Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Abth. 2 - S. 22

1823 - Elberfeld : Büschler
§2 Die ersten Religions-Unruhen Gegen Luther wollten ihn einige erbitterte Gegner des- selben sogleich zur Gewaltthätigkeit bereden, durch Gründe, denen ähnlich, welche Huß auf den Scheiterhaufen gebracht hatten; allein Karl erwiederte, daß ihm sein kaiserliches Wort unverletzlich sey, und gewährte Lnthern das freie Geleit zur Rückreise auf 21 Tage. Viele zitterten dennoch für dessen Leben, heimlichen Verrath fürchtend, und sein Herr, der Churfürst, ließ ihn in Thüringen durch vermumm- te Reuter, wie mit Gewalt, vom Wagen nehmen und in der Nacht, durch einen Wald, auf das Bergschloß Wart- burg bei Eisenach bringen. Hier sollte er allen verborgen, verweilen, bis sich der Eifer der Gegner etwas gelegt hatte. In Worms wurde indeß die Reichsacht gegen ihn ausge- sprochen, so wie gegen alle die, welche ihm anhangen oder ihn schützen würden. Seine Bücher sollten aller Orten verbrannt werden, und ihn selbst sollte man gefangen neh- men und dem Kaiser überliefern; — dies ist das W o r mse r Edict vom 8 (26) Mai 1521. Zu Rom war große Freu- de darüber; auch in Deutschland glaubten viele, die Sache sey nun zu Ende. Allein ein Spanier selbst schreibt noch von dem Reichstage an einen Freund: „Ich sehe nicht das Ende dieser Tragödie, sondern den Anfang.". Denn ich^fin- de, daß die Gcmüther der Deutschen sehr gegen den päpst-, lichen Stuhl aufgebracht sind." •— Und in der That wur- den in Worms, wahrend der Kaiser noch in der Stadt war, nachdem Luthers Schriften öffentlich verbrannt waren, die- selben ohne Scheu zum Verkauf herumgetragen. 6- Die ersten Religions-Unruhen. Luther saß einsam auf der Wartburg und benutzte die Ruhe dieses Aufenthalts zur Ueöcrsetznng des Neuen Testa- ments in's Deutsche, damit cs jedermann zugänglich wür- de. Da kam zu ihm die Nachricht, daß aus nbelvcrstan- ncm Eifer Unruhen in Wittenberg ausgebrochen seyen; daß man die Kirchen stürme, die Heiligenbilder mit Gewalt her- auswerfe, Altäre und Beichtstühle zerstöhre; und daß sein Freund Karlstadt, ein heftiger Mensch, an der Spitze dieser Ausschweifungen stehe. Luther, alle Furcht hintan- setzend, verließ sogleich seinen Zufluchtsort und erschien im März 1522, ohne die Erlaubniß des Churfürsten eingeholt zu haben, in Wittenberg, predigte kräftig gegen die Unruh- stifter, und stellte die Ordnung bald und glücklich wieder her. Aber es folgten nicht lange nachher ernsthaftere Auftrit- te, welche alle bürgerliche Ordnung in Deutschland umzn-

2. Abth. 2 - S. 23

1823 - Elberfeld : Büschler
Vi. Ztr. Karl V. bis zum westph. Fried, 1520 — 1648. 23 stürzen drohten. Wir haben oben schon gezeigt, wie der Bauernstand damahls noch unter einem schweren Joche seufzte. Das Gefühl der Erbitterung hatte langein seiner Brust im Stillen gewohnt; jetzt brach es hervor, als der Geist auch von einer andern Seite geregt und zur Freiheit aufgcfordert wurde. Die Dienenden glaubten jetzt zur Gleichheit aller Rechte mit ihren bisherigen Herren be- rufen zu scyn, und in Süddeutschland, wo der Anblick der benachbarten freien und in ihrer Freiheit so wohlhaben- den Schweizer die Gemüther noch mehr reizte, brach zuerst ein Aufstand aus; die ersten waren die Bauern des Abts von Kempten und des Bischofs von Augsburg. Es verbrei- teten sich, mit unglaublicher Schnelligkeit, zwölf Artikel von Schwaben aus durch ganz Deutschland, welche die Rech- te und Forderungen des Bauernstandes enthielten. Zu- erst sollte den Bauern erlaubt seyn, ihre Geistlichen selbst zunvähten, welckeihncn das Wort Gottes rein, ohne Vermi- schung menschlicher Satzungen, predigten; in Zukunft soll- ten sie keinen Zehnten geben, als vom Korn; man habe sie bis dahin als Sklaven behandelt, da sie doch durch Christi Blut alle zu freien Leuten geworden seyen; sie wollten zwar nicht ohne Obrigkeit, aber auch nicht mehr unter der bisherigen Sklaverei leben, man erweise ihnen denn aus der heiligen Schrift, daß sie schuldig seyen, es zu thun. Sie hätten sich über viele Dinge zu beschweren; es sollten daher die Landesherrn nach der Billigkeit und Vorschrift des Evangeliums verfahren, die Unterdrückun- gen mäßigen, und über dasjenige, was sie von alten Zei- ten her getragen, ihnen nicht noch täglich ein mehrcres auslegen." Wir sehen, das Wort war gerecht und gemäßigt; aber wenn die Ausführung dem rohen Haufen übergeben wird, so werden die Leidenschaften das schwache Wort bald über- wältigen, und durch alle Schranken hindurch brechend, kein Maaß mehr kennen. Der Kläger will zugleich Richter in seiner eignen Sache seyn und übt sicher dieselbe Ungerech- tigkeit aus, welche ihn gedrückt hat. Die versammelten Haufen der Bauern fingen damit an, daß sie die Schlösser der Adelichen und die reichen Sitze der Geistlichen plünder- ten und verbrannten, und viele ihrer Besitzer ermordeten. Bald wuchsen die Haufen zu Heeren an, deren sich dreie allein in Schwaben sammelten. Luther, dem sie ihre Arti- kel zum Gutachten zugesendet hatten, gestand, daß ihre Forderungen gerecht seyen, aber er schalt ihr gcwalthätiges Verfahren sehr und hielt ihnen vor, daß die christliche Freiheit eine geistige sey. Und um die Schuld solcher Ausfchwei-

3. Abth. 2 - S. 24

1823 - Elberfeld : Büschler
24 , Die ersten Religions - Unruhen. fungen von seiner Lehre abzuwenden, welche auch nur mit- telbar dazu mitgewirkt hatte, forderte er die Fürsten selbst auf das Schwerdt gegen die Anführer zu ziehen. Und dazu war es hohe Zeit; denn schon rauchten die Rittersitze und Klöster in Schwaben, Franken, Thüringen, am Rheinstrom und bis in Lothringen. Der schwäbische Bund, welcher wieder erneuert war, brachte schnell ein Heer zusammen, und unter dem Hauptmann G eorg Truchseß von Waldburg trieb dieses bald die verschiedenen Haufen der Bauern in Schwa- ban und Franken auseinander. Andere Fürsten halfen. Aber es wurden von beiden Seiten die empörendsten Grau- samkeiten verübt. In Thüringen zeigte sich eine Verirrung des auf- geregten Zeitgeistes in etwas anderer, doch verwandter, Art; siepaarte sich mit religiöser Schwärmerei). Ein Welt- geistlicher, Thomas Münzer, der früher Luthers Zu- hörer gewesen war, rühmte sich besonderer göttlicher Offen- barungen, durch welche ihm das Wesen der christlichen Frei- heit viel klarer kund geworden sey als Luther sie kenne und lehre. „Gott habe die ganze Erde zum Erbtheit der Gläu- bigen gemacht, und alles Regiment müsse nur nach der Bi- bel und göttlichen Offenbarungen geführt werden; der Für- sten, der Obrigkeiten, des Adels/der Priester, bedürfe es nicht, und der Unterschied zwischen Armen und Reichen sey ein unchristlicher; denn im Reiche Gottes müßten alle Men- schen gleich seyn." Solcher Lehren wegen war Münzer aus Sachsen verwiesen und nach Mühlhausen in Thü- ringengezogen, wo er den Pöbel gewann, die Obrigkeit absetzen, sich aber zum Prediger und zum Herrn der Stadt machen ließ. Seine Lehre von der Gleichheit aller Menschen und die Gütergemeinschaft, die er einführte, nachdem er die Reichenaus der Stadt getrieben hatte, mehrten seinen Anhang und verbreiteten ihn bald auch über das umliegen- de Land. Ganz Thüringen, Hessen und Niedersachsen wa- ren in Gefahr; in Süddeutschland tobte zu gleicher Zeit der Bauernkrieg, die Schwärmer aller Gegenden konnten in eine große Fluth zusammenströmen. Da vereinigten sich, auf Luthers Zureden, der Churfürst von Sachsen, der Land- graf von Hessen und der Herzog von Braunschweig gegen die Aufrührer und trafen auf sie bef Frankenhausen in Thüringen, 1526. Der Churfürst, um die Verirrten mit Schonung zu ge- winnen, ließ ihnen Verzeihung versprechen, wenn sie zur Ordnung zurückkehren und ihre Anführer ausliefern woll- ten'. Aber Münzer die eigne Gefahr von sich abzuwendcu,

4. Abth. 2 - S. 25

1823 - Elberfeld : Büschler
Vi. Ztr. Hart V. bis zum westph. Fried. 1520 — 1648. 25 benutzte die Erscheinung eines Regenbogens zur neuen Be- geisterung der Seinigen, indem er ihn als ein Zeichen an- kündigtc, das Gott sende. Wüthend hieben^ sie den Abge- ordneten des Churfürsten in Stücken und stürzten zum An- griff; allein in wenigen Augenblicken war ihr blinder Un- gestüm gebrochen; die Schaaren der Engel, die Münzer versprochen hatte, erschienen nicht; er selbst war einer der ersten, welche die Flucht ergriffen, und die Halste seiner Schaar fiel"dnrch's Schwert. Er hatte sich in Franken- Hausen auf dem Boden eines Hauses verborgen, ward aber hervorgezogen und enthauptet; er starb ohne Muth. ' So waren die furchtbaren Bewegungen schnell wieder gedampft, welche die ganze Verfassung Deutschlands Um- stürzen konnten, wenn die aufgeregten Kräfte von großen Männern geleitet worden wären. Sie batten viel Blut ge- kostet; man rechnete mehr als 109,000 Bauern, welche in diesen Unruhen das Leben verloren. — Nach diesem folgte einige Zeit die Ruhe im Vatcrlande. Kaiser Karls auswärtige Händel. Der Kaiser Karl war indessen auswärts beschäftigt. Von dem Reichstage in Worms war er nach den Niedertan- den gegangen und besuchte darauf auch Spanien wieder, wo er fast 8 Jahre blieb; seine Sorge mußte beinahe die Enden Europas umfassen. Doch war sein Blick vor allen Dingen auf den König Franz I. von Frankreich gerichtet, der als ein feindlichgesinnter Nachbar und Nebenbuhler auf jeden Vortheil achtete, welchen er ihm etwa abgewinnen möchte. Wir dürfen nicht nach besonder« Ursachen der Eifersucht zwi- schen beiden suchen; in ihrem Gemüthe, so wie irr dem ge- genseitigen Verhältnisse beider als Herrscher lagen der Grün- de genug. Franz war ehrgeizig und stolz; Karls Seele war nicht weniger erfüllt von diesen Regungen, welche in ihm nur eine großartigere Gestalt angenommen hatten. Beide waren schon Nebenbuhler bey der Kaiserwahl gewesen, und Franz, der ältere, der sich durch ritterlichen Ruhm und persönliche Eigenschaften über dem Gegner hielt, fühlte sich durch dessen Vorzug gekränkt. Das Herzogthum Mailand ferner, wel- ches Franz erobert hatte, ein Lehen des deutschen Reiches, lag für Karl als eine Aufforderung da, es der französischen Macht durch die Waffen wieder zu entreißen; dagegen war Karls drohende Uebermacht in Europa eine so nahe Ursache der Besorgniß für alle übrigen Herrscher, daß Franz, welcher -nächst ihm das mächtigste Reich besaß, sich vor allen andern zum Kampfe gegen ihn berufen glaubte. Er hatte sein An-

5. Abth. 2 - S. 26

1823 - Elberfeld : Büschler
2ö Kaiser Karls auswärtige Händel. genmerk auf Italien gerichtet, wo ihm schon ein Unterneh- men gelungen war; hier sollte Karls Macht gebrochen wer- den, und er suchte alte Ansprüche ans Neapel hervor, um an diesem Lande sein Glück zu versuchen. Karl dagegen stärkte sich durch ein Bündniß mit Heinrich Vii!. von Eng- land, dessen Eitelkeit Franz unvorsichtig verletzt hatte, und der Krieg, der schon im Jahre 1521 begonnen hatte, wurde nun durch Engländer und Niederländer von den Niederlan- den, an den Pyrenäen von Spanien aus, mit der größten Anstrengung der Kräfte aber in Italien geführt. Karl hatte den Nachtheil gegen sich, der immer aus sehr zerstreuten Be- sitzungen fließt, daß seine Macht sich zu sehr theilen mußte, Franz konnte dagegen von seinem Mittelpunkt aus, der die Kräfte in Einem geschlossenen Kerne vereinigte, nach der Seite hin plötzlich den Stoß richten, nach welcher er wollte. Allein darin bestand Karls große Ueberlegenheit, und spiegelte sich seine wahre Herrschergröße, daß er eine Schaar der trefflichsten Männer um sich versammelt hatte, und daß er sie mit scharfem Auge durchschaute, wen er als Feldhcrrn gegen den Feind stellen, wen als Gesand- ten die verwickelten Knoten der Staatskunst lösen, wen im Rathe als den Besonnenen und Weisen das Wort reden lassen konnte. Durch die geistigen Kräfte wird die Welt re- giert ; Karl verstand die Kunst, sie seinem Dienste zu gewin- nen. Ein tapferer französischer Heerführer, der Herzog Karl von Bourbon, war vom Könige Franz schwer gekränkt und ging zu Karl über. Dieser nahm ihn mit offnen Armen auf, und er führte nun mit dem Vicekönig von Neapel, Lan- uvy, und dem Marchese von P escara, dem ersten Kriegs- fürsten seiner Zeit, die kaiserlichen Heere in Italien; Franz dagegen verlor im I. 1524, bey dem Rückzuge seiner Trup- pen, seinen tapfersten Krieger, den Ritter Bayard, wel- cher an der Seffia durch seinen Heldenmuth zwar das rück- ziehende Heer rettete, aber selbst tödlich verwundet, starb. Der Vortheil des Krieges schien schon ganz für den Kai- ser entschieden; Mailand war wieder erobert, die Franzo- sen aus Italien vertrieben. Allein nun wollte Karl Frank- reich selbst angreifen, und ließ sein Heer in die Provence einfallen und Marseille belagern; und darüber hatte er beinahe fein Uebergewicht wieder verloren. Äon dieser Seite ist Frankreich schwer zu verwunden. Die Stadt konn- te nicht erobert werden und das Land umher war von dem Feinde selbst verwüstet, so daß Pcscara sich zum Rückzuge gezwungen sah. Nur seine Meisterschaft als Kriegsführer rettete das Heer auf dem beschwerlichen Wege; denn der

6. Abth. 2 - S. 27

1823 - Elberfeld : Büschler
Vi. Ztr. Kart V, bis ¿mit westph. Fried. 1520 —1648 27 König Franz folgte ihm auf der Ferse, eroberte Mayland und griff die Stadt P a v i a an. Die kaiserlichen Feldherrn waren in großer Verlegenheit: Vor ihnen^der viel stärkere Feind, welcher einer der Hauptstädte bedrängte; in ihrem Rücken das Gebiet des .Papstes, der mit Franz ein Bünd- niß geschlossen hatte; in ihrem Heere selbst Mangel aller Art und die Erschlaffung, die ein langer Rückzug er- zeugt. Allein ihr eigner Muth und Scharfblick, und das Glück, machten dieses Alles wieder gut. Schlacht bei pavia. 1525. — Der Befehlshaber, welcher Pavia vertheidigte, Don Antonio de Leyva, wankte nicht, sondern hielt eine harte Winterbelagerung bis zum Febr. 1525 standhaft aus. Unterdeß war dem kai- serl. Hec-.e eine Verstärkung aus Deutschland von 15,000 Lanzknechten unter dem tapfcrn Georg von Freu ads- berg oder Frundsberg gekommen, und den 28stcn Febr. griffen sie den König bei Pavia an. Pescara's schar- fes Auge hatte den rechien Angriffspunkt von einer Seite ausersehen, woher der König keinen Feind erwartete. Durch einen großen , mit Mauren umgebenen Waldgarten glaubte er seinen Rücken gedeckt, aber Pescara hatte durch dessen Mauren in der Nacht vorher einen Weg bahnen fas- sen, und brach nun stürmend hervor. Zu gleicher Zeit machte Leyva einen Ausfall aus der Festung, und Lannoy und Bourbon kamen von einer andern Seite. Da kam bald Unordnung in das französische Heer; die Schweizer in demselben flohen, gegen ihre Gewohnheit, bald vom Schlachtfelde, tapfer fochten die deutschen Miethstruppen in Franzens Heere, allein noch tapferer Georg von Frcunds- berg mir den Seinigen, und ihnen dankten die Feldherrn vorzüglich den Sieg; die Deutschen hieben ihre Landsleute aus Erbitterung, weil sie den Franzosen dienten, beinahe bis auf den letzten Mann nieder. — Dem König Franz war das Pferd erschossen, und zu Fuß vertheidigte er sich noch gegen einen Haufen Spanier, die ihn umringt hatten und nicht kannten. Zu seinem Glück kam ein französischer Edelmann, Pomperant, der unter Bourbon diente, dazu, erkannte den König und forderte ihn auf, sich dem Herzog zu ergeben. Aber mit Unwillen befahl der König, den Lan- noy herbeizurufen. Der Kampf hielt inne, bis dieser kam, und ihm übergab der König seinen Degen. Lannoy nahm ihn knieend an und überreichte ihm sogleich den seinigen : „Es scy ungeziemend, sagte er, daß ein so großer König vor einem Ünterthan des Kaisers waffenlos dasiehe." Vierzehn Tag nach dieser Schlacht war kein Feind mehr in Italien.

7. Abth. 2 - S. 28

1823 - Elberfeld : Büschler
28 Kaiser Karls auswärtige Händel. Karl war fast unzufrieden über das zu große Glück, welches ihm nun nichts mehr zu thun übrig lasse. „Weil ihr mir nun den König von Frankreich gefangen habt, sagt er in einem Briefe an Lannoy, so seheich, daß ich nun nichts mehr, als gegen die Ungläubigen thun kann. Ist- Habe allezeit den Willen dazu gehabt, und jetzt um so mehr. Helft doch die Sachen gut cinrichten, daß ich , ehe ich viel älter werde, noch Thaten verrichten könne, die zu Gottes Dienst und mir nicht zum Tadel gereichen." Der König Franz wurde nach Madrid gebracht und streng verwahrt. Ueber die Art, wie er behandelt werden, und wie der Kaiser dieses Geschenk des Glücks benutzen müs- -e, war unter seinen Räthen eine entgegengesetzte Meinung. Die eine Parthei, wozu Lannoy gehörte, rieth, den Kö- nig großmüthig zu behandeln, um dadurch den Säumender Feindschaft vielleicht auf immer zu vernichten; die andere, mit dem Kanzler Mercurinus Gattinara an der Spitze, wollte aus der Gelegenheit so viel Vortheil als mög- lich ziehen. Der Kaiser wählte den Mittelweg zwischen beiden und verlor dadurch die Früchte des ganzen Glückswechsels. Der Vortheil, welchen ihm der Kanzler vorhielt, gefiel ihm wohl; er forderte von dem Könige, als Preis der Loslas- sung, das Herzogthum Burgund zurück, welches Frank- reich seiner Großmutter Maria unrechtmäßig entrissen hat- te , und welches er ganz besonders werth hielt. Allein den König auch so lange gefangen zu halten, bis die Bedingung wirklich erfüllt scy, — so rieth sein Kanzler, — schien ihm zu hart und unkaiserlich. Er verließ sich auf des Kö- nigs Wort; aber dieses, so ritterlich es Franz zu geben schien, war nicht redlich gemeint. Ehe er den Vertrag Un- terzeichnete, ließ er einige vertraute Menschen aus Madrid heimlich zu sich kommen, und stellte in Gegenwartdes päpst- lichen Nuntius eine Erklärung aus, daß er das nicht zu halten brauche, was er dem Kaiser Zusagen müsse, weil er ein Gefangener sey; und auch der Papst hatte ihn schon im Voraus von allem entbunden, was er versprechen würde. Mit solcher Gewissensberuhigung ausgerüstet ging er zum Altäre, und schwur auf die heiligen Evangelien, daß er die eingegangenen Bedingungen halten wolle. Zugleich gab er sein königliches Ehrenwort, daß er, wenn er das Ver- sprochene nicht halten könne, in sechs Monaten in die Ge- fangenschaft zurückkehren wolle. — Solche Früchte trägt die sogenannte Staatsklugheit, welche sich von den ewigen Gesetzen der Wahrheit und Sittlichkeit nicht gebunden glaubt! — , . ^ , Franz wurde 1526-entlassen, nachdem er über ein Jahr

8. Abth. 2 - S. 29

1823 - Elberfeld : Büschler
Vi. Ztr Karl V. bis zum wcstph. Fried. 1520 — 1648 29 in der Gefangenschaft gewesen war, — und hielt seinen Vertrag nicht.' Er entschuldigte sich damit, daß seine Stan- de durchaus nicht in die Abtretung von Burgund willigen wollten, und bot daun eine große Summe Geldes für die Befreyung seiner beiden ältern Söhne an, die er statt sei- ner als Geißeln nach Spanien geschickt hatte. Aber Karl ließ ihm antworten: „Er verletze Treu und Glauben, die er ihm öffentlich und auch im besondern gegeben, und hand- le nicht, wie es einem Manne von edler Geburt und einem Fürsten gezieme. Wolle er cs leugnen, so erkläre er hie- mit, daß er die Wahrheit davon durch die Waffen erhär- ten und im Zweikampf beweisen wolle." Franz nahm die Herausforderung zwar mit Worten an, wußte aber der That selbst unter mancherlei) Vorwänden auszuweichen, und so mußten die Völker wieder mit ihrem Blute ausfechten, was der Herrscher Leidenschaft, Ehrgeiz und Zorn aufgeregt hatte. Der Krieg zwischen Karl und Franz brach von Neuem aus. L>ie kaiserlichen in Äom. 1527 — Vorher indeß war in Italien eine unerhörte That geschehen. Das kai- serliche Heer in Mayland stand jetzt unter dem Oberbefehl des Herzogs von Bourbon, nachdem der treffliche Pes- cara gestorben war. Das Land war ausgezehrt, die Be- fehlshaber ohne Geld, die Truppen murrten und forderten lhren Sold, alle Mittel der Beruhigung waren vergeblich; da brach das Heer plötzlich im Jan. 1527 gegen Rom auf, ohne irgend einen Befehl des Kaisers; man weiß nicht, ob nach Willen des Herzogs von Bourbon, welcher vielleicht große Planen des Ehrgeizes gefaßt hatte, oder aus einem raschen Entschlüsse der Menge, die in Rom Ucberfluß al- ler Bedürfnisse und eine reiche Beute zu finden hoffte. Ge- nug/ Bourbon gab dem allgemeinen Drange nach und kam nach einem sehr beschwerlichen Zuge vor Rom an. Es war ein Haufe, aus allen Völkern Europa's gemischt. Am liten May erging der Befehl zum allgemeinen Sturm der alten Welthauptstadt; Bourbon war einer der Ersten auf der Mauer, und sein Beispiel feuerte die Stürmenden an; aber kaum hatte er einige Augenblicke da oben mit dem Schwerdte gefochten, als ein Schuß ihn niederwarf. Die Seinigen mdeß drangen in die Stadt, und eine Plünderung und Verheerung, wie zur Zeit der Vandalen, wüthete nun meh- rere Tage in den Mauern derselben. Der Papst hatte sich mit seinen Getreuen in die Engetsburg geflüchtet; hier wur- de er einige Monate belagert, bis die Noth ihn zwang, eine Summe von 400,000 Ducaten zu versprechen, damit das völlig losgebundene Heer seinen Sold erhalten konnte.

9. Abth. 2 - S. 8

1823 - Elberfeld : Büschler
K Die Airchentrennung. lichen Standes, wenigstens inseinen meisten Gliedern, —- denn einzelne weise, kcnntrußreiche Männer konnten die Finsterniß der größeren Menge nicht erhellen. Und wie aus der Finsterniß des Geistes immer das Laster folgt, welches nur durch L icht zu verscheuchen ist, so waren auch damahls eine Menge Geistlicher von Sünden befleckt, den Guten ein Abscheu, dem Bolke ein Aergerniß. Im Jahr 1503, also geraume Zeit ehe Luther auftrat, schilderte einer der ersten Theologen Deutschlands das Sinken des geistlichen Stan- des mit starken Zügen. »Das Studium der Gottesgeiahrt- heit ist verachtet, sagteer, das Evangelium Christi, wie die herrlichen Schriften der Vater, "vernachlässigt; vom Glauben, von der Frömmigkeit, Mäßigkeit und andern Tu- genden , welche selbst die bessern Heiden gepriesen, von den Wundern der Gnade Gottes gegen uns, und von Jesu Ver- diensten ist bei ihnen ein tiefes Stillschweigen. Und sol- che Leute, die weder Philosophie noch Theologie verstehen, werden zu den höchsten Würden der Kirche, zum Hirtcnamt über die Seelen erhoben! Daher der jammervolle Verfall der christlichen Kirchen, die Verachtung der Geistlichen, der gänzliche Mangel an guten Lehrern! Das ruchlose Le- den der Geistlichen schreckt gutgesinnte Ettern ab, ihre Söhne diesem Stande zu widmen. Sic setzen die Erfor- schung der heiligen Schrift gänzlich hintan, verlieren bcu Geschmack an ihrer Schönheit und Kraft, werden träge und lau in ihrem Amt und begnügen sich, wenns nur gcthan, gesungen und gepredigt, und bald Wiederaus ist! Mit ei- nem Menschen, der ihnengeld schuldig ist, reden sie ernst- hafter und besonnener als mit ihrem Schöpfer. Aus langer Weile bei ihrem Amt verfallen sie, anstatt auf Bücher, auf Spiel und Schwelgen und u u z ü ch tigcs Leben, ohne sich aus der allgemeinen Verachtung im mindesten et- was zu machen. Wie ist es also nur möglich , das bei sol- chem Zustande die Laien sie und die Religion irgend achten können?. Das Evangelium nennt den Weg' zum Himmel enge, sie aber machen ihn breit und lustig.« Daß solche Schilderung nicht zu stark war, sehen wir aus hundert andern, unverdächtigen Zeugnissen. Und ob- gleich die Mönche eben jenen Lehrer, dersieso hart getadelt, beim Papste Julius H. anklagten, so hatte er doch die Wahr- heit so sehr auf seiner Seite, daß ihn die päpstlichen Com- mißaricn selbst lossprachen. Völlig einstimmig, mit jenen Klagen redet der fromme Bischof von Augsburg, Christoph von Stadion, in einer Synodalrede an seine Geistlich- keit; er wirft ihnen die gröbsten Laster vor, durch welche die Kirche und das Volk mit verschlimmert werden müßten;

10. Abth. 2 - S. 9

1823 - Elberfeld : Büschler
Vi. Ztr. Karl V. bis zum westpb. Fried. 1520 — 1648. 9 und gleich bitter klagt der Bischof Hugo von Co n st am z, ein Feind übrigens der Lehre Luthers, mit vielen andern ka- tholischen Kirchenvorstehern der damahligen Zeit. Wie mogte es auch anders seyn, da man sich bei Ver- leihung der geistlichen Stellen Geld zahlen liest, und auf Fähigkeit und innere Würdigkeit wenig geachtet wurde; und da, wie die oben erwähnten Klagen beweisen , die we- nigsten Geistlichen das Wort Gottes kannten? War es doch dahin gekommen, daß, nach glaubwürdigen Zeugnissen, un- ter den ersten Kirchenvorstehern derschweizerisehen Eidgenos- senschaft zu Anfang des leiten Jahrhunderts nicht drei waren, welche die Bibel gelesen hatten; — und daß, als die Walliser einst" in jener Zeit einen Brief von Zürich erhielten, worin der heiligen Schrift gedacht wurde, sich ein einziger Mann fand, der dieses Buch, und zwar nur durchs Gerücht, kannte! — Wie mußte doch die Verwilderung der Zeit groß seyn, da die Menschen von der Quelle christlicher Frömmigkeit und Tugend also ab- gewendet waren, daß sie kaum ihren Namen kannten. In Italien, und namentlich in Ron., war der Unglaube und die Unwissenheit in den göttlichen Dingen am schlimm- sten. Unter dem sehr gebildeten Papst Leo X. (1513 — 21) blühten die Künste zwar auf eine glänzende Weise in Rom; allein während sie aus üppigem Boden emporschogen, erstick- ten sie die stille Pflanze der wahren Gottesfurcht. Der Genuß der Sinne galt als das Höchste; vor ihm konnte der Glaube an die unsichtbare Welt nicht bestehen, und die stille Frömmigkeit des Herzens war in den Augen der Welt zum Gcspöttgeworden. Die Gebrauche des Gottesdienstes schien man beizubehalten als einen Zügel für den Hausen des Vol- kes , und dadurch mußten sie bald etwas blos Acnßerliches werden. Hören wir das Zeugniß des frommen Papstes Hadrian Vi. selbst in einer Schrift an seinen Nuntius aus dem Reichs- tage zu Nürnberg 1522: „Wir wissen, sagt er, daß in die- sem heiligen Sitze schon einige Jahre hindurch viel Verderben gewesen ist. Mißbrauch in geistlichen Dingen, so wie indem, was von hier aus befohlen wurde, mit einem Wort, eine Verschlimmerung in allem. Und es ist kein Wunder, wenn die Krankheit vom Haupte in die Glieder, von den Päp- sten auf die Priester übergegangon ist; daher versprechcnwir, so viel an Uns ist, alle Sorgfalt anzuwenden, daß zuerst unser Stuhl, von welchem vielleicht dieses .ganze Uebclans- geslossen ist, umgewandelt werde, damit, so wie das Ver- derben von da nach Unten zu gegangen, eben von daher auch die Heilung und die Gesundheit ihren Anfang nehme."
   bis 10 von 2517 weiter»  »»
2517 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 2517 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 2
1 58
2 345
3 4
4 133
5 62
6 7
7 180
8 31
9 6
10 1381
11 26
12 42
13 12
14 4
15 1
16 87
17 1
18 3
19 15
20 6
21 11
22 22
23 54
24 12
25 143
26 68
27 146
28 527
29 3
30 3
31 104
32 5
33 19
34 306
35 92
36 189
37 1196
38 13
39 26
40 3
41 1
42 192
43 49
44 7
45 355
46 266
47 102
48 248
49 4

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 2
1 219
2 3
3 58
4 38
5 11
6 7
7 163
8 38
9 223
10 18
11 5
12 22
13 14
14 5
15 22
16 344
17 1492
18 11
19 302
20 63
21 80
22 7
23 652
24 5
25 107
26 29
27 5
28 37
29 290
30 12
31 0
32 37
33 12
34 73
35 8
36 46
37 132
38 32
39 45
40 2
41 83
42 64
43 109
44 47
45 180
46 17
47 0
48 8
49 9
50 4
51 120
52 244
53 5
54 54
55 34
56 188
57 39
58 51
59 94
60 41
61 14
62 7
63 5
64 5
65 237
66 70
67 91
68 159
69 47
70 4
71 155
72 23
73 67
74 174
75 51
76 36
77 249
78 16
79 4
80 68
81 17
82 208
83 243
84 8
85 356
86 288
87 42
88 16
89 23
90 112
91 13
92 873
93 12
94 215
95 30
96 182
97 4
98 1270
99 12

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 7
1 0
2 59
3 21
4 37
5 11
6 18
7 22
8 12
9 186
10 120
11 13
12 35
13 22
14 5
15 1
16 64
17 83
18 23
19 49
20 0
21 151
22 1
23 0
24 21
25 15
26 188
27 4
28 0
29 26
30 158
31 24
32 1
33 641
34 16
35 7
36 15
37 0
38 36
39 35
40 174
41 4
42 6
43 32
44 30
45 9
46 22
47 17
48 15
49 25
50 32
51 34
52 6
53 13
54 36
55 240
56 106
57 4
58 57
59 676
60 6
61 3
62 40
63 18
64 50
65 35
66 5
67 16
68 37
69 8
70 10
71 80
72 50
73 35
74 14
75 100
76 0
77 77
78 6
79 34
80 156
81 496
82 3
83 1
84 2
85 3
86 0
87 2
88 38
89 11
90 5
91 132
92 12
93 44
94 2
95 0
96 2
97 103
98 26
99 19
100 230
101 0
102 67
103 87
104 0
105 17
106 7
107 5
108 1
109 8
110 36
111 3
112 102
113 1
114 13
115 1
116 15
117 1
118 56
119 3
120 7
121 407
122 15
123 12
124 28
125 11
126 11
127 119
128 22
129 13
130 7
131 207
132 79
133 14
134 2
135 5
136 351
137 2
138 0
139 11
140 157
141 3
142 76
143 122
144 51
145 43
146 12
147 23
148 26
149 0
150 80
151 94
152 81
153 9
154 7
155 189
156 379
157 25
158 70
159 4
160 2
161 32
162 4
163 3
164 2
165 24
166 180
167 14
168 2
169 35
170 98
171 139
172 8
173 140
174 22
175 493
176 62
177 534
178 0
179 98
180 2
181 3
182 381
183 171
184 5
185 9
186 15
187 17
188 4
189 2
190 0
191 55
192 120
193 5
194 31
195 5
196 39
197 95
198 196
199 11