Geschichte der Welt
vor Christus.
I. Die Urzeit und die ältesten Völker.
1. Daö früheste Menschengeschlecht.
(1. Mos. 1-11.)
1. Das erste Menschenpaar.
§. 1. „Jm Anfang schuf Gott Himmel und Erde" oder die
unsichtbare und die sichtbare Welt.
Unter den Geschöpfen der sichtbaren Welt zeichnete Gott
Adam, den ersten Menschen, dadurch aus, daß er ihn
nach Seinem Bilde mit vollkommener Gerechtigkeit und
Heiligkeit schuf, ihn zum Herrn der Erde bestimmte und in
den Genuß eines nach Leib, Seele und G e i st vollkom-
menen, seligen Zustandes versetzte. Doch beschränkte er
diesen Genuß durch das Verbot „zu essen vom Baume der
Erkenntniß des Guten und Bösen", und setzte auf die Über-
tretung dieses Verbotes den Tod.
Das Sehnen des Einsamen nach einer Gehülfin stillte
Gott durch die Bildung des Weibes aus der Seite des
Mannes: daher jedes zum andern sich als Hälfte verhalten
und Beide Ein ungetheiltes Ganzes ausmachen sollten.
Aber der „Versucher", die Schlange (Ioh. 8, 44. Off.
12, 9. Off. 20, 2.) beneidete den Menschen um seine Se-
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16 §.5. Die ältesten Staaten des Heidenthums.
Auf die Priesterstaaten dieser Gattung folgen erst die-
jenigen, in welchen der Kriegerstand (einheimisch oder ein-
gedrungen) in einem seiner Häupter den Priesterstand zwang,
die Herrschaft mit ihm zu theilen. Bei diesen wandelte
sich die Hierarchie in eine Despotie um, mußte aber doch von
der Religion den Schein göttlichen Ansehens borgen und der
priesterlichen Macht noch großen Einfluß einräumen. Als
solche priest erliche K r i e g e r st a a t e n des hohen Alter-
thums zeichnen sich besonders aus: der ägyptische, chal-
d ä i sch e, (alt-) assyrische, (alt-) m e d i sch e und (alt-)
persische.
Die Lebenseinrichtung dieser verschiedenen Priesterstaaten
beruhte überall im Grunde auf dem Sterndienste (Sa-
bäismus), und diejenigen, bei welchen derselbe am vorherr-
schendsten war, wie bei dem Zendvolke, den Indern, den
Athiopen, wollten in den innern und äußern Gliederungen
ihres Bestandes das „Abbild himmlischer Ordnung" (d. h.
einer den Gestirnen entnommenen sinnlichen Weltordnung)
darstellen, weil jenes Alterthum in der unwandelbaren
Stetigkeit der Sterne das Vorbild für seine menschlichen
Einrichtungen sah und dieselbe daher durch jene ceremoniellen
Formen nachahmen und einer willkührlichen, das Ganze in
seinen Theilen leicht verrückenden Bewegung Vorbeugen wollte.
Da aber diese menschliche Ordnung ein falsches Bild der
wahren und ewigen Gottesordnung war, so mußte sie allmäh-
lig zu einer, alles freie und gesundeleben erstickenden, bloßen
mechanischen Ordnung werden, deren starres Gesetz keine
wahre Liebe und keine wahre Freiheit kannte und förderte.
Daher suchte am Ende wenigstens die Natur ihre Rechte
geltend zu machen und in den priesterlichen Kriegerstaaten, in
welchen der Sabäismus mehr zurückgedrängt und mit andern
religiösen Vorstellungen vermischt erscheint, sich durch den
weltlichen Despotismus zu einer andern Lebensordnung Bahn
zu brechen, wiewohl alsdann auch dieser, da er auf Willkühr
und Scheinheiligkeit ruhte, ungeachtet seiner größern Lebens-
regung in noch weit tieferes sittliches Verderben hineinführte.
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§. 2. Die Kainiten lind Sethiten.
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Damit aber der Mensch seinen Glaubens- und Hoffnungs-
blick nur vorwärts auf den Erlöser und auf das, durch
denselben in erhöheter Weise wieder zu gewinnende Paradies
richten möchte, so verschloß ihm die Gnadenvorsorge Gottes
den Rückweg in das durch seine Schuld verlorne Paradies,
und nöthigte ihn so, sich der W o h l t h a t der göttlichen
Züchtigung zu überlassen, durch welche seinem Glaubens-
gehorsam der Fluch der Arbeit zum Segen, und jseines
Leibes Tod zum Leben seiner Seele werden sollte.
2. Die Kainiten und Sethiten.
2. 1-!ach der Einrichtung Gottes, „daß (Ap. 17, 26)
von Einem Blute aller Menschen Geschlechter auf dem
ganzen Erdboden" Herkommen sollten, „zeugete Adam einen
Sohn", der jedoch, wie jedes seiner folgenden Kinder, nun
„seinem (des gefallenen Adams) Bilde ähnlich war", während
Eva, „die Mutter der Lebendigen," bei der Geburt jenes
ihres ersten Sohnes Kain glaubte, in ihm den verheißenen
göttlichen Erlöser („t>cu Mann, den Iehovah") geschenkt
erhalten zu haben. Irrte nun freilick/ Eva in der Person,
Weise und Zeit, so irrte sie doch nicht in der Sache, son-
dern gab durch jene Worte zu erkennen, daß sie in Bezug
auf die gottmenschliche Natur des Wiederherstellers der verlor-.
nen Seligkeit die Verheißung Gottes recht verstanden habe.
Zn Kain entwickelte sich der böse Keim zu solcher Stärke,
daß er aus Neid seinen frommen Bruder Abel erschlug.
Weil er aber, ungeachtet der Erkenntniß seiner Sünde, an-
statt Vergebung zu suchen, an Gottes Barmherzigkeit ver-
zweifelt, wird er unstät und flüchtig, und weiter gegen Mor-
gen ziehend, baut er, einzig besorgt um sein Leben, eine Stadt
zu seinem Schutze, und wird der Stammvater einer Nach-
kommenschaft, die von Gott los und abgewendet lebt, obgleich
sie nützliche Erfindungen macht, welche den Men-
schen einen gewissen, jedoch unausreichenden Ersatz für die
verlorenen Güter und Gaben gewähren.
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§. 2. Die Kainiten und Sethiten.
Einer.nämlich von Kains Nachkommen, Lamech, der,
von der ursprünglichen Einrichtung Gottes abweichend, zwei
Frauen nahm, und dadurch der Stifter der Mehrweiberei und
deren Übeln Folgen wurde, erhielt aus dieser Doppelehe
drei Söhne, davon der erste, Jabal, durch die Erfindung
der Zelte der Stammvater der Nomaden oder herumziehen-
den Hirtenvölker wurde, der andere, Iubal, durch die
Erfindung von Tonwerkzeugen der Musik ihren Ursprung
gab, und der dritte Sohn, Thubalkain, der Erfinder
der Metallbearbeitung wurde.
Lange Zeit lebten die Kainiten als „Kinder des Zorns"
für sich abgesondert, und bildeten in ihrer Vereinigung die
in ihnen wohnende Sünde zu immer größerem Verderben aus.
An Abels Statt war dem Adam ein anderer Sohn,
Namens Seth, geboren worden, dessen Nachkommen als
„Kinder Gottes" in den Wegen des Glaubens wandelten
und ein hohes Alter erreichten. Doch mußten schon die
nachfolgenden Stammhäupter in Seths Geschlecht die Ih-
rigen im Festhalten an dem lebendigen Gott und dem ver-
heißenen Erlöser dadurch unterstützen, daß sie „vom Na-
men Gottes predigten."
Wie fest sich aber die Urstammväter an die, beim Sün-
denfall gegebene Verheißung hielten, erhellet aus den Worten,
die der Vater Noah's (des zehnten Urstammvaters von Adam
an) sprach, als ihm dieser sein Sohn geboren ward, in
welchen: er den tröstenden Erlöser vom Erdfluche zu er-
blicken glaubte. War nun zwar Noah nicht dieser Erlöser
und geistliche Neuschöpfer selbst, so sollte er doch durch die
leibliche Rettung des Menschengeschlechts ein Vorbild auf
dessen künftige Erscheinung werden.
/
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§. 6. Das Zendvolk.
Nach der in diesen noch übrigen Zendschriften enthaltenen
Angabe hat das Volk in der ältesten Zeit Eeri geheißen
und ist als ein Nomadenvolk vom asiatischen Hochland aus-
gewandert, um ein milderes Klima zu suchen. Ans seinen
langen Wanderungen gründete es nacheinander verschiedene
Niederlassungen, die es aber, bald durch ein physisches, bald
durch ein sittliches Übel genöthigt, immer wieder verließ.
Aus diesen Aufenthaltsorten entstanden nachher die Städte
Samarkand, Balkh, Herat, Kabul u. a. Endlich
kam ein Theil des Volkes unter seinem Führer D sj e m sch i d
in den Niederungen des Dsjihun zu festem Sitze, während
die andern Stämme dieses Volkes in den Gebirgen und
Steppen jener Länder ihr Nomadenleben fortsetzten (wie z. B.
der Urstamm der Perser und der Meder; s. §. 12 u. §. 13).
Hier nun, in einem, durch Wüsten und Gebirge begränz-
ten fruchtbaren Lande mit ewig heiterm Himmel, an welchem
die Gestirne den hellsten Glanz haben, bildete sich ein in
vier Kasten getheilter P r i e st e r st a a t, der von den Nach-
kommen Dsjemschid's, welcher zugleich König und Ober-
priester war, regiert wurde, und späterhin durch den Streit
zweier Brüder in zwei Reiche, Tura n und Iran, zerfiel,
deren Gränzscheide der Dsjihun war.
Die weisen Lehrer, die in diesem Volke auftraten, und
durch ihre Lehren Religion, Sitte und bürgerliches Recht
gründeten und ordneten, waren zuerst H e o m o oder Hom,
und nachher der schon genannte Z oro áster. Die Zeit, in
welcher Letzterer (unter dem Könige Vistaspa von Iran)
lebte, ist nicht zu bestimmen, geht aber wohl jener voraus,
in der das Volk von den Assyrern unterjocht wurde.
Zoroaster lehrte unter Andern:: die ganze geistige Welt
sei in zwei Reiche, in das Reich des Lichts und in das Reich
der Finsterniß, oder in das Reich der guten und in das
Reich der bösen Geister getheilt, und beide seien beständig
im Kampfe miteinander begriffen; an der Spitze der guten
Geister stehe Ormuzd, an der Spitze der bösen Arihman.
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8 §. 3. Die Sündfluth und die Noachiten.
welche Noah kam, verletzen dessen jüngster Sohn und Enkel
die Ehrfurcht vor ihrem Vater so sehr, daß Noah Ln einen
prophetischen Fluch- und Segensspruch ausbricht, der das
Geschick seiner drei Söhne im Grundzugc verkündigt.
Und wirklich auf H a m' ö und seines Sohnes K a n a-
a n' s Geschlecht kam der Unsegen der Knechtschaft,
theils im leiblichen, theils im geistlichen Sinne, wie ins-
besondere noch an den ursprünglichen Völkern Afrika's
zu ersehen ist; dagegen erhielt sich in Sems Geschlechte,
das in Asien geblieben war, durch einen seiner Stämme
der N a m e d e s w a h r e n G o t t e s; und Japhet's, des
ältesten Sohnes, Geschlecht, das sich zum Theil über Asien,
so wie über ganz Europa ausbreitete, wurde nach langer
Abirrung von Gott in der Folge — als das semitische
Israel die wirkliche Erscheinung des ihm zunächst verheiße-
nen Erlösungsheils nicht erkennen wollte, — in die „Hüt-
ten Sem's" zugelassen, indem Japhet's Geschlecht sowohl
(besonders durch die ihm angehörenden Griechen und Römer)
die Herrschaft über die Länder der (südlichen) Semiten, als
auch zunächst jenes Erlösungsheil überkam.
Lange zwar suchten die neuen Menschen sich beisammen
zu halten, und bauten sich in der Ebene S i n e a r (später-
hin Babylonien und Mesopotamien genannt) eine Stadt
mit hohem Thurm, um im Hinblick auf diesen Mittcl-
punct sich nicht von einander zu verlieren und um sich zu-
gleich in ihrem Stolze einen großen Namen zu machen.
Da aber durch ein ungestörtes Beisammenleben des sich
fort und fort mehrenden Menschengeschlechts, dessen Glieder
sich noch dazu alle einander durch eine und dieselbe Sprache
ungehindert mittheilen konnten, auch die bereits wieder über-
hand genommene Sünde in's Gränzenlose gewachsen wäre:
so trennte Gott, seinem Heilsplane gemäß, die Menschen
durch Scheidung der Sprache in verschiedenredende
Völker, die immer weiter auseinander gehend die Erde,
so wie auf derselben ihre Bestimmung erfüllen sollten, inso-
fern nämlich für jedes Volk in dieser, gegen einander mehr
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Extrahierte Personennamen: Gott
Extrahierte Ortsnamen: Sems Asien Asien Europa Israel Babylonien Mesopotamien
§. 3. Die Noachiten.
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oder weniger abgeschlossenen, auf sich selbst beschränkten Hal-
tung die Aufgabe liegt, zuerst die eigenen Kräfte zu üben
und auszubilden, und dadurch sie zu späterer freier Wieder-
vereinigung mit den andern geschickt zu machen, damit zu-
letzt Eine Heerde unter Einem Hirten werde. '
Aus Iaphet's Geschleckt entstanden die Völker indi-
scher, griechischer, lateinischer, germanischer, slavischer und
verwandter Zunge; aus Scm's Geschlechtc die Völker
chaldäischer, syrischer, hebräischer, arabischer und verwand-
ter Sprache; aus Ham's Geschlechte die Völker kanaani-
tischen, mongolischen, (zum Theil) äthiopischen und ägyp-
tischen, so wie sonst afrikanischen Bluts.
Sämmtliche Sprachen japhetitischen Ursprungs nennt man
auch den indogermanischen S p r a ch st a m m, der sich
von der Südspitze Vorderindiens in nordwestlicher Richtung
bis Island hinzieht, und zu welchem die Vorderindier, die
Perser und alle Europäer (mit Ausnahme der Türken, Un-
garn, Lappen, Finnen und Basken) gehören. Dem semi-
tischen S p r a ch st a m m e gehört das Hebräische, Arabische
und Aramäische an, welches letztere in's Syrische und Chal-
däische zerfällt. Andere Sprachstämme sind der nro n go-
tische, mit dem das Türkische zusammenhängt; der fin-
nische, dem das Ungarische zugehört; der chinesische,
mit dem die hinterindischen Sprachen Zusammenhängen; end-
lich die afrikanischen und amerikanischen Sprachstämme.
So verschieden die Wohnsitze waren, die sie bei ihrem
Weiterwandern wählten oder fanden, so verschieden bildeten
sich auch in größeren Familien und Volksstämmen ihre Lebens-
weisen und Schicksale aus.
Die sich in fruchtbaren Ebenen (wie in Mesopotamien)
oder in Flußthälern (wie am Euphrat, am Ganges,,
am Jordan, am Nil re.) niederließen, fanden sich allmählig
zum A ck e r b a u und zu dem mit ihm verbundenen ruhigen
und bequemen Städteleben mit seinen Gewerben und
Künsten, jo wie zu dem damit verbundenen Land- (Ka-
rawanen-) Handel eingeladen.
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§. 7. Die Inder.
Geschichte theils großartige religiöse Bauwerke, theils eine
reiche alte Literatur vielfache Andeutungen geben.
Zu jenen Bauwerken gehören die unterirdischen Grot-
tentempel mit ihren Bildwerken und Inschriften (z. B.
auf der Insel Elephante im Meerbusen von Bombay,
auf S a l se t t e bei Bombay, und vorzüglich zu E l l o r e
in der Mitte Vorderindiens, wo ein ganzer Porphyrberg
stockwerkartig ausgehöhlt und mit unzähligen, aus Felfen ge-
hauenen Tempeln angefüllt ist, an deren Vollendung Jahr-
hunderte gearbeitet haben); — ferner die über der Erde
in Felsen gehauenen Bauten, besonders die Palast-
und Tempel-Trümmer von Mavalipuram, einer ganz
in Felsen gehauenen Königsstadt auf der Küste Koromandel,
in der Nähe von Madras, die durch ein plötzliches Austreten
des Meeres verödet worden zu seyn scheint; — endlich gewisse
freistehende Pagoden, d. i. dunkle, von Lampen erhellte
Tempel mit mannigfaltigen, zur Bequemlichkeit der Wall-
fahrer eingerichteten Nebengebäuden (wie z.b. diemahadeva-
Pagode zu Benares).
Zu jener Literatur gehören vorzüglich die in der
Sanskritsprache geschriebenen heiligen und profanen Schrift-
werke. Die Sanskrit (deren ältere Mundarten Prakrit
und Pali heißen) ist zwar keine lebende Sprache mehr,
wird aber, wie bei uns das Latein, von den dortigen Priestern
noch heute studiert und verstanden, und hat in ihrem Baue
eine große Vollendung. In ihr sind besonders die vier ältesten
Religionsurkunden der Inder, die Vedas geschrieben, deren
Anlegung neuere Forscher in's 14. Jahrhundert v. Ehr., die
Inder selbst aber in eine noch höhere Zeit verlegen.
Die in diesen heiligen Büchern vorkommenden Gottheiten
sind Naturkräfte, und der ganzen Religion liegen, wie beim
Zendvolke, astronomische und astrologische Ideen zum Grunde.
Das höchste körperlose Urwesen ist Brahma (zu deutsch:
das Große), in welchem alle Dinge, als Ausflüsse von
ihm, ihren Grund und Bestand haben. Als der durch „sich selbst
Seyende" (parsisch: Choda) und nicht Darstellbare tritt er nie
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Extrahierte Ortsnamen: Bombay Bombay Madras Benares Prakrit
§. 4. Die Entstehung des Heidenthums. 11
konnte sich derselbe ihnen so wie früherhin offenbaren:
denn „der natürliche (d. i. der durch die Sünde aus dem
klaren Gotteslichte heraus- und in das trübe Naturlicht ein-
getretene) Mensch vernimmt (aus sich selbst) nichts vom Geiste
Gottes: es ist ihm eine Thorheit, er kann cs nicht erkennen."
Den Sündebehafteten blieb nur noch das allgemeine Ge-
fühl der Abhängigkeit von einem höhern Willen, dessen
sie sich nicht erwehren konnten; ferner eine schwache Erin-
nerung an einen frühern seligen Zustand, den sie sich ver-
geblich zurückwünschten; dabei ein gewisses Schuldbewußt-
seyn, das unaufhörlich nach Versöhnung treibt, und endlich
eine aus dem Gefühl des eigenen, wie des allgemeinen Elends
entspringende Sehnsucht, welche mehr oder minder stark
nach einer endlichen Erlösung verlangt.
Aus einem früher klar erkannten Gott wurde er ihnen
nun immer mehr ein verborgener Gott, den sie zwar in
ihrem Schuldgefühle und in ihrer Hülfsbedürftigkeit suchten,
aber ihn allmählig nicht mehr von seinen geschaffenen Werken
unterscheiden, daher ohne eine höhere Vermittlung nicht mehr
finden konnten. Denn sie verwechselten die Wirkungen Gottes
in der Natur mit Gott selbst, und in der Meinung, Gott
dem Schöpfer zu dienen, dienten sie den höheren oder nie-
deren Geschöpfen seiner sichtbaren oder unsichtbaren Welt.
Und auf diese Weise entstanden ihnen eben so viele Götter,
alö sie göttliche Hauptkräfte in der Natur wirken oder
Kräfte des Geistes Gottes an ihrem Innern sich beur-
kunden fühlten: denn ganz unbezeuget wollte Gott sich an
ihnen keineswegs lassen, und auch ihre Geschicke leitete er
mit seiner Allmachtshand zu einem von ihnen freilich uner-
kannten Ziel.
Getrieben von der unermeßlichen Schuld suchten sie das
Verlangen nach Versöhnung durch selbstersonnene Reinigungs-
und Heiligungsmittel zu stilleu; aber da ihre Gebete,
Büßungen und Opfer mit dem wahren Mittelpunkte des
Heils in gar entfernter und abgeleiteter Beziehung standen,
so konnten sie, als Versuche einer nie möglichen Selbsterlösung,
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n
§. 7. Die Inder.
d L sch e 11 Mythologie, wie sie in der umfangreichen hei-
ligen Literatur der Inder niedergelegt ist. Denn diese umfaßt
außer den vier Veda's noch vierzehn Hauptabtheilungen, in
denen die Schriften über Wissenschaft und Kunst,
namentlich über Medicin, Naturkunde, Astronomie, Mathe-
matik (worin man den Indern das Zehnziffersystem und die
Algebra verdankt), über Kriegswesen, Technik, Grammatik,
Rechtswissenschaft, Philosophie, Musik und Dichtkunst (mit
ihren religiösen Epopäen), also das g e sa m m t e Wissen
der alten Inder enthalten ist. Aus diesen Schriften sind ganz
besonders hervorzuheben die Rechtsgesetze des Manu
(eines Enkels des Brahman), die noch in 12 Büchern vor-
handen sind. Denn nicht bloß aus jenen vier Veda's, sondern
auch aus diesen Manu's-Gesetzen und ihren mythischen Lehren
entwickelte sich eigentlich die ganze indische Bildung mit ihren
reichen Dichtungen, deren auch die spätere profane
Literatur eine große Menge, namentlich in dramatischer
Hinsicht, aufzuweisen hat. Vorzüglich durch die Mitwirkung
dieser Dichtungen, so wie auch überhaupt durch die Aus-
breitung.der Sünde in der sich selbst überlassenen Heiden-
natur, ist die früherhin der Wahrheit einigermaßen näher ge-
standenc Brahmarcligion allmählig bis zu dem verzerrtesten,
übentheucrlichstcn Götzendienst heruntergesunken, wie er uns
noch daselbst vor Augen liegt.
Das religiös-bürgerliche Leben des Inders ruhte,
wie das des Zendvolks, ganz aus astronomischer und astro-
logischer Grundlage, und mit der Sterndeutung insbesondere
war das O r a k e l w e se n verbunden, dessen man sich in
allen Priesterstaaten bediente, um alles dasjenige zu bestimmen,
was nicht durch die heiligen Gesetze vorgesehen war.
Die Staatsverfassung war auf die vierfache
Kasteneinrichtung gegründet. Die Priester, Brahmana's
oder Br am inen (Abkömmlinge von Brahma) genannt,
machten den herrschenden Stand aus, waren die alleinigen
Erklärer der heiligen Schriften und hielten die drei übrigen
Kasten in der strengsten Abhängigkeit. Sie wußten ihre Un-
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TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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