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Auch die Ratsherren eilten aus allen Richtungen, und nicht
so behaglich und würdevoll wie sonst, auf die Pfalz. Es wimmelte
draußen von Franzosen, an die 35 000 Mann. Das Sturmläuten
vom St. Wilhelm bis St. Nilllaus dauerte immer noch fort; man
hoffte die Bauern der Umgegend herbeizurufen als Verstärkung der
schwachen Besatzung. Viele Familien flohen auch in die Stadt und
brachten die Nachricht mit, daß von allen Seiten eine große fran-
zösische Armee Straßburg umzingle. Der Rat behielt aber durch-
aus den Kopf oben; eine Ehrenwache von 60 Bürgern wurde
vor dem Rathaus aufgestellt, um jedem Auflauf vorzubeugen.
Depeschen wurden abgesandt an Se. Majestät den Kaiser, an
einen erlauchten Reichstag und an den Herrn Markgrafen von Ba-
den-Durlach. Darin wurde gemeldet, daß eine starke Armee des Gene-
rals von Montclar in nachtschlafender Zeit die Stadt überfallen, die
Zollschanze nebst Rheinbrücke besetzt habe mit offenkundiger Absicht,
der altehrwürdigen Freiheit ein gewaltsames Ende zu bereiten. Bald
darauf schollen die Husschläge von fünf Reitern durch die Mond-
nacht. Da sie die Hauptstraßen besetzt wußten, so bogen sie unmittel-
bar vor dem Metzgertor links auf einen Feldweg ab; das gespannte
Pistol in der Rechten, sausten sie bei hellem Mondlicht wie die
wilde Fagd übers Feld, um die Depeschen über den Rhein zu bringen.
Bei Tagesanbruch ritt Herr Stadtsekretarius Güntzer, von einem
Trommler begleitet, vors Tor; hier wurde er von den französischen
Vorposten angehalten und nach Illkirch geführt, wo sich General
Montclar befand. Es war kein angenehmer Empfang. Se. Exzellenz
der General erklärte kalt und rauh, er fei als Gebieter da, nicht als
Unterhändler.
„Eure Stadt gehört nach den letzten Friedensvertrügen zu
Frankreich; wenn wir bis jetzt Straßburg nicht besetzt haben, so
geschah das nur deshalb, weil wir keine Zeit hatten. Wir machen
also nur von unserm Rechte Gebrauch. Erkennen aber die Herren
in Straßburg dies Recht nicht an, so habe ich hier bei mir 35o0o
Mann und werde den Herren Räten mit Pulver und Blei unser
Recht beweisen. Morgen oder heute noch trifft Minister Louvois
in Illkirch ein. Wenn Straßburg die Kanonen, deren Aufstellung
auf den Wällen man mir meldet, zu benutzen wagt, wenn Straß-
burg sich auch nur mit einem Schuß verteidigt, mein Herr Sekre-
tarius, so werde ich die Straßburger als Rebellen behandeln, wo-
nach man sich zu richten hat!"
So fertigte der General des Sonnenkönigs den Straßburger
Stadtschreiber ab. Als gegen elf Uhr Güntzer über diesen Empfang
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Stadtsekretarius_Güntzer General
Montclar
Extrahierte Ortsnamen: Rheinbrücke Rhein Frankreich Straßburg Illkirch
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Bericht erstattete und der 35000 Mann Erwähnung tat, da zog
tiefe Mutlosigkeit in die Stadt ein.
Es war seit Sonnenaufgang ganz still' geworden in Straß-
durg. Die Männer standen aus ihren Posten; die Frauen aber
und die Greise waren in den Kirchen. Es war Sonntag. Er-
greifend tönten in die stille Stadt, die in der Nacht von Waffen-
lärm, Zusammenlauf und Sturmläuten widerhallt hatte, die lang-
samen, feierlichen Töne der Orgeln und der Kirchengesänge. In
allen Kirchen wurden aus Anordnung des Rats Bittgottesdienste ab-
gehalten.
Die Beratung ging weiter. Aber bald brachten Stadtknechte
zwei von den Boten, die man über den Rhein geschickt hatte,
in den Veratungssaal. „Wir haben gekämpft wie die Löwen,"
stöhnte der eine und ließ sich in einen Stuhl fallen. „Umsonst —
ehrenwerte Herren! — die drei andern sind gefangen. — Feig-
linge ! — Wir zwei haben uns durchgehauen — am Kleinen Rhein
war's — Hunderte von Franzosen sind über uns hergefallen —
die Stadt ist völlig umringt, völlig von Deutschland abgeschnitten!"
Diese Nachricht und der Anblick der zwei verwundeten, blu-
tenden, zerfetzten jungen Leute erzeugte in den Ratsherren völlige
Niedergeschlagenheit.
Nach kurzer, dumpfer, verdrossener Beratung einigte man sich
dahin, Güntzer und etliche Ratsherren sollten noch einmal zum Ge-
ueral Montclar hinausreiten und um Aufschub bitten. Die Abord-
nung begab sich zu dem Franzosen, und der Aufschub wurde von
Montelar gewährt.
Zwei Tage lang wurde noch in der verlassenen und verlorenen
Stadt beraten und wegen der Übergabe verhandelt. Die Bürger
und Soldaten standen düster mit ihren Gewehren aus den Wällen
und sahen zu, wie draußen die lachenden und singenden französi-
schen Soldaten das reife Obst von den Bäumen plünderten. Dann
wurde am Morgen des 30. September in Gegenwart des inzwischen
zu Illkirch eingetroffenen Louvois die traurige Urkunde unterzeichnet.
Straßburg, die alte Reichsstadt, war französisch.
2.
Wieder lag eine helle Septembernacht über der Rheinebene,
eine Septembernacht des Jahres 1870. Straßburg war feit sechs
Wochen belagert von deutschen Truppen. Mit Kanonendonner und
prasselnden Granaten verlangte jetzt Deutschland die alte Reichsstadt
zurück. Seit dem 15. August zischten und donnerten fast unablässig
in glühendem Bogen deutsche Kugeln in die volkreiche Stadt; ganze
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TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
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Extrahierte Personennamen: August
Extrahierte Ortsnamen: Rhein Rhein Deutschland Rheinebene Deutschland
19
Die Wasserspinne führt den Ganz.
Schwertlilienkrcinz am Ufer steht
10 Und horcht des Schilfes Schlummerliede;
Gin lindes Säuseln kommt und geht,
Ais flüsfr* es: Friede, Friede, Friede!
16. Mondnacht.
s war, als Hätt' der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
von ihm nun träumen müßt'.
Z. Und mei
Weit ihre Fl
Flog durch d
5lls flöge sie
von Joseph von Eichendorff.
2. Die Lust ging durch die Felder,
Die Ühren wogten sacht,
(Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
re Seele spannte
Igel aus,
e stillen Lande,
nach Haus.
17. Das Haus in der Heide.
Von Annette von Droste-Hülshoff.
7ie lauscht, vom Abendschein umzuckt,
W Die strohgedeckte Hütte,
Recht wie im Nest der Vogel duckt,
Aus dunkler Föhren Mitte.
2. Am Fensterloche streckt das Haupt
Die weiggestirnte Sterke,
Bläst in den Abendduft und schnaubt
Und stößt ans Holzgewerke.
3. Seitab ein Gärtchen, dornumhegt,
Mit reinlichem Gelände,
Wo matt ihr Haupt die Glocke trägt,
Aufrecht die Sonnenwende.
4. Und drinnen kniet ein stilles Kind,
Das scheint den Grund zu jäten;
2*
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]