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1. Lektüre zur Geschichte des 19. Jahrhunderts - S. 209

1910 - Leipzig : Wunderlich
Lamprecht, Karl, 1856 in Jessen a. d. Schwarzen Elster geboren, entstammt dem evangelischen Pfarrhause. Vorgebildet auf dem Gymnasium zu Wittenberg und der Fürstenschule zu Psorta, studierte er in Göttingen, Leipzig und München. Nach Abschluß seiner Studienzeit ward er Probekandidat am Friedrich-Wilhelm- Gpmnasium zu Köln, habilitierte sich 1880 in Bonn, wurde 1881 nach Mar- bürg und 1891 nach Leipzig berufen, wo er jetzt noch wirkt. Allgemeine An- erkennuug fand sein „Deutsches Wirt- schaftslebeu im Mittelalter", während fein großartig angelegtes Hauptwerk, die ,,Deutsche Geschichte", neben aufrichtiger Bewunderung den schärfsten Widerspruch weckte. Das Werk liegt in 12 Bänden, denen sich 3 der jüngsten Vergangenheit gewidmete Ergänzungsbände zugesellen, abgeschlossen vor. L. ist „der bedeutendste Vertreter jener kulturgeschichtlichen For- schungsweise, die sich die Ergründnng der historischen Entwicklung des mensch- lichen Seelenlebens in seinen vielseitigen Äußerungen zum Ziel gesetzt hat und von diesem Grunde aus alles geschichtliche Werden in umfassender Betrachtung zu begreifen strebt." „Gegenüber einer Be- trachtungsweise, die vornehmlich in den Individuen die bewegende Kraft des historischen Verlaufes erblickt, tritt er, ohne den großen Persönlichkeiten einen wesentlichen Anteil am historischen Leben absprechen zu wollen, für die über- wiegende Bedeutung der sozialpsychischen Faktoren in der Geschichte ein. Die Annahme transzendenter Einwirkungen schließt er aus der geschichtswissenschaft- lichen Betrachtung aus. Er steht auf dem Boden einer historischen Entwicklungs- lehre. Wenn schon es empirisch feststeht, daß Freiheit und Notwendigkeit in engster Verschlingung das menschliche Tun be- herrschen, so hat die Geschichtsforschung als Wissenschaft die Aufgabe, den ge- fchichüichen Prozeß nach Möglichkeit als eine Folge regelmäßiger Kausalzusammen- hänge Nachzuweisen; dabei ist aber nicht der Begriff einer mechanischen, sondern einer psychischen Kausalität zugrunde zu legen. Der Kern seiner Anschauung ist die Aufstellung einer Reihe einander sich ablösender Kulturzeitalter. Er nannte sie die Kulturzeitalter des Symbolismus, des Schmieder, Lektüre zur Gesch. des 19. Jahrl lister. 209 Typismus, des Konventionalismus, des Individualismus und des Subjektivis- mus". (Nach Prof. Dr. Kötzschke in Heft 44 der „Woche" 1909). Daran schließt sich die zeitgenössische Geschichte als Periode der Reizsamkeit. Lenz, Max, 1850 in Greifswald geboren, ist Professor der Geschichte an der Uni- versität Berlin. Bedeutsame Werke: Martin Luther; Geschichte Bismarcks; Napoleon; Ausgewählte Vorträge und Aufsätze. List, Friedrich, Nationalökonom, geb. 1789 in Reutlingen, war 1817—1819 Professor der Staatswissenschaft in Tübingen, wurde wegen einer Petition, die eine Reihe von Mißständen der Verwaltung und der Rechtspflege rügte, zur Festungshaft verurteilt, 1825 vom Asperg wieder ent- lassen, siedelte sich in Pennsylvanien an, wurde, nach Europa zurückgekehrt, 1830 Konsul der Vereinigten Staaten in Ham- burg, widmete sich nun mit Eifer der Eisenbahnidee und stritt für die Er- Weiterung des Zollvereins, Aufrichtung eines nationalenhandelssystems und Grün- dung einer deutschen Flotte. In seinen Bestrebungen vielfach enttäuscht, wollte er, seelisch verstimmt und körperlich leidend, in den Alpen Erholung suchen, kam aber nur bis Kufstein, wo er sich erschoß. Marcks, Erich, 186 l in Magdeburg ge- boren, lehrte in Leipzig und Heidelberg Geschichte und ist jetzt Professor an der Hamburgischeu Wissensch. Stiftung. Hauptwerke: Gaspard v. Eoligny; Kaiser Wilhelm I.; Königin Elisabeth von Eng- land und ihre Zeit; Zu Bismarcks Gedächtnis; Bismarcks Gedanken und Erinnerungen, kritische Würdigung; Bis- marck, eine Biographie, I.teil 1815—1848. Marx, Karl, geb. 1818 in Trier, seit 1849 dauernd in London, wo er 1883 starb. Nach seiner Werilehre wird auch die menschliche Arbeitskraft als Ware aufgefaßt. Für diese Ware zahlt der Kapitalist — nach Marx' Ansicht — dem Arbeiter gerade nur so viel, als notwendig ist, um sie, die menschliche Arbeitskraft, zu erhalten. Die Leistungen des Arbeiters seien aber, meint Marx, mehr wert, und dieses Mehr werde ihm vom Kapitalisten entzogen. Maßmann, Germanist und Förderer des Turnwesens, 1797—1874. 14

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1. Neuere Geschichte von 1648 - 1888 - S. 191

1903 - Leipzig : Teubner
§ 34. Die innere Entwicklung Deutschlands in den Jahren 1871—1890. 191 Vaterland, Kirche und Christentum verächtlich zu machen. Die Bestrebungen von Schulze-Delitzsch, durch Gründung von Konsum- und Kreditvereinen die Selbsthilfe der Arbeiter ins Leben zu rufen, suchten sie durch Hohn und Spott zu vereiteln. Die Teilnahme der „Genossen" an den Reichstagswahlen und die der sozialistischen Abgeordneten an den Reichstagsverhandlungen dienten ihnen nur zur Aufhetzung. Diese Richtung schloß sich eifrig an die von Marx in London 1862 gegründete „Internationale Arbeiterassoziation" an. Erst als sich die Anhänger Lassalles und die Bebel-Liebknechtsche Richtung 1875 zur großen sozialdemokratischen Partei in Gotha vereinigten, fielen dieser immer größere Teile des Arbeiterstandes zu. Die Siegeszuversicht stieg, die Wildheit des Hasses gegen alle bestehenden Ordnungen wuchs maßlos. Die Menge der Zeitungen, Flugschriften und Bücher, mit denen diese wilde Aufhetzung der unteren Klassen gegen die oberen betrieben wurde, nahm reißend zu. Der aufgesammelte Haß entlud sich in zwei fluchwürdigen Mordversuchen, die auf das ehrwürdigste Haupt Deutschlands, Kaiser Wilhelm I., gemacht wurden: am ±1. Mai 1878 von dem Klempnergesellen Hödel und am 2. Juni 1878 von Dr. Nobiling, der den Kaiser durchs mehrere Schüsse schwer verwundete. Feu" nahm Bismarck den Kampf gegen die Partei, die Deutschland ins Verderben zu stürzen drohte, mit der ganzen Macht des Staates auf. Durch eine Reihe strenger Gesetze suchte er die Sozialdemokratie zu unterdrücken (1878 — 1890). Alle sozialdemokratischen Vereine wurden verboten, alle Zeitschriften dieser Partei unterdrückt, alle Versammlungen untersagt und jede Aufwiegelung mit Strafe bedroht. Die Gesetze wurden sofort mit Strenge durchgeführt, über Berlin, Hamburg, Leipzig und Frankfurt a. M. der kleine Belagerungszustand verhängt, die Parteiführer wurden ausgewiesen. Aber die Partei setzte im geheimen ihre Arbeit fort, und der innere Trotz wuchs. Bei der Enthüllung des Niederwalddenkmals (1883) wurde gegen den Kaiser und die deutschen Fürsten ein furchtbares Attentat versucht. Bismarck ging mit immer schärferen Maßregeln vor, aber das „Sozialistengesetz" wurde vom Reichstage immer nur auf kurze Fristen verlängerk^zul^t 1888; es erlosch am 1. Oktober 1890. Triumphierend erhob die Partei ihr Haupt wieder; doch ihre maßlose Wildheit war gezähmt, ihre Siegeszuversicht gedämpft und die augenblickliche Gefahr beseitigt. Die sozialdemokratischen Abgeordneten hatten sogar eine Regierungsvorlage (die Postdampfersubvention) im Reichstage durchbringen helfen. Vor allem bei den Wahlen hat die Partei ihre letzten Ziele und ihr eigentliches Wesen verhüllt und dadurch die Zahl ihrer Reichstagsabgeordneten 1898 auf 56 erhöht; nach der Zahl der für sie abgegebenen Stimmen ist sie die größte Partei. Selbst unter der Landbevölkerung beginnt sie sich zu verbreiten, jedoch nicht da, wo ein freier Bauernstand besteht. Wenngleich aber die Sozialdemokratie es zunächst aufgegeben hat, mit revolutionärer Gewalt bei erster Gelegenheit den Staat umzustürzen und auf den Leichen aller Widersacher ihre Herrschaft aufzurichten, vielmehr nur schrittweise überall vorzudringen und Bauern und Bürger sür sich zu gewinnen sucht, so ist die Gefahr für das Vaterland doch keineswegs geschwunden. Dies wird erst dann geschehen, wenn der vierte Stand durch die stetige Ver-

2. Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit - S. 187

1914 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Die soziale Gefahr und die soziale Gesetzgebung. Hunderte steht. Er war zunächst der leidende Teil, wenn manche Unternehmer unter dem Drucke des Wettbewerbs, um möglichst billig zu produzieren, seine Arbeitskraft übermäßig anspannten, die Frauen und Kinder zur Fabrikarbeit heranzogen, die Wohlfahrtseinrichtungen vernachlässigten. Daß er sich allmählich mit einem lebhaften Klassenbewußtsein erfüllte, daß zu der Feindschaft gegen die bestehende Wirtschaftsordnung sich die zuversichtliche Hoffnung gesellte, es könne durch „Vergesellschaftung der Produktionsmittel" eine bessere Organisation der Gütererzeugung erzielt werden, daß er sich zu genossenschaftlichen Verbänden (Gewerkvereinen) zusammenschloß, welche in gemeinsamen Arbeitseinstellungen eine Waffe gegen den Unternehmer sahen, das ist vornehmlich das Werk der sozialdemokratischen Partei, deren bedeutendste Führer bisher Liebknecht und Bebel waren, und die heute zur stärksten unter den bestehenden Parteien herangewachsen ist. § 149. Die Sozialdemokratie. Das klassische Land sozialistischer und ^Ee kommunistischer Theorien und Bewegungen war bisher Frankreich ge- bemdfratie> wesen. In Deutschland begann die soziale Bewegung, nachdem früher hier und da Arbeiterunruhen stattgefunden hatten, z.b. die Weberunruhen in Schlesien, mit dem Auftreten Lassalles^ eines höchst begabten Maiie. und zugleich höchst ehrgeizigen Mannes, eines glänzenden Agitators, der 1863 in Leipzig den allgemeinen deutschen Arbeiterverein gründete. Er war demokratisch, aber national gesinnt; damit der Arbeiter in den Besitz der Produktionsmittel komme und den vollen Ertrag seiner Arbeit erhalte, forderte er, daß der Staat an die Lösung der sozialen Frage heranträte und die Mittel zur Gründung von Produktiv-Assoziationen hergäbe. Er starb 1864 an einer im Duell erhaltenen Wunde. Seine Theorien wurden Marx, überwunden durch das System vonkarl Marx, welcher, der Sohn eines Rechtsanwalts, wegen politischer Ümtneet"aut Preußen ausgewiesen wurde und von 1849 an bis zu seinem Tode (1883) in London lebte; er ist neben Engels der geistige Vater der heutigen Sozialdemokratie. Nach seiner Theorie besteht unsere ganze wirtschaftliche Entwickelung in der Aufsaugung der Kleinbetriebe durch den kapitalistischen Großbetrieb und mutz mit Naturnotwendigkeit das Ergebnis haben, daß die Produktionsmittel aus Privateigentum zu Kollektiveigentum werden und der Zustand des freien wirtschaftlichen Wettbewerbs durch den der gesellschaftlichen Organisation der Gütererzeugung ersetzt wird. Als Aufgabe der sozialen Bewegung bezeichnet er, die Arbeiter zum Klassenkampf zu sammeln, sie zu organisieren und so zu befähigen, die politische Macht zu gewinnen.

3. Deutsche Geschichte vom Ausgange des Mittelalters - S. 147

1910 - Berlin : Singer
— 147 — Dennoch lief dieser aufsteigende Pfad feines Lebens hart an einem gefährlichen Abgrunde hin. Die Junghegelianer verstanden, die Lehre des Meisters auf religiösem Gebiete umzugestalten, aber sie verstanden es nicht auf politischem und sozialem Gebiete. Namentlich die Berliner Junghegelianer waren in dieser Beziehung vollkommen hilflos, worüber sie sich mit der Vorspiegelung zu trösten suchten, daß politische und soziale Fragen tief unter der Würde der Philosophie ständen. In Berlin fehlte der kräftige Rückhalt, den tue reich entwickelte Industrie der Rheinlande dem bürgerlichen Rechtsbewußtsein bot. Berlin war eine Militär- und Residenzstadt mit einer überwiegend kleinbürgerlichen Bevölkerung, die sich höchstens durch boshaften und kleinlichen Klatsch dafür rächte, daß sie die Faust erst heimlich in der Tasche zu ballen wagte. Sobald der Kamps der Zeit praktisch zu werden begann, trat Berlin weit hinter Köln und auch Leipzig zurück. In Berlin stieß die Philosophie, die aus den Wolken Herabstieg, auf keinen Boden, worauf sie gehen lernen, auf feine reellen Interessen, an denen sie sich zurechttasten sonnte. So entscheidend deshalb für den jungen Marx fein zeitweiliger Aufenthalt in Berlin wurde, so entscheidend wurde es für ihn, daß er in feine Heimat zurücffehrte und hier sofort in praktische Kämpfe gezogen wurde: als Mitarbeiter der Rheinischen Zeitung, die von Camphausen und Hansemann, den Führern der rheinischen Bourgeoisie, gegründet worden war, um die Interessen dieser Klasse zu vertreten. Das Blatt war fein revolutionäres Organ; es war selbst bereit, unter der Fahne des preußischen Staats zu sümpfen, wenn er dem ökonomischen Fortschritt den geistigen und politischen Fortschritt folgen lasse. Aber die Berliner Regierung war viel zu befchränft, um zu verstehen, wo ihr wahres Interesse lag. Sie steifte sich um so mehr auf ihre oftelbifche Rückständigfeit, je fräftiger die Rheinische Zeitung sie auf die Höhe der modernen bürgerlichen Gesellschaft vorantreiben wollte. Dieser Konstift verschärfte sich von Tag zu Tag und gab bald den radifaleren Mitarbeitern des Blattes das Heft in die Hand. Unter ihnen war Marx, wie der Jüngste, so der Begabteste; er zeichnete sich durch feine Beiträge so aus, daß er im Oftober 1842 der politische Leiter des Blattes wurde. Seine ersten Arbeiten befaßten sich mit der Frage der Preßfreiheit und gehören heute noch zu dem Schönsten, was je über diese Frage geschrieben worden ist. Zugleich aber wurde 10*

4. Das Neunzehnte Jahrhundert - S. 165

1900 - Hamburg : Boysen
— i65 — Marx. Einen viel grösseren Einfluss als Lassalle übte Karl Marx auf die sociale Bewegung aus. Auch Marx war jüdischer Abstammung und in Deutschland geboren. Er studierte in Bonn Weltweisheit und Geschichte und wollte Lehrer an einer preussischen Hochschule werden. Aber seine Anschauungen sagten der Regierung nicht zu; er ward gezwungen, Preussen zu verlassen, und nach mehrjährigem Umherirren fand er 1849 eine sichere Zuflucht in London, wo er bis zu seinem Ende im Jahre 1883 verblieb. Marx arbeitete in Gemeinschaft mit seinem Freunde Friedrich Engels und legte in einer langen Reihe von Aufsätzen und Schriften in deutscher, englischer und französischer Sprache, von denen ,,das Kapital“ die am meisten genannte Arbeit ist, seine Ansichten über die Entwicklung der Gesellschaft nieder. Einige seiner Hauptsätze sind folgende. „Alle Geschichte ist die Geschichte von Klassenkämpfen. Die einander bekämpfenden Klassen bilden sich als Erzeugnisse der Erwerbs- und Verkehrsverhältnisse, mit einem Wort, der wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Zeitalters. — Die heutige Geschichte ist die Geschichte des Kampfes zwischen den Arbeitern und den Unternehmern. Die Arbeiter werden von den Unternehmern ausgebeutet. Wenn sie sich vor heillosem Verfalle retten wollen, müssen sie das Sondereigentum abschaffen. Denn das Sondereigentum ist die Grundlage der Knechtschaft: des socialen Elends, der geistigen Herabwürdigung, der politischen Abhängigkeit. An Stelle des Sondereigentums muss das Gemeineigentum treten und zwar das Gemeineigentum an allen Erwerbsmitteln, vom Grund und Boden an bis herab zur letzten Schlosserfeile. — Diese Sätze sind keineswegs willkürliche Ansichten, von diesem oder jenem Weltverbesserer erfunden. Sie sind vielmehr Ausdruck einer geschichtlichen Bewegung, die unter unseren Augen vor sich geht. Der grosse Besitz saugt allmählich den kleineren auf; alles Eigentum sammelt sich in den Händen einer verhältnismässig geringen Anzahl von Personen. In den grossen Unternehmungen dieser wenigen reichen Leuten werden die Arbeiter sich vollständig an das Gefühl der Gleichheit, an das Zusammenarbeiten gewöhnen. Wenn dann die Entwicklung des Sondereigentums dahin geführt hat, dass eine ungeheure Mehrzahl von Besitzlosen einer winzigen Minderheit von Besitzenden gegenübersteht, alsdann werden die Arbeiter leicht die kapitalistische Spitze abstossen, die Enteigner enteignen, die kapitalistischen Unternehmungen in kommunistische verwandeln können. — Solange noch nicht an Stelle des Sondereigentums das Gemeineigentum an allen Erwerbsmitteln getreten, befindet sich der Arbeiter in einer höchst elenden Lage. Aber das kann anders werden. Die Arbeiter müssen sich vereinigen (Proletarier aller Länder, vereinigt euch!), sich über den natürlichen Gang der Ereignisse, der auf die Abschaffung der kapitalistischen Gesellschafts-

5. Von der Französischen Revolution bis auf unsre Zeit - S. 110

1913 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
110 Das Zeitalter d. Zerstrung d. alten Reichs u. ^Entstehung b. neuen deutschen Kaisertums j etwas fr sein Alter zu sparen, inline hnliche Abhngigkeit von den industriellen Unternehmern geriet, ftfte die ^Bauern des Mittelalters von den groen Grundbesitzern; der andrerseits die Volksschule besucht und durch Bcher und Zeitungen einen Anteil cm der allgemeinen Bildung genommen hat, der sodann die Schule der allgemeinen Wehrpflicht durchgemacht hat, der endlich das politische Wahlrecht besitzt und insofern weit der den Handarbeitern frherer Jahrhunderte steht. Er war zu-nchst der leidende Teil, wenn manche Unternehmer unter dem Drucke des Wettbewerbs, um mglichst billig zu produzieren, seine Arbeitskraft bermig anspannten, die Frauen und Kinder zur Fabrikarbeit heran-zogen, die Wohlfahrtseinrichtungen vernachlssigten. Da er sich all-mhlich mit einem lebhaften Klassenbewutsein erfllte, da zu der Feindschaft gegen die bestehende Wirtschaftsordnung sich die Zuversicht-liche Hoffnung gesellte, es knne durch Vergesellschaftung der Produktionsmittel" eine bessere, Organisation der Gtererzeugung erzielt wer-den, da er sich endlich zu genossenschaftlichen Verbnden (Gewerkver-L- einen) zusammenschlo, welche in gemeinsamen Arbeitseinstellungen eine Waffe gegen den Unternehmer sahen, das ist vornehmlich das Werk der sozialdemokratischen Partei, deren bedeutendste Fhrer bisher Liebknecht und Bebel waren, und die heute zur strksten unter den bestehenden Parteien herangewachsen ist. Di^dmtsche 84. Sozialdemokratie und Anarchismus. Das klassische Land bemokratie sozialistischer und kommunistischer Theorien und Bewegungen war bis-her Frankreich gewesen. In Deutschland begann die soziale Bewegung, nachdem frher hier und da Arbeiterunruhen stattgefunden Lassalle hatten, z. B. die Weberunruhen in Schlesien, mit dem Auftreten Las-s a l l e s, eines hchst begabten und zugleich hchst ehrgeizigen Mannes, eines glnzenden Agitators, der 1863 in Leipzig den allgemeinen deut-scheu Arbeiterverein grndete. Er war demokratisch, aber national ge-sinnt; damit der Arbeiter in den Besitz der Produktionsmittel komme und den vollen Ertrag seiner Arbeit erhalte, forderte er, da der Staat an die Lsung der sozialen Frage herantrte und die Mittel zur Grn-dung von Produktiv-Assoziationen hergbe. Er starb 1864 an einer im Duell erhaltenen Wunde. // Seine Theorien wurden berwunden Marx durch das System von Karl Marx, welcher, der Sohn eines Rechts-anwalts, wegen politischer Umtriebe aus Preußen ausgewiesen wurde und von 1849 an bis zu seinem Tode (1883) in London lebte; er ist neben Ettjieis der geistige Vater der heutigen Sozialdemokratie.

6. Deutsche Geschichte von 1815 zur Gegenwart - S. 80

1902 - Leipzig : Teubner
80 Ii- Das Aufkommen der Weltmchte an Stelle der Gromchte zc. Der Allgemeine grndete den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein", der auch nach Arbeiterverein Lassalles Tode (1864) auf nationalem Boden blieb. Dem gegenber ent-1863. stand eine neue Richtung, die, auf Marxsche Lehren gesttzt, die Proletarier aller Lnder vereinigen wollte und sich mit wildem Ha gegen den Vater-Liebknecht Bebellandsgedanken wandte. An ihre Spitze trat 1866 Liebknecht, ein schsischer sozialistischen Preuenhasser, der als 48 er Demokrat nicht wie die Lassalleaner von dem Richtungen, allgemeinen Stimmrecht, nicht wie Marx von dem Naturgesetz des Evolu-tionismus die Umbildung der bestehenden Gesellschaft erwarten, sondern den Staat mit revolutionrer Gewalt im Straenkampfe zertrmmern wollte. Ihm schlo sich Bebel an. Beide suchten mit allen Mitteln den Ha der Nichtbesitzenden gegen die Besitzenden anzustacheln, jede Bemhung, inner-halb der brgerlichen Ordnung die Lage der Arbeiter zu verbessern, ver-Schulze-Delitzsch-chtlich zu machen und das Bestreben Schulze-Delitzsch', durch Grndung von Konsum- und Kreditvereinen die Selbsthlfe zu organisieren, in Arbeiterkreisen durch Hohn und Spott zu vereiteln. Die Teilnahme der Genossen" an den Reichstagswahlen und die der sozialistischen Abgeordneten an den Reichstagsverhandlungen hatte in ihren Augen nur agitatorischen Die Jnter- Wert. Diese Richtung schlo sich eifrig an die Internationale Ar-nationale 1862.beiterassoziation" an, die von Marx auf der Londoner Weltausstellung gegrndet war. Beide Parteien, die Lassalleaner wie die eigentlichen Sozialdemokraten, anfangs wenig zahlreich, verstrkten ihre Reihen be-sonders, indem sie die Fhrung der Gewerkschaften bei Streiks an sich brachten. Die gewerkschaftliche Entwicklung und die Aufbesserung der Lage Die Gewerk- der Arbeiter wurde dadurch schwer beeintrchtigt. Die Gewerkschaften, schasten, kte nur aus dem Boden der bestehenden Verhltnisse ihre Ziele erreichen konnten, wurden von diesem hinweg in den politischen Kamps gerissen, den die sozialistischen Parteien einzig und allein um die Eroberung der politi-schert Macht fhrten. In diesem Kampfe machten sie anfangs langsame Fortschritte, da die gegenseitige Befehdung ihre Kraft lhmte. Als jedoch Bereinigung der zu Gotha sich die beiden Parteien zur sozialdemokratischen vereinigt Lassalleaner und ^atten, sielen dieser immer grere Teile des Arbeiterstandes zu. Die demokraten'i87s. Siegeszuversicht stieg, die Wildheit des Hasses, mit dem man alle be-stehenden Ordnungen, besonders den nationalen Staat, die Monarchie und Morbversuche selbst das Christentum bekmpfte, wuchs malos. Als am 11. Mai 1878 8busrfm l Hdel gegen das ehrwrdigste Haupt Deutschlands ein Attentat gemacht und 11. Mai un^ am 2. Juni 1878 Dr. Nobiling den Kaiser sogar schwer verwundet 2. Juni 1878. {jatte, da trat Bismarck der furchtbar wachsenden Gefahr mit den schweren Gesetze gegen Waffen des Sozialistengesetzes entgegen. Alle sozialdemokratischen Ver-Uchm^esttebm!- eine wurden verboten, alle Zeitschriften dieser Partei unterdrckt, alle ihre gen der Sozial- Versammlungen untersagt und ihre Agitation mit Strafe bedroht. Die Ge-x8781890 setze wurden sofort mit Strenge durchgefhrt, der Berlin, Hamburg, Leipzig und Frankfurt a./M. der kleine Belagerungszustand verhngt und die Parteifhrer ausgewiesen. uerlich fgte sich die Partei der Staats-gewalt, aber im geheimen setzte sie ihre Arbeit fort, und der innere Trotz wuchs. Bei der Enthllung des Niederwalddenkmals (1883) wurde gegen den Kaiser und die deutsche Frstenschaft ein furchtbares Attentat versucht. Bismarck ging mit immer schrferen Maregeln vor, aber das

7. Bd. 1 - S. 115

1913 - Leipzig : Poeschel
Die politischen Parteien U5 zu einer Neubildung geführt, die an sich nichts mit konservativer oder liberaler Weltanschauung zu tun hat. (Vergl. hierzu und zu den folgenden etwas kurz gehaltenen Ausführungen das Kapitel „Soziale Frage und soziale Bewegung" S. 372.) Die große, zwar rechtlich freie aber besitzlose Masse der werktätigen Bevölkerung er- kannte etwa seit den 40 er Jahren des vorigen Jahrhunderts ihre besondere infolge der zunehmenden Verwendung von Maschinen ge- schaffene Notlage; es entwickelte sich ein Klassenbewußtsein der Arbeiterschaft aller westeuropäischen Länder. Ergriff nun diese sich ihrer Zusammengehörigkeit bewußte Masse eine starke Idee, so waren alle Bedingungen für die große Massenbewegung gegeben. Diese Idee brachten Marx und Engels in die Arbeiterschaft; das von beiden 1847 aufgestellte „Kommunistische Manifest" wurde die Grundlage der sozialdemokratischen Bewegung in allen Ländern. In Deutschland brachte zuerst Lassalle die Arbeiter zu einem Zusammen- schluß, indem er 1863 in Leipzig den „Allgemeinen deutschen Arbeiterverein" gründete. Er hatte das „eherne Lohngesetz" verkündet und erblickte nur in der Erlangung eines allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts das Mittel, die materielle Lage der Ar- beiter zu bessern. Doch blieb er bis an sein Ende Monarchist. Nach seinem Tode (1864) gewannen aber bald andere Gedankengänge inner- halb der Partei Raum. Marx hatte 1864 in London die „Internationale Arbeiterassoziation" gegründet, die auch die deutsche Arbeiterschaft an sich zu ziehen suchte. Als Zweig dieser Vereinigung gründeten 1869 Liebknecht und Bebel in Eisenach die „Sozia ldem o kratische Arbeiterpartei." Hier spielten Weltbürgertum, internationale An- schauungen, republikanische Ideen, Abschaffung des Privateigentums, Vergesellschaftung der Produktionsmittel, Kampf gegen den bestehen- den Staat usw. die Hauptrolle. Nach hitzigen Kämpfen siegten die Anhänger von Marx über die Lassalles; 1875 einigten sich beide Gruppen in Gotha auf das Gothaer Programm, und es gab nunmehr nur noch eine Partei, die sich „Sozialistische Arbeiterpartei" nannte, später aber den Namen „Sozialdemokratische Arbeiterpartei" wieder aufnahm. Die Negierung wollte gegen diese Bewegung Ausnahme- Zejetze erlassen. Die nationalliberale Mehrheit des Reichstages lehnte

8. Andeutungen, wie eine Fibel oder erstes Lesebuch für Kinder abgefaßt und gedruckt sein müsse - S. 44

1833 - Berlin : Oehmigke
44 ehl ehl-t ehlt fehlt, od od-t odt todt. re tr eu treu op op-s ops mops Mops, ieg-t legt liegt, eg-t egt regt. Bist du denn krank? Kind. Ich bin nicht krank. Marx. Was fehlt dir denn? Kind. Mein Hund ist todt. Marx. Dein Hund? Der Mops? Kind. Ja wohl, der Mops. Er hieß Fix, und ich war ihm so gut. Er war so treu, und lief so fix. O, Fix ist todt! Hn! Hu! Hu! Hu! Dort liegt er nun, und regt sich nicht. Neunzehnter Stufengang. (S. 12.) Nah aa e ehre o oh oo a aä e ee o öö al Sal aal Saal Haar Meer Loos oß Schoß ooß Schooß aas Aas (at ach ot öch ñ eth Rath Noth roth et bet Ge-bet eth beth Gebeth) ee See le Kl Klee ne Schn Schnee e Be ee Bee Beehre Bee-ren eiß-t cißt weißt. Er Er-st Erst. Karl, weißt du, was ist das? Erst weiß, wie Schnee, dann grün, wie Klee; drauf roth, wie Blut, dann schmeckt es gut.

9. Vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart - S. 126

1913 - Leipzig : Hirt
126 3. Abschnitt. Die Zeit des neuen Deutschen Reiches. 2. Lassalle und Marx. Der aus Breslau stammende Schriftsteller 1863. Lassalle grndete 186.3 in Leipzig einen Allgemeinen deutschen Ar- beiterverein und erklrte, die Herrschaft, die in frheren Zeiten der Adel und die Geistlichkeit und seit der Franzsischen Revolution der dritte Stand besessen, msse jetzt auf den vierten Stand, die besitzlose Bevlke-rung, bergehen. Doch blieb Lassalle auf nationalem Boden und verlangte nur, da der Staat die Mglichkeit schaffe, dem Arbeiter den vollen Ertrag seiner Arbeit zu sichern. Im folgenden Jahre fiel Lassalle im Zwei-kmpf. Weit der ihn hinaus ging der geistige Vater des heutigen So-zialismus, Karl Marx, der seit 1849, aus Preußen ausgewiesen, in London lebte. Schon sein 1848 herausgegebenes Kommunistisches Manifest" enthielt die sozialistischen Forderungen in schrfster Fassung und er-klrte, die Interessengemeinschaft der Arbeiter gehe der das Vaterland hinaus. Er grndete 1864 die Internationale Arbeiter-Assoziation und schrieb in den folgenden Jahren sein Hauptwerk: Das Kapital". Die Jnter-nationale erwies sich nicht aus die Dauer als lebensfhig; das herrische Auftreten ihres Grnders verursachte in den siebziger Jahren Spaltungen und Verfall. 3. Der Sozialismus. Marx sah in der ganzen Geschichte nichts weiter als eine Reihe von Klassenkmpfen und hielt die Klassen der Gesellschaft fr bloe Erzeugnisse wirtschaftlicher Verhltnisse, ebenso alle religisen und philosophischen Lehren und alle staatlichen und rechtlichen Einrich-tungen. Die Erklrung der Geschichte war ihm lediglich eine Magenfrage. Wie im Altertum Freie und Sklaven, im Mittelalter Lehnsherren und Vasallen, Gutsbesitzer und Leibeigene, Zunftmeister und Gesellen einander gegenberstanden, so in der Gegenwart reiche Unternehmer und besitzlose Arbeiter, Ausbeuter und Ausgebeutete. Der allein richtige Mastab fr den Tauschwert der Waren sei die darauf verwandte Arbeit und fr die Bewertung der Arbeit der Verbrauch an Muskel- und Nervenkraft. Kopf- und Handarbeit werden also gleichgestellt. Nun aber bezahle der Unternehmer, dessen Macht im Kapital liege, dem Arbeiter in Wirklichkeit nur einen Teil seiner Arbeit, er gebe ihm nur so viel, als ntig sei, das Leben zu fristen; das brige, den Mehrwert", stecke er selber ein. Darans gehe die Verelendung" der Massen hervor. Dieser Zustand knne aber nicht andauern. Die kapita-listische Gtererzeugung trage den Keim der Auflsung in sich. Denn die Aufsaugung der Kleinbetriebe durch den Grobetrieb msse zu Betrieben von immer grerem Umfang führen, bis schlielich das heutige Wirt-schaftswesen in sich selbst zusammenbreche. Dann werde die Gesamtheit die Mittel der Gtererzeugung in die Hand nehmen, das Privateigentum also abschaffen, und die Beamten whlen, die diesen Wirtschaftsbetrieb zu leiten und die Unterhalts- und Genumittel zu verteilen htten. Aufgabe der sozialen Bewegung sei es, diesen natrlichen Vorgang zu

10. Deutsche Geschichte vom Ausgange des Mittelalters - S. 175

1910 - Berlin : Singer
- 175 — ment zu verlangen, wiesen ihre Wortführer mit der ganzen sittlichen Entrüstung gekränkter Biedermänner zurück. Gegen eine so schwächliche Politik erhob nun ein einzelner Mann seine warnende Stimme. Er hieß Ferdinand Lassalle. 6. Lassalle. Lassalle (1825—1864) war der Sohn eines Seidenhändlers in Breslau. Seine Familie gehörte dem osteuropäischen Judentum an, das noch tief im Schacher und Wucher steckte. Nicht als ob an der bürgerlichen Ehrbarkeit seines Vaters etwas auszusetzen gewesen wäre! Aber wie das Tagebuch des fünfzehnjährigen Knaben zeigt, erwies sich die moderne Bildung, die seinem elterlichen Hause angeflogen war, in jedem Augenblick lebhafterer Erregung als ein sehr dünner Firnis. Das Judentum des Knaben Lassalle war noch ganz unverfälscht, und seine ersten Träume gingen dahin, an der Spitze der Juden sie mit den Massen in der Hand von allen Ketten zu befreien, die sie noch zu tragen hatten. Im übrigen machte sich der eingebildete und naseweise Junge auf dem Breslauer Gymnasium bald unmöglich, und gegen den Willen seiner Eltern, die ihn gern studieren lassen wollten, siedelte er im Frühjahr 1840 an die Handelsschule in Leipzig über. Jedoch so unbedacht der Entschluß war, so heilsam erwiesen sich seine Folgen. Die Schlacken des jüdischen Schachers, die dem Knaben Lassalle noch anhingen, schliffen sich ab an dem christlichen Schacher, der in der Leipziger Handelsschule nach allen Regeln der Kunst gelehrt wurde. Und indem sich Lassalle von dem Schacher abwandte, wandte er sich auch von dem Judentum ab; die fleißige Beschäftigung mit den deutschen Klassikern öffnete feine Augen für die Geistesschätze der modernen Kultur. Im Unterschiede von Marx und Engels wuchs Lassalle aus persönlicher Bedrängnis zum Revolutionär empor. Von jener Selbstverständigung über die Kämpfe und Wünsche der Zeit, die Marx und Engels in ihren Anfängen suchten, stand in Lassalles Lexikon nichts geschrieben. Sobald sein Selbstbewußtsein erwacht war, wußte er, was er zu tun und zu lassen hatte. An seinem sechzehnten Geburtstage war er sich klar über seine Zukunft, über die Zukunft des Agitators, des Redners, des Schriftstellers, der für die heiligsten Interessen der Menschheit kämpft, und fei es bis zur eigenen Vernichtung. Seine Eltern fügten sich wiederum feinem energischen Willen, und im Herbst 1841 begann Lassalle seine neue Laufbahn.

11. Deutsche Geschichte vom Ausgange des Mittelalters - S. 149

1910 - Berlin : Singer
— 149 — Sozialismus mit der Politik nicht zu befassen habe. Er wollte vielmehr gerade an die praktischen Kämpfe der Zeit anknüpfen, um die Zeit über sich selbst zu verständigen. Er berief sich auf Feuerbachs Satz, wonach der Mensch die Religion, nicht aber die Religion den Menschen machte, um an seinem Teile fortzufahren: der Mensch ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen; der Mensch, das ist die Welt des Menschen, ist der Staat, die Gesellschaft. Nachdem die Philosophie das Jenseits der Wahrheit beseitigt hat, ist es die Aufgabe der Geschichte, die Wahrheit des Diesseits zu etablieren. Die Kritik des Himmels muß sich in die Kritik der Erde, die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Theologie in die Kritik der Politik verwandeln. Mit einem bewunderungswürdigen Scharfsinn wies Marx an den deutschen Zuständen nach, was seitdem eine bald siebzigjährige Geschichte bestätigt hat, daß der Emanzipationskampf des deutschen Bürgertums im Sande verlaufen, der Emanzipationskampf der Arbeiterklasse sich aber um so kräftiger entwickeln werde, oder wie er es in seiner noch philosophisch angehauchten Sprache ausdrückte, daß in Deutschland nicht mehr die politische, sondern nur noch die menschliche Emanzipation möglich sei. Wenn der Mensch seine individuellen Kräfte als gesellschaftliche Kräfte erkannt und organisiert habe und daher die gesellschaftliche Kraft nicht mehr in der Gestalt der politischen Kraft von sich trenne, erst dann sei die menschliche Emanzipation vollbracht. Marx sagte seinen alten Freunden, den Junghegelianern: Ihr könnt die Philosophie nicht verwirklichen, ohne sie aufzuheben, aber er vergaß nicht, was er von ihnen gelernt hatte, und sagte der Bourgeoisie: Ihr könnt die Philosophie nicht aufheben, ohne sie zu verwirklichen. Wie die Philosophie im Proletariat seine materiellen, so findet das Proletariat in der Philosophie seine geistigen Waffen. Der Kopf dieser Emanzipation ist die Philosophie, ihr Herz ist das Proletariat. Die Philosophie kann nicht verwirklicht werden ohne die Aufhebung des Proletariats, das Proletariat kann sich nicht aufheben ohne die Verwirklichung der Philosophie. Wenn Marx durch seine geistige Entwickelung mit seinen Jugendfreunden auseinander gekommen war, so gewann er nunmehr in einem Mitarbeiter der Deutsch-Französischen Jahrbücher einen mehr als ausreichenden Ersatz dafür: in Friedrich Engels, mit dem er von nun an vierzig Jahre Schulter an Schulter gekämpft hat. Engels (1820—1895) war der

12. Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit - S. 188

1901 - Halle a.d.S. : Buchh. des Waisenhauses
Der sozialistische Staat. 188 Das Zeitalter d. Zerstörung d. alten Reichs u. d. Entstehung d. neuen deutschen Kaisertums. erhaltenen Wunde. Seine Theorien wurden überwunden durch das Marx. System von Karl Marx, welcher, der Sohn eines Rechtsanwalts, wegen politischer Umtriebe aus Preußen ausgewiesen wurde und von 1849 an bis zu seinem Tode (1883) in London lebte; er ist neben Engels der geistige Vater der heutigen Sozialdemokratie. Nach seiner Theorie besteht unsere ganze wirtschaftliche Entwickelung in der Aufsaugung der Kleinbetriebe durch den kapitalistischen Großbetrieb und kann kein anderes Ergebnis haben, als daß das Privateigentum durch das Kollektioeigentum und der Zustand des freien wirtschaftlichen Wettbewerbs durch den der gesellschaftlichen Organisation der Gütererzeugung ersetzt wird. Als Aufgabe der sozialen Bewegung bezeichnet er, die Arbeiter zum Klassenkampf zu sammeln, sie zu organisieren und so zu befähigen, die politische Macht zu gewinnen. Durch Marx, der sein „kommunistisches Manifest" mit den Worten schloß: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!", hat die sozialistische Bewegung einen internationalen und antinationalen Charakter erhalten; sie ist antimonarchisch und republikanisch; sie hat außerdem einen durchaus unkirchlichen und irreligiösen Charakter angenommen. Nun ist es unrichtig, daß unsere Entwickelung auf die Aufsaugung der Kleinbetriebe hinauslaufen muß; im Gegenteil überwiegen in wichtigen Zweigen des Gewerbes und in der Landwirtschaft auch jetzt noch die Kleinbetriebe; es ist ferner bewiesen, daß. der Mittelstand bei uns trotz aller Anfechtungen im ganzen sich nicht vermindert, sondern sich immer wieder erneuert. Es ist sodann gewiß, daß die Institution des Privateigentums nicht nur unter den Antrieben zum Erwerb und zur Produktion an erster Stelle steht, und daß bei ihrem Fortfall die allgemeine Gütererzeugung, statt größer zu werden, vielmehr bedeutend sinken würde; sondern daß dieses überhaupt zu den wichtigsten Mitteln gehört, wodurch sich der Mensch dem ihm innewohnenden Ideale individueller Ausbildung und persönlicher Selbständigkeit zu nähern vermag, und daher von der sittlichen Natur des Menschen gefordert wird. Der sozialistische Zukunstsstaat würde ein Zwangsstaat sein, auf Gewalt gestützt, nicht auf freie Hingabe an das Gemeinwohl, auf Vernichtung der Persönlichkeiten, nicht auf freie Entfaltung individueller Kräfte; er würde nach Bismarcks Ausdruck „ein von inappellablen Demagogen regiertes Zuchthaus" sein. Der = Während der Sozialismus die Heilung der sozialen Schäden Anarchismus. oon e{ner Organisation der Wirtschaft erwartet, welche das freie Handeln möglichst beschränkt, so erhofft sie der Anarchismus von der Beseitigung jeder staatlichen Organisation: wenn erst dem einzelnen nach Vernichtung jedes staatlichen Zwanges und nach Aufhebung des Privateigentums unbedingte Freiheit gegeben sei zu produzieren und sich mit gnderen zur Produktion in freien Gruppen zufammenzu- l - ' ■ :r;r

13. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte für Lehrerseminare - S. 449

1904 - Habelschwerdt : Franke
449 Darum wurde sie auch von Marx, dem Vater der heutigen Sozial-demokratie", verworfen. Karl Marx (181883) verffentlichte schon 1848 im Verein mit seinem Freunde Engels (1820 95) das Kommunistische Manifest", in welchem er sich an die Proletarier aller Lnder" wendet und sie ausfordert, bei der Gleichheit ihrer Leideu und Interessen gemeinschaftliche Sache zu machen, sich zu organisieren und die politische Macht an sich zu reien, um die Herrschaft der Kapitalisten zu strzen. Die Anhnger von Lassalle und Marx befehdeten sich anfangs heftig; 1875 vereinigten sie sich aber in Gotha zur sozialdemokratischen Partei", die bald zahlreiche Vertreter in den Reichstag sandte. Hier wie in ihrer zgellosen Presse griffen sie in gehssiger und aufreizender Weise die bestehende Gesellschaftsordnung an und verhhnten Religion nud Sitte. Vergebens machte die Regierung schon 1875 darauf aufmerksam, da die Agitation der Sozialdemokratie zur Gefhrdung der Staatsordnung und zu Verbrechen führen mte. Die Bewegung erreichte ihren Hhepunkt in zwei Attentaten aus Kaiser Wilhelm. Whrend beim ersten Mordversuch (11. Mai 1878) der Schu fehlging, wurde der greife Kaiser drei Wochen spter (2. Juni) schwer verwundet. Als nun der Reichstag ein Gesetz gegen die gemeingefhrlichen Be-strebungen der Sozialdemokratie" ablehnte, wurde er aufgelst. Die Neuwahlen brachten die gewnschte Mehrheit zustande, mit deren Hilfe die Regierung das Sozialistengesetz schuf. Dieses trat 1878 fr die Zeit vou 2 72 Jahreu in Kraft. Die Polizei konnte nun die Vereine der Sozialdemokraten auflsen und ihre Versammlungen sowie die Verbreitung ihrer Druckschriften verbieten. Trotz dieser Maregeln nahm die Zahl der sozialdemokratischen Reichstagsmitglieder bei jeder Wahl zu. Die Regierung suchte nun der Sozialdemokratie in anderer Weise entgegenzutreten; 1890 lie sie das Sozialistengesetz fallen. Im Jahre 1891 schlssen sich die Sozialdemokraten im Erfurter Programm ganz den Lehren von Marx an. Dieser wollte den Sozialismus wissenschaftlich begrnden, iudem er zu beweifeu suchte, da die letzten Ursachen alles geschichtlichen Werdens sowie die Ent-stehnng der Religion, der Sitte, des Rechtes, der Familie und des Staates uur in den wirtschaftlichen Verhltnissen ruhen, da also die Einwirkung der gttlichen Vorsehung und fhrender Persnlichkeiten ausgeschlossen sei. (Materialistische Geschichtsauffassung".) Nach den Ausfhrungen von Marx und feinen Anhngern wird der Kapitalismus alle Kleinbetriebe und deu Mittelstand vernichten und znr Verelendung der Massen" führen. Daun wird aber das Proletariat die Staats-geweilt ergreifen und die Produktionsmittel zu Gemeineigentum machen. Eine Aufzeichnung Wilhelms I. am Schlsse des Jahres 1878. Atzler, Qu. u. 8. Iii. Das Erfurter Programm. Atzler, a. a. O. Atzler, Geschichte fr Lehrerseminare. 29

14. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte für Lehrer- und Lehrerinnenseminare - S. 455

1912 - Habelschwerdt : Franke
455 Massen zu gewinnen wute. Nach Lasalles Behauptung steht der durchschnittliche Arbeitslohn unter der Herrschaft von Angebot und Nachfrage der Arbeit und bleibt immer auf die Summe beschrnkt, die bei einem Volke ge-wohnheitsmaig zur Fristung des Lebens und zur Erhaltuug der Familie unbedingt notwendig ist. Der Arbeitslohn knne darum nicht lange der, aber auch nicht dauernd unter dem notwendigen Lebensunterhalt stehen, weil im ersteren Fall eine Zunahme, im letzteren eine durch das entstehende Elend veranlate Verminderung des Arbeiterangebots stattfinde. Lassalle rief 1863 den Allgemeinen deutschen Arbeiterverein" ins Leben und verlangte, um die bermacht der Kapitalisten zu brechen und das eherne Lohngesetz zu vernichten, da mit Staatshilfe Arbeiter* Produktivgenossenschaften" gegrndet wrden. Um diese Plne verwirklichen zu knnen, forderte er das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht. Lassalles Lehre vom ..ehernen Lohngesetz" leistete als Agitation^ mittel Groes; sie hlt aber einer wissenschaftlichen Prfung nicht stand und wird schon durch die fortschreitende tatschliche Besserung der Lohnverhltnisse als irrig erwiesen. Darum wurde sie auch von Marx, dem ..Vater der heutigen Sozialdemokratie", verworfen. Karl Marx (18181883) wollte den Sozialismus wissen-schaftlich begrnden, indem er zu beweisen suchte, da die letzten Ursachen alles geschichtlichen Werdens sowie die Entstehung der Religion, der Sitte, des Rechts, der Familie und des Staates nur in den wirtschaftlichen Verhltnissen ruhen, da also die Ein-Wirkung der gttlichen Vorsehung, der fhrenden Persnlichkeiten und der nationalen und sittlichen Krfte ausgeschlossen sei. Nach dieser materialifhfciwn Gesckicktsaussassung" mu sich also die Gesellschaftsordnung ndern, wenn sich die Produktion gendert hat. Darum behaupten Marx und seine Anhnger, da der Kapitalismus alle Kleinbetriebe und den Mittelstand vernichten und zur Ver-eleudung der Massen" führen wird. Dann wird aber das Proletariat die Staatsgewalt ergreifen und die Produktionsmittel zu Gemein-eigentum machen. Die Produktion wird hierauf allein den Produzenten gehren, alle Klassenunterschiede werden schwinden, und das Elend wird aufhren. Im Jahre 1848 verffentlichte Marx im Verein mit seinem Freunde Engels (182095) das Kommunistische Manifest", in welchem er sich an die Proletarier aller Lnder" wendet und sie auffordert, bei der Gleichheit ihrer Leiden und Interessen gemein-schaftliche Sache zu machen, sich zu organisieren und die politische Macht an sich zu reien, um die Herrschaft der Kapitalisten zu strzen.

15. Vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart - S. 142

1912 - Leipzig : Hirt
142 Die Zeit des Deutschen Reiches. 172. in, Frankreich und Deutschland iy Anspruch nehmen. Die Kunst, mit Appa-raten, die schwerer als die Luft sind, zu fliegen, wurde 1896 erfunden von dem Ingenieur Lilienthal in Berlin, der bei einem seiner Versuche der-unglckte, theoretisch fortgebildet von dem in Amerika lebenden Franzosen Ma.nute und zuerst in grerem Mastabe aust^lbrtjmrtrnt^Mfamfchh" Brdern 2bright Schon vielen Fliegern, die entweder aus idealen Beweg-grnden oder wie rmische Gladiatoren um eitler Ehre und hohen Ge-Winnes willen ihr Leben aufs Spiel setzten, hat ihr Wagemut das Schick-sal bereitet, das die griechische Sa^e dem Ikaros, dem So^n des Ddalos, zuteil werden lt. 172 Die soziale Frage. 1. Die frhere Lage der Arbeiter. In gleichem Mae wie der Grobetrieb in der Industrie nahm die Zahl der Fabrikarbeiter zu. Da aber die Arbeiter infolge weitgehenderarbeitsteilung einseitig ausgebildet und daher in derregel unfhig waren, sich auf eigene Fe zu stellen, gerieten sie in eine Abhngigkeit von ihren Fabrikherren, die sich mit dem Verhltnis der Bauern frherer Jahrhunderte zu ihren Gutsherren vergleichen lt. Schlimme Mistnde bildeten sich aus: bermige Anspannung der Arbeitskraft bei geringem Lohn; Frauen-und Kinderarbeit; Arbeitslosigkeit und somit Brotlosigkeit bei Krisen, die infolge von berproduktion entstanden; schlechte Wohnungen; Mangel an Wohlfahrtseinrichtungen. Es war daher natrlich, da die Ideen fran-zsischer Volksbeglcker ( 159, 1) auch in Deutschland fruchtbaren Boden fanden. 2. Lassalle und Marx. Der aus Breslau stammende Schriftsteller 1863.Lassalle, ein gewandter Agitator, grndete 1863 in Leipzig einen All- gemeinen deutschen Arbeiterverein und erklrte, die Herrschaft, die in frheren Zeiten der Adel und die Geistlichkeit und seit de/Franzsischen Revolution der dritte Stand besessen, msse jetzt aus den vierten Stand, das Proletariat, bergehen. Doch blieb Lassalle auf nationalem Boden und verlangte nur, da der Staat die Mittel zur Grndung von Produk-tiousgenossenschasten hergebe, die dem Arbeiter den vollen Ertrag seiner Arbeit sichern sollten. Im folgenden Jahre fiel Lassalle im Duell. Weit der ihn hinaus ging der geistige Vater des heutigen Sozialismus, Karl Marx, der seit 1849, aus Preußen ausgewiesen, in London lebte. Schon sein 1848 herausgegebenes Kommunistisches Manifest" enthielt die sozia-listischen Forderungen in schrfster Fassung und erklrte, die Interessen-gemeinschast der Arbeiter gehe der das Vaterland hinaus. Er grndete 1864 die Jnternationale (eigentlich Internationale Arbeiter-Assoziation) und schrieb in den folgenden Jahren sein Hauptwerk: Das Kapital". Die

16. Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in Seminaren - S. 473

1905 - Breslau : Hirt
§ 103. Das Deutsche Reich unter Kaiser Wilhelm dem Großen. 473 Ansicht wird die heutige Gesellschaft an ihren eigenen fehlerhaften Einrichtungen zu Grunde gehen; alles aber, was diesen Untergang aufhalten kann, das Königtum, das Heer, die Kirche, das christliche Familienleben, suchen sie zu beseitigen. c. Sozialdemokraten. Weil Marx revolutionärer Umtriebe wegen verbannt war, sandte er als Vertreter seiner Ideen Liebknecht nach Deutschland, der sich mit dem Drechslermeister Pebel. in Leipzig, einem hochbegabten Volksführer, verband, die durch Reden und Schriften die Massen zu begeistern wußten und zur Durchsetzung ihrer Pläne eine große Partei, die sozialdemokratische Arbeiterpartei, gründeten. (1869.) Da 'i öj Lassalle bereits gestorben war, zogen sie auch dessen Anhänger an sich; ja auf Marx' Betreiben bildete sich sogar eine internationale Arbeiterverbindung. Doch spaltete sich die Partei bald wieder in Sozialisten und in Anarchisten; jene erwarten die soziale Reform von der natürlichen Entwicklung, diese wollen sie durch Revolution und Mord herbeiführen. Einen bedeutenden Zuwachs erhielt die deutsche Sozialdemokratie durch die Schwindel- und ^Trnnderperiode. Infolge der beutjc^en~(Bfege Hatte sich das Ansehen des deutschen Volkes im Anslanbe und baburch der beutsche Aujgenhanbel sowie das heimische Gewerbe sehr gehoben, das durch den französischen Milliarben-strom noch unterstützt würde. Die Erneuerung der Heeresrüstung, der Umbau mancher Aeamgm-^und die Vergrößerung der Wgrme gaben Tansenben lohnenbe Arbeit. Ihren Anfettan der französischen Kriegssteuer benutzten bte deutschen Staaten zum Teil zur Rückzahlung ihrer Schulben, die Gläubiger aber legten das ihnen zurückgegebene Gelb vielfach in gewerblichen Grünbungen an. Fabriken über Fabriken entstauben; selbst einfache Bürger, kleine Beamte, Hanbwerker und Lanbleute wollten ohne Mühe reich werben und gaben vertrauensselig ihr kleines Kapital gewissenlosen Grünbern hin. Aber nur etwa zwei Jahre (1871 —1873) währte diese „ Grün ber.zeit-.. Da traten infolge der Überfüllung des Warenmarktes Stockungen ein; viele Fabriken mußten den Betrieb einschränken ober einstellen. Währenb die eigentlichen Gründer sich mit reichem Gewinn rechtzeitig zurückgezogen hatten, verloren die Teilhaber ihr Vermögen, die Arbeiter ihren Verbienst. Die Zahl der Unznfriebenen war also groß; viele berselben warfen sich beit Sozialbemokraten in die Arme, die ihnen den Himmel auf Erben versprachen. ä. Verhetzung des Volkes; Einschreiten des Staates. Unter dem Schutze der Preß- und Vereinsfreiheit suchten die Führer der Sozialbemokraten durch die Presse und in Vereinen das Volk zu verhetzen und sanben williges Gehör. Daß der von ihnen verheißene Zukunftsstaat unmöglich ist, baran buchten wenige. Infolge des allgemeinen Wahlrechts erschienen halb auch sozialbemokratische Abgeorbnete im Reichstage, wo

17. Deutsche Sozialgeschichte - S. 186

1898 - Halle a.S. : Buchh. des Waisenhauses
186 1867 ff. Kommuni- stische Geschichts- auffassung. Kleinen durch die Großen ist unzweifelhaft etwas Wahres. Aber dies Wahre ist gewaltig übertrieben und von allen Erscheinungen losgelöst, die als Gegensätze in Zusammenhang damit gebracht werden müssen. Der Wert entspricht nicht stets der aufgewandten Arbeit, sondern richtet sich auch nach dem Nutzen, der Seltenheit, der Nachfrage*), und für den Preis einer Ware ist auch die bis zur Zeit des Absatzes erforderliche Arbeitsmenge, sind die Kosten für Transport, Lager und Export maßgebend. Die überwiegend geistige Arbeit des Fabrikanten ist doch auch wertschassend (allerdings durchaus nicht sie allein), und er muß den Mehrwert mit dem Grundbesitzer, auf defsen Boden die Fabrik steht, mit dem Kaufmann, der die Fabrikate vertreibt, mit dem Rentner, von dem er das Geld geborgt hat, teilen. Der geschickte und zuverlässige Arbeiter erhält doch stets höheren Lohn als der unzuverlässige und ungeschickte, auch wenn beide dasselbe Maß von Arbeitskraft aufwenden. Ferner hat sich Marx eines Widerspruches schuldig gemacht, wenn er durch die einförmige Maschinenarbeit die Masse immer elender werden, dann aber diese entnervte Menge eine vollkommenere Gesellschaftsordnung mit besserer Produktionsweise durchführen läßt. Das setzt doch voraus, daß die Masse einen hohen Grad von Tüchtigkeit erreicht hat. In den Schriften von Marx treten allerdings in verschiedenen Zeiten ganz verschiedene Gedanken hervor; aus ihnen läßt sich aber doch ein einheitliches System aufbauen. Engels, der Freund von Marx, vom Proletariat geliebt und verehrt wie ein Vater, während *) Ein Heilmittel z. B. kann bei einer Seuche gewaltig im Werte steigen, obgleich die auf die Herstellung verwandte Arbeit ganz dieselbe bleibt. Das von fruchtbarem Boden stammende Getreide besitzt mehr Wert als das ans unfruchtbarem Lande gewachsene, hat aber weniger Arbeit gekostet. Marx hat gar nicht beachtet, daß Mode, Geschmack, geselliger Zwang und ähnliche Ursachen die Preise sehr beeinflussen.

18. Lektüre zur Geschichte des 19. Jahrhunderts - S. 183

1910 - Leipzig : Wunderlich
Die soziale Bewegung. 183 Parteien gewagt haben. Namentlich die Prognose, die er den Tschechen gestellt hat, ist alsbald durch die Tatsachen als verfehlt erwiesen worden. Marx' Bedeutung für die historische Erkenntnis unserer Zeit ist darum doch sehr groß. Sie ruht nur auf etwas anderem als auf der Vollkommenheit jener Theorien, nämlich in der Kraft und Schärfe, mit der er den großen, in tausend verschiedenen Formen sich vollziehen- den Prozeß der Auflösung des alten Kleinbürgertums und seiner Ver- schmelzung mit dem Arbeiterstande der Neuzeit erfaßte und uns diesen Prozeß und seine Bedeutung verstehen lehrte. Dadurch gab er zu- gleich diesem neuen Stande das volle Selbstbewußtsein und förderte seine Ausbildung zu einer besonderen Klasse. Mochte schon hundertmal Ahnliches oder Gleiches gesagt worden sein, ihm gelang es, alle diese Gedanken von neuem zu denken, mit all diesen Problemen von neuem zu ringen und dann den Theorien das Leben seines Lebens zu geben. Noch viele haben dabei geholfen, vor allem auch die Dichter, die den Arbeitern ihre glühenden Worte liehen und sie das Kampflied singen lehrten: Wir sind die Kraft! Wir hämmern jung das alte, morsche Ding, den Staat, Die wir von Gottes Zorne sind bis jetzt das Proletariat! Aber was auch andere leisteten, Marx blieb das Haupt und be- herrschte die Bewegung. Der Gelehrte und der Agitator haben an dieser Arbeit gleichen Anteil, an den Mängeln und Fehlern seiner Aufstellungen wie an der Energie und Schärfe, mit der er den Arbeitern die Lehre einprägte, daß sie nicht von Putschen und Aufständen das Heil zu er- warten hätten, sondern von der ruhigen Entwicklung der Dinge, die mit Naturnotwendigkeit die bürgerliche Gesellschaft und den bürger- lichen Staat zersetze und aus seinen Trümmern die sozialistische Ord- nung bilden werde. Wissenschaftlich ist auch dieser Satz nichts als ein Dogma, aus anderen Dogmen mit Begriffskünsten abgeleitet, die wesentliche Tatsachen beiseite schieben. Aber der Satz knüpft doch an große Tatsachen und Bedürfnisse an, und die dogmatische Form gab ihm eine unvergleichliche Wirkung. Unzweifelhaft hat dieser Gedanke ein wesentliches Verdienst daran, daß die gewaltige Bewegung in Deutschland ruhig verlaufen ist. In dem hoffnungsreichen Gefühl, daß ihr Stand der Stand der Zukunft sei, finden die Arbeiter die Kraft, mit der sie für die Besserung ihrer Lage streiten, und dies Gefühl ist getränkt mit dem Geiste ihres Propheten Marx. Das war ein stolzer und kräftiger, aber auch ein verbitterter und dogmatisch gebundener Geist. Selbst die wüsten Rodo- montaden der Marxisten stammen teilweise aus ihm, wenn sich Marx auch gelegentlich von ihnen mit dem herrischen Meisterwort losgesagt hat: Moi, je ne suis pas Marxiste. Vorzugsweise stammen sie freilich aus der hilflosen Not, in der die meisten Vertreter dieses Klassenkampfes

19. Von der Reformation bis zur Gegenwart - S. 5

1877 - Kattowitz O.-S. : Siwinna
5 habe der Papst kein Recht, Ablaß für Geld zu erteilen; überhaupt sei der Papst nur Statthalter Gottes auf Erden und könne nur äußere irdische Kirchenstrafen erlassen, nicht ewige Strafen nach dem Tode. — Diese kühne Sprache Luthers erregte gewaltiges Aufsehen. Wie auf Sturmesflügeln verbreiteten sich die 95 Sätze in Druckblättern über ganz Deutschland und von allen Seiten rauschte dem kühnen Mann Beifall zu. Tetzel antwortete mit groben Schmähungen und berief sich auf das Ansehen und die Befehle des Papstes. An Luther aber erging die Aufforderung, sich in Rom vor dem heiligen Stuhle zu verantworten. Der edle Kurfürst Friedrich der Weise aber, der den unerschrockenen Wittenberger Prediger hochschätzte, brachte es dahin, daß er zu seiner Rechtfertigung nur vor dem päpstlichen Legaten (Gesandten), dem Kardinal Caj etan, zu erscheinen hatte. Zn Augsburg, nach dem Schlüsse des Reichstags, den Kaiser Max einberufen hatte, kam es zu einer Verhandlung zwischen Luther und Cajetan. Umsonst verlangte der Cardinal unbedingten Widerruf, und da er Luthern so standhaft fand, brach er endlich mit den Worten ab: „Ich will mit dieser Bestie nicht länger reden; sie hat tiefe Augen und wunderbare Gedanken." Er wollte ihn verhaften lassen, aber Luther wurde durch eine kleine Pforte glücklich aus der Stadt gerettet. Auch bei einer Unterredung zu Altenburg mit dem Päpstlichen Gesandten Karl von Miltitz weigerte er sich Zu widerrufen, versprach aber auf gütliches Zureden des Gesandten, zu schweigen, wenn auch seine Gegner schwiegen. Aber der eitle Dr. Eck, der gerne über Luther einen Sieg -feiern wollte, forderte den Dr. Carl stadt zu einer Disputation (Redekampf) heraus und griff dabei Luthers Lehre so deutlich an, daß derselbe an dem bald darauf in Leipzig stattfindenden Religionsgespäche teilnehmen mußte. Durch dieses Gespräch kam Luther zur Erkenntnis, daß nicht die Lehren der Kirche, sondern allein die heilige Schrift die

20. Geschichte der Neuzeit - S. 698

1897 - Freiburg im Breisgau [u.a.] : Herder
698 Zeitalter der Kmpfe um brgerliche und nationale Freiheit. habe, die Produktion in seine Hand zu nehmen und Staats-Werksttten zu errichten, setzte der vierte Stand in der Februar-Revolution 1848 auf einige Monate durch. Frankreich ist somit das Heimatland des mittel-alterlichen Kommunismus wie des modernen, mit kommunistischen An-schauungen erfllten Socialismus und des auf gewaltsamen Umsturz zielenden Anarchismus, der in Rußland, dem Reiche des Absolutis-mus, die besondere Form des Nihilismus (Bakunin, f 1877) angenommen hat. Der geistige Vater des deutschen Socialdemokratismus ist Karl Marx (t 1884), welcher bereits 1847 die Proletarier aller Lnder" aufrief, sich zu vereinigen zur Herbeifhrung einer neuen Gesellschaftsordnung. In dieser sollen alle Mittel der Produktion, als Grund und Boden, Rohstoffe, Ma-schinen u. dgl., Gemeingut der staatlichen oder kommunalen Vereinigung werden und diese die Gesamtproduktion und die Verteilung des Ertrages ordnen. Marx ward die Seele des 1864 in London gestifteten int er-nationalen Arbeiterbundes. Aber nicht er, sondern der Jude Ferdinand Lassalle (18251864) verkndete den deutschen Arbeitern die frohe Bot-schaft vom Volksstaate, indem er im Jahre 1862 in einem Vortrage der den besondern Zusammenhang der gegenwrtigen Geschichtsperiode mit der Idee des Arbeiterstandes" den Nachweis versuchte, da die Revolution von 1848 den vierten Stand zur herrschenden Rolle im Staate berufen habe. Seine Verurteilung (16. Januar 1863) machte den eiteln, von sich ein-genommenen Apostel des Socialismus zum volkstmlichsten Manne bei den Arbeitern. Auf eine Anfrage des Arbeitervereins Vorwrts" in Leipzig der die Arbeiterbewegung stellte er (1. Mrz 1863) in einem offenen Ant-wortschreiben" den Satz des Englnders Ricardo, da der Preis der Arbeits-kraft, der Lohn, bestimmt werde durch die zur Erhaltung des Arbeiters ntigen Lebensmittel, als ehernes Lohngesetz" hin, welches beseitigt werden msse. Eine andere Phrase des Messias" der Arbeiter, die Forderung des unverkrzten Arbeitsertrages", hat selbst Marx als undurchfhrbar betrachtet. Im Gegensatz zum Individualismus und den Genossenschaftsunternehmen von Schulze-Delitzsch erstrebte er mit Hilfe der Staatsgewalt die Einrichtung von Produktivverbnden, in denen die Arbeiter zugleich die Unternehmer seien. Dieses Ziel gedachte er auf gesetzlichem Wege zu erreichen durch Einfhrung des allgemeinen gleichen und direkten Wahlrechts, wie es die Reichsverfassung vom Jahre 1871 wirklich brachte, und eine gengende Vertretung der Jnter-essen des deutschen Arbeiterstandes. Seine Bestrebungen erhob der am 23. Mar 1863 zu Leipzig gegrndete Allgemeine deutsche Arbeiterverein", der ihn zum Prsidenten whlte, zum Programme. Der Eisen ach er Zweig des internationalen Arbeitervereins (1869) schritt auf der betretenen