7. Der Französische Krieg 1870—1871.
87
November 1869 feierte Frankreich noch einmal einen großen Triumph bei der Eröffnung des Su es kan als, den sein genialer Ingenieur Ferdinand von Lesseps gebaut hatte.
7. Der Französische Krieg 1870—1871.
Veranlassung. Die Franzosen sahen mit Neid auf den Kriegsruhm Preußens. Rache für Sadowa!1) war das Losungswort. Mit diesem suchte die regierende Partei die Unzufriedenheit im Innern abzulenken. Graf Bismarck gab die Bündnisse mit den süddeutschen Staaten bekannt. Zur Leitung des Zollvereins wurde ein Zollparlament eingerichtet, in das die süddeutschen Staaten Vertreter entsandten. Alles dies ließ die Franzosen befürchten, daß der Norddeutsche Bund sich zu einem neuen Deutschen Reich erweitern würde.
Außerdem bestanden Verstimmungen wegen Luxemburg. Von der Zeit her, wo Luxemburg zum aufgelösten Deutschen Bunde gehörte, hatte Preußen dort eine Besatzung. Mit der Auflösung des Bundes 1866 war der Grund hierzu weggefallen, aber der König von Holland, der zugleich Großherzog von Luxemburg war, forderte den Abzug der preußischen Besatzung nicht, und es konnte Preußen nicht gleichgültig sein, wer nach ihm den wichtigen Platz besetzte. Napoleon hatte versucht, von Holland das Großherzogtnm Luxemburg käuflich zu erwerben. Der König von Holland war nicht abgeneigt, falls Preußen keinen Einwand erhebe. Die allgemeine Stimmung in Preußen war aber dagegen. Deshalb zog der König von Holland seine Zusage zurück, und es kam zu einem Vertrage, daß Holland das Großherzogtum behalten, aber die Festungswerke der Stadt Luxemburg schleifen solle. Napoleons Wunsch war nicht erfüllt, Mißstimmung in Frankreich die Folge.
„Die Franzosen sind eine sparsame und arbeitskräftige Nation, mit reichen Gaben aller Art, aber sie sind auch eitel und eifersüchtig und lassen sich von politischen Schreiern und dreisten Journalisten leicht zu hastigen und wilden Entschlüssen fortreißen."2) Die Kriegspartei erneuerte den Ruf: „Rache für Sadowa!" Preußen sollte für feine Erfolge von 1864 und 1866, für die Stiftung des Norddeutschen Bundes und des Zollparlaments gedemütigt werden. Das sind im wesentlichen die innern Gründe des Französischen Krieges; bald fand sich auch eine äußere Veranlassung zur Kriegserklärung.
In Spanien war die Königin Jsabella des Landes verwiesen worden, und das spanische Ministerium bot dem Prinzen Leopold von Hohen-zollern-Sigmaringen die spanische Krone an. Der Prinz sagte zu.
x) Sadowa ist ein Dorf bei Königgrätz.
2) Kaufmann S. 119.
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11. Der Berliner Kongreß.
101
setzt und es verliert, wenn das Unternehmen mißlingt. Aber auch die Unternehmer selbst hatten Schuld an der Unzufriedenheit der Arbeiter. Aus allen Gegenden zogen sie fremde Arbeiter heran, ohne für deren ausreichende Wohnungsgelegenheit zu sorgen. In Baracken und Kosthäusern Hausenweise untergebracht, von ihrer Verwandtschaft, ihrer Heimat getrennt, entbehrten die Arbeiter der nötigen Ruhe und Pflege nach vollbrachter Arbeit. So sind die Arbeiterbaracken die Brutstätten der Sozialdemokratie geworden. Der Niedergang der Industrie machte die Unzufriedenheit noch größer.
Wo die Fabrikherren sich nicht damit begnügten, den Arbeitern ihren Lohn zu zahlen, sondern für gute Wohnungen sorgten und sonstige Wohlfahrtseinrichtungen schufen, wie Kranken- und Unfallkassen, schlug die Sozialdemokratie nicht Wurzel. Unter den Arbeitgebern, die vorbildlich durch ihre Arbeiterfürsorge gewirkt haben, sind an erster Stelle zu nennen die Firma Krupp in Essen und Graf Ballestrem in Schlesien, Hösch, Schleicher-Schüll und Schöller in Düren, Brandts in München-Gladbach, Stumm in Neunkirchen, Villeroy & Boch in Mettlach.
Allgemeine Entrüstung im deutschen Volke erregten zwei Attentate auf das Leben des 81jährigen Kaisers im Jahre 1878, von denen das zweite eine mehrmonatige Dienstunfähigkeit des allbeliebten Monarchen zur Folge hatte.
Die deutsche Industrie beteiligte sich an der Weltausstellung in Paris 1878 und erzielte rühmliche Anerkennung. Von da ab datiert ein Wiederaufschwung von Handel und Verkehr, der bis 1883 anhielt1'
Das Jahr 1878 brachte den Abschluß eines Krieges zwischen Rußland und der Türkei (1877—1878).
Bis auf Prinz Eugen hatte sich vornehmlich Österreich der schweren Aufgabe angenommen, Europa gegen die Osmanen zu schützen. Nachdem die Kraft der Osmanen nicht mehr zu fürchten, trat Rußland auf den Plan. Schon Katharina Ii., als Gegnerin Friedrichs des Großen bekannt, träumte von der Eroberung Konstantinopels. Die Erfolge in dem griechischen Befreiungskämpfe (S. 57) schienen dieses Ziel in nächste Nähe zu rücken, aber der Krimkrieg (S. 76) warf Rußland wieder weit vom Ziele zurück. Da versuchte es 1877 von neuem sein Glück. Die Türkei wehrte
*) Albrecht Wirth, Weltgeschichte der Gegenwart S. 22 belegt die Umsätze des Welthandels durch Zahlen: Das Jahr 1877 zeigt eine Abnahme von 69 Million, das Jahr 1878 eine Zunahme von 1407 Million Mark.
11. Der Berliner Kongreß.
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102
V. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I.
sich mannhaft. Der Krieg wurde zugleich in Armenien und Bulgarien geführt. Als die Russen Plewna in Bulgarien genommen und deu Durchzug ' durch den Schipkapaß des Balkangebirges erzwungen hatten, stand ihnen der Weg nach Konstantinopel offen. Nun mischten sich die Engländer ein. Sie erschienen mit einer starken Flotte an den Dardanellen und erklärten, sobald ein russisches Kreuz auf der Hagia Sophia erscheine, würden sie auf die Russen schießen. Auch Österreich erhob Einspruch. Dadurch kam ein vorläufiger Friede zu San Stefano (südlich von Konstantinopel am Marmara-Meer) zustande; aber die Entscheidung wurde einem Kongreß der europäischen Großmächte vorbehalten. In Berlin trat er zusammen. Fürst Bismarck führte den Vorsitz. Rumänien und Bulgarien wurden als unabhängige Staaten zwischen Rußland und die Türkei gestellt. Bulgarien blieb der Türkei vorläufig tributpflichtig. ,Das armenische Erserum, das die Russen erobert hatten, wurde den Türken zurückgegeben, dagegen verblieb Kars im Kaukasus den Russen, die daraus eine starke Festung schufen. Montenegro und Serbien wurden ebenfalls unabhängig von der Türkei. Bosnien und die Herzegowina wurden österreichischer Verwaltung übergeben, Thessalien und Epirus an das Königreich Griechenland abgetreten. Der Türkei verblieben in Europa nur noch die Provinzen Albanien, Rnmelien und Mazedonien, das Stammland Alexanders des Großen. England ließ sich die Insel Cypern gegen eine Geldentschädigung von der Türkei abtreten und versprach dafür Schutz gegen etwaige russische Eroberungsversuche. Die Fürsten von Rumänien, Serbien und Bulgarien haben später den Königstitel angenommen, Ostrumelien steht unter bulgarischer Verwaltung, , Bosnien und die Herzegowina hat Österreich seinem Staatsgebiete vollständig einverleibt (1908).
Der Berliner Kongreß hatte verhindert, daß Rußland Länderzuwachs auf der Balkanhalbinsel erhielt. Die russische Mißstimmung richtete sich gegen den Vorsitzenden des Kongresses, obschon das Deutsche Reich von der türkischen Beute weder etwas beansprucht noch erhalten, sondern als neutrale Macht die Gegensätze nur auszugleichen gesucht hatte. Der russische Zar zog sich vom Dreikaiserbund zurück; darauf schloß das Deutsche Reich mit Österreich und Italien den Dreibund. Bismarck hat es trotzdem verstanden, auch das Verhältnis zu Rußland wieder freundlicher zu gestalten und 1884 den sogenannten Rückversicherungsvertrag auf sechs Jahre zu schließen. Die Vereinbarung lautete dahin, daß Rußland neutral bleiben solle, wenn das Deutsche Reich von Frankreich angegriffen werde, dafür würde das Deutsche Reich bei einem Angriff Österreichs auf Rußland nicht eingreifen. Nach Ablauf der sechs Jahre wurde der Vertrag nicht erneuert; Rußland näherte sich der Französischen Republik, mit der am Schluß des Jahrhunderts ein festes Bündnis zustande kam, das der Zweibund genannt wird.
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118
Vi. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms Ii.
stehend, umgeben von den Fürsten und Großen des Reiches, verlas der Kaiser die Eröffnungsrede, in der er erklärte, daß er die Reichsverfassung wahren, für die arbeitende Bevölkerung sorgen, an dem Bündnisse mit Österreich-Ungarn und Italien in deutscher Treue festhalten und die seit hundert Jahren bestehenden freundschaftlichen Beziehungen zu Rußland weiter pflegen, daß er, soviel an ihm liege, Frieden mit allen auswärtigen Staaten halten wolle.
Eröffnung des preußischen Landtages. Am 27. Juni 1888 eröffnete König Wilhelm gleichfalls in feierlicher Weise den Landtag der Preußischen Monarchie und leistete dabei den Eid auf die Verfassung des Königreiches. In der Eröffnungsrede heißt es:
„Ich gelobe, daß Ich die Verfassung des Königreiches fest und unverbrüchlich halten und in Übereinstimmung mit derselben und den Gesetzen regieren will, so wahr Mir Gott helfe!"
Im weitern Verlaufe seiner Rede erklärte der König, daß er die Rechte des Volkes ebenso wie die des Königs achten und wahren wolle. Dann fuhr er fort:
„Dem Vorbilde Meiner erhabenen Ahnherren folgend, werde Ich es jederzeit als eine Pflicht erachten, allen religiösen Bekenntnissen in Meinem Lande bei der freien Ausübung ihres Glaubens Meinen königlichen Schutz angedeihen zu lassen.
„In bewegter Zeit habe Ich die Pflichten Meines königlichen Amtes übernommen, aber Ich trete an die Mir nach Gottes Fügung gestellte Aufgabe mit der Zuversicht des Pflichtgefühls heran und halte Mir dabei das Wort des großen Friedrich gegenwärtig, daß in Preußen der König des Staates erster Diener ist."
Die ersten Reisen des Kaisers. Kaiser Wilhelm ist vor allem bestrebt, die Leiden des Krieges von seinem Volke fernzuhalten. Um die Fürsten von seinen friedlichen Absichten persönlich zu überzeugen, hat er gleich nach seiner Thronbesteigung ihnen seinen Antrittsbesuch gemacht.
Zuerst fuhr er zur See nach St. Petersburg zum Kaiser von Ruß-laud. In Rußland bestand eine Partei, die Deutschland feindlich gesinnt war und durch ihre Zeitungen die Meinung verbreitete, der junge deutsche Kaiser wolle den Krieg mit Rußland. Der persönliche Besuch des Kaisers am russischen Hofe sollte dem russischen Volke zeigen, daß diese Zeitungsnachrichten Verleumdungen waren.
Dann begab er sich nach Stockholm zum Könige Oskar von Schweden. Dieser ist ein langjähriger Freund der Kaiserlichen Familie und hatte den Kaiser Friedrich noch zwei Tage vor seinem Tode in Potsdam besucht.
Von Stockholm fuhr der Kaiser nach Kopenhagen zum Könige von Dänemark. Wegen des Verlustes von Schleswig-Holstein waren die
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122
Vi. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms H.
4. Wichtige Ereignisse während der Regierung Wilhelms Ii.
Im Jahre 1889 trat Japan in die Reihe der konstitutionellen Staaten ein; japanische Studenten wurden an deutsche Hochschulen, Ingenieure in deutsche Fabriken geschickt, um später in der Heinrat zu verwerten, was sie hier gelernt. Das japanische Heer wurde nach Preußischem Muster eingerichtet und hat in einem zweimaligen Waffengang seine Überlegenheit sowohl über das chinesische als auch über das russische Heer gezeigt. Im Kriege gegen China (1894—1895) erwarb Japan die Insel Formosa und verlangte die Unabhängigkeit von Korea. Rußland erwirkte diesen glimpflichen Frieden für das besiegte China und erhielt dafür von China den eisfreien Hafen Port Arthur mit seinem Hinterland. Da die russische Regierung die Mandschurei besetzte und in Korea eine herrschende Stellung einnehmen wollte, brach der Russisch-Japanische Krieg aus (1904—1905). Die siegreichen Japaner nahmen den Russen ihren einzigen eisfreien Hafen in Ostasien, Port Arthur, wieder ab, außerdem die Südhälfte der Insel Sachalin. Rußland mußte die Mandschurei räumen und Japans Schutzherrfchaft über Korea anerkennen. Der Krieg Japans gegen Rußland gehört zu den gewaltigsten in der Geschichte.
Aber Japans Vormachtstellung in Ostasien und im Großen Ozean ist boch nicht unbestritten. Es hat einen starken Nebenbuhler an den Vereinigten Staaten. Diese nahmen 1898 einen Ausstand auf Kuba zum Anlaß, Spanien um feine letzten Besitzungen in Amerika kämpfen zu lassen. Der Kampf fiel zu ungunsten Spaniens aus. Die Vereinigten Staaten erhielten im Friedensschluß außer den spanischen Besitzungen in Westindien die Philippinen und baburch ein Gebiet in der Nähe Chinas und Japans. Die Verbinbung zwischen biefen und dem Hauptlande ist durch den Besitz der Hawaii-Inseln und der Marianen-Insel Guam hergestellt. Sie bauen den Panamakanal, der die atlantische Seite des großen Staates mit der pazifischen in Verbinbung bringt Japan ist in Bünbnisstellung zu den besiegten Gegnern China und Ruß-, lanb sowie zu England getreten zur Sicherung gegen die Vereinigten Staaten.
Das Deutsche Reich fand Gelegenheit, auf friedlichem Wege feinen Besitz in der Südsee zu erweitern und in China festen Fuß zu faffeit. Nach dem Verluste der Philippinen befaßen die Spanier in der Südfee nur noch die Inselgruppe der Karolinen und Marianen. Diese gingen durch Kauf in den Besitz des Deutschen Reiches über mit Ausnahme der Insel Guam (1899). Durch Verträge mit England und den Vereinigten Staaten wurden die meisten Samoa-Inseln erworben. Von China wurde (1898) der Hafen von Kiautschou mit feinem Hinterlande auf 99 Jahre gepachtet.
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124
Vi. Das Zeitalter Kaiser Wilhelms Ii.
Sühne zu fordern. Die vereinigten Truppen haben die Ordnung wiederhergestellt; ein chinesischer Prinz erschien in Berlin, um Abbitte zu leisten; eine entsprechende Entschädigungssumme wurde festgesetzt.
Eine andre friedliche Erwerbung war 1890 gemacht worden. England trat an das Deutsche Reich die Insel Helgoland ab im Austausch gegen einige Besitzungen in Deutsch-Ostafrika.
Rußland hat seinen großen asiatischen Besitz durch die Sibirische Überlandbahn mit dem europäischen verbunden. Die Fahrt von Berlin bis Wladiwostok am Stillen Ozean dauert zwölf Tage.
Frankreich hat sich von den schweren Schlägen des Jahres 1870/71 überraschend schnell erholt. Besonders glücklich ist seine Kolonialpolitik. Es ist die vorherrschende Kolonialmacht in Nordwestafrika geworden;' die übrigen Mächte sind von der französischen umschlossen. Die Handelsstraßen der Sahara sind in Frankreichs Händen. Dazu kommt der ganze Osten von Hinterindien. Die Republik kann sich rühmen, daß sie 800 000 qkm Kolonialbesitz vom Kaiserreich übernommen hat und heute 10 Million qkm besitzt.
Eine Streitfrage um Marokko, wo Frankreich eine Schutzherrschaft begründen wollte, wurde 1906 durch die Konferenz von Algeciras in der Straße von Gibraltar beigelegt. Die deutsche Reichsregierung setzte mit Unterstützung Österreichs durch, daß Marokko dem Handel aller Völker offen blieb. Trotzdem sucht Frankreich dort ein Übergewicht zu bekommen.
Die erste Weltmacht der Erde ist England. Ihr Gebiet beträgt ein Sechstel der Erdoberfläche. Durch Gibraltar, Malta und Cypern beherrscht die englische Flotte das Mittelmeer; die meisten Aktien des Sueskanals hat die englische Regierung angekauft. Von Vorderindien und dem Westen Hinterindiens führt der englische König den Kaisertitel; der Zusammenhang der englischen Besitzungen in Ostafrika vom Kapland bis zu den Katarakten des Nil ist nur durch Deutsch-Ostafrika unterbrochen; dazu kommen die Kolonien in Westafrika, das nordamerikanische Kanada, ganz Australien und eine große Anzahl von Inseln und Inselgruppen. Australien, Kanada, Englisch-Südasrika haben eigne Ministerien und Volksvertretungen. Im Jahre 1901 folgte der Königin Viktoria ihr Sohn Eduard Vii., der meisterhaft verstanden hat, freundschaftliche Beziehungen zu Frankreich, Rußland und Japan zustande zu bringen. Der Gegensatz des Deutschen Reiches zu England ist wirtschaftlicher Art. Der Aufschwung unsrer Industrie hat England Abbruch getan. Deutsche Handelsschiffe gehen nach den Häsen der ganzen Erde, in denen bis vor kurzem Englands Schiffahrt, Handel und Industrie alleinherrschend waren. Ein deutsches Kabel wird von Emden über die Inseln Borkum, Teneriffa nach Brasilien gelegt. Den Freistaat Liberia in Westafrika berührend, wird eine Zweiglinie nach den deutschen Kolonien Togo, Kamerun und Südwestafrika weitergeführt, wodurch der deutsche Kabelverkehr nach Afrika unabhängig von der englischen Kabellinie wird. England war die Bank
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5. Die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Gegenwart. 125
der Welt; heute sind die Bankverbindungen mit Berlin ebenso vorteilhaft wie die mit London. Das englische Volk wird ausgereizt durch die Zeitungen; aber es sehlt auch nicht an Stimmen, die zur Besonnenheit mahnen. Die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen unserm Kaiser und dem Könige von England, die gegenseitigen Besuche deutscher Bürgermeister und deutscher Geistlichen in London und umgekehrt, vor allem aber die strenge Rechtschaffenheit der deutschen Staatsleitung werden, so hoffen wir, uns vor kriegerischen Verwicklungen bewahren.
Bezüglich der kleinern Staaten ist zu erwähnen, daß die Personalunion zwischen Norwegen und Schweden seit 1905 durch Beschluß des norwegischen Storthing (Abgeordnetenhaus) aufgelöst ist. Die Norweger wählten einen dänischen Prinzen zum König, der den Namen Haakon Vii. annahm.
Auch die Personalunion zwischen Holland und Luxemburg ist seit dem Regierungsantritt der jetzigen Königin Wilhelmina von Holland (1890) aufgelöst, da in Luxemburg weibliche Thronfolge nicht zulässig ist. Das Großherzogtum Luxemburg ging über an Herzog Adolf von Nassau, der 1866 sein Herzogtum an Preußen verlor. Er war der nächste männliche Anverwandte der jetzigen Königin von Holland.
5. Die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse und das Geistesleben der Gegenwart.
Die Worte, die der Kaiser bei seinem Regierungsantritt an das Volk und dessen Vertreter gerichtet hat, hat er in vollem Umfange wahr gemacht. Den Frieden mit dem Auslande hat er aufrecht gehalten, aber eingedenk der bewährten Worte altrömischer Staatsweisheit:. „Wenn du Frieden haben willst, sei bereit zum Kriege" — arbeitet er unausgesetzt an der Vervollkommnung des Heerwesens und der Flotte. Die Friedensstärke des Heeres beträgt */2 Million, die Kriegsstärke 5 Million Truppen, die Bemannung der Kriegsflotte 45000 Mann. (Fig. 30 u. 31.) Nur einmal war er gezwungen, zum Schwerte zu greifen und zu kriegerischen Zwecken von der Flotte Gebrauch zu machen, als die fremdenfeindliche Partei der Boxer in China im Sommer 1900 einen Aufstand gegen die Fremden erregte. (Vgl. S. 123.)
Den Handel hat er gefördert durch den Abschluß von Handelsverträgen mit andern Staaten und die Einrichtung von Dampferverbindungen nach außereuropäischen Ländern, besonders nach Ostasien, das für den Absatz unsrer Erzeugnisse eine steigende Bedeutung erlangt hat. Unsre Handelsflotte steht an zweiter Stelle, doch ist die englische noch dreimal stärker, die 47 Prozent, beinahe die Hälfte der Welthandelsflotte, ausmacht; an dritter Stelle stehen die Vereinigten Staaten. Die Vervollkommnung des Schiffbaues ist in den Fig. 27—31 dargestellt. In Afrika sind seine Bevollmächtigten bewaffnet gegen den Sklavenhandel
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Extrahierte Personennamen: Adolf Adolf
Extrahierte Ortsnamen: Berlin London England London Norwegen Schweden Holland Luxemburg Holland Luxemburg Luxemburg Nassau Holland China Ostasien Afrika
3. Die Republik.
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Republik. Der Verlust an Menschenleben wird auf 80000 geschätzt, die teils durch das Fallbeil, teils durch die Kriege hinweggerafft worden waren. Ferner hat die Konventsregierung ein riesiges Vermögen verschleudert, 3000 Million vom Kirchengut, 5000 Million vom Gute der Bürger und der Ausgewanderten. Die Assignate hatten keinen Wert mehr. Außerdem hinterließ der Konvent der folgenden Regierung einen Krieg gegen die Hauptmächte Europas.
Auswärtige Kriege. Der Krieg Österreichs und Preußens gegen Frankreich ist bereits im Zusammenhang mit den innern Wirren Seite 13 und 14 bis zum Übertritt der Generals Dumouriez dargestellt worden.
! Nach der Hinrichtung Ludwigs Xvi. schlossen sich auf Betreiben des englischen Ministers Pitt England, Holland, das Deutsche Reich, mehrere Staaten Italiens und Spanien an Österreich und Preußen an. So kam 1793 die große Koalition zustande, die den Krieg bis 1797 fortsetzte. Dieser Krieg wird der erste Koalitionskrieg genannt. Der europäischen Übermacht stellte Carnot als Leiter des Kriegswesens im Wohlfahrtsausschuß die ganze waffenfähige Mannschaft Frankreichs durch eine allgemeine Aushebung gegenüber, teilte sie in Heere ein und stellte tüchtige Generale an deren Spitze, die nach seinen Befehlen den Krieg führten. Während so die Franzosen nach einheitlichem Plane vorgingen,/fehlte den Koalitionsmächten eine Oberleitung. ^Die Eifersucht der einzelnen Mächte vereitelte die Ausnutzung der Waffenerfolge. Preußen und Österreichs entzweiten sich wegen der Teilung Polens. Preußen, das mehrere Siege über die französischen Truppen in der Rheinpfalz errungen Hatte, wollte seine Kräfte schonen, um bei der dritten Teilung Polens 1795 seine Ansprüche gegen Österreich und Rußland durchsetzen zu können. Daher zog das preußische Heer sich über den Rhein zurück, worauf die Franzosen das linke Rheinufer besetzten und in Holland einsielen. Der Statthalter floh, Holland wurde unter dem Namen der Batavischen Republik — Batavia ist der lateinische Name für Holland — französischer Vasallenstaat. Preußen trat 1795 aus der Koalition aus und schloß mit Frankreich den Sonderfrieden zu Basel; die linksrheinischen Besitzungen Kleve und Geldern wurden an Frankreich gegen die Zusage überlassen, daß in dem allgemeinen Friedensschluß dafür eine Entschädigung durch Besitzungen auf der rechten Rheinseite erfolgen sollte; auch Spanien und Toskana schlossen Frieden mit Frankreich. Es blieben übrig England, Österreich und die italienischen Staaten. Die französische Seemacht verlor an England die meisten Kolonien, die Österreicher schlugen sich tapfer in Deutschland und Italien, erlagen aber schließlich in Italien der größern Kriegskunst und Tatkraft des Generals Bonaparte. Im Jahre 1797 wurde der Friede zu Campo Formio im Gebiete von Venedig geschlossen. Österreich verlor Belgien und die Lombardei an Frankreich, erhielt dafür Venezien, nachdem dessen Waffen,
Dahmen, Leitfaden. Iv. Neubtg. 2
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5. Das Konsulat.
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Inzwischen hatte sich auf Betreiben Rußlands in Europa eine zweite Koalition gegen Frankreich gebildet, der England, die Türkei, Österreich und die italienischen Staaten beigetreten waren. Veranlassung zur Bildung dieser Koalition waren für England und die Türkei der Einfall in Ägypten, für Rußland die Besitzergreifung Maltas — der Kaiser von Rußland war Schutzherr des Johanniter-Malteserordens —, für Österreich und die italienischen Staaten das Vorgehen der Franzosen in der Schweiz und in Italien. Von der Schweiz hatte das Direktorium den Kanton Gens zu einem französischen Departement und die übrigen Kantone zu einer Helvetischen Republik erklärt, in Italien den Kirchenstaat zu einer Römischen Republik, das Königreich Neapel zur Parthenopeischen Republik umgestaltet. Diese Republiken, wie auch die früher gegründeten, waren abhängig von Frankreich. Papst Pius Vi. wurde nach Frankreich gebracht; der König von Neapel war nach Sizilien geflohen. Bei der Benennung der neuen Republiken griff man auf das klassische Altertum zurück; Helvetia ist der lateinische Name für die Schweiz, Parthenope der älteste Name für Neapel. Die französischen Heere unterlagen meist den Heeren der Koalitionsmächte. In Süddeutschland drängte Erzherzog Karl von Österreich das französische Heer über den Rhein zurück, in Italien stürzten Österreicher und Russen bereinigt die neuen Republiken, in der Schweiz kämpften Österreicher und Russen mit wechselndem Erfolg. Der Versuch Englands und Rußlands, die Batavische Republik zu erobern, mißlang.
Bonaparte erhielt in Ägypten von diesen Vorgängen Kunde. Dazu kamen Nachrichten von der Mißwirtschaft und der Geldnot des Direktoriums im Innern Frankreichs. Rasch war sein Entschluß gefaßt, nach Europa zurückzukehren. Den General Kleber, aus Straßburg gebürtig, beauftragte er mit der Verwaltung Ägyptens und landete im Oktober 1799 in Frankreich ; Kleber wurde von einem Mohammedaner ermordet. Die Eroberung Ägyptens wurde aufgegeben, das französische Heer kehrte 1800 auf englischen Schiffen nach Frankreich zurück.
Der Zug nach Ägypten hatte in wissenschaftlicher Beziehung großem Erfolg als in politischer. Im Gefolge Napoleons waren namhafte Gelehrte, die unter dem Schutze der französischen Waffen die Tier- und Pflanzenwelt, die geographischen Eigentümlichkeiten, die Bauart und Technik des alten Pharaonenlandes studierten und vor allem sich mit der Entzifferung der Hieroglyphen befaßten. Dadurch ist die Staats- und Kulturgeschichte des ägyptischen Altertums bis in die Einzelheiten aufgedeckt worden.
5. Das Konsulat.
Innere Umgestaltung. Durch die Bestechlichkeit der Beamten und die unglückliche Kriegführung gegen die Heere der zweiten Koalition war das Direktorium in Frankreich so mißliebig geworden, daß General
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6. Der Reichsdeputationshauptschluß.
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Krieges durch englische Seetruppen besetzt worden waren. Damit war auch der zweite Koalitionskrieg zugunsten Frankreichs entschieden.
Der Friede zu Amiens hatte zur Folge, daß Bonaparte durch Senatsbeschluß und Volksabstimmung zum Konsul aus Lebenszeit ernannt wurde.
6. Der Reichsdeputationshauptschlutz.
In den Friedensschlüssen zu Campo Formio und Luneville war bestimmt worden, daß die Fürsten des linken Rheinufers sür ihre Abtretungen an Frankreich entschädigt werden sollten. Der Kongreß zu Rastatt in Baden brachte kein Ergebnis. Die Ermordung zweier französischer Gesandten führte die Auslösung herbei. Bis heute ist nicht aufgeklärt, wer die Täter und wer die Anstifter dieses Frevels gegen das Völkerrecht gewesen sind. Nach dem Frieden zu Luneville wurden die Verhandlungen in Regensburg durch eine Reichsdeputation festgesetzt. Der Wille Bonapartes war auch hier ausschlaggebend. Als Entschädigungen wurden die Länder der geistlichen Fürsten und die Reichsstädte verwandt. Nur der Erzbischof Dalberg von Mainz behielt ein Fürstentum im Gebiet der Städte Regensburg, Aschaffenburg und Wetzlar und den Titel Kur- und Erzkanzler; Hamburg, Bremen, Lübeck, Frankfurt am Main und Nürnberg behielten ihren Charakter als Freie Reichsstädte.
Preußen bekam die Bistümer Paderborn und Hildesheim, einen Teil des Bistums Münster, Erfurt, das Eichsfeld, mehrere Freie Städte und Abteien. Österreich erhielt die Bistümer Brixen und Trient in Tirol. Die Entschädigungen der übrigen Staaten können übergangen werden.
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