für jede Person jährlich sieben Pfund Salz aus dem Staatsmagazin kaufen, eigne Salzgewinnung war untersagt und wurde mit Galeeren arbeit, im Wiederholungsfälle mit Aufhängen bestraft.
Kein Wunder, daß, wer Gelegenheit hatte, in die Dienste eines reichen Herrn als Lakei trat oder im Handwerk und im kaufmännischen
Beruf Unterkunft suchte. Infolgedessen blieben viele Äcker und Weinberge unbebaut. Unter diesen Umständen konnte Frankreich damals
25 Million Einwohner nicht ernähren; das fruchtbare Land hätte bei vernunftgemäßer Bewirtschaftung mehr als der doppelten Anzahl hinreichenden Wohlstand bieten können. In dem Elend des Bauernstandes liegt ein andrer Grund der Staatsumwälzung.
Die Steuervorrechte. Der Adel und die Geistlichkeit waren fast steuerfrei. In früherer Zeit hatten die adligen Herren die Kriegslasten fast allein getragen; im ritterlichen Kampfe hatten sie in den ersten Reihen
*) Nach Hippolyte Adolphe Taine (1828—1893): L’ancien regime. Schulausgabe von Wershoven. Trier 1907, Jakob Lintz. S. 36—40.
2) Taine, S. 44—48.
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V. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I.
1. Persönliches.
Der neue König ging der Vollendung des 64. Lebensjahres entgegen, stand also in einem Alter, in dem die meisten Menschen die Last der Arbeit abzuschütteln pflegen. Am 22. März 1797 war er geboren. Seine Knabenjahre fallen in die Zeit der tiefften Erniedrigung Preußens. Der zehnjährige Knabe sah den Kummer der Eltern, als die Königliche Familie gezwungen war, von Berlin nach Königsberg, von Königsberg nach Memel zu flüchten. Noch nicht hatte er das 14. Lebensjahr beendet, als ihm der Tod die treue Mutter entriß. Tüchtige Lehrer arbeiteten an seiner Erziehung. Der Prinz war ein fleißiger Schüler. Geschichte, Erdkunde und die Kriegswissenschaften waren feine Lieblingsfächer. Er hörte gern zu, wenn die berühmten Feldherren Blücher, Gneisen au, Jork von Wartenburg und Scharnhorst über den Krieg sprachen.
Teilnahme an den Befreiungskriegen. An der Seite seines Vaters machte er 1814 den Feldzug nach Frankreich mit. In der Schlacht bei Bar-fur-Aube verrichtete er den Dienst eines Königlichen Adjutanten und stand unerschrocken im dichten Kugelregen. Zur Belohnung erhielt der sechzehnjährige Jüngling vom Kaiser Alexander von Rußland den St.-Georgsordeu, sein Vater schmückte ihn mit dem Eisernen Kreuze. An der Spitze der Sieger von Waterloo zog er 1815 mit feinem Vater und feinem ältern Bruder Friedrich Wilhelm in Paris ein. Nach der Beendigung der Befreiungskriege fetzte er feine militärischen Studien fort. Er zeigte dafür ein so großes Verständnis, daß er im Alter von zwanzig Jahren bereits zum Obersten und Regimentskommandeur ernannt wurde.
Vermählung. Im Jahre 1829 vermählte er sich mit der Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar, die unter dem Einflüsse Goethes zu einer kenntnisreichen Jungfrau emporgeblüht war.
Über feinen Aufenthalt in En gl and, die Niederwerfung des Badischen Aufstandes war Seite 67 und 72 die Rede.
Gouverneur der Rheinlande und Westfalens. Damit er die Rheinlande und Westfalen, deren größte Gebiete erst 1815 zum Preußischen Staate gekommen waren, aus eigner Anschauung kennen lerne, übertrug ihm 1849 Friedrich Wilhelm Iy. die militärische Verwaltung dieser Provinzen; er wohnte während dieser Zeit im Königlichen Schlosse zu Koblenz. Nach fünf Jahren wurde er Gouverneur der Bundesfestnng Mainz.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms_I.
1._Persönliches Wilhelms_I. Königsberg Jork_von_Wartenburg Alexander_von_Rußland Alexander Waterloo Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Goethes Friedrich_Wilhelm_Iy Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Königsberg Frankreich St.-Georgsordeu Paris Sachsen-Weimar Rheinlande Westfalens Westfalen Koblenz
116
Vi. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms Ii.
Während dieser Zeit wurde er auch in den Kriegswissenschaften unterrichtet. In der Zeit der Bonner Studienjahre ruhten die militärischen Verpflichtungen. In den Herbstferien nahm er an den großen Manövern teil.
Nach Beendigung der Uuiversitätsstudieu übernahm Prinz Wilhelm als Hauptmann die Führung einer Kompagnie. Sie wurde die strammste des ganzen Regiments. Für den strengen Dienst entschädigte der Prinz seine Soldaten durch besonderes Wohlwollen. Am Weihnachtsfeste beschenkte er jeden Soldaten seiner Kompagnie; wenn einer von ihnen erkrankte, besuchte er ihn im Lazarette, bei allen passenden Gelegenheiten erkundigte er sich nach den Familienverhältnissen seiner Soldaten und nahm an ihrer Freude wie an ihrem Leide lebhaften Anteil. Deshalb hingen die Soldaten seiner Kompagnie mit großer Liebe
an ihm.
Im Jahre 1881 wurde Prinz Wilhelm zum Major befördert; vier Jahre später wurde er Oberst und Kommandeur des Gardehusarenregiments. An seinem 29. Geburtstage, am 27. Januar 1888, ernannte Kaiser Wilhelm I. seinen Enkel zum Generalmajor. In diesem militärischen Range hat Prinz Wilhelm den Thron seiner Väter bestiegen. Als Kaiser und König ist er der oberste Heerführer des ganzen preußischen und deutschen Heeres. In jeder dienstlichen Stellung, als Leutnant, Hauptmann, Major, Oberst und General, hat Prinz Wilhelm seinen Soldaten das Beispiel unermüdlicher Tätigkeit und eifrigster Pflichterfüllung gegeben.
Vorbildung für die Regierungsgeschäfte. Der Kaiser hat sich nicht nur wissenschaftlich und militärisch für seinen hohen königlichen
und kaiserlichen Beruf vorbereitet, sondern er hat sich auch mit den ver-
schiedenen Zweigen der Staatsverwaltung bekannt gemacht.
Nach der Studienzeit wurde er durch den Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg in die Verwaltung einer Provinz eingeführt. Später ließ er sich mit dem Geschäftsgänge der einzelnen Ministerien und des Reichskanzleramtes bekannt machen. In allen diesen Verwaltungszweigen arbeitete er mit regem Eifer.
So war Prinz Wilhelm allseitig für sein königliches Amt vorbereitet, als der Tod seines Vaters ihn auf den Thron rief.
2. Erste Regierungshandlungen.
Am ersten Tage seiner Regierung machte Wilhelm Ii. dem Landheere und der Marine Mitteilung von dem Hinscheiden des hochseligen Kaisers Friedrich und von seiner eignen Thronbesteigung. Nachdem Kaiser Friedrich zur letzten Ruhe bestattet war, richtete er folgenden Erlaß an das preußische Volk:
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Extrahierte Personennamen: Wilhelms Wilhelms Wilhelm Wilhelm Wilhelm_I. Wilhelm Wilhelm Wilhelm Wilhelm Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich
14
I. Die Zeit der Franzsischen Revolution und Napoleons I.
106.
der die Schnee- und Eiswelt des Groen St. Bernhard, erschien unvermutet in Italien und schlug die sterreicher entscheidend beima-rengo. Gegen Ende des Jahres wurden sie auch in Bayern besiegt (von Moreau bei Hohenlinden). In dem darauffolgenden Frieden zu Lue-1801. lulle berlie der Kaiser 1801 das ganze linke Rheinufer an Frank-reich. 1802 schlo auch England mit Napoleon zu Amiens Frieden.
7. Der Reichsdeputationshauptschlu. Zur Entschdigung der Fürsten, die auf dem linken Rheinufer ihre Besitzungen verloren hatten, trat in Regensburg eine Reichsdeputation" zusammen, bestehend aus den Ab-
1803. gesandten der greren deutschen Staaten, deren Beschlsse 1803 in einem Hauptschlu" zusammengefat wurden. Die Fürsten wurden mit ein-gezogenen geistlichen Lndern und Reichsstdten entschdigt. 112 Staaten hrten dadurch auf zu bestehen. Die gewaltsame Umgestaltung, deren eigentlicher Leiter Napoleon war, hatte wenigstens das Gute, da sich die Zerrissenheit Deutschlands verminderte; die Verteilung wurde die Grundlage der spteren Gestaltung Deutschlands. (Karte Nr. 10.)
Preußen erhielt zur Entschdigung fr die 1795 abgetretenen Gebiete die Bistmer Mnster, Paderborn und Hildesheim, das zum Kurfrstentum Mainz gehrige Erfurt und die Reichsstdte Mhlhausen, Nordhausen und Goslar.
8. Napoleon als Konsul, a) Napoleon gewann in Frankreich immer neue Freunde. Die tchtigsten und fr feine Plne brauchbarsten Be-amten zog er in sein Interesse und feinen Dienst. Den Emigranten erlaubte er die Rckkehr. Durch die Stiftung der Ehrenlegion, des einzigen in Frankreich bestehenden Ordens, entstand eine neue, dem Stifter ergebene Ritterschaft.
b) Dankbar begrte es das Volk, da er durch einen Vertrag mit dem Papste, der auch den Kirchenstaat zurckerhielt, die katholische Kirche wiederherstellte. Den brigen Bekenntnissen gewhrte er Duldung.
c) Einen weiteren Schritt zur Erneuerung der Verfassung des ancien regime" tat Napoleon, indem er sich 1802 durch Volksabstimmung das Konsulat auf Lebenszeit bertragen lie.
d) Auch an Feinden fehlte es dem Ersten Konsul nicht. In der Pariser Gesellschaft war die geistreiche Frau von Stael der Mittelpunkt der gebildeten, mit seiner Alleinherrschaft unzufriedenen Kreise. Napoleon schickte sie deshalb in die Verbannung. Der Dichter Chateaubriand ging aus eigenem Antriebe ins Ausland. Mehrere Verschwrungen und Mordversuche gegen den Konsul gaben willkommene Veranlassung zur Verbannung und Vernichtung der Gegner. So lie er den Herzog von Enghien, der in dem badischen Stdtchen Ettenheim lebte, und den er irrtmlicherweise fr das Mitglied einer Verschwrung hielt, durch Straburger Soldaten der die Grenze holen, nach Paris bringen, durch ein zu diesem Zwecke eingesetztes Kriegsgericht verurteilen und erschieen.
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Extrahierte Personennamen: Napoleons_I. Bernhard Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Italien England Amiens Regensburg Deutschlands Deutschlands Paderborn Hildesheim Mainz Erfurt Mhlhausen Nordhausen Goslar Frankreich Frankreich Ettenheim Paris
58
Verrter darstellte. Dadurch gelang es, die Mehrzahl der Regimenter von ihm abwendig zu machen. Mit den brigen zog er nach Eger, als wenn er sich mit den Schweden vereinigen wollte. Besonders vertraute er einem Obersten Butler. Dieser aber stand auf der Seite des Kaisers und lie zuerst bei einem Gastmahl die wichtigsten Anhnger Wallensteins tten, dann schickte er einige seiner Dragoner ab, um Wallenstein selbst zu er-morden. Dieser hatte eben ein Bad genommen und war im Begriff, schlafen zu gehen. Sein Mundschenk, der ihm in goldener Schale den Schlaftrunk gebracht hatte, begegnete den Hereinstrmenden und wollte ihnen empfehlen, die Ruhe des Herrn nicht zu stren. Aber ihm selbst versetzten sie eine Wunde und erhoben das Geschrei: Rebellen". Indem Wallenstein bei diesem Lrm, wie er war. nach dem Fenster ging, stieen die Dragoner Butlers die Thr auf und schrieen ihm die Worte zu: Schelm und Ver-rter". Offenbar erkannte Wallenstein, da er verloren sei. An einem Tisch angelehnt, die Lippen bewegend, aber ohne einen Laut von sich zu geben, spannte er die Arme weit aus und empfing in dieser Stellung den Todessto (1634).
Das Ende des greuelvollen Krieges aber sollte noch lange auf sich warten lassen. Denn nun mischten sich die Franzosen auch noch in den Kampf ein, und erst 1648 kam der fr Deutschland beraus unheilvolle Westflische Friede" zustande.
17. Ariedrich Withelm, der groe Kurfürst (164088).
1. Inmitten der Schrecken und Leiden des 30jhrigen Krieges wuchs in Brandenburg ein Kurprinz, Namens Friedrich Wilhelm, heran. Als Knabe von sieben Jahren kam er durch die Frsorge seiner Mutter nach der Festung Kstrin, um ungestrt von den Wirren des Krieges sich zu ent-wickeln. Er hatte gute Fhigkeiten; er lernte zwar langsam, aber was er gelernt hatte, verga er nicht wieder; besonders der Religionsunterricht wirkte tief auf fein Gemt ein.
In dieser Zeit schon erregte er die Aufmerksamkeit des Schweden-knigs Gustav Adolf; dieser legte wohl die Hand auf den Kopf des Knaben und bestimmte ihn zum zuknftigen Gemahl seiner einzigen Tochter Christine. Als nach dessen Tode der Krieg die Mark Brandenburg selbst berhrte, schickte die Mutter den nunmehr 14jhrigen Sohn nach den Niederlanden auf die Universitt Leiden.
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Extrahierte Personennamen: Butler Butlers Ariedrich_Withelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Gustav_Adolf Gustav Adolf Christine
Extrahierte Ortsnamen: Eger Deutschland Brandenburg Brandenburg
60
Knigin Christine von Schweden. Er hatte keine Lust, neben einer eigen-willigen Gemahlin eine unbedeutende Rolle zu spielen. Dagegen fand er eine treffliche Lebensgefhrtin in Luise Henriette von Oranien, die allerdings erst eine Jugendneigung unterdrcken mute, ehe sie nach dem Willen der Eltern dem Kurfrsten die Hand reichte. Sie war klein, aber wohl gestaltet, sanft und ruhig; sie sprach wenig und zeigte eine Neigung zur Schwermut. Dabei liebte sie ihren Gemahl bald so sehr, da sie trotz' ihrer schwachen Gesund-heit ihn fast auf allen Reisen, sogar auf seinen Feldzgen begleitete. Ich will lieber alle Unbequemlichkeiten erdulden und bei ihm sein," schrieb sie einmal, als alle Bequemlichkeiten der Welt haben und ihn nicht sehen." Auf ihren klugen Rat legte der Kurfürst selbst in den schwierigsten Fllen groen Wert. Mit ihr vereint, suchte er die Wunden des Krieges zu heilen. Die Kurfrstin legte zur Hebung des Acker- und Gartenbaues in dem ihr zu Ehren benannten Stdtchen Oranienburg eine Musterwirtschaft an. Daselbst grndete sie auch fr die vielen elternlosen Kinder nach dem groen Kriege ein Waisenhaus.
3. Nicht immer wurden die guten Absichten, welche der Kurfürst hegte, von seinen Unterthanen anerkannt. In seinem Herzogtum Preußen mute er den Adel und die Stadt Knigsberg erst zum Gehorsam zwingen. An die Spitze der Widerspenstigen traten der Oberst von Kalkstein und der Schppenmeister Rhode. Lange zeigte sich der Kurfürst geduldig. Kalkstein wurde, als er zum erstenmal zum Tode verurteilt worden war, begnadigt. Nichtsdestoweniger floh er nach Polen und versuchte, von Warschau aus seine Landsleute gegen den Kurfrsten aufzuwiegeln. Alle Mahnungen und Drohungen halfen nichts.
Da schickte Friedrich Wilhelm einige Dragoner verkleidet dahin, und der brandenburgische Gesandte erhielt den Befehl, sich mit Gewalt des ge-fhrlichen Mannes zu bemchtigen. Er lud Kalkstein zu sich ein; unvor-sichtig genug folgte der Oberst dieser Einladung; nun wurde er als Landes-Verrter verhaftet, an Hnden und Fen gefesselt, in einen Teppich gewickelt und in einem verschlossenen Wagen aus der Stadt herausgebracht. Drei Meilen weit geleiteten die Dragoner den im Gefhrt verborgenen Gefangenen; dann setzten sie ihn auf ein Pferd und befrderten ihn schleunig der die Grenze. Wohl war der Polenknig sehr erbittert und verlangte die Freilassung Kalksteins, da er unter seinem Schutze gestanden habe; aber der Kurfürst erklrte: die Polen sollten den meineidigen Hochverrter zu-rckerhalten, aber gekpft. Er stellte ihn vor ein Kriegsgericht, dieses
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Extrahierte Personennamen: Christine_von_Schweden Luise_Henriette_von_Oranien Rhode Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
64
Auenseite es doch gut mit ihm gemeint hatte, und wie treu er fr seine Unterthanen sorgte. Er lernte die groen Verdienste desselben um die Hebung des Knigreichs Preußen richtig wrdigen. Aber auch der König nderte seine Meinung der den Sohn, als er krnklich wurde und sich fter von demselben vertreten lassen mute. Beim Herannahen des Todes dankte er Gott, da er ihm einen so wrdigen Nachfolger gegeben habe.
2. Mit 28 Jahren bestieg Friedrich (im Jahre 1740) den Thron, und er widmete sich seinen Pflichten als Herrscher mit demselben Ernst und Eifer wie der Vater. Er mute wirklich bald Krieg anfangen, um die Ansprche seiner Vorfahren auf Schlesien durchzusetzen. Dies Land ge-hrte der Beherrscherin von sterreich, Maria Theresia, einer ebenso klugen wie entschlossenen Frau. Erst nachdem sie in drei Kriegen, von denen der letzte sieben Jahre dauerte, besiegt worden war, trat sie die Provinz an den Preuenknig ab. Aber dieser hatte auch viele schwere Verluste er-litten und war manchmal der Verzweiflung nahe gewesen; er kehrte als der alte Fritz" in seine Hauptstadt Berlin zurck.
3. Im Frieden arbeitete er unermdlich fr sein Volk. Nichts hat mehr hnlichkeit mit dem Tode, als der Miggang", schrieb er an einen Freund. Im Sommer stand er um 4 Uhr, im Winter um 5 Uhr auf. @r kleidete sich sofort vollstndig an; während ihm der Zopf gemacht wurde damals trugen auch die Männer Zpfe , las er schon die ein-gegangenen Briefschaften; dann fthstckte er, spielte auf der Flte, seiner Freundin von der Jugend her, wobei ihm oft die besten Gedanken der die Verwaltung seines Staates einfielen. Zwischen 9 und 10 arbeitete er allein, dann empfing er seine Rte und gab ihnen seine Befehle. Um 11 Uhr besuchte er die Parade. Nach einem kurzen Spaziergange oder Spazierritte wurde pnktlich zu Mittag gespeist. Vis 2 Uhr dehnte sich gewhnlich die Unterhaltung bei Tafel aus. Dann spielte der König noch eine halbe Stunde auf der Flte, bis die Rte kamen, um die Arbeiten, die ihnen frhmorgens aufgetragen worden waren, vorzulegen. Der Abend wurde dann mit einem Konzert oder mit Vorlesen ausgefllt.
Alljhrlich reiste der Fürst aber bald in diese, bald in jene Provinz; dabei war er ebenso unermdlich thtig; er hrte jeden seiner Unterthanen an und half, wo er irgend konnte.
Bis zu seinem letzten Augenblick sorgte er fr die Zukunft des Staates, den sein Vater und er groß und mchtig gemacht haben.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_( Friedrich Ernst Maria_Theresia Maria Theresia
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sich in die Stadt, wo er den Abt eines Klosters fr sich zu gewinnen wute. Dieser sandte ihn, anscheinend als Beichtvater, mit einer Mnchs-futte bekleidet, in das Gefngnis des Fürsten. Kunz wurde auch wirklich von den Wachen durchgelassen, und Maximilian war nicht wenig erstaunt, als er statt des Mnches seinen lieben Hofnarren vor sich sah. Der Flucht-plan war fein eingefdelt. Der Schalk hatte das Haarschneiden erlernt; er wollte dem Fürsten die wallenden Locken abschneiden und ihm das Mnchs-gewand berlassen. So sollte Maximilian, unkenntlich gemacht, durch die Wachen hindurchschreiten, bei dem Abte des Klosters ein Pferd oder Schiff besteigen und entfliehen. Aufrichtig freute sich der König der die An-hnglichkeit seines Getreuen; aber es duchte ihm unwrdig, einen andern um seinetwillen in Gefahr zu bringen. Wie die Rte vorher ermordet worden waren, so htte wohl auch der Narr fr die Befreiung seines Ge-bieters das Leben lassen mssen. Zu Kunzens tiefem Schmerz blieb Maximilian fr alle Bitten taub, und der treue Diener mute unverrichteter Sache zurckkehren.
Indessen nahte schon die Stunde der Erlsung. Der greise Vater Maximilians hatte, als er die Kunde von der schmhlichen Behandlung des Sohnes empfing, mit ungewhnlicher Lebendigkeit ein Reichsheer zusammengezogen und rckte drohend gegen die Niederlnder vor. Da ging den Bewohnern von Brgge die Erkenntnis auf, da sie belagert und hart bestraft werden wrden. Deshalb begannen sie mit ihrem hohen Gefangenen wegen feiner Freilassung zu verhandeln. Er sollte vor allen Dingen schwren, sich nicht zu rchen, aber auf die vormundschaftliche Regierung verzichten. Der König ging darauf ein; fnst htten ihn schlielich die verzweifelnden Brger vielleicht an Frankreich zu ewiger Gefangenschaft ausgeliefert. Doch fein Vater war bel damit zufrieden, erklrte, dieser Schimpf msse gercht werden, und setzte es, während Maximilian sich von allen diesen Maregeln fern hielt, durch, da der König wieder zum Vormund seines Sohnes eingesetzt wurde und Vertreter der Stadt Brgge, im hrenen Bugewande vor Maximilian knieend, Abbitte leisten muten.
5. Doch war der Aufenthalt in den Niederlanden dem jungen Fürsten verleidet. Er erhielt gerade damals (1489) von einem alten kinderlosen Vetter, der lange aus Eifersucht gegen den Vater nichts von Maximilian hatte wissen wollen, jetzt aber durch die Liebenswrdigkeit seines blhenden, heldenmtigen Stammesgenossen gewonnen wurde, das Land Tyrol, und |ter verweilte er von nun an mit Vorliebe. Hatten ihn diese biederen Bergbewohner schon glnzend empfangen (eine Schar Bergleute zog ihm
Wagner. Deutsche Lebensbilder. Ausgabe B. 4 0 J
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Extrahierte Personennamen: Kunz Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilians Maximilians Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Niederlanden Tyrol
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zugewendet, und hrt nicht, da die Thre aufgeht und einige Personen eintreten. Erst als eine mnnliche Stimme ihr zuruft.- Liebe Frau, die Prinze Wilhelm ist hier, um sich persnlich nach Ihnen zu erkundigen," fhrt sie herum und verliert fast die Besinnung bei dem unerwarteten Besuche. Aber die hohe Frau spricht so gtig ihr zu, da sie ihr bald ihre Lage schildern kann. Nun wurde fr ihre Pflege gesorgt, und sie wurde gerettet.
4. Reicher entwickelte sich noch das Familienleben, als die jungen Prinzen (der Kronprinz Wilhelm, Prinz Eitel-Friedrich, Prinz Adalbert, Prinz August Wilhelm, Prinz Oskar. Prinz Joachim) geboren waren. Der Vater wie die Mutter widmete sich mit Eingebung den elterlichen Pflichten und kannten kein hheres Glck, als mit den Kindern zusammen zu sein. Als zu den sechs Brdern noch eine Tochter hinzukam, nannte sie bedeutungsvoll der Vater: Viktoria Luise. Dieser Name er-innerte an seine Gemahlin und seine Mutter, sowie zugleich an die unvergeliche Knigin Luise.
5. Die Geburt der ltesten Prinzen hatte noch Kaiser Wilhelm I. erlebt. Voll hoher Freude hatte er ausgerufen, als er den ltesten Urenkel im Arme hielt: Hurra, vier Könige! Spter bildeten die Besuche seiner Urenkel das ganze Entzcken des greisen Herrschers. Wenn sie in sein Arbeitszimmer strmten und einer den andern berholen wollte, um zuerst dem Urgrovater die Hand zu kssen, muten sie sich daran hatte sie der Vater schon frh gewhnt - der Reihe nach aufstellen. Dann wurde jeder nach seinem Namen, seinem Alter und seinem Geburtstage gefragt. Regelmig hie es dann: Warum habt Ihr denn Euern jngsten Bruder nicht mitgebracht? Nicht wahr, Ihr seid ihm gewi wieder zu schnell fortgelaufen?" Groe Heiterkeit und endlich, kaum vernehmbar: Aber Urgrovater, der kann ja noch nicht laufen!" - Ja so, das hatte ich ver-gefsen; und da wolltet Ihr wohl nicht warten, bis er's gelernt hat?" Nein, nein, nein, aber er kommt auch bald." Nachdem jeder ein kleines Geschenk erhalten hatte, tollten sie wieder davon; denn das litt der Urgro-Vater trotz aller Liebe nicht, da sie in seinem Zimmer spielten; mit der Ordnung wre es dann bald vorbei gewesen.
Auch der Vater hielt streng auf Ordnung. Einmal gingen die kleinen Prinzen im Schlohofe, wo an dem Thore eine Schildwache stand, spazieren. Es machte ihnen unendlich viel Vergngen, da der Soldat vor ihnen prsentierte. Nun richteten sie es so ein, da sie bei ihrem Auf- und Abwandeln stets an der Schildwache vorber kamen. So mute der Posten
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Wilhelm August Wilhelm Oskar Joachim) Viktoria_Luise Wilhelm_I.