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das ist ja wieder der Hammer Thors und weiter nichts." Bertulf
aber trat kräftigen Schrittes zum Feuer und sprach: „Davor sei Gott,
daß unter meinem Dache eine Lüge laut werde; das da an der Wand
ist nicht Thors Hammer, es ist ein Christusbild am Kreuze." — „Gottlob,
Vater," rief der Knabe dreist, „daß du der Hammergeschichte ein Ende
machst."
Der Krieger aber mit den: blutigen Kopftuche sprach: „Wisse, ab-
trünniger Landsmann, daß du vor zwei furchtbaren Richtern stehst.
Ich bin der Sachsenherzog Wittekind, und dieser ist der Herzog Alboin."
Da schrie die Frau vor Schrecken; Bertulf aber faßte sich schnell und
sprach: „Längst hab ich gewünscht, euch zu schauen, weil ihr zwei so
gewaltige Kriegshelden seid. Nun werde ich freilich durch euern Arm
sterben müssen; aber ich bitte euch, schont mein Weib uttif meine
Kinder!" Die beiden Männer aber ergrimmten und standen a^f; nach
der blanken Streitaxt griff der eine, der andere riß das Schwert aus
der Scheide; sie waren furchtbar anzusehen in ihrem Zorne. Aber
der Knabe sprang in die Ecke des Zimmers, ergriff ein Beil, das dort
stand, und reichte es seinem Vater; er selbst riß einen Brand aus
dem Feuer, stellte sich neben ihn und ries: „Wir wollen uns wehren,
Vater, der Feind ist ja auch nur zu zweien." Da sahen sich die
Herzoge staunend an, senkten Streitaxt und Schwert, und Wittekind
sprach: „Es sei Frieden! Aber ich verlange zu wissen, wie es gekommen
ist, daß sich ein so echter Sachse zur Lehre der Christen hat bekennen
mögen."
Darauf erzählte Bertulf: „Als ich noch Heide war, begegnete mir
aus der Jagd einmal ein christlicher Priester im langen weißen Gewände,
der durch unsere Gaue ging, um das Volk zu seinem Glauben zu be-
kehren. Nun war ich den ganzen Tag noch zu keinem Schusse gelangt,
und in meiner Torheit wähnte ich, der fromme Mann sei schuld
daran und habe das Wild verzaubert. Ich rief ihm zu, wenn ich kein
Tier fände, so wollte ich doch wohl noch zum Schusse kommen; dann
legte ich meine Armbrust an, und bald stak ihm mein Pfeil im Arme.
Schmerzhaft zuckte der Priester zusammen, hielt sich mit der andern
Hand die verwundete Stelle und sagte freundlich zu mir: „Gehe hin,
mein Sohn, unten im Felsengrund steht ein schöner Hirsch; vielleicht
hilft dir der zu deinem Schaden!" Wirklich fand ich das Tier und
erlegte es. Als ich mit meiner Beute zurückkam, da war der
heilige Mann blutend ins Gras gesunken. Aber freundlich lächelnd
sprach er zu mir: „Siehst du, mein Sohn, da hast du ja einen
guten Fang getan, Pas freut mich herzlich!" Da erkannte ich mein
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— 210
ausgeführte Denkmal des im Jahre 1500 gestorbenen Herrn von Gera
und Schleiz, Heinrichs des Mittleren, und seiner Gemahlin Hedwig,
gebornen Gräfin von Mansfeld. Der auf dem Steinsarge liegende
Fürst ist in voller Rüstung und mit dem Helme dargestellt; seine Füße
ruhen auf einem Schädel, in der Rechten hält er den Wappenschild
von Gera, und mit der Linken faßt er das Schwert an. Das merk-
würdigste unter den Grabmälern ist das in der Sankt Annen-Kapelle
befindliche Steinbild des Herrn von Kospoth, des sogenannten Pest-
mannes. Er soll, aus Ungarn kommend, 1575 die Pest nach Schleiz
verschleppt haben. Von den Chorknaben, welche dem Verstorbenen das
Geleit gegeben hatten, sollen sich 19 in den Leichenwagen gedrängt
haben, um in ihm zurück in die Stadt zu fahren. Sie alle wurden
von der Pest angesteckt, und durch sie breitete sich die furchtbare Krank-
heit in dem Maße über die Stadt aus, daß in kurzer Zeit 656 Leute
von der Seuche dahingerafft wurden.
Durch Schönheit zeichnen sich vor allen anderen die Gedenktafeln
für Frau Anna Dorothea Slevogt (gestorben 1686) und für Bürger-
meister Weysse (gestorben 1703) aus. Jene stellt in ihrem Hauptteile
die Kreuzabnahme, diese die Auferstehung des Herrn dar. Bei beiden
sind vorzüglich die einfassenden Gruppen von künstlerischem Werte, bei
jener die Opferung Isaaks und der Kampf Jakobs mit dem Engel, bei
dieser die Gestalt der Wahrheit mit dem Spiegel in der rechten Hand
und die der Ewigkeit mit einem von einer Schlange umwundenen Stabe.
Besondere Aufmerksamkeit verdient der von Agnes Maria, gebornen
Gräfin von Erbach (gestorben 1634), Gemahlin Heinrichs des Mittleren,
Reuß zu Schleiz, gestiftete Altar - Aufsatz. In seinem obersten Teile
sehen wir die Darstellung der Verklärung Christi, unmittelbar aber
über dem Altar das Brustbild Heinrichs Pvsthumus inmitten einer
langen Inschrift, welche das Bild als einen Ersatz für das von den
Franzosen 1806 geraubte Bild der Grablegung Christi bezeichnet. Der
Fürstenstand und das Burgksche Denkmal fallen durch ihre Größe,
jener außerdem durch seine Ausstattung in die Augen. Als Kunst-
werke sind noch hervorzuheben die aus einem einzigen Steine gehauene
Kanzel und der schöne Kronleuchter; über seinen 6 Armen stehen die
5 klugen Jungfrauen mit den brennenden Lampen in den Händen, als
sechster ist Christus dargestellt, Bräutigam und König zugleich.
An der gegenwärtigen Gestalt der Kirche haben Jahrhunderte ge-
baut. An ihrer Stelle hat wahrscheinlich in der Zeit, da um das
Jahr 1000 die ersten christlichen Sendboten von Zeitz aus in da^
Wiesental kamen, eine hölzerne Kapelle gestanden. Sie war der Mutter
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9
eine Handvoll eingeführt, und meine Großmutter hat mir gesagt, auch
sie könne sich dessen nicht entsinnen und doch sei immer Segen bei der
Sache gewesen und von Mangel habe man hier nichts gewußt. Und
wenn es noch Not am Manne wäre, Johannes! ein naß Jahr! Aber
trocken wars bis dahin, und trocken wird es wieder werden, und ein
wenig naß werden schadet dem Korne nichts; und würde es ihm
schaden, so hast du zu denkeu, der Herr, der das Korn gegeben, gibt
auch den Regen, und wie ers gibt, hast du es anzunehmen. Johannes,
tue es nicht, ich halte dich dringlich an!"
Bei diesen Worten der Großmutter stand das Gesinde umher. Die
Alten machten ernsthafte Gesichter; aber die Jungen lachten und sagten
unter sich, das Altvaterische sei abgetan, jetzt sei eine neue Welt.
„Großmutter, habt nicht Kummer," sagte der Bauer, „alles muß ein-
mal zum erstenmal geschehen, und deswegen ists noch nicht bös. Unserm
Herrgott wird das nicht viel machen, ob wir heute schassen oder schlafen,
und ebenso lieb wird ihm das Korn unter Dach als im Regen sein.
Was drin ist, ist drin, man braucht deswegen nicht Kummer zu haben;
denn wie es morgen sein wird, weiß niemand."
„Johannes, Johannes, drin und draußen ist die Sache des Herrn,
und wie es diesen Abend sein wird, weißt du nicht; aber das weißt
du, daß ich deine Großmutter bin und dich um Gottes willen bitte:
laß heute dein Korn draußen! Ich will, wenn du es sonst nicht machen
kannst, ein ganzes Jahr kein Brot essen." — „Mutter," hat darauf
der Johannes gesagt, „deshalb sollt Ihr nicht weniger Brot haben; aber
eine Zeit ist nicht alle Zeit, es gibt alle Jahre neue Bräuche, und
seine Sache sucht man alle Tage besser zu machen." — „Aber, Johannes,
die Gebote bleiben die alten, und kein Tüpflein wird davon vergehen;
und hast du dein Korn unter dem Dache, was hilft es dir, wenn du
Schaden leidest an deiner Seele?" — „Um die kümmert Euch nicht!"
„Johannes, Johannes!" hat die Mutter gerufen; aber Johannes
hörte nicht, und während die Mutter betete und weinte, führte Johannes
Garben ein, Fuder um Fuder; mit Flügeln schienen Mensch und Tiere
behaftet. Tausend Garben waren unter Dach, als die ersten Regen-
tropfen fielen; schwer, als wären es Pfundsteine, fielen sie auf die
dürren Schindeln. „Jetzt, Mutter," sagte Johannes, mit seinen Leuten
in die Stube tretend, „jetzt ists unter Dach, Mutter, und alles ist gut
gegangen; mag es jetzt stürmen, wie es will, und morgen schön oder
bös Wetter sein, ich Habs unter meinem Dach." — „Johannes, aber
über deinem Dach ist des Herrn Dach," sagte die Mutter feierlich; und
wie sie das sagte, ward es hell in der Stube, daß man die Fliegen
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Extrahierte Personennamen: Johannes Johannes Johannes Johannes Johannes Johannes Johannes
110
Unrecht tief, trug den Priester in meine Hütte und heilte ihn; er
aber unterwies mich in der Lehre des Heilandes und bekehrte mich."
Als der Mann so gesprochen, stand Wittekind, der nachdenklich zugehört
hatte, aus und reichte der Frau und den Kindern mit den Worten
die Hände: „Betet in Frieden!" Dann verließ er mit seinem Ge-
fährten das Haus, denn die Zeit der Rast war abgelaufen, und
Bertuls mußte ihnen noch durch das Dickicht des Waldes den Weg
zeigen.
Von da an war in Wittekinds Seele der Stachel des Zweifels
gedrückt, und er konnte den Gedanken nicht mehr los werden, daß seine
eigene Religion doch nicht die rechte sei. Im folgenden Winter, während
die Waffen ruhten, ergriff ihn das Verlangen, einmal mit eigenen
Augen zu schauen, wie die Christen ihren Gott verehrten. Als das
Weihnachtsfest kam, hüllte er sich in Bettlertracht und schlich sich am
frühen Morgen ins fränkische Lager. Unerkannt schritt er durch die
Reihen der Krieger, welche sich zum Gottesdienste anschickten, und. ge-
sellte sich zu den Bettlern, welche am Eingänge der Kirche eines
Almosens harrten. An die Pforte gelehnt, blickte er in das Innere
des Gotteshauses: da wurden nicht Pferde und Rinder geopfert, son-
dern andächtig kniete der Kaiser Kars mit allen seinen Großen am
Altar, und die Gesänge der Geistlichen priesen die geweihte Nacht, in
welcher der Heiland der Erde geschenkt ward. Da wurde Wittekind tief er-
griffen, stumm faltete er die Hände, und da, sagt man, kam ihm der
Entschluß, selbst ein Christ zu werden. Alsbald trat Karl hinaus und
durchlief mit funkelndem Blicke die Reihen der Bettler; sein Auge ver-
weilte aus Wittekinds hoher Gestalt und seinem gewaltigen Gliederbau.
Wohl ahnte er, wer es sei, doch ging er schweigend vorüber, und jeder
empfing sein Almosen. Wittekind aber kehrte heim zu den Seinen. Doch
bald darauf trat er mit seinem ganzen Hause zum Christentum über.
Karl, darob hocherfreut, war sein Pate, als die Taufe mit großer Pracht
gefeiert wurde. Hermannsburger Missionsbl.
94. Das weiße Sachsenroß.
1. Es jagt der Sturm im grünen Wald,
er reitet und zwängt der Eichen Wucht;
die alte Weser muß ihre Wellen
vor Zorn und Angst am Fels zerschellen,
und vom Gebirg und aus der Schlucht
des Donners Siegesrufen hallt.
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Karl Karl Hermannsburger_Missionsbl
— 170
sein. Das werden mir bezeugen alle meine Klostergesellen, die
mich gekannt haben 5 denn icb hätte mich, wo es länger gewährt
hätte, zu Tode gemartert mit Beten, Fasten, Wachen, Frieren,
Lesen und anderer Arbeit; dennoch war ich ganz traurig und
betrübt, weil ich gedachte, Gott wäre mir nicht gnädig." Später
aber tröstete er sich der Gnade Gottes in Christo, und besonders
richtete ihn der Spruch des Apostels Paulus auf: „Der Gerechte
wird seines Glaubens leben.“ Nach Mathesius.
123. Am 31. Oktober 1517.
Den 31. Oktober 1517 schlug Luther die 95 Streitsütze wider die
Lehre vom Ablasse an die Türe der Schloßkirche zu Wittenberg au.
Willst du wissen, wie das so gekommen ist, mußt du mit mir die vier
Meilen von Wittenberg nach Jüterbogk gehen und dich in dieser Stadt
ein wenig umsehen. Hier hatten etwa vier Wochen vorher die Bürger,
die Geistlichen an der Spitze, den Ablaßprediger Johann Tetzel
in einer feierlichen Prozession mit Kreuz und Fahnen eingeholt. Unter
dem Geläute der Glocken fuhr er in die Stadt ein, indem die päpst-
liche Ablaßbulle auf einem Sammetkissen vor ihm hergetragen wurde.
In der Stadtkirche hatte er dann ein rotes Kreuz mit des Papstes
Wappen aufgerichtet und behauptete nun von diesem, es wäre so kräftig
wie das Kreuz Christi selber. Es wäre nicht not, Reue noch Leid
oder Buße über die Sünde zu haben; wenn einer den Ablaß oder die
Ablaßbriefe bei ihm löste, so erhalte er völlige Vergebung der Sünde.
Es brauche sich einer beit Meineid, den er vor den Richtern ge-
schworen, oder den Mord, den er an seinem Bruder begangen, nicht
leid sein zu lassen, wenn er nur seine nenn oder acht Dukaten zahle.
Solche Gnade und Gewalt aber habe er vom Papste, der mehr Macht
besitze denn alle Apostel, Engel und Heiligen, weil Christus nach der
Himmelfahrt demselben das Regiment über die Kirche abgetreten habe;
kraft seiner Gewalt lange er nicht allein in den Himmel, sondern auch
hinunter in das Fegefeuer: sobald der Groschen im Kasten klinge,
führe die Seele, für die man einlege, von Stund an gen Himmel.
Luther spürte gar bald die Früchte von Tetzels Treiben. Er hörte
in Wittenberg Beichte; da kamen oft nur zehn, wo sonst fünfzig ge-
kommen waren, und unter diesen zehn waren sicherlich fünf, die zwar
schwere Sünden beichteten, aber auf Luthers ernstliche Bußpredigt gott-
lose Reden führten und sich hören ließen, daß sie vom lasterhaften
Leben, von Wucherei, unrechtem Gut und dergleichen nicht ablassen wollten.
Als sie nun der Doktor nicht absolvieren wollte, beriefen sich die Beicht-
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Extrahierte Personennamen: Apostels Mathesius Johann_Tetzel Johann Apostel Christus
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Christo Wittenberg Wittenberg Jüterbogk Christi Wittenberg
128
Da hat sich vor den Armen des Helden Zorn gekühlt,
da hat ein sanft Erbarmen im Herzen er gefühlt.
4. „Die Weiber mögen abziehn, und jede habe frei,
was sie vermag zu tragen und ihr das Liebste fei;
laßt ziehn mit ihrer Bürde sie ungehindert fort!"
Das ist des Königs Meinung, das ist des Königs Wort.
5. Und als der frühe Morgen im Osten kaum gegraut,
da hat ein seltnes Schauspiel vom Lager man geschaut:
Es öffnet leise, leise sich das bedrängte Tor,
es schwankt ein Zug von Weibern mit schwerem Schritt hervor.
6. Tief beugt die Last sie nieder, die auf dem Nacken ruht,
sie tragen ihre Ehherrn, das ist ihr liebstes Gut.
„Halt an die argen Weiber!" ruft drohend mancher Wicht;
der Kanzler spricht bedeutsam: „Das war die Meinung nicht."
7. Da hat, wie ers vernommen, der fromme Herr gelacht:
„Und war es nicht die Meinung, sie Habens gut gemacht;
gesprochen ist gesprochen, das Königswort besteht,
und zwar von keinem Kanzler zerdeutelt und zerdreht."
8. So war das Gold der Krone wohl rein und unentweiht.
Die Sage schallt herüber aus halbvergeßner Zeit.
Im Jahr elfhundertvierzig, wie ichs verzeichnet fand,
galt Königswort noch heilig im deutschen Vaterland.
v. Chamisso.
103. Der erste Kreuzzug.
Jahrhundertelang pflegten christliche Pilger ungestört nach dem
Heiligen Lande zu wallfahrten, um an den geweihten Stätten, wo der
Heiland gelehrt und gelitten hatte, innigere Andacht zu verrichten. Es
war der frommen Wallfahrer höchstes Glück, während der Osterzeit in
Jerusalem zu knien, auf den Bergen des Leidens Christi und an der
Stätte, wo sein Leib bestattet worden war. Solange die Araber in
jenen Gegenden herrschten, hatten sie solche Wallfahrten nicht gehindert,
mitunter sogar begünstigt. Als aber die Türken daselbst die Herrschaft
gewannen, wurden die frommen Leute, welche gerade dazumal häufiger
und zahlreicher gen Jerusalem zogen, immer ärger bedrückt. Es ward
ihnen schwerer Zins abgefordert, die Heiligtümer wurden entweiht und
die fromme Andacht verhöhnt; der Patriarch von Jerusalem wurde
sogar einmal an den Haaren vom Altar hinweggeschleift. Ein frommer
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Extrahierte Personennamen: Chamisso
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Christi Jerusalem
Stadt, aber alle Mühsale waren vergessen. Namenlose Wonne ergriff
sie; sie weinten vor Freude und küßten den Erdboden und wären gern
gleich eingezogen. Aber die Stadt war befestigt und von 60000
Muhamedanern besetzt. Man schickte sich zum Sturme an, aber die
Türken schlugen ihn ab. Wochenlang wurde die Stadt belagert.
Brennender Durst quälte die Belagerer, da weit und breit die Brunnen
verschüttet waren. Meilenweit mußte das Holz zu den Belagerungs-
werkzeugen herbeigeschafft werden. Nach mühevoller Belagerung drangen
die Kreuzfahrer endlich am 15. Juli 1099 unter dem Rufe: „Gott
will es! Gott will es!" in die Stadt ein. Ein schreckliches Morden
beginnt. Männer und Weiber, Greise und Kinder tötet erbarmungs-
los das Schwert der Christen. Von Gasse zu Gaffe wälzt sich der
Mord. Nur Gottffied hält sich fern von diesem Würgen; barfuß,
ohne Helm und Panzer eilt er in die Kirche zum Heiligen Grabe, um
dem Herrn für den errungenen Sieg zu danken. Nach dreien Tagen
endlich endet Mord und Plünderung. Nun werden die Straßen ge-
gereinigt; die Sieger waschen das Blut von ihren Händen, und in weiße
Gewänder gehüllt, wandeln sie in feierlichem Zuge nach dem Heiligen Grabe.
Gottfried wurde zum König von Jerusalem erwählt. Allein er
weigerte sich beharrlich, da eine Königskrone zu tragen, wo sein Heiland
eine Dornenkrone getragen hatte, und begnügte sich damit, Beschützer
des Heiligen Grabes zu heißen. Er starb schon nach einem Jahre und
ward in der Kirche des Heiligen Grabes zu Jerusalem begraben. Auf
sein Grab schrieben die trauernden Kreuzfahrer die einfachen Worte:
„Hier liegt Gottfried von Bouillon, welcher dies Land der Christenheit
wiedergewonnen hat. Seine Seele ruhe in Christo. Amen!"
Nach Verschiedenen.
104. Schwäbische Kunde.
Als Kaiser Rotbart lobesam
zum Heilgen Land gezogen kam,
da mußt er mit dem frommen Heer
durch ein Gebirge, wüst und leer.
Daselbst erhub sich große Not:
viel Steine gabs und wenig Brot,
und mancher deutsche Reitersmann
hat dort den Trunk sich abgetan;
den Pferden wars so schwach im
Magen,
fast mußte der Reiter diemähre tragen.
Nun war ein Herr aus Schwabenland,
von hohem Wuchs und starker Hand;
des Rößlein war so krank und
schwach,
er zog es nur am Zaume nach;
er hätt es nimmer aufgegeben,
und kostets ihm das eigne Leben.
So blieb er bald ein gutes Stück
hinter dem Heereszug zurück. —
Da sprengten plötzlich in die Quer
fünfzig türkische Reiter daher.
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Extrahierte Personennamen: Gottfried Gottfried_von_Bouillon
335
ungewöhnlich viel Milch. Die Stadt Samaria, welche nach der Theilung des jü-
dischen Reiches die Hauptstadt des Reiches Israel wurde, war zugleich eine bedeutende
Festung. Nicht weit von hier liegt das alte Sichern, schon von der Zeit der
Patriarchen an berühmt. Die Gegend umher gehört zu den lieblichsten, frucht-
barsten und am besten angebauten in ganz Palästina, abwechselnd mit Bergen und
Thälern, reich an Brunnen und Quellen, mit einträglichem Boden, reichlichem
Regen, gesunder Luftkühle. Diese herrliche Landschaft erstreckt sich bis in die Nähe
von Jerusalem. Kaum irgend ein Winkel eines Thales ist hier unbenutzt; alles
ist bevölkert. An den steilsten Felsenwänden steigen Mauerterrassen empor, welche
von Feigen, Oelbäumen und reichen Weingärten von oben bis unten beschattet
werden. Die Felder sind mit Baumwolle, Hwse, Hülsenfrüchten, Flachs und Korn
besetzt. — Von allen Seiten sind diewege nach Samaria unbeschreiblich schwierig;
daher liegt es sehr abgeschlossen. Bevor aber Jerusalem stand, gingen doch bis-
weilen die Handelskaravanen durch Samaria; an eine solche ward Joseph von
seinen Brüdern verkauft. — Als-Scrlmanassar Samaria eingenommen batte,
wurden heidnische Völker dahin versetzt und hierdurch ein Mischliugsvolk gebildet,
das meistens in einem feindlichen Verhältnisse zu Juda stand und sich bald mehr
dem heidnischen, bald mehr dem jüdischen Gottesdienste näherte, wodurch es sich
mit Recht den Vorwurf zweideutiger Denkweise zuzog.
Der südlichste Theil von Palästina ist Judä,a. Um seine Lage richtig zu
beurtheilen, ist es gut, den Zugang dahin von der Küstenstadt Joppe (jetzt Jaffa)
her zu betrachten. Ihr Hasen ist schlecht, und Korallenriffe, welche die Ankertaue
leicht durchschneiden, ziehen sich der Länge nach an ihm hin; aber er ist doch wichtig
als Judäa's einziger Hafen. Durch ihn standen David und Salomo mit den
Königen von Tyrus und Aegppten in Verbindung; hierhin ließ Hierum das Cedern-
holz zum Tempelbau flößen; hierdurch erhielt Jerusalem Zufuhr von Korn aus
Aegypten. Dieser Hafen war und ist der Eingang aller friedlichen Pilgerzüge von
den Westländern nach Jerusalem. Aber der Weg dahin steigt schließlich durch die
unwegsamsten Klüfte und Felssteige empor. Allmählich überwindet man vier
gewaltige Stufen, welche durch nackte, oft gleich Mauern steil emporgerichtete
Felsenketten geschieden werden. Diese sind auf mancherlei Weise zerklüftet und
bieten daher zwar Durchgänge, aber dieselben sind doch beschwerlich und werden
leicht durch Räuber gesperrt.
5.
Die Hauptstadt Judäa's und des heiligen Landes ist Jerusalem. Diese
Stadt hat eine höchst eigenthümliche Lage. Sie liegt an keiner der großen Ver-
kehrsstraßen, sondern hat eine wunderbar geschützte Abgeschlossenheit. Gegen Osten
hat sie die Wüstendes todten Meers, im Norden und Westen die beschwerlichen
Felsenwege, gegen Süden die Wüsten jenseits Hebron. Sie steht auf Felsengrund,
ohne Umgebung vonackerland, ohne Grastriften, ohnefluß, ja fast ohne Quellen
und Erdkrume. Aber welche Erinnerungen knüpfen sich an diesen feierlich stillen
Platz, von welchem das Heil der Welt ausgegangen ist!
Die Stadt ist auf vier Hügeln erbaut, von denen der Zion mit der Burg
David's und der Morijah mit dem Tempeljehovahs die wichtigsten sind. Nach
drei Seiten hin ist Jerusalem von schroffen Thälern umschlossen, im Westen vom
Gihon-, im Süden vom Hinnom-, im Osten vom Josaphatthal; nur die Nordseite
entbehrt einer solchen natürlichen Befestigung. Von der Herrlichkeit des alten
Jerusalem, von der Pracht seines Tempels, seiner Paläste und Burgen ist keine
Spur mehr vorhanden. Selbst die Hügel und Thäler der Vorzeit sind verschwunden;
die Zerstörungswuth hat sie geebnet; der seit Jahrtausenden sich häufende Schutt
hat sie ausgefüllt. Das schönste Haus in ganz Jerusalem ist jetzt das Hospital
der Protestanten, in welchem Diakonissinnen aus Kaiserswerth am Rhein die
Krankenpflege besorgen. Durch den König Friedrich Wilhelm Iv. ist im Verein
mit der Königin Viktoria von England 1842 in Jerusalem ein protestantischer
Bischof eingesetzt und eine Kirche erbaut worden. Sie hat die schönste Lage, die
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Extrahierte Personennamen: Joseph David David Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
336
gewählt werden konnte; auf Zions Höhe ragt sie über alle Kuppeln und Thürme
der Stadt empor.
Auf dem Rücken des Hügels Akra erhebt sich die Kirche des heiligen Grabes.
Türkische Wächter lassen sich von den Christen ein Eintrittsgeld zahlen. Nach dem
Eintritte in das Innere steht man in einem Borraume, aus welchem man zur
Rechten auf achtzehn Stufen zur Kapelle des Calvarienberges aufsteigt. Dies ist
der Sage nach der Fels von Golgatha. In ihm selber, also unterhalb der Kreu-
zigungsstätte, zur ebenen Erde, befindet sich eine Grotte, genannt die Kapelle des
Evangelisten Johannes. Nach Abend zu tritt man von hier aus in die Kirche des
heiligen Grabes. — Sie bildet eine 50 Fuß hohe und 7 2 Fuß weite Rotunde. Zwei
Säulengänge, der eine über dem andern, lausen längs der runden Wände derselben.
Ueber ihr wölbt sich eine Bleikuppel mit einer großen Oeffnung in ihrem Gipfel,
durch welche das Tageslicht hineinströmt. Senkrecht darunter, also mitten in der
Rotunde, steht wie eine kleine Kirche das heilige Grab. Das Innere desselben be-
steht aus zwei in Kreidefelsen gehauenen und mit Marmor bekleideten Gemächern.
Durch eine niedere Thür tritt man in das eine, die sogenannte Engelskapelle;
aus dieser gelangt man in die enge Todtenkammer, in der der Leib des Herrn
gelegen haben soll.
Oefllich von der Grabeskirche beginnt der Schm erzen sw eg, eine steil ab-
schüssige, enge Straße, auf tvelcher der Heiland sein Kreuz gen Golgatha trug. Sie
führt zur Burg Antonia, in welcher Christus vor Pilatus stand. Dicht daneben
erhebt sich der Tempelberg. Kein anderer Ort Jerusalems hat so unverkennbar
sein ursprüngliches Gepräge bewahrt, als der durch Menschenhand geebnete Felsen-
rücken Moryahs. Noch findet man Überreste jener gewaltigen Tempelmauern,
welche im jüdischen Kriege zerstört wurden, und von denen nach des Herrn Wort
kein Stein auf dem andern geblieben ist. Im Osten der Stadt zieht sich das Thal
Josaphat hin. Zwischen der heiligen Stadt und den Höhen des Oelbergs ge-
staltet es sich zu einer engen, dunklen Schlucht. Bon der Abendseite her werfen die
finstern Stadtmauern ihre riesenhaften Schatten vom Tempelberg abwärts in's
Thal. Jenseits neigt sich der Oelberg mit seinen Olivenbäumen trauernd in die
Tiefe. An seinem Fuße springt eine schwarze Steinwand hervor mit den Grabes-
grotten des Josaphat, Jakobus und Zacharias; nahe dabei ist das thurmartige
Denkmal Absalom's. Durch das ganze Thal windet sich über Felsgeröll hinweg
der schwarze Kidron. Zwei steinerne Brücken führen über denselben nach dem
Oelberg. Die oberwärts gelegene führt in die Stille des Olivengartens von
Gethsemane, wo der Herr verrathen ward.
Der Oelberg überragt alle Berge, welche die heilige Stadt umschließen. Er
hat drei Gipfel, von denen der mittlere der höchste ist. Heut stehen etwa noch fünfzig
Oelbaume auf seinem Abhange. Auf diesem Berge weilte der Heiland oft und
gern. Vom Gipfel dieses Berges sah er die Stadt an und weinte über sie (Luc.
19, 41); hier, dem Tempel gegenüber, weissagte er den Untergang derstadt. Am
jenseitigen Abhange des Berges lag das freunäiche Beth ani en, wo Martha und
Maria wohnten und der Herr den Lazarus erweckte. — Geht man von hier aus
in das Josaphatthal zurück, so liegt dem Wanderer zur Linken der Berg des Aerger-
nisses, wo der greise Salomo dem Moloch opferte (1. Kön. 11, 7—8). An seinem
Abhange liegt, dem Berge Zion gegenüber, die berühmte Quelle Silo ah, in der
sich der Blinde wusch, den der Herr heilete. Jerusalem löscht seinendurst aus dem
Regenwasser der hier zahlreich angebrachten Cisternen.
Die Südseite Jerusalems bildet das Thal Ben Hinnom oder Gehenna.
Dies Thal war im Alterthum verabscheut; denn hier haben die Bürger Jerusa-
lems unter Trommelschall ihre Kindlein in den glühenden Armen der Molochs-
bilder geopfert. Zu Christi Zeiten wurde dieses Thal für unrein gehalten; die Leich-
name von gefallenen Thieren und von Verbrechern wurden hier verbrannt, und
dazu ward ein fortwährendes Feuer unterhalten. Die Höhen,, welche dieses Thal
begleiten, nennt man den Berg des bösenrathes und zeigt daselbst ein Land-
haus des Caiphas, wo sie„Rath hielten, wie sie Jesum mit List griffen und tödteten".
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Extrahierte Personennamen: Golgatha Golgatha Christus Jakobus Luc Martha Maria Maria Ben_Hinnom Christi
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Wunderbar ist es, wie Jerusalem, das so viele Zerstörungen erlebte, sich
immer wieder aus dem Schutt erhoben hat. Wer Judäa durchwandert, weiß
kaum, ob er es das Land der Verheißung oder des Fluches nennen soll. In keinem
Lande treten so wie hier die Güte und der Ernst Gottes ergreifend vor die mensch-
liche Seele.
6.
Betrachten wir nun noch die Weltlage des heiligen Landes, so tritt uns immer
klarer der Gedanke entgegen, daß keine Stätte geeigneter war zur Anzündung
des Lichtes, das die Welt erleuchten sollte. Palästina liegt nicht nur im Mittelpunkt
der Altenwelt, sondern auch in einer Gegend, wo vieleder großen Verkehrsstraßen
der Völker zusammentrafen und theilweise noch zusammentreffen, Straßen, die in
allen Richtungen bis in die entferntesten Länder führen. Außerdem lag es zur
Zeit des Heidenthums ui der Mitte der Nationen, welche am frühesten menschliche
Bildung angenommen hatten und zur höchsten Macht und Blüte gelangt waren:
ringsherum wohnten die Aegypter, die Babylonier und Assyrier, die Phönizier und
Syrer, die Griechen und die Römer und die Araber. So ist es denn wahr, was
Hes. 5, 5 geschrieben steht: „Das ist Jerusalem, die ich unter die Heiden gesetzt
habe und rings um sie her Länder." So war es diesen Völkern leicht, den Gott
Israels kennen zu lernen und seine Herrlichkeit zu sehen; und als nachher die
Apostel ausgingen, fanden sie gebahnte Wege, welche zu den entferntesten Gegenden
der bekannten Welt führten. Diese Straßen aber berührten das heilige Land selbst
nicht, sondern entweder im Norden die phönizischen oder im Süden die ägyptischen
Städte. Das heilige Land ist eine Friedensinsel mitten im Ocean
der Welt. Sie kann allem, was sie umgiebt, fremd bleiben, aber die ganze Erde
ist ihren Bewohnern offen. In heiliger Einsamkeit und Stille reifte hier der Same
des göttlichen Wortes, um dann mit wunderbarer Schnelligkeit unter alle Völker
getragen zu werden.
66. Blick in s Weltall.
Jes. 40, 20: Hebet eure Augen in die Höhe und sehet!
Wer hat solche Dinge geschaffen und führet ihr Heer
bei der Zahl heraus, der sie alle mit Namen rufet?
1. Die Erde und die Sonne.
Nach dem Augenscheine und nach dem allgemeinen Glauben wäre die Erde
mit allen ihren Bergen und Thälern eine große, runde Fläche, gleich einer unge-
heuren, großen Scheibe. Am Rande derselben weiter hinaus kommt nichts mehr,
dort ist gleichsam der Himmel an sie angefügt, der wie eine große, hohle Halbkugel
über ihr steht und sie bedeckt. Dort geht am Tage die Sonne auf und unter,
bald früher, bald später, bald links an einem gewissen bekannten Berg oder Haus,
bald rechts, und bringt Tag und Nacht, Sommer und Winter, und bei Nacht der
Mond und die Sterne, und sie scheinen nicht gar entsetzlich hoch über unsern
Häuptern zu stehen.
Das wäre nun alles gut, wenn's niemand besser wüßte; aber die Sternseher
wissen's besser. Denn erstlich, wenn einer daheim weggeht und will reisen bis
an's Ende der Erde, an den Rand, wo man einen aufgehenden Stern mit der
Hand weghaschen und in die Tasche stecken kann, und er geht am ersten April vom
Haus aus, so hat er den rechten Tag gewählt. Denn er kann reisen, wohin er
will, durch Deutschland, durch Polen, durch Rußland, nach Asien hinein, durch
die Mohamedaner und Heiden, vom Land auf's Wasser, und vom Wasser wieder
auf's Land, und immer weiter. Aber endlich, wenn er ein Pfeiflein Taback ein-
füllt und will daran denken, wie lang' er schon von den Seinigen weg ist, und
wie weit er noch zu reisen hat an's Ende der Erde und wieder zurück, auf einmal
wird's ihm heimlich in seinem Gemüth, es wird nach und nach alles, wie es da-
Voterländisches Lesebuch. 22
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Extrahierte Personennamen: Ernst Palästina Apostel
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Gottes Jerusalem Israels Deutschland Polen Asien