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45071. Teil 3b = 9. Schulj - S. 105

1912 - Halle a.S. : Schroedel
105 40. Die königlich Deutsche Legion. 1. Nach Auflösung der hannoverschen Armee infolge der Konvention von Artlenburg im Jahre 1803 wollte Georg Iii., König von England und Kurfürst von Hannover, seinen Truppen Gelegenheit geben, auch fernerhin gegen Napoleon zu kämpfen. Daher erhielten alle längs der deutschen Küste kreuzenden englischen Schiffe den Befehl, diejenigen hannoverschen Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten, die nach England übersehen wollten, an Bord zu nehmen und in britische Häfen zu bringen. Den in den Dienst Englands eintretenden Truppen wurden besondere Vorteile zugesichert, und die hannoverschen Offiziere verbreiteten die Nachricht davon, wo sie konnten. Bald strömten denn auch die Rekruten in solcher Zahl herbei, daß die Franzosen auf die zunehmende Auswanderung der hannoverschen Truppen aufmerksam wurden. Nun wurde jeder, der andere zum Eintritt in englische Dienste verleitete, mit der Todesstrafe bedroht. Das wurde an drei aufeinander folgenden Sonntagen in allen Kirchen des Landes öffentlich verlesen. Allein es hatte keinen Erfolg. Nicht bloß der gemeine Mann und junge, tatendurstige Offiziere verliehen das Land, sondern auch ältere und erfahrene Männer. Bald waren schon so viel Hannoveraner in England wieder vereinigt, daß man daraus acht Schwadronen Dragoner, mehrere Bataillone Infanterie und zwei Batterien formieren konnte. Das war der Anfang der so berühmt gewordenen Königlich Deutschen Legion. Sie stieg im Laufe der Jahre auf mehr als 12 000 Mann, war also ebenso stark wie die kurhannoversche Armee. 2. Zwölf Jahre hindurch hat die Legion unter den Fahnen Englands in allen Teilen Europas meist siegreich, niemals rühmlos gefochten; zwölf Jahre lang haben die Söhne Hannovers unentwegt gegen die Heere des großen Soldatenkaisers gekämpft. Sie haben Stralsund an der Seite der Schweden gegen die Franzosen verteidigt, waren dabei, als Kopen- hagen zur Kapitulation gezwungen und die dänische Flotte nach England weggeführt wurde; sie nahmen teil an der unglücklichen Expedition nach der Schelde, die Groszbritanien beinahe die Hälfte einer der schönsten Armeen kostete. Sie haben den verlustreichen Rückzug des Generals Sir John Moore nach Corunna gedeckt. Sie haben ruhmvoll an der Seite ihrer britischen Waffengefährten bei Talavera, bei Salamanca, bei Albuera, bei Vittoria und bei Toulouse gefochten und sind an der Spitze der britisch-alliierten Armee triumphierend in Madrid eingezogen. Sie haben die Insel Sizilien siegreich gegen den König Murat verteidigt,

45072. Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1 - S. 435

1911 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
sehen, sie konnte das nicht finden. Sein Kops erschien ihr von schöner Form, der Ausdruck der Gesichtszüge verriet den Denker und den Herrscher; besonders gefiel ihr der lächelnde Mund, und nn der ganzen Erscheinung erkannte sie staunend den Typus der Cäsaren. Ausatmend unter dem unerwartet günstigen Eindrucke, frei und unbefangen trat sie ihm entgegen und ließ sich von ihm in ein Zimmer führen, während der König zurückblieb und sich mit Mnrat unterhielt. Sie sprach ihm ihr Bedauern aus, daß er eine solche Treppe zu ihr habe hinaufsteigen müssen, beklagte mit leiser Ironie für ihn und seine Truppen den Auf- enthalt im nordisch rauhen Preußen. Napoleon, etwas verlegen, wie die Königin bemerken wollte, antwortete mit Komplimenten. Dann, ohne Schwanken, ohne Scheu, kam die Königin rasch ans das, was sie hergeführt hatte. Der Kaiser, so begann sie, habe sie angeklagt, sich zuviel in Politik zu mischen, ein Vorwurf, den sie nicht verdient zu haben meine — Napoleon unterbrach sie mit der Beteuerung, daß er selbst diese Aus- streuungen nicht geglaubt habe — gleichviel, sie wolle ihn aufklären über den Schritt, den sie tue. Als Gattin, die des Königs Besorgnisse und Kummer teile, und als Mutter müsse sie den Augenblick benutzen und freimütig mit ihm sprechen. Sie könne nicht annehmen, daß er seinen Sieg mißbrauchen werde. Napoleon erwiderte, es sei nicht seine Schuld, wenn es zum Äußersten gekommen sei; Preußen habe nach der Schlacht von Auerstädt jedes freundschaftliche Abkommen zurückgewiesen und seine Vorschläge nach Eylau kaum angehört. Die Königin erinnerte mit Recht daran, daß die Friedensverhandlungen nach Auerstädt nicht von Preußen abgebrochen seien, ging aber auf die Erörterung der Vergangenheit nicht weiter ein, sondern wiederholte, daß sie als Mutter zu ihm spreche, der das Schicksal ihrer Kinder am Herzen liege. Auf die Versicherung Napoleons, daß von der Vernichtung Preußens nicht die Rede sei, bemerkte sie: der Friede dürfe aber auch die Vernichtung in Zukunft nicht vorbereiten, Preußen brauche einen erträglichen Frieden. Sie gebe sich keiner Täuschung über die Lage hin und wisse, daß Opfer gebracht werden müßten. Aber man solle doch von Preußen nicht Provinzen trennen, die seit Jahrhunderten dazu gehörten, man solle ihnen nicht Untertanen nehmen, die ihnen wie Lieblingskinder teuer seien. Sie sprach von dem preußischen Volke, das seinem Königshause so rührende Beweise der Anhänglichkeit gebe, und an das sie mit so vielen Banden gekettet sei. Sie bat für die linkselbischen Lande, namentlich für Magdeburg, das ihnen besonders wert sei. Napoleon verwies auf die allgemeinen politischen Kombinationen, die den besonderen Rücksichten oft entgegen- stünden. Dann versuchte er abzulenken. Wie es seine Art war Damen gegenüber, begann er von Toilettefragen zu sprechen, in denen er gern den Kenner zu spielen liebte. „Sie tragen da ein schönes Kleid," bemerkte er. „Wo ist es gearbeitet? in Breslau? Macht man Krepp 28*

45073. Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1 - S. 437

1911 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
können, und daß Königin Luise die berühmte Antwort gab: „Der Ruhm Friedrichs des Großen hat uns über unsere Mittel getauscht." Vor dein Schatten des großen Königs — Talleyrand hat es gesagt — wie klein erschien plötzlich Napoleon! Dem Abendessen folgte eine neue Unter- haltung mit Napoleon, bei der die Königin nochmals ihre Wünsche vortrug, dabei sehr eingehend, vielleicht, wie Prinzessin Luise Radziwill urteilt, zu eingehend die Einzelheiten der schwebenden politischen Fragen erörternd. Sie bat, scheint es, nochmals besonders für Magdeburg, wollte eine Rose, die Napoleon ihr bot, nur mit dem Versprechen der Rückgabe Magdeburgs annehmen. Die Hoffnungsfrende in der Umgebung der Königin stieg höher. Alexander und auch einige Franzosen beglückwünschten das Königspaar zu dem Erfolge, den die Königin errungen. Napoleon selbst sollte zu Alexander mit höchster Anerkennung von der Königin gesprochen haben, von ihrem Geist und ihrem Seelenadel; er wäre geneigt, etwas für sie zu tun: statt ihr eine Krone zu nehmen, wäre man versucht, ihr eine zu Füßen zu legen. Der Königin schien das Ergebnis des Tages in doppelter Hinsicht bedeutungsvoll und vorteilhaft: von Napoleons Per- sönlichkeit und seinem Wesen hatte sie einen nicht ungünstigen Eindruck gewonnen; politisch hielt sie sich zu den besten Erwartungen berechtigt. Schmeichelnde Hvffnungsträume, die nur eine kurze Sommernacht währten! Hatte Napoleon seinerseits eine Enttäuschung erfahren? Scheute er das verabredete zweite Zusammentreffen mit der Königin? Fürchtete er für sich einen Augenblick der Schwäche, die Möglichkeit von Zugeständnissen? Um der Menschheit willen möchte man es glauben, daß auch ein Napoleon den rührenden Bitten einer unglücklichen Königin nachgeben zu müssen besorgte. Am wenigsten wahrscheinlich ist, wenn es auch am preußischen Hofe fast allgemein lind selbst von der Königin geglaubt wurde, daß Talleyrand einen Gesinnungswechsel herbeigeführt habe. Wie dem sei, Napoleon, der mit Rußland znm Einverständnis gelangt war, beschloß, auch mit Preußen ein Ende zu machen. Gleich am nächsten Vormittag, 7. Juli, ließ er den Grafen Goltz rufen, dem er in schneidend harten Worten die Bedingungen ankündigte, unter denen, ohne Aufschub und ohne Verhandlung, der Friede zwischen Frankreich und Preußen geschlossen werden müsse. Was er der Königin gesagt, seien nichts als höfliche Phrasen gewesen; der König danke seine Erhaltung nur Alexander, ohne ihn würde er die Dynastie verjagt und seinen Bruder Jerome znm König von Preußen gemacht haben. Einen Versuch von Goltz, durch Hinweis ans politische Interessen Milderungen zu erlangen, wies Napoleon schroff zurück. „Was hat Ihr Herr," rief er, „in die Wagschale zu legen, was mich veranlassen könnte, ihm bessere Bedingungen zu gewähren? Alle Bande zwischen uns sind zerrissen, ich bediene mich meiner Rechte. Euer König hat mich dazu gezwungen. Die Zeit der Verhandlungen ist vorüber!"

45074. Bd. 3 B = Oberstufe d. Mädchen, (7. - 9. Schulj.) - S. 439

1911 - : Crüwell
439 Der Kaiser: „In Breslau?“ Luise: „Nein, Sire, in Berlin.“ Der Kaiser: „Wird der Krepp in den königlichen Fabriken gemacht ?“ Luise: „Nein, Sire, aber warum sprechen wir in diesem großen Augenblick von Tand und Toiletten! Ew. Majestät sagt mir nicht ein Trostwort über die Angelegenheiten, die mir so teuer sind, die allein mein Herz in diesem Augenblick beschäf- tigen, wo ich hoffe, von Ew. Majestät eine glückliche Existenz zu erhalten für alle, die ich liebe.“ Der Kaiser (etwas in die Enge getrieben): „Aber haben Majestät nicht selbst meine Freundschaft für Preußen zurück- gewiesen ?“ Luise: „Allerdings, ich habe daran in einem Augenblick nicht geglaubt, wo Sie mit England über die Rückgabe von Han- nover verhandelten. Damals habe ich vielleicht zu warm gegen Ihre Interessen und für die des Königs gesprochen.“ Der Kaiser: „Ja, ich weiß, Ew. Majestät haben damals den Irrtum Ihrer Kabinettsräte geteilt. Ich habe nie die Absicht ge- habt, Hannover an England zurückzugeben.“ Luise: „Ich gebe mich keiner Täuschung hin über unsere Lage. Ich weiß, daß wir Opfer bringen müssen, aber wenigstens trenne man von Preußen nicht die Provinzen, die ihm seit Jahr- hunderten angehören, man nehme uns nicht Untertanen, die wir wie Lieblingskinder lieben, und die unter einer andern Herrschaft unglücklich sein würden. Der Krieg ist zu unsern Ungunsten ausgefallen, aber er hat die Anhänglichkeit unsers Volkes an uns nicht vermindert. Ich rufe es selbst als Zeugen auf, und das ist ein großer Trost, der uns bleibt." Der Kaiser: „Majestät, leider stehen die allgemeinen Kom- binationen den besondern Rücksichten oft entgegen.“ Luise: „Davon verstehe ich nichts. Aber ich glaube der Würde einer Frau nichts zu vergeben, wenn ich von dem grau- samen Schmerz des Königs spreche, falls er die ältesten Provin- zen seines Hauses abtreten müßte. Ich kann nicht glauben, daß Standhaftigkeit im Unglück ein Unrecht in Ihren Augen ist. Es kostet Sie nur ein Wort, um einen vernünftigen Frieden zu machen.“ Der Kaiser: „Vous demandez beaucoup, Madame, mais je vous promets de songer.“ Der Kaiser versprach nichts. Aber dennoch glaubte Luise, daß er mit Interesse zuhörte, und sie meinte in seinem Antlitz

45075. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 277

1910 - Dortmund : Crüwell
277 ist als vom Polarkreis, daß es, mit andern Worten, ein Land des kalten gemäßigten Klimas ist. Europa ist aber auch ein völkerreicher Erdteil. Wie liegt nun Deutschland zu den großen Völkergebieten? In Europa liegt nördlich vom 50. Breitengrad eine Gruppe von Ländern mit vorwiegend germanischer Bevölkerung: Großbritannien, die skandinavischen Königreiche, die Niederlande; der weitaus größte Teil von Deutschland gehört zu dieser Gruppe nörd- licher germanischer Staaten. Wie feindlich sich auch Nord- und Südgermanen, Ost- und Westdeutsche manchmal gegen- überstanden, immer bilden sie eine Familie, und so wie ihre Völker stammverwandt sind, können wir ihre Staaten als lage- verwandt bezeichnen. Mit seiner nördlichen Lage erwirbt Deutschland den Vorzug, dem Ausstrahlungsgebiet der stärksten, über die ganze Erde wirksamsten geschichtlichen Kräfte anzugehören, wo die mächtigsten Staaten, die tätigsten und reichsten Völker woh- nen, wo darum auch die meisten Fäden des Weltverkehrs zu- sammenlaufen und die Gewinne des Welthandels sich an- sammeln. Mit seiner Zugehörigkeit zur Alten Welt steht Deutschland in der Reihe der Länder, die als alte den jungen Gebilden des Westerdteils gegenüberstehen. Es trägt daher im Vergleich zu diesen die Merkmale der Reife, aber auch die Zeichen des Alters. Es ist ein Land der alten Geschichte, der geschichtlichen Landschaften, des dichtbesetzten Bodens, zahl- reicher Städte, der starken, ununterbrochenen, längst zur Not- wendigkeit gewordenen Auswanderung. Unzählige Erinne- rungen umweben seine Züge, in denen fast nichts Unorganisches mehr ist; jeder Berg, jeder Fels spricht zu uns und hat aus vergangenen Zeiten zu erzählen. Deutschland ist umgeben von drei Großstaaten: Rußland, Österreich-Ungarn, Frankreich, von drei kleineren Königreichen: Holland, Belgien und Dänemark, und von der Schweiz und Luxemburg. In Freud’ und Leid hat es die Folgen davon zu empfinden gehabt, daß es so das nachbarreichste Land Eu- ropas ist. Im weiten Umkreis Europas gibt es kein Volk, von den Spaniern bis zu den Mongolen und von den Finnen bis zu den Mauren, das sich nicht auf deutschem Boden geschlagen hätte. Und wie zahlreich sind allein seit dem Westfälischen Frieden die Friedenschlüsse, aus denen unser Boden verkleinert hervorging. Die Natur und die Geschichte geben den Bezie-

45076. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 279

1910 - Dortmund : Crüwell
279 Nordfrankreich entsprechen einander in der Zonenlage, daher auch im Klima. Norddeutschland hat nichts Ähnliches in Frankreich, Südfrankreich nichts in Deutschland; Frankreichs Eigentümlichstes liegt also im Süden, Deutschlands im Nor- den. Nordfrankreich wäre dafür Norddeutschland näher gerückt durch das Meer und das gemeinsame Tiefland, wenn nicht Belgien dazwischen läge, dessen ausgezeichnete, tief in der Richtung auf Deutschland einschneidende Scheldebucht den nordwestlich gerichteten Verkehr Deutschlands mächtig an- zieht. Die Linie Berlin—paris schneidet Brüssel. Belgien, überwiegend germanisch, aber leider auch überwiegend fran- zösiert, wird dem deutschen Verkehrsorganismus als Weg zum Meer für dessen gewerbtätigste Provinzen immer enger ange- gliedert, Luxemburg ist durch die Eisenbahnen und indu- striell ein Teil dieses Organismus, was die Zugehörigkeit zum Zollverein verbrieft. Von Aachen bis zum Dollart legen sich die Niederlande vor Deutschland, das sie von den Maas- und von den Rhein- mündungen trennen. Dadurch entsteht Deutschlands unorga- nischste, in jedem Sinne schlechteste Grenzstrecke. Belgien, Luxemburg, die Niederlande sind Stücke des alten Lothringen und des jüngern Burgundischen Reichs, und deshalb sind sie Länder der deutsch-französischen Übergänge, Übergriffe, Kämpfe und Verdrängungen. In dieser Hinsicht haben sie viel Ähn- liches mit Elsaß-Lothringen und der Schweiz. Daß die Schweiz, Belgien und Luxemburg neutrale Staaten sind, macht, daß sie wie große Seen an unserer Grenze liegen. Solange diese Neu- tralität aufrecht erhalten wird, liegt darin eine Verbesserung unserer Lage zu diesen Ländern, die unser Reich wie herab- gefallene Trümmer einen alten Turm umlagern. Als letzten Nachbarn müssen wir Dänemark nennen, das sich unmittelbar nur in einem schmalen Streifen der Cim- brischen Halbinsel mit Deutschland berührt. Der Schwerpunkt Dänemarks liegt aber auf den Inseln, von denen Fünen in Sicht der schleswigisch-jütischen Grenze, Seeland vor dem Ein- gang in die Ostsee, Bornholm der Odermündung gegenüberliegt. Da eine Nachbarschaft immer auch eine lebendige Be- ziehung ist, müssen alle Staaten, die Deutschland umgeben, auf Deutschland wirken, und Deutschland muß mit Gegen- wirkungen antworten. Das ist das Leben, die Größe und die Gefahr eines zentralen Landes. Für Deutschland liegt in seiner mittlern nachbarreichen Lage ebensowohl Schwäche

45077. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 278

1910 - Dortmund : Crüwell
278 hungen Deutschlands zu jedem einzelnen Nachbarn besondere Merkmale und Folgen, die man am besten versteht, wenn man das Zusammenliegen Deutschlands und seiner Nachbarländer in Mitteleuropa betrachtet. Sehen wir zunächst Rußland! Das ist der größte und nach Natur, Geschichte und Zukunft fremdeste Nachbar, den Deutschland hat, denn an der deutschrussischen Grenze stoßen Mittel- und Osteuropa aneinander. Osteuropa ist aber nicht von Asien zu trennen. So spinnen sich durch Rußland die einzigen Fäden unmittelbaren Zusammenhangs von Europa zu seinem großen Nachbarkontinent. Die selbständige Entwick- lung Rußlands hat von Mitteleuropa asiatische Einflüsse abge- halten, und in dieser Beziehung stimmt die geschichtliche Stel- lung Rußlands mit der Österreichs und Ungarns überein. Aber zugleich ist damit auch das Wachstum Deutschlands nach der einzigen Seite gehemmt worden, wo Europa an Weite und Breite, kurz an Wachstumsmöglichkeiten gewinnt. Österreich-Ungarns Lage zu Deutschland ist in manchen Beziehungen der Lage Rußlands ähnlich. Österreich- Ungarn trennt Deutschland vom Orient; während es früher Vormauer war, ist es in der Entwicklung zum Durchgangs- lande schon viel weiter fortgeschritten als Rußland. Aber so wie die Donau Deutschland und Österreich verbindet, sind sie auch in anderer Beziehung aufeinander hingewiesen. Beide liegen in Mitteleuropa, wo ihre heutige Lage die Folge eines bis in die Neuzeit fortgesetzten Ostwachstums deutscher Völker in slawische Gebiete ist. Sie sind im alten und im neuen römischen Reiche beisammen gewesen. Darum ist auch in dem Allianzvertrage von 1879 das feste Zusammenhalten beider Reiche „ähnlich wie in dem früheren Bundes Verhältnis“ aus- gesprochen worden. Während aber Rußland über Deutschland nach Norden hinausragt, bedeutet Österreichs Überragen in süd- licher Richtung die Verbindung mit dem Mittelmeer. In dieser Beziehung gleicht die Nachbarschaft der Schweiz der Lage Österreichs. Beide Länder haben bei ihrer Loslösung aus dem Deutschen Reiche die alte Verbindung Deutschlands mit dem Mittelmeer abgeschnitten, die einst eine Lebensverbindung war. Daher sind sie auch heute die wichtigsten Durchgangsländer für den deutsch-mittelmeerischen Verkehr. Deutschland und Frankreich liegen nebeneinander wie zwei Blätter eines Fächers, dessen Stiel einst beider Alpen- anteile und Burgund gebildet haben. Süddeutschland und

45078. Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.) - S. 434

1910 - Dortmund : Crüwell
434 Der Kaiser (etwas in die Enge getrieben): „Aber haben Majestät nicht selbst meine Freundschaft für Preußen zurück- gewiesen ?“ Luise: „Allerdings, ich habe daran in einem Augenblick nicht geglaubt, wo Sie mit England über die Rückgabe von Han- nover verhandelten. Damals habe ich vielleicht zu warm gegen Ihre Interessen und für die des Königs gesprochen.“ Der Kaiser: „Ja, ich weiß, Ew. Majestät haben damals den Irrtum Ihrer Kabinettsräte geteilt. Ich habe nie die Absicht ge- habt, Hannover an England zurückzugehen." Luise: „Ich gebe mich keiner Täuschung hin über unsere Lage. Ich weiß, daß wir Opfer bringen müssen, aber wenigstens trenne man von Preußen nicht die Provinzen, die ihm seit Jahr- hunderten angehören, man nehme uns nicht Untertanen, die wir wie Lieblingskinder lieben, und die unter einer andern Herrschaft unglücklich sein würden. Der Krieg ist zu unsern Ungunsten ausgefallen, aber er hat die Anhänglichkeit unsers Volkes an uns nicht vermindert. Ich rufe es selbst als Zeugen auf, und das ist ein großer Trost, der uns bleibt." Der Kaiser: „Majestät, leider stehen die allgemeinen Kom- binationen den besondern Rücksichten oft entgegen.“ Luise: „Davon verstehe ich nichts. Aber ich glaube der Würde einer Frau nichts zu vergeben, wenn ich von dem grau- samen Schmerz des Königs spreche, falls er die ältesten Provin- zen seines Hauses abtreten müßte. Ich kann nicht glauben, daß Standhaftigkeit im Unglück ein Unrecht in Ihren Augen ist. Es kostet Sie nur ein Wort, um einen vernünftigen Frieden zu machen." Der Kaiser: „Vous demandez beaucoup, Madame, mais je vous promets de songer." Der Kaiser versprach nichts. Aber dennoch glaubte Luise, daß er mit Interesse zuhörte, und sie meinte in seinem Antlitz etwas von Güte und Freundlichkeit zu lesen, die zu einem Er- folge ihrer Bitten führen könnten. Da trat König Friedrich Wil- helm ein, und die Unterhaltung brach jäh ab. „Ein Seelenerguß gegen einen Fels von Bronze“ hat die Königin später ihre Bitten genannt, aber an jenem Nachmittage hoffte sie — mit Recht, wie es schien. Trügerische Hoffnung! Dem 6. Juli folgte ein siebenter, der alles zunichte machte. Der Kaiser Napoleon ließ früh den
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