Dorwort.
Bei Abfassung und Beurtheilung eines Lehrbuchs ist zunächst der
Standpunkt ins Auge zu fassen, von welchem aus die speciellen Zwecke,
Aufgaben und Ziele derjenigen Lehranstalten, für welche es bestimmt ist,
zu übersehen und zu erkennen sind. Diesen Standpilnkt habe ich in meinem
vor einem Jahre in demselben Verlag erschienenen und mit Beifall auf-
genommenen „Lehrbuch der deutschen Sprache, enthaltend eine systematische
Grammatik mit classischen Beispielen und practischen Uebungsaufgaben an
realen Sprachftücken h." genau umschrieben. Ich komme also hier nicht
wieder darauf zurück. Daß ich aber schon nach Jahresfrist eine neue
Schrift, das vorliegende Lehrbuch der Erdkunde, erscheinen lasse,
darf nicht die irrthümliche Meinung erwecken wollen, als ob dieses Buch
in dieser Zeit erst geschassen worden wäre; es ist schon seit mehreren
Jahren in seinen einzelnen Theilen vorhanden gewesen, als Präparationen
für den Unterricht, nach den besten Hilfsmitteln und Lehrbüchern, als
Ergänzungen und Berichtigungen zur geographischen Wissenschaft rc. Zwischen
beiden erwähnten Lehrbüchern besteht nicht nur eine Uebereinstimmung des
Planes, sondern auch der äußern Gliederung, die für den Lernenden nur
nutzbringend und wünschenswerth sein kann.
Die ersten Theile des geographischen Lehrbuchs, die mathematische
und physikalische, oder die allgemeine Geographie, sind hier
nur in ihren Grundlehren behandelt worden, dagegen die politische
Geographie, die auf der Grundlage jener beruht, in größerer Ausführ-
lichkeit, mit Hervorhebung des Kaufmännischen und Volkswirthschaft-
lichen, als z. B. der Ein- und Ausfuhr, Ausfuhrprodukte, Staats-
schulden, Handelsflotte u. s. w., sowie sie der Zweck der realen Bildung
bei angehenden Kaufleuten und Industriellen nöthig macht. Dabei ist
aber das wissenschaftliche Princip des erdkundlichen Unterrichts nicht zurück-
gestellt worden, das die Erde als die Entwickelungsstätte der Menschheit,
den Fortschritt der Cultur als das Werk freier Geiftesthat inmitten des
natürlich Gegebenen, des geschichtlich Gewordenen auffaßt; das Natur und
Gejchichte, Land und Volk, die Gliederungs- und Naturverhältnisse der
Erdoberfläche und den Entwickelungsgang der Menschheit als Warum und
Weil aufzeigt. Das Volks- und Staatsleben ist streng gebunden an die
Gesetze der Natur, an Abstammung, an Boden und Klima, an die welt-
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TM Hauptwörter (100): [T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T66: [Geschichte Iii Vgl Nr. Aufl Gesch Lesebuch Bild fig deutsch]]
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Iv
Vorwort.
geschichtliche Vergangenheit und Gegenwart der Menschheit in der Con-
tinuität ihrer räumlich-zeitlichen Entfaltung als einer organischen Einheit
in des Wortes höchster Bedeutung. So wie der Geschichtsunterricht seinen
Zweck verfehlen würde, wenn er blos in Mittheilungen über Krieg und
Schlachten, Entstehung und Untergang von Reichen, Namen und Zahlen
u. s. w. bestünde und nicht zuni Verständniß der historisch gewordenen
Verhältnisse führte: so auch der geographische Unterricht, wenn er nur
möglichst viele Namen für Berge und Flüsse, Länder und Städte u. s. w.
geben und nicht zu der Erkenntniß führen würde, daß die natürlichen
Dinge nur die Bedingungen des über die Erde verbreiteten Lebens sind,
dessen höchste Thätigkeit sich im Menschen vollzieht.
Um nun aber auch zugleich neben der gemessenen Systematik eine
gewisse Fülle im Detail oder richtiger das Element der Beschreibung und
Schilderung zu geben, sind an geeigneten Stellen im Lehrbuche Bilder
und Skizzen, nach den vorzüglichsten Darstellern, wenn auch nur in
kleinern Rahmen und mäßiger Ausdehnung, eingefügt worden, damit der
Lernende Muster vor sich habe, nach welchen er seine erworbenen geographischen
Kenntnisse in fließender Rede mündlich und schriftlich zur Aufsatzform zu
gestalten vermöge; denn jegliches Verständniß beruht darin, daß man das
Ganze in seinen Theilen, das Allgemeine im Besondern, und umgekehrt,
richtig schaut.
Es bedarf schließlich wohl kaum noch der Erwähnung, daß der
geographische Unterricht, der in seinen Elementen Anschauungsunterricht
ist, ohne Kartenwerke, Abbildungen und Modelle und bildliche Erläute-
rung des Vortrags nicht ertheilt werden darf.
Möge denn auch dieses Lehrmittel eine wohlwollende Aufnahme finden.
Leipzig, im Monat August 1870.
Dr. H. Th. Traut.
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4
Der Sternenhimmel.
annahm und weiter ausbildete, gezwungen wurde, öffentlich die Bewegung
der Erde zu widerrufen, da das ganze System in wörtlichem Widerspruche
mit einigen Stellen der heiligen Schrift steht.
3. Da trat der große Kepler auf, der 1571 zu Weil in
Würtemberg geboren war, und indem er alles seither Bekannte und
namentlich die von seinem Zeitgenossen Tycho de Brahe (gest. 1601)
gemachten vortrefflichen Beobachtungen zu Hilfe nahm, entwickelte er jene
ewig denkwürdigen Gesetze, die sein Verdienst unübertroffen und seinen
Namen unsterblich machen. Kepler's Gesetze bestehen in folgendem:
a) Die Bahnen der Planeten sind Ellipsen, die einen Brennpunkt
gemeinschaftlich haben, in welchem sich die Sonne befindet.
b) Jeder Planet beschreibt in gleichen Zeiten gleiche Flächenräume.
c) Die Ouadratzahlen der Umlaufszeiten von je zwei Planeten ver-
halten sich zu einander, wie die Kubikzahlen der mittleren Ent-
fernungen dieser beiden Planeten von der Sonne.
4. Den Schlußstein der theoretischen Betrachtung des Weltalls
fügte der berühmte Newton (geb. 1642, gest. 1727) hinzu. Von ihm
geht nämlich die Ansicht aus, daß eine Grundursache der Bewegungen
der Himmelskörper in der zwischen denselben stattfindenden reciproken
Anziehung sei, die er Schwere oder Gravitation nannte. (Vergl. § 10,3.)
Er zeigte, daß die Größe dieser Anziehung zunimmt mit der Masse eines
Körpers, und daß sie abnimmt, je weiter die sich anziehenden Körper
von einander entfernt sind.
Nachdem auf diese Weise einmal unumstößliche Gesetze aufgestellt
waren, gelang es nach und nach, manche Unvollkommenheiten, die sich
noch zeigten, zu beseitigen.
§. 2. Scheinbare Bewegung der Gestirne.
1. Sowie die Sonne um die Erde, so scheint sich auch das ganze
Himmelsgewölbe von Osten nach Westen um die Erde zu drehen.
2. Beobachten wir am sternhellen Abend einen Stern am Himmel,
so bemerken wir, daß er sich in Bewegung befindet. Er ist im Osten
hinter der Erde auf- und in südwestlicher Richtung emporgestiegen, bis
er seine höchste Höhe am Himmel, seinen Kulminationspunkt,
erreicht hat. Dann neigt er sich abwärts nach Westen in nordwestlicher
Richtung, bis er endlich hinter der Erde wieder verschwindet. In circa
12 Stunden hat der Stern diesen Weg vollendet und seinen Tagbogen
beschrieben. Nun beschreibt er in derselben Zeitdauer seinen Nachtbogen,
der unserm Auge selbstverständlich unsichtbar bleibt, und erscheint am
folgenden Abende an demselben Orte, um aufs neue ziemlich um dieselbe
Zeit im Osten wieder aufzugehen.
3. Beobachten wir weiter einen andern Stern, der nach Süden zu
seinen Aufgang nimmt, so bemerken wir, daß sein Tagbogen kleiner und
er in weniger als 12 Stunden im Westen (am westlichen Horizonte)
angekommen ist. Seine Bahn ist kleiner als ein Halbkreis. Je weiter
überhaupt ein Stern nach Süden zu aufgeht, desto kleiner wird sein
Tagbogen, so daß endlich die südlichsten Sterne kaum eine Stunde lang
an dem uns sichtbaren Himmel verweilen.
4. Anders verhält sichs mit den Sternen, die wir weiter nördlich
am östlichen Horizonte bemerken. Sie beschreiben größere Tagbogen als
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Scheinbare Bewegung der Gestirne.
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ein Halbkreis und verweilen länger über dem Horizonte, und zwar um
so länger, je weiter der Stern nach Norden steht. Endlich erweitert sich
der Tagbogen dieser Sterne zu einem ganzen Kreise. Die nördlichen
Sterne gehen nicht mehr auf und unter und beschreiben vollkommene
Kreise am Himmel. Der nördlichste Stern, der Polarstern, steht
scheinbar still, da er die kleinste Bahn beschreibt. Diesen gleichsam
feststehenden Punkt am Himmel nennt man den Nordpol.
5. Dieselbe Erscheinung zeigt sich auch am südlichen Himmel
dem, der weiter nach Süden reist. Die nördlichen Sterne verschwinden
ihm immer mehr und mehr, während ihm die südlichen, die wir bei uns
gar nicht sehen, auftauchen. Die Tagbogen dieser Sterne werden immer
größer, endlich vollkommene Kreise, und die südlichen Sterne gehen für
ihn nicht mehr auf und unter. Der südlichste Punkt am Himmel wird
der Südpol des Himmels genannt.
6. Eine gerade Linie vom Nordpole des Himmels bis zum Süd-
pole desselben gezogen, die also auch mitten durch den Erdball geht, heißt
Himmelsachse; ein Theilchen davon ist die Erdachse, welche mit
der Erdbahn einen Winkel von 23 Vr0 bildet. Um die Himmelsachse
bewegen sich nun in circa 24 Stunden die Gestirne. Die Sterne in
der Nähe des Nordpols bewegen sich in kleinen Kreisen; nach der Mitte
der Himmelsachse zu werden die Kreise immer größer, bis die Sterne
im Aequator des Himmels (= der größte árete, der in allen
seinen Punkten gleich weit vom Nord- und Südpole entfernt ist) die
größten Kreise beschreiben; nach dem Südpole zu werden die Kreise
wieder kleiner und kleiner.
An merk. 1. Die Bahnen der Sterne liegen parallel neben einander, und
diejenigen Sterne, die in der Nähe der Pole in derselben Zeit kleine Kreise beschreiben,
in welcher die Sterne am Himmelsäquator große zurücklegen, sind daher in ihrer
Bewegung langsamer als jene.
Daraus folgt auch, daß diese Gestirne ihre Entfernung und Richtung zu ein-
ander nicht verändern.
Anmerk. 2. Solche Sterne, die ihre Stellung zu einander beibehalten, heißen
Fixsterne; sie ermöglichen die Eintheilung der Sterne in gewisse Gruppen, Stern-
bilder genannt (vergl. § 4).
Andere Sterne verändern ihre Entfernung und Stellung zu einander und unter-
scheiden sich also von den Fixsternen (vergl. H§. 6, 7 ff.).
tz. 3. Fixsterne.
1. Alle Sterne, die wir außer den Planeten und Kometen am
Himmel erblicken, sind Fixsterne.
Anmerk. Doppelsterne sind Fixsterne, die durch stark vergrößernde Fern-
röhre gesehen, doppelt und mehrfach erscheinen und um einen gemeinschaftlichen Schwer-
punkt kreisen. Man kennt ca. 6000 Doppelfterne (vergl. auch §.5).
2. Die scheinbare Größe der Fixsterne ist sehr verschieden. Während
einige prachtvoll vor allen übrigen hervorblitzen und funkeln, werden andere
kaum als leuchtende Pünktchen bemerkbar. Man unterscheidet hiernach
6 Classen von Sternen für das unbewaffnete Auge, nämlich 18 Sterne
erster Größe, 60 zweiter Größe, 200 dritter Größe, 380
vierter Größe und je 2500 fünfter und sechster Größe. (Vergl.
§• 4, 3 ff.) Mittels des Fernrohrs hat man 70,000 Sterne gezählt;
allein nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung mag die Anzahl der Sterne
des Weltraumes 273 Millionen, ja selbst 500,000 Millionen betragen.
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6
Der Sternenhimmel.
3. Die Fixsterne erscheinen selbst durch die stärksten vergrößernden
Teleskope unverändert als kleine leuchtende Punkte. Dies läßt aus eine
außerordentliche Entfernung derselben schließen, ebenso der Umstand, daß
zwei einander nahe stehende Fixsterne nur stets in derselben gegenseitigen
Entfernung (vergl. § 2, 6, Anmerk. 1) bemerkt werden, von welchem Stand-
punkte der Erdbahn aus wir dieselben auch erblicken mögen.
Obwohl die entferntesten Punkte der Erdbahn 42 Millionen Meilen
weit von einander liegen, so ist es nur bei einigen wenigen Fixsternen
möglich, mit Sicherheit eine kleine Parallaxe zu bestimmen, d. i. den
Sehwinkel, in welchem einem in dem Fixsterne befindlichen Auge der
21 Millionen große Halbmesser der Erdbahn erscheinen würde. Man
hat indeß bis jetzt mit Sicherheit noch keine Parallaxe ermittelt, die
größer als eine Secunde ist. Die Fixsternparallaxe hat man bei dem
Sirius % Secunde, bei dem Stern 61 im Sternbilde des Schwans
0,3i36 Sec. und bei einem Sterne in den Centauren 1 Sec. groß gefunden.
Nun beträgt aber die mittlere Entfernung des Fixsterns 61 des Schwans
von der Sonne nahe 13,502,000 Millionen Meilen. Die Zeit, welche
das Licht mit seiner Geschwindigkeit von 42,000 Meilen pr. Secunde
braucht, um diese Entfernung zu durchlaufen, ist 10,z Jahre. Wenn
ein Dampfwagen täglich 200 Meilen zurücklegt, so würde er beinahe
200 Millionen Jahre brauchen, um bis zu jenem Sterne zu gelangen.
Es ist daher mit Grund angenommen, daß, da man eine Parallaxe, die
größer als 1 Secunde ist, nicht ausfindig hat machen können, selbst die
uns nächsten Fixsterne nicht weniger als 4 Billionen Meilen, oder
200,000 mal weiter von der Erde entfernt sind, als die Sonne, bis zu
welcher man 20 Millionen Meilen zählt.
An merk. Natürlich müssen Körper, die in so riesigen Entfernungen noch für
uns sichtbar sind, eine beträchtliche Größe haben, und wir sind zu der Annahme
berechtigt, daß kein Fixstern der Sonne an Größe nachsteht, ja daß die meisten der-
selben um vieles größer sind als diese.
§. 4. Sternbilder der Ekliptik.
1. Der Raum nördlich und südlich des Himmelsäquators (vergl.
§ 2,6) zwischen den beiden Wendekreisen (vergl. § 21) bildet einen 47°
breiten Gürtel am Himmelsgewölbe. Die Sonne scheint sich nun stets
an diesem Gürtel zu bewegen; dies kommt daher, daß die Erde innerhalb
desselben, von der Sonne aus betrachtet, ihre Bahn beschreibt. Von
allen Himmelskreisen ist der hier bezeichnete, die Ekliptik genannt, der
einzige, welchen wir durch eine Reihe von 12 Sternbildern wirklich
an den Himmel gezeichnet sehen.
2. Die Ekliptik schneidet den Aequator in einem Winkels von
23»/,« an zwei Punkten, und es liegt daher deren eine Hälfte auf der
nördlichen, die andere auf der südlichen Halbkugel des Himmels. Wir
unterscheiden hiernach nördliche und südliche Sternbilder.
Die Namen der nördlichen Sternbilder sind: Widder, Stier,
Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau; die Namen der südlichen: Waage,
Scorpion, Schütze, Steinbock, Wasserinann, Fische.
Weil die meisten dieser Sternbilder nach Thieren benannt sind,
heißt der schräge Bogen, worin sie liegen, der Thicrkreis oder
Zodiacus.
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Sternbilder der Ekliptik.
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Anmerk. Vor etwa 3000 Jahren, wo der Tbierkreis bereits angenommen war,
war die Stellung der Erde so, daß die Sonne mit Eintritt des Frühlings das Stern-
bild Widder berührte. Inzwischen hat sich das in Folge einer langsam rückwärts
gehenden Verschiebung der Knotenpunkte der Ekliptik und deö Aequators, Prä-
cision genannt, geändert, und die Sonne steht jetzt im Frühling um ein Bild
zurück, also in den Fischen. Man sagt indeß noch immer: Die Sonne tritt im
Frühling in den Widder oder in das Zeichen des Widders u.s. w. Die Zeichen also
und die Bilder selbst sind nicht mehr übereinstimmend.
3. Der Widder läßt hauptsächlich drei Sterne unterscheiden,
worunter der hellste von zweiter Größe ist.
Hierauf folgt der Stier, unter dem Perseus und dem Fuhrmann
und kenntlich an dem V, das eine Gruppe von vier Sternen an fctuent
Kopfe bilden, welche die Hyaden oder das Regengeftirn heißen. Der
Stern erster Große an dem obern Ende des V ist der Aldebaran.
Auf dem Rücken des Stiers sieht man die Plejaden, auch Siebengestirn
genannt.
4. Bei den Zwillingen erreicht die Ekliptik ihre größte nördliche
Höhe. Wir sehen zwei helle Sterne, Kastor und Pollux, von zweiter
Größe, an den Häuptern des Sternbildes, und vier Sterne dritter
Größe an den Füßen.
Diese Region des Himmels erhält einen vorzüglichen Glanz durch
mehrere Sternbilder, von welchen der Orion das prachtvollste ist. Be-
sonders fallen zwei Sterne erster Größe desselben in die Augen, nämlich
Beteigeuze und der Rigel. Zwischen beiden der Iakobstab. Beteigeuze
bildet mit zwei andern Sternen erster Größe ein regelmäßiges Dreieck,
nämlich mit Procyon aus dem Kleinen Hund und mit Sirius am Kopse
des Großen Hundes stehend, daher auch Hundsstern genannt.
An merk. Den Hundsstern sieht man während der deshalb so genannten
Hundstage mit der Sonne auf- und untergehen.
5. Die Ekliptik neigt sich nun vom unscheinbaren Sternbild des
Krebses zum Löweu, kenntlich durch vier Hauptfterue, worunter
Regulus als Stern erster Größe sich auszeichnet. Dann folgt die
Jungfrau mit fünf Sternen, worunter die Spica als Stern erster
Größe glänzt.
6. Hier schneidet die Ekliptik abermals den Aequator, und wir
treffen unter den südlichen Sternbildern zuerst die Waage mit vier
Sternen. Im S cor Pion glänzt Antares als Stern erster Größe,
worauf der S ch ü tz e folgt.' Die Ekliptik hat hier ihren südlichsten
Punkt erreicht und nach dem Aequator aufsteigend erreicht sie den
Steinbock, dann den Wassermann und schließt in den Fischen,
welches Sternbild sich unter dem Pegasus befindet.
An merk. Außer den hier aufgeführten Sternbildern der Ekliptik unterscheidet
man die Sternbilder der Alten: Cassiopeia, Andromeda, Perseus, Fuhrmann,
Herkules, Centaur, Argo, Arion u. s.w. — und die neuern Sternbilder: Renn-
thier, Einhorn, Eidechje, Taube, Herschel'sches Teleskop, Mikroscop, Sextant, Cerberus,
Indianer u. s. w.
§. 5. Milchstraße und Nebelflecken.
1. Die Sterne stehen am Himmel bald dünner, bald dichter bei
einander. Allbekannt ist der helle Streifen von Sternen, der sich über
den ganzen Himmel hinwegzieht und Milchstraße genannt wird. Dieser
lichte Streifen enthält Millionen von Sternen. Man nimmt an, daß
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8
Der Sternenhimmel.
die Sterne der Milchstraße einen zusammengehörigen Sternhaufen — em
Milchstraßensystem — im Weltall bilden. Auch unsere Sonne und
alle die Sterne, die wir am Himmel erblicken, gehören zu demselben.
2. Mittels Fernröhre bemerken wir auch im Weltraum lichte
Wölkchen, die man Nebelflecke nennt. Sie sind von einander ver-
schieden. Einige lassen sich in Sterne auflösen, andere lassen sich nur
als schimmernde Lichtpünktchen erkennen. Herschel fand oft 8 bis 10,000
Sterne auf einen Raum zusammengedrängt, der noch nicht ein Viertel
der Vollmondsfläche beträgt. Die größere Anzahl der Nebelflecke bleibt
aber mit den stärksten Fernröhren nock unauflösbar.
§. 6. Planeten.
1. Während die meisten Sterne nur die tägliche scheinbare Be-
wegung um die Erde machen und immer in gleicher Entfernung von
einander und in gleicher Stellung zu einander'verbleiben (vergl. tz 2),
verändern andere fortwährend ihre Stellung zu deu Fixsternen. Das
sind besonders die Wandelsterne oder Planeten. Faßt man die-
selben durch das Fernrohr ins Auge, so erscheinen sie als meßbare
Scheiben mit ruhigem Licht, welches nicht von ihnen selbst ausgeht,
sondern Sonnenlicht ist, das sie zurückwerfen.
Sie unterscheiden sich hierdurch wesentlich von den Fixsternen, die
auch in der stärksten Vergrößerung doch nur unmeßbar kleine Lichtpunkte
bleiben und als selbstleuchtende Sonnen ungeheure Entfernungen haben.
Die Planeten befinden sich dagegen tn verhältnißmäßig geringer
Entfernung von der Erde und ihre Anzahl scheint gering im Verhältniß
zu den, Flmmheere. ‘ * '
2. Was nun die Bewegung der Planeten betrifft, so ist diese
am Himmel innerhalb einer Grenze beschränkt, die im §. 4 als Thierkreis
oder Zodiacus bezeichnet worden ist. Aber ihr Weg ist ganz verschieden
von denen der Sonne und des Mondes. Denn während diese Gestirne
in stets gleichen Bogen in bestimmten Zeiten von einem Sternbilde von
Westen nach Osten fortrücken, bis sie einen ganzen Kreis am Himmel
beschrieben haben (vergl. § 2), sehen wir einen Planeten z. B. eine Zeit
lang rasch fortschreiten, dann langsam, endlich steht er still, geht von da
an rückwärts und beschreibt von neuem eine unregelmäßige Linie.
Die Sonne ist nicht allein der anziehende Punkt für unsere Erde,
sondern noch für eine große Anzahl anderer Himmelskörper, nämlich
zunächst für die Planeten, in welche wir die Erde selbst einreihen müssen.
Darin liegt auch die Erklärung zur obigen Beobachtung.
3. Die Planeten unterscheidenmch von einander in ihrer Größe,
Entfernung von der Sonne, Geschwindigkeit; dagegen stimmen sie alle
überein in Gestalt, Mangel an eignem Licht und in den elliptischen
Bahnen um die Sonne. Auch hat man eine Axendrehung bei ihnen
beobachtet.
4. Die beiden unteren Planeten, Mercur und Venus, sieht
man immer nur in der Nähe der Sonne, entweder vor Sonnenaufgang
im Osten, oder nach Sonnenuntergang im Westen. Beide Planeten,
und besonders die Venus („der Morgen- und Abendstern") erinnern
hinsichtlich der wechselnden Gestalten (Phasen) an den Mond, namentlich
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Der Sternenhimmel.
4. Ob sie ihr Licht von der Sonne erhalten oder eigenes haben,
oder ob beides zugleich stattfindet, ist noch nicht erwiesen, wenngleich die
meiste Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß sie eigenes Licht haben.
5. Die Bahnen, in welchen sich die Kometen bewegen, sind krumm-
lienig (Curven); ob sich alle in Ellipsen bewegen, ist ungewiß. Ihre
Umlaufszeit dauert meist sehr lange, und namentlich einige der schönsten
Kometen, wie die von 1680, von 181! u. a. sollen erst nach 1500 bis
8000 Jahren wiederkehren.
Anmerk. Der große Komet von 1811 ist etwa zur Zeit des Trojanischen
Krieges zum vorletzten male erschienen; 4700 wird er vielleicht wiederkehren.
Das Copernicanische Weltsystem.
Die wissenschaftliche Revolution, deren Urheber Nicolaus Copernicus
war, hat das seltene Glück gehabt (eine kurze rückschreitende Bewegung der
Tychonischen Hypothese abgerechnet) ununterbrochen zum Ziele, zur Entdeckung
des wahren Weltbaues zu führen. Die reiche Fülle genauer Beobachtungen,
welche der eifernde Gegner selbst, Tycho de Brahe, lieferte, begründete die
Entdeckung der ewigen Gesetze planetarischcr Bewegung, die Kepler's Namen
einen unsterblichen Ruhm bereiteten und von Newton gedeutet, theoretisch
als nothwendig erwiesen, in das Lichtreich des Gedankens, eines denkenden
Erkennens der Natur, übertragen wurden. Man hat mit Scharfsinn, aber
vielleicht mit zu schwacher Bezeichnung des freien, selbständig die Gravitations-
Theorie schaffenden Geistes gesagt: „Kepler schrieb ein Gesetzbuch, Newton
den Geist der Gesetze".
Die sinnbildlichen dichterischen Mythen pythagorischer und platonischer
Weltgemälde, wandelbar wie die Phantasie, die sie erzeugt, fanden theilweise
noch ihren Reflex in Kepler; sie erwärmten und erheiterten sein oft getrübtes
Gemüth; aber sie lenkten nicht ab von der ernsten Bahn, die er verfolgte
und an deren Ziel er gelangte zwölf Jahre vor seinem Tode in der denk-
würdigen Nacht des 15. Mai 1618. Copernicus hatte durch die tägliche
Rotation der Erde um ihre Achse eine genügende Erklärung der scheinbaren
Umwälzung des Fixsternhimmels und durch die jährliche Bewegung um die
Sonne eine eben so vollkommene Auslösung der auffallendsten Bewegungen
der Planeten gegeben.
Der gleiche Abstand, in welchem die Sterne von einander bleiben, indem
das ganze Himmelsgewölbe sich von Osten nach Westen bewegt, hatte zu der
Vorstellung eines Firmaments, einer soliden krystallenen Sphäre geführt, an
welche sich Anaximenes (vielleicht nicht viel jünger als Pythagoras) die
Sterne wie Nägel angeheftet dachte. Tycho de Brahe rühmt sich ausdrücklich
des Verdienstes, durch seine Betrachtungen über die Kometenbahnen zuerst
die Unmöglichkeit solider Sphären erwiesen, das künstliche Gerüst derselben
zertrümmert zu haben. Er füllte den freien Himmelsraum mit Luft.
Die große Entdeckung Kepler's, daß alle Planeten sich in Ellipsen um
die Sonne bewegen und daß die Sonne in dem einen Brennpunkt dieser
Ellipsen liegt, hat endlich das ursprüngliche copernicanische System von den
excentrischen Kreisen befreit. Der planetarische Weltbau erschien nun objectiv,
gleichsam architectonisch, in seiner einfachen Größe, aber das Spiel und der
Zusammenhang der innern, treibenden und erhaltenden Kräfte wurde erst von
Jsaae Newton enthüllt. Wie man schon oft in der Geschichte der allmählichen
Entwickelung des menschlichen Wissens bemerkt hat, daß wichtige, aber scheinbar
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Extrahierte Personennamen: Nicolaus_Copernicus Newton Newton Copernicus Jsaae_Newton
Mond, Erde und Sonne.
u
zufällige Entdeckungen, wie das Auftreten großer Geister sich in einen kurzen
Zeitraum zusammendrängen, so sehen wir diese Erscheinung aus die auf-
fallendste Weise in dem ersten Decennium des 17. Jahrhunderts wiederholt.
Tycho, der Gründer der neuern messenden Astronomie, Kepler, Galilei und
Bacon von Verulam, sind Zeitgenossen. Alle, außer Tycho, haben in
reifen Jahren noch die Arbeiten von Descartes und Fermat erlebt. So
verbreitete sich das Wissen über" die wichtigsten Gegenstände der Erscheinungs-
welt in den himmlischen Räumen, wie über die Art, durch Erfindung neuer
Organe, diese Gegenstände zu erfassen, in dem kurzen Zeitraume der ersten
10 bis 12 Jahre eines mit Galilei und Kepler anbrechenden, mit Newton
und Leibnitz endenden Jahrhunderts.
Die zufällige Erfindung der raumdurchdringenden Kraft der Fernröhre
wurde zuerst in Holland, wahrscheinlich schon in den letzten Monaten des
Jahres 1608 bekannt. Als die Nachricht von der in Holland gemachten
Erfindung des telescopischen Sehens im Mai 1609 sich nach Venedig ver-
breitete, wo Galilei zufällig anwesend war, errieth dieser das Wesentliche der
Construction eines Fernrohrs und brachte sogleich das seinige in Padua zu
Stande. Er richtete dasselbe zuerst auf die Gebirgslandschaften des Mondes,
er durchforschte die Gruppe der Plejaden, die Milchstraße und die Stern-
gruppe im Kopf des Orion. Dann folgten schnell hintereinander die großen
Entdeckungen der vier Trabanten des Jupiter, der zwei Handhaben
des Saturn (seine undeutlich gesehene, nicht erkannte Ringumgebung), der
Sonnenslecken und der sichelförmigen Gestalt der Venus.
Die Bekanntschaft mit dem Satelliten-System des Jupiter und die mit
den Phasen der Venus haben den wesentlichsten Einfluß aus die Befestigung
und Verbreitung des Copernicanischen Systems gehabt. Auf die Entdeckung
der Nebenplaneten des Jupiter folgte bald die Beobachtung der sogenannten
Dreigestaltung des Saturn. Schon im November 1610 meldete Galilei
dem Kepler, daß „der Saturn aus drei Sternen bestehe, die sich gegenseitig
berühren
Die vielen dem Auge sichtbaren Kometen von 1577 an bis zu der
Erscheinung des Halley'schen Kometen 1607 (acht an der Zahl) regte zu
Speculationen über die Entstehung dieser Weltkörper an.
(Nach dem „Kosmos v. Humboldt". Cotta'sche Ausgabe,
zweiter Band, S. 350 ff.)
§. 8. Mond, Erde und Sonne.
1. Der Mond ist für uns der nächste von allen Himmelskörpern,
deshalb erscheint er uns größer als irgend ein Stern. Seine Entfernung
von der Erde beträgt 50,000 Meilen.
2. Der Mond bewegt sich in 27 Tagen 7 Stunden 43 Minuten
von Westen nach Osten um die Erde und in umgekehrter Ordnung
um sich selbst.
Bei seiner Bewegung um die Erde bleibt er aber nicht in gleicher
Entfernung zu den übrigen Sternen, sondern bleibt hinter ihnen nach
Osten zu zurück. Er bewegt sich scheinbar langsamer um die Erde, so
daß wenn die Sterne 29 mal um die Erde gelaufen sind, er erst 28 mal
diesen Weg gemacht hat. Nach dieser Zeit steht er wieder bei denselben
Sternen; man nennt diese Zeit einen siderischen Monat.
In dieselbe Stellung zur Sonne ist er aber in dieser Zeit noch
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Extrahierte Personennamen: Bacon_von_Verulam Descartes Newton Leibnitz
Extrahierte Ortsnamen: Holland Holland Venedig Padua